DSM-5 Die Irren-DIN 



Vorwort                                                                                        S. 001
Religion und Wahnerleben                                                        S. 010
Wahnsinn im Wandel der Zeiten                                              S. 029
Heilung im Wandel der Zeiten                                                  S. 063
Fröhliche Psychiatrie                                                                 S. 078
Schizophrenesisch                                                                    S. 079
Wie erkennt man Ver-rückte                                                    S. 081
Stimmenhören                                                                           S. 090
Kreuzweg der Psychose                                                           S. 094
Schizophrenie - der Psychiatrie liebstes Kind                       S. 122
Psychiater und Gutachter                                                         S. 124
Anstaltspsychiatrie                                                                    S. 129
Sozialpsychiatrie                                                                        S. 136
Verhaltensgestörte Kinder                                                       S. 137
Alter schützt vor Psychiatrie nicht                                          S. 142
Sadismus, Mordlust, Nekrophilie                                            S. 143
Sexualität                                                                                   S. 144
Recht                                                                                          S. 145
Die neue Kunst des Strafens                                                  S. 154
Gekaufte Freunde                                                                     S. 170
Psychiatrie - Ende einer Karriere                                            S. 175
(ausführliche Gliederung am Buchende)

Vorwort


Dümmer als die moderne Psychiatrie hat sich kein Zeitalter seelischen Erkrankungen, insbesondere Psychosen, Wahnvorstellungen oder Halluzinationen genähert. Einschluss wurde in „Heilung“ umgelogen.

Allzuständigkeit für Normalität und Wahnsinn räumt der Psychiatrie eine Macht ein, wie man sie einst nur von der Kirche kannte. Befand diese über Gut und Böse, wurde jene zur Herrscherin über Normal und Irrsinn. Freilich kann die Psychiatrie ihrer religiösen Vorgängerin schon aufgrund eines fehlenden geistigen Heilungsansatzes nicht das Wasser reichen. Manipulierte die Religion Menschen subtil durch Ge- und Verbote zur Bekämpfung des Bösen, rückt die Pseudoreligion „Psychiatrie“ ihrer Kundschaft mechanisch, chirurgisch, elektrisch und chemisch zu Leibe.

Will man mit der Religion konkurrieren, braucht es natürlich auch eine Heilige Schrift! Es gibt sie: Das kiloschwere Standardwerk „DSM-5“, das als „Bibel der Psychiatrie“ gilt. Heiligenschein und prestigeträchtige Verkleidung (in weiße statt schwarze Kutten) wurden von der Kirche abgekupfert. Das Konklave besteht aus juristischen Personen der Pharmaindustrie und wird in dieser seiner „modernsten“ Spielart irgendwann auch einen Neuroleptika-Papst ausrufen. Die Seelsorge für die Neuroleptinge übernimmt die „Neuro-Psychotherapie“, die mit gezielten Gehirnscans jene Medikamente aufspürt, die ihre Zwangskonsumenten auf dem schonendsten Weg in die Medikamentenhölle befördern. Diese Vorgehensweise ist auch nichts weniger als konsequent! Im Kapitel „Religion und Wahnerleben“ wird gezeigt, dass es in letzter Konsequenz derselbe „Stoff“ ist, der bei Gläubigen und Wahnkranken bearbeitet wird.

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Natürlich kommt auch eine moderne Religion nicht ohne Glauben aus. Nun, der Psychiatrie fehlt es daran nicht! Sie verkauft das Bekenntnis, Wahnerkrankungen beruhten auf bloßen Stoffwechselstörungen im Gehirn und diese seien medikamentös heilbar. Etwa mit Haldol, mit dem man seit Jahrzehnten hartnäckige Nationalsozialisten, uneinsichtige Kommunisten, unbelehrbare Regimegegner, aufmüpfige Studenten und viele viele andere Geisteskranke kurieren, um nicht zu sagen erlegen konnte.

Studiert man die Komplexität von Wahnvorstellungen, mag man kaum glauben, was gestörter Stoffwechsel so alles anstellt: Wahnkranke halten sich für Jesus, Luzifer, Sophia Loren oder Hitler, glauben sich von Strahlen oder Raumschiffen verfolgt, stoppen Lawinen oder Überschwemmungen, bereiten die Invasion von Außerirdischen vor, retten die Welt vor ihrem Untergang, decken bis ins Detail ausgearbeitete Mordkomplotte gegen sich auf usw. usw.

Die bösen Geister müssen nun nicht länger ausgeschleudert, tiefgefroren, fertiggekocht, durch Strahlen verbrannt, mit Elektrizität vertrieben, durch chirurgische Eingriffe entfernt oder durch Blutaustausch ausgehungert werden, sondern heilen, richtig behandelt, einfach ab. Aus der Geisteskrankheit wurde so eine harmlose körperliche Erkrankung, eine Art gebrochenes Bein im Hirn. Das Gehirn hat schließlich nicht weniger als alle anderen Organe auch Anspruch darauf, gelegentlich unpässlich zu sein.

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Erst der Auftritt von Ketzern adelt den wahren Glauben. An Kritikern mangelt es nicht, die schon seit langer Zeit ihre Unzufriedenheit mit der mechanischen, elektrischen, chirurgischen und nun vornehmlich neuroleptischen Bearbeitung von Irren äußern. Sie beklagen vor allem folgende Hauptwirkungen der Medikamente, die sich den seelischen Erkrankungen hinzugesellen:

Bewegungsunruhe, Zitterstörungen, psychiatrisches Parkinson-Syndrom, vegetative Erkrankungen, atrophische Zustände (Gehirnschrumpfung), Fieberanfälle, krankhafte EKG-Veränderungen, Zahnfleischentzündungen, Zahnausfall, Lebererkrankungen, Diabetes, Fettleibigkeit, Sterilität, Ausbleiben der Menstruation, Impotenz, Farbstoffablagerungen, Geschwulstbildungen, Krebs, seelische Abstumpfung, Willenlosigkeit, Verzweiflungszustände, Verwirrtheit, Delirium, Depressionen, Suizidgefahr, lebensgefährliche Fieberattacken, Atemnot, Infarkt des Herzmuskels, Darmverschluss, Schlundkrämpfe, Bewegungsstörungen, Bewusstseinstrübungen, Pupillen-Erweiterungen, Austrocknung, Muskelzittern, epilepsieartige Anfälle, Magen-Darm-Blutungen, Kreislaufversagen, Blutpfropfbildung, Verstummung, Frösteln, blockierte Abwehrkräfte, Pigmentablagerungen, Lungenstau, Kreislaufkollaps, erschwertes Wasserlassen, Nierenschäden, Klumpfußbildung an Leibesfrüchten, Appetitlosigkeit, Schrumpfleber, Gelbsucht, Gallenstauung, Orgasmusschwäche, Potenzverlust, Fettleibigkeit, Diabetes, Furunkel, Hautausschläge, Linsen- und Hornhauttrübungen, Bewegungsarmut, Steifheit, fehlerhafte Blutbildung, Lymphgefäßschädigungen, Knochenmarkveränderungen usw. usw. - wer gesunden will, muss leiden!

Am effektivsten ist natürlich die beklagte Hauptwirkung „Tod“! Geisteskranke starben schon während des Nationalsozialismus gerne an Lungenentzündung, was sich bis heute kaum verändert hat. Während sich im Landesdurchschnitt 2,2 Prozent der Bevölkerung auf diese Weise davonmachen, steigt der Prozentsatz bei Neuroleptika-Konsumenten bis auf 75 Prozent an.

Soweit zu den Hauptwirkungen! An Nebenwirkungen gibt es nur eine einzige, eine freilich sehr wertgeschätzte: Störende wahnkranke Menschen werden dank dieser „Medikamente“ der Gesellschaft und vor allem den „behandelnden“ Psychiatern erfolgreich vom Leibe gehalten, was im Großen und Ganzen ja letztlich auch der eigentliche, tiefere und leider einzige Sinn der ganzen Veranstaltung ist. Das könnte das herkömmliche Gefängnis freilich viel kostengünstiger leisten, und zwar ohne die Insassen körperlich zu ruinieren, sie zum Wohle der Pharmaindustrie ergänzenden Bestrafungen durch „Behandlungen“ auszusetzen oder gar in Medikamentengefängnissen einzusperren.

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Jedes Produkt ist irgendwann ausgereift und so perfekt, dass es nicht weiter verbessert werden kann. Neuroleptika haben mit der Entwicklung von Wirkungen, die Behandelte zur Titulierung „Betonspritzen“ veranlasst, diesen hohen Stand erreicht. Wir kommen im so benannten Unterkapitel darauf zurück. In Körper und Geist werden sich überlagernde, einander gegenläufige Prozesse in Gang gesetzt, die alle Grausamkeiten dieser Erde in den Schatten stellen. Das mag unglaubwürdig klingen, man sollte aber nicht vergessen, welche Gedächtnis- und Bewegungsspeicher wir allein durch unser Zwischenhirn besitzen. Kühne Eingriffe lösen den seelischen und körperlichen Super-GAU aus!

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Psychiatrie-Opfer berichten: Man wird rastlos, unruhig bis zum Exzess und vermag sich nicht zu bewegen, man vergeht vor Durst und kann nicht trinken, man will essen und kann nur würgen, man will sprechen, es gelingen nur verzerrte Grimassen. Urin- und Stuhldrang treiben unaufhörlich zur Entleerung und werden ebenso unablässig blockiert. Nach Verabreichung solcher „Medikamente“ verbleibt kein Platz mehr für einen einzigen ruhigen Gedanken. Getriebensein und Festkleben, völlige Orientierungslosigkeit und schlafwandelnder Automatismus wechseln einander ab.

Psychopharmazeutisch versiegelte Münder lassen ohnmächtige Hilferufe nicht mehr nach außen dringen. Hört die Psychiatrie sie unglücklicherweise dennoch, erkennt sie ein neues Krankheitsbild, das durch einen kräftigen Nachschuss an „Medikamenten“ geheilt wird, die neue, noch schlimmere Nebenwirkungen hervorrufen. Da dankt man der Gnade der Natur, dass wenigstens Eingriffe ins Stammhirn derzeit noch tödlich verlaufen. Dies wird vermutlich nicht so bleiben! Pharmazeutische und psychiatrische Wunderheiler werden auch hier der Schöpfung nachhaltig auf die Sprünge helfen!

Nun ist es, zumindest jedenfalls derzeit, nicht möglich, missliebige Ketzer einfach reinigenden Flammen zu übergeben und zu verfeuern. Alternativ stehen jedoch zum Glück „Medikamente“ zur Verfügung, die Hitzewallungen hervorrufen, nämlich das sogenannte „Scheiterhaufensyndrom“.

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Die Psychiatrie weiß sich zu rechtfertigen und alles zu erklären, um ihre unprofessionellen Kritiker in die Schranken zu weisen. Wir danken Peter Lehmann für die Darstellung psychiatrischer Stellungnahmen zu “Nebenwirkungen“ in seinem Buch „Der chemische Knebel“:
Leugnen: Bloße Hypothesen, nicht bewiesen, bedeutungslos, purer Zufall.
Verharmlosung: Nebenwirkungen sind ungefährlich, vorübergehend, leicht kontrollierbar, Ursache einer Überempfindlichkeit.
Minimalunterwerfung: Irren ist menschlich, einmalige, versehentliche Überdosierung.
Wasser wird zu Wein: Schmerzhafte, aber erwünschte Nebenwirkung, eine dem Heilungsprozess insgesamt förderliche Epilepsie, alles in allem, ein sich günstig entwickelndes Krankheitsbild.

Lehmann fasst zusammen: Nachteilige Wirkungen von Neuroleptika treten nur ausnahmsweise auf, nur bei älteren Neuroleptika, nur bei zu rascher Dosisveränderung, nur bei zu alten Menschen... Wir fassen auch zusammen: Ungünstige Ergebnisse zeigen sich ausnahmslos nur bei ganz und gar therapieunfähigen, für die Psychiatrie samt und sonders ungeeigneten Menschen. Hinaus mit ihnen, auf den Müll!

Was immer aus vergangenen Jahrhunderten, während der Weltkriege, in Nachkriegszeit und Gegenwart, über Psychiatrie-Höllen berichtet wurde, die Psychiatrie sitzt es aus! Sie rechtfertigt sich nicht gegenüber einer „unverständigen“ Öffentlichkeit und hält es erst recht für unzumutbar, sich zu entschuldigen. Die Psychiatrie ähnelt darin der Kirche, zeigt sich ebenso wenig beleidigungsfähig und erklärt auch warum: „Die Gesellschaft würde die Psychiatrie sowieso immer nur in negativem Zusammenhang zur Kenntnis nehmen. Dies dürfe sie aber nicht dazu veranlassen, sich etwa schmollend und beleidigt in einen wissenschaftlichen Elfenbeinturm zurückzuziehen.“ Schade, wirklich sehr sehr schade! Selbst die nun langsam wegsterbende Katholische Kirche sprang schließlich über den eigenen Schatten und tat manchmal wenigstens so, als entschuldige sie sich bei ihren Opfern.

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Das Evangelium der medikamentösen und sonstigen Irrsinnspflege wird in pseudoreligiös-psychiatrischer Kampfsprache verkündet, die nicht minder unverständlich ist als das Weihwasser-Gebrummel im Gottesdienst und reicht von Akrocephalus, amaurotische Idiotie, Antihistaminica, Acidum diaethylbarbituricum, histrionische Persönlichkeit bis hin zur „schizoaffektiven Mischpsychose“ und noch weiter, viel viel weiter! Die Psychiatrie wähnt, bei ihrer medizinisch-psychiatrischen Fachsprache handle es sich um eine besonders elitäre Ausstattung. Diese hohe Meinung können wir leider nicht teilen! Wir schlagen im Lehrbuch nach und diagnostizieren „Paraphrasie“: eine Geisteskrankheit, die sich durch übermäßige Wortschöpfungen und -abwandlungen äußert!

Der falsche „Amtsarzt Dr. Dr. Bartholdy“, der gelernte Postbote Postel, war in den Achtziger Jahren bei der sächsischen Psychiatrie als Gutachter tätig und äußerte sich über seine Kollegen wie folgt: „Die Psychiatrie ist ein Fach, das von Wortakrobatik lebt. Sie können mittels der psychiatrischen Sprache jede Diagnose begründen und jeweils auch das Gegenteil und das Gegenteil vom Gegenteil - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.“ Und: „Wer die psychiatrische Sprache beherrscht, der kann grenzenlos jeden Schwachsinn formulieren und in das Gewand des Akademischen stecken.“

Natürlich erscheint auch die Erlöserfrage nun im neuen Licht: Es handelt sich um niemand geringerem als die Psychiatrie selbst, die uns vom Wahnsinn erlöst. Und sie taumelt, sich für ebenso unfehlbar haltend wie ihr großes Vorbild, gleichermaßen von einem Irrtum zum andern! Selbst für Satan ist gesorgt. So wie jener sich einst in der Kirche am wohlsten fühlte, glaubt er sich jetzt in der Vorhölle Psychiatrie bestens aufgehoben, wo seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbewusst dem Wahn erliegen, Gutes zu tun. Jedes Zeitalter schafft sich seine Teufel selber!

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Weitere Millionen Menschen, die es vor diesem Stichtag noch nicht waren, gelten in Deutschland seit dem 18. Mai 2013 als psychisch krank. Der Grund dafür ist die oben zitierte „Bibel der Psychiatrie“, 129 Euro teuer und fast zwei Kilo schwer (DSM-5 = Abkürzung für fünfte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders).

Wenn man dieses sperrig-wuchtige Kochbuch des Wahnsinns nicht mit beiden Händen hält, fällt es einem leicht aus der Hand. Möglicherweise fiel es schon vorher aus der Vernunft, weil es zu schwer geworden ist. Es war aber auch Schwerstarbeit die hier geleistet wurde! 14 lange Jahre lang haben mehr als 500 Wissenschaftler im Auftrag der American Psychiatric Association (APA) an dieser neuesten Auflage getüftelt. Hoffentlich hat sich der Wahnsinn während dieser langen Zeitspanne nicht schon wieder etwas Neues ausgedacht, so dass die jetzt vorliegende Auflage nur noch als Altes Testament arbeiten kann. Die Namen der Autoren lesen sich wie das „Who‘s Who“ der weltweit erfolgreichsten und einflussreichsten Psychiater, die im Auftrag der Weltgesundheitsbehörde dafür sorgen, dass das was normal ist, normal bleibt und das, was ver-rückt ist, eben ver-rückt.

Die Damen und Herren, die über „normal“ und „ver-rückt“ befinden und verbindliche Beurteilungskriterien für Wahnsinn kreativ ausarbeiten, sind um diese schwierige Zeugung der jeweils gültigen Irren-DIN wirklich nicht zu beneiden. Diese soll schließlich quer über den Globus sicherstellen, dass für das gleiche vorwerfbare Maß an Irrsinn weltweit jeweils die gleiche Menge neuroleptischer Medikamenten-Prügel bezogen wird. Ob man sich auch schon über die lebenslange Drogenhaft durch Anlegung körpereigener Medikamentendepots verständigen konnte, ist uns unbekannt.

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Fachärzte orientieren sich an diesem Lehrbuch bei der Beurteilung eines Krankheitsbildes und entscheiden danach, welcher Patient noch normal und welcher bereits ver-rückt ist. Der umgekehrte Weg, wer nicht mehr ver-rückt ist und stattdessen wieder normal, ist erfahrungsgemäß deutlich länger. Jedenfalls kann der Experte nach diesem Psychiatriestrafgesetz, sozusagen die Bürgerliche Gesetzessammlung für Ver-rückte, bestimmen, wer zur Zwangseinweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus zu verurteilen ist, auch wenn er kein Verbrechen begangen hat. Und dieses Schicksal ereilt allein in Deutschland jedes Jahr etwa 200.000 (in Worten: zweihunderttausend) Menschen. Die meisten von ihnen hätten es sich vorher kaum träumen lassen, auch unter dieses Beuteschema zu fallen. Damit landet also sozusagen jährlich die Bevölkerung einer ganzen Großstadt nahezu unbemerkt in geschlossenen Abteilungen. Nachdem Psychiater auch oft in Großstädten zu wohnen pflegen, läge eine Hinterfragung dieser Einschluss-Mentalität doch gleichfalls in deren wohlverstandenem und ureigenstem Interesse.

Diese Entwicklung könnte nun darin liegen, dass wir immer mehr zu einem Volk von Psychopathen und Schwermütigen werden oder aber auch daran, dass uns der Medizinbetrieb dazu macht. Die Zahl der Psychiatriebetten stieg in den letzten zehn Jahren um dreizehn Prozent an, während die Bettenzahl auf anderen Krankenhausstationen um rund zehn Prozent sank. In der Psychiatrie wird noch nach einem älteren und lukrativeren Abrechnungssystem vergütet. Vielleicht kümmert man sich deshalb   z u   liebevoll um psychisch kranke Menschen? Selbst branchenintern wird vor einer übermäßigen „Psychiatrisierung“ beziehungsweise „Medikalisierung“ von „normalen Problemen“ gewarnt. Im Gegensatz zur Gefängnisstrafe ist der Psychiatrie-Vollzug zeitlich noch nicht einmal befristet. Im Ergebnis kann sogar eine unbefristete „Lebenslang-Strafe“ verhängt werden, ohne dass hierzu die „besondere Schwere einer Straftat“ richterlich festgestellt werden müsste.

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Das Schöne: Keiner geht mehr leer aus! Es treiben sich inzwischen so viele neue Krankheiten in diesem Lehrbuch herum, dass wirklich für jeden etwas dabei ist. Also lieber nicht erwischen lassen! Waren es im ersten Manual von 1952 noch 106 psychische Störungen, so sind es mit dieser neuen Ausgabe bereits 297 Krankheitsbilder, nach denen gefahndet wird. Und es bilden sich, wie bei jeder bösartigen Krebserkrankung die auf sich hält, natürlich Metastasen, die bei Bedarf als jeweils Dutzende von Subtypen des Ausgangsirrsinns dingfest gemacht werden können.

Psychiater sind aber zum Glück nicht verpflichtet, alle Irren zu fassen; denn die Faktoren, die zu einer Diagnose führen, werden immer beliebiger, so dass mehr oder weniger alles begründbar ist oder auch wieder nicht! So können sie, wie eine gutmeinende Polizei, den einen oder anderen auch wieder laufen lassen. Dabei waren viele Diagnosen schon in der Vergangenheit umstritten. Die Liste psychiatrischer Fehlurteile und Skandale ist so lang wie das Bestehen der Psychiatrie. Selbst Fachleute aus den eigenen Reihen beklagen, mit dem DSM-5 würde die Grenze zwischen Normalität und psychiatrischer Krankheit noch unschärfer!

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Mehr Diagnosemöglichkeiten bedeutet natürlich auch mehr Ver-rückte! Aber warum diese Diagnoseflut? Weshalb gibt es für immer mehr Verhaltensmuster, die nur minimal von der Norm abweichen, einen eigenen medizinischen Befund? Da plagt uns ein schlimmer Verdacht! Auffällig ist, dass 69 Prozent der DSM-5-Autoren Verbindungen zur Pharmaindustrie offengelegt haben. Von den verbleibenden 31 Prozent wissen wir es nicht so genau. Jedenfalls stellen in den meisten Arbeitsgruppen Experten mit Pharmaeinkünften die Mehrheit. Sie alle haben enge Beziehungen zu jenen Firmen, die Medikamente herstellen, um psychische Störungen zu behandeln, oder zu Unternehmen, die mit der Pharmaindustrie klüngeln. Das allein würden wir schon als eine ernstzunehmende psychische Störung diagnostizieren und sie unaufgefordert auch noch mit einer sozialen und moralischen Abartigkeit ergänzen.

Nicht wenige Experten sind überzeugt, dass der Katalog nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen zu Millionen falscher Krankheitsdiagnosen führt - und dass Menschen für ver-rückt erklärt werden, die eigentlich vollkommen normal sind. Das scheibchenweise Erkennen haarsträubender Fehleinschätzungen lässt aber wenigstens Raum für eine spätere Begnadigung, jedenfalls bei guter Führung seitens der Irren. Vielleicht aber auch erst mit dem Erscheinen der nächsten DSM-Ausgabe.

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Die mangelnde Treffsicherheit psychiatrischer Diagnosen liegt nicht nur an fehlendem gesundem Menschenverstand, sondern auch daran, dass es bis heute für keine der im DSM-5 beschriebenen psychischen Störungen klare biologische Kennzeichen gibt: "Es gibt eine Flut von angeblich biochemischen Erklärungen für psychiatrische Störungen - keine einzige davon ist bewiesen worden. Im Gegenteil! Jedes Mal wenn angenommen wurde, dass ein solches Ungleichgewicht gefunden wurde, stellte es sich später als falsch heraus", sagt Psychiater Joseph Glenmullen (Harvard University Health Services). Und auch Thomas Insel, Direktor des Nationalen Instituts für mentale Gesundheit (NIMH) in Maryland, USA, ist überzeugt: "Psychiatrische Diagnosen werden bis heute durch Einschätzungen von Außenstehenden anhand von mehreren Symptomen gestellt, nicht durch objektive Messwerte.“

Und deshalb sind psychiatrische „Behandlungen“ in der beanstandeten Form mit dem Geburtsfehler grenzenloser Dummheit behaftet! Schwere Neuroleptika und Elektroschocks werden Wahnsinn ebenso wenig besiegen wie Schleudersitze und Käfige, Eisbäder und Hitzeschocks, Insulin und Radiologie, abgeschnittene Zungen und Chirurgie. Das liegt daran, wie die Psychiatrie selbst erkennt, dass psychische Störungen eben nicht durch objektive Messwerte diagnostizierbar sind - aber das weiß eigentlich jedes Kind! Es sind nicht biochemische Ursachen, die zum Wahnsinn führen, sondern Wahn beeinflusst die körpereigene Biochemie unvorteilhaft, zumindest im Sinne psychiatrischer Einschätzungen. Gleichwohl hat das Ganze schon mit Wahnsinn zu tun: Die Psychiatrie plagt der Wahn, dass es sich genau entgegengesetzt verhält und so wird erbittert am Wunderwerk der Schöpfung, unserem Gehirn, in allen möglichen Varianten in Wahnkranken herumgefuhrwerkt.

Wenn aber biochemische Erklärungen und objektive Messwerte nicht zur Verfügung stehen und auch nie werden angeboten werden können, wie kann man sich nur erdreisten, hier mit „Medikamenten“ einzugreifen, mit all ihren vernichtenden „Nebenwirkungen“, wie sie die Psychiatrie am allerbesten tagaus, tagein beobachten kann? Und das noch dazu mit dem Ergebnis, dass scheinbare „Heilungserfolge“ ausnahmslos dadurch erzielt werden, dass wahnkranke Menschen beschädigt oder auch vollständig zerstört zurückbleiben. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Gesetzgeber besser heute als morgen die strafrechtlichen Voraussetzungen für die Aburteilung all dieser Behandlungsverbrechen schafft, damit sich solche Straftäter nicht länger durch die hier geradezu groteske Berufung auf „anerkannte Regeln der ärztlichen Heilkunst“ entlasten können.

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Dabei weiß die Psychiatrie in ihrer Fachliteratur durchaus um die mutwillig herbeigeführten Verletzungen: „Die Psychopharmaka-Therapie vermag Psychosen nicht zu heilen, sondern nur ihre Entäußerungen zu beeinflussen.“ Psychosen schnellen also wieder in ihre nichtstoffliche, unerklärbare Form zurück. Schade, jetzt ist die Geisteskrankheit wieder das, was sie immer war, unfassbar wie ein angeschmierter Aal, den man, außerhalb einer geistigen Annäherung, vergeblich zu greifen sucht.

Dennoch wird Wahnsinn weiterhin, wie eh und je, durch vorsätzlich begangene Körperverletzungen oder bedingt in Kauf genommene Tötungen „geheilt“. So betrachtet kann man bei der Behandlung von Geisteskrankheiten eigentlich nichts falsch machen. Gequält, verstümmelt oder getötet werden die Opfer so oder so! Wenn es uns nicht gelingt, uns von all diesen „psychiatrischen Entäußerungen“, vom Schleuderstuhl bis zur Lobotomie, vom Blutaustausch bis zum Elektroschock, von Insulin-Koma-Therapie bis zum Konsum schwerer Neuroleptika, zu befreien oder wenigstens vor ihnen zu schützen, wird sich daran auch nichts ändern.

Die Psychiatrie sollte endlich so ehrlich sein zuzugeben, dass sie nur, wild um sich rührend, mit einer Stange im Medikamentennebel herumstochert - und dass das auch immer so bleiben wird! Philosophisch betrachtet ist die Psychiatrie eher eine unbeabsichtigte Nebenwirkung der Geisteskrankheit!

Das kann im Ergebnis nur dazu führen, dass all diese „Heilmittel“ ausnahmslos global geächtet werden, selbst wenn Herstellung und Verabreichung noch so profitabel waren und vom „behandelnden“ Personal vielleicht unterhaltsam oder sogar erfüllend erlebt wurden. Psychiater könnte man das vielleicht wieder lehren, nur die Pharmaindustrie, soweit sie mit der Herstellung solcher Medikamente befasst ist, halten wir für nicht resozialisierbar. Wer legal so lukrativ an potentiellen Straftaten mitwirkt, steht dauerhaft außerhalb der menschlichen Gemeinschaft! Leider sind wir aber nicht sehr optimistisch bei einer so mächtigen Geldmaschine auch nur ein bisschen an der Fassade kratzen zu können.

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Und was wäre, wenn das große Lehrbuch DSM-5, das für alle Mitbürger den jeweils passenden Wahn vorhält, am Ende doch Recht hätte? Überlegt man, was sich die Menschen von der Psychiatrie so alles gefallen lassen, dann ist das schließlich mit Dummheit allein nicht mehr zu erklären. Dann könnte es sich tatsächlich um eine Geisteskrankheit handeln und zwar um eine ziemlich flächendeckende und kollektive Verblödung. Kurz, wir sprechen hier von „Idiotie“. Ob es sich dabei um angeborenen oder nur erworbenen Schwachsinn handelt, spielt letztlich keine Rolle!

Da lassen sich Gläubige über Jahrhunderte und Jahrtausende von der Religion gefangen nehmen und in Schuldgefängnissen einkerkern, nur um dann, nachdem sie sich mühsam zu befreien beginnen, von Psychiatern noch primitiver eingesperrt zu werden. Und das in einer Weise, die Betroffene noch nicht einmal mehr körperlich unversehrt lässt. Religion und Psychiatrie könnten Blutsverwandte sein! Eine Spur, über die wir im folgenden Kapitel „Religion und Wahnerleben“ weiter nachdenken sollten!



               Religion und Wahnerleben (www.billa-s.de/)

Das Fundament geistiger Erkrankungen

Kein Wunder, dass es weltweit Kirchen gibt. Auch unter dem Deckmantel der Religion gelebter Wahnsinn braucht schließlich sein Zuhause. Zumindest der Katholizismus lässt zwar die „Kindlein gerne zu sich kommen“, verleugnet beim Wahnsinn aber hartnäckig die Vaterschaft. Dabei ist der Beweis, dass Religion wahnsinnig machen kann und häufig auch macht, leicht zu führen: Zwangshandlungen Geisteskranker ähneln verblüffend stark religiösen Ritualen.

Bei alledem wird gerne die Geschichte von der Henne und vom Ei vergessen, die in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielt. Wir bekennen nicht die notwendige Fachkunde zu besitzen, um solch schwierige psychologisch-philosophisch-religiöse Fragen bezüglich der Größe des Wahnsinnspotentials von Religionen auch nur annähernd befriedigend beantworten zu können. Hingegen ist es einfach zu belegen, dass Religion und Wahnerleben mit großem Erfolg einander wechselseitig zuarbeiten. Verdient macht sich hier insbesondere die Katholische Kirche mit ihren geistlichen Ingenieuren des Irrsinns.

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Produzieren Religionen Wahnsinn, könnte ihr Fundament auf Geisteskrankheiten beruhen! Wir fahnden bei einem gut bekannt gewordenen Religionsstifter nach der Symptomatik einschlägiger Wahnerkrankungen. Wer auf Erden einen leiblichen noch lebenden Vater hat, redet wirr, wenn er sich nur einem himmlischen Vater zugehörig wähnt. Christus hielt sich für den einzigen Sohn Gottes. Das klingt nach Größenwahn. Auch wir halten uns für systemrelevant! Kinder Gottes sind wir schließlich alle, wie Meister Eckhart dies schon zu Zeiten der Scholastik postuliert hat: „Die Frucht ist Zeugnis ihres Baums und der Baum trägt die Frucht in sich, also sind sie eins. Der Mensch - das Fleisch gewordene Wort Gottes.“

Jesus soll im Zorn auf die Geldwechsler im Jerusalemer Tempel eingeschlagen haben. Hierbei könnte es sich um einen erst Jahrzehnte später religiös verklärten psychotischen Schub des Erlösers gehandelt haben. Vergebliches Warten auf das Eintreffen des die Römer besiegenden himmlischen Heeres bezeugt auch nicht gerade übermäßigen Realitätssinn. Dass Jesus die Menschheit retten, ja erlösen wollte, und sei es nur im Wahn, ehrt ihn. Wer sich so etwas zumutet, muss jedoch ziemlich ver-rückt sein!

Immerhin erstaunlich, dass die von ihrer Religion geknebelten Juden, unter denen Jesus lebte, in ihm nicht den Messias, den Erlöser, erkennen wollten, sondern ihn deftig verspotteten. Sie warten noch immer auf ihn: „Messias gesucht. Für die Position eines Messias suchen wir eine kommunikationsstarke Persönlichkeit mit Führungskompetenz und Überzeugungskraft. Er (Sie) sollte in der Lage sein, Menschen für seine (ihre) Visionen zu begeistern und Konflikte zu schlichten. Gefordert wird übermenschlicher Einsatz zum Aufbau einer neuen Gesellschaft. Wunder und Überstunden im göttlichen Auftrag werden nicht extra vergütet.“

Geisteskrankheiten wurden jedenfalls schon immer streng bestraft! Die Jerusalemer Bevölkerung erkannte auf Kreuzigung. Im eisernen Griff ihrer Religion befindlich, erwartete sie von einem Messias keinen lieben Vater im Himmel, sondern eine die Römer hinwegfegende Macht auf Erden. Beten also Christen nur einen geschlachteten Wahnkranken an? Mancher unbegabte fernöstliche Tourist fragt angesichts solcher Anbetung: „Wieso klebt denn dieser Mensch am Kreuz?“

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Was wissen wir schon von Jesus Christus? Wenig mehr als das, was erstmals der Apostel Paulus und andere, nur achtzig Jahre oder vier Menschengenerationen später, angeblich vom Hörensagen aufgeschrieben haben. Nach so vielen Jahren kann ein Wahnkranker ebenso leicht zum Gott aufsteigen, wie ein Gott wahnkrank werden.

All dies bereitet uns keine besondere Unruhe! Erfahren wir doch nur ein weiteres Mal, dass es bei dieser Kirche und Religion auf alles ankommt, nur nicht darauf, wer gerade Gott ist. Übrigens handelt es sich hier um einen durch und durch geeigneten, wahnkranken Gottessohn für all die armen gläubigen Seelen, die zu eben diesem Zwecke so lange in seelische Schuldgefängnisse gesperrt wurden, bis religiös bedingte Geisteskrankheiten zum einzigen Tor wurden.

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Zu Zeiten Jesu wurde Menschen die religiöse und staatliche Schlinge besonders würgend um den Hals gezogen. Sie bedurften dringend der Befreiung, was den Beruf des Erlösers attraktiv machte. Es wimmelte nur so von Gottessöhnen, die Erlöser werden wollten. Da die Position nur einmal zu vergeben war, mussten beim Predigen schon erstklassige Gedanken unters Volk gestreut werden!

Fehlten sie, ging man in die erhabene Geistesverwirrungen erzeugende Einsamkeit der Wüste, um dort durch freiwilliges Fasten in Grenzzustände zu geraten und durch Hungerhalluzinationen Gottes Anweisungen aus erster Hand zu erhalten: „In die Wüste gehen, auf dass das Fleisch verwahrlose und man die Stimme seines Gottes vernehme...“ Zum Glück waren damals Wahnvorstellungen nicht so verrufen wie heute! Wer halluzinierte und dabei Stimmen hörte, wanderte nicht geradewegs in die Psychiatrie, sondern kam auch als Religionsstifter oder wenigstens als Prophet in Betracht.

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Kann dem Wahnsinn der Spiegel trefflicher vorgehalten werden, als dies v. Corvin 1845 im „Pfaffen-Spiegel“ tat: „Die Welt ist schon oft mit einem Narrenhause verglichen worden. Der Vergleich ist für uns nicht schmeichelhaft, aber leider ist er passend. Schauen wir uns um! Dort erblicken wir hochmütige Narren, die sich für die Herren der Welt halten und steif und fest glauben, Gott habe dieselbe mit allen Menschen nur zu ihrem Privatvergnügen geschaffen; vor ihnen liegen Millionen noch größerer Narren im Staube, die ihnen glauben und demutsvoll gehorchen (...). Dort knien Tausende vor einer Bildsäule, dort vor einer Schlange, dort vor einem Ochsen. Jene beten die Sonne an, diese den Mond, andere das Wasser (...). Ihr findet unter ihnen Wahnsinnige von allen Graden, vom rasend Tollen bis zum armen Blödsinnigen, der unter Zittern und Zagen seinen Rosenkranz betet und beständig fürchtet, der Teufel möchte ihn holen (...). Papst Alexander VI. sagte: Jede Religion ist gut, die beste aber - die dümmste (...). Rom kann nur herrschen, wenn die Welt dumm ist...“

Noch jeder Gläubige, gleich welcher Religion, ist in der einen oder anderen Form, in geringerem oder höherem Maße, wahnsinnig. Wer zweifelt, abstrahiere alles heilige, eigenständiges Denken verbietende Gehabe und betrachte dann unvoreingenommen, was Religionen und pseudoreligiöse Ideologien aus Menschen machen. Es sind einfach zu viele von Göttern, Pseudogöttern oder Idolen besessene Menschen auf Erden antreffen. Dass hinter all dem wahnsinnigen Treiben, das die Religionen dreht, weit tiefere, unbewusste, wirklich heilige und unheilige Kräfte wohnen, liegt auf der Hand. Wer sich jedoch erdreistet, sie mit dem Anspruch auf Wahrheit zu deuten, wie es noch jede Religion tut, macht sich als vorsätzlicher Wahnsinnsproduzent der Gläubigen-Verdummung schuldig!

Letztlich ist es aber auch egal, ob, wie und warum jemand ver-rückt ist, solange er nur die Kirchen und andere Irrenhäuser füttert! Erfreulicherweise gibt es wenigstens immer mehr Zeitgenossen, die vor dem Gerichtshof der Vernunft „die religiöse Manie als vorherrschende Form der Geisteskrankheit anschwärzen“.

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Ob jemand zur Heiligen/zum Heiligen wird oder im Irrenhaus vergessen, ist manchmal purer Zufall oder auch nur eine Frage der Vermarktung. Die Phänomene, die dazu führen, sind dieselben. Göttliche Stimmen werden gehört, religiöse Erscheinungen gesehen, ekstatische Zustände erlebt. Die Jungfrau von Orleans und andere Heilige warteten vergebens auf das Erscheinen göttlicher Heere in wichtigen Schlachten. Gott hält sich nicht an Verabredungen!

Ohne die wackeren Religionen wäre es um Wahnsinn wirklich schlecht bestellt! Vom Schweigegelübde bis zur Rosenkranzkanonade, von der Kasteiung bis zur Genitalienverstümmelung, vom Bewegungsverbot bis zum Blutopfer, von der Ketzerverbrennung bis zum Höllenfeuer, kaum eine Geistesstörung, die Religionen nicht erfänden oder zumindest kanalisierten.

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Wir können gern weitere Beweise auf diese Behauptung nageln! Um enge Beziehungen zwischen Religion und Wahnsinn machten sich u.a. Säulenheilige verdient. Besonders berühmt wurde der syrische Asket Simon (5. Jahrhundert n. Chr.), der Jahrzehnte auf einer 20 Meter hohen Säule lebte. Berühmt geworden durch exzessive Askese, zog er auf diese Säule, damit ihm die Pilger nicht mehr ständig Fäden, denen man wundertätige Eigenschaften zusprach, aus seiner Kutte ziehen konnten. Sein Beispiel fand bis ins 10. Jahrhundert, ja bis heute Nachahmer.

Auf den Philippinen begnügt man sich in der Karwoche nicht mit fröhlichem Palm-Gewedel. Drastische Rituale, etwa blutige Kreuzigungsszenen, bei denen sich Männer ihre Hände und Füße tatsächlich mit Nägeln durchschlagen lassen, gehören ebenso dazu wie ausdauernde Selbstgeißelungen.

Es gibt Religionen, die weibliche Gläubige selbst in traditionellen Hitzeländern zum Tragen von Kopftüchern zwingen, ja zur vollständigen Verschleierung. Andere verlangen von männlichen Untertanen, nie ohne Hut oder Käppi zu erscheinen. Eigentlich sonderbar, dass sich solche Zumutungen verlangende Glaubensbekenntnisse wechselseitig oft nicht ausstehen können.

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Ganz unglaubliche Wege zur Erleuchtung finden indische Heilige oder Sadhus. Erlaubt ist, was gefällt! Die einen stehen zwölf Jahre am Stück, andere heben einen Arm, bis er verdorrt. Die einen befassen sich mit Schweige-, andere mit Schimpfgelübden, die einen bestehen Feuerprüfungen, die anderen überleben nackt im ewigen Eis...

Man muss aber nicht bis nach Indien gehen, um nach geistiger Umnachtung zu fahnden! Das Verhalten unzähliger Geißler-Orden etc., die über Jahrhunderte in Europa Millionen von Menschen mit religiösem Wahnerleben heimsuchten, spricht Bände.

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Die überaus gläubigen Bewohner von Sri Lanka sind überzeugt, eine Spende des Augenlichts stelle nach dem Tod einen Platz in Buddhas allernächster Nähe sicher. Nach dem Ableben erhellt Buddhas Glanz möglicherweise blinde Seelen! Offen bleibt nur, warum sich Gläubige schon im Diesseits mit Dunkelheit umgeben. Wir bewegen uns hier nicht mehr im Reich des Glaubens, sondern im Hoheitsgebiet des Wahnsinns. Gäbe es solch buddhistische Wahnvorstellungen nicht, müssten sie glatt erfunden werden. Sri Lanka wurde zum wichtigsten Lieferanten der internationalen Augenbank! Könnte es auch sein, dass Sri Lankas buddhistische Tempel ihren goldenen Glanz nur „versilberten“ Augen verdanken und findige Religionsführer den hierzu passenden Wahnsinn ins Leben riefen?

Es soll keineswegs der Eindruck entstehen, nur Amtskirchen brächten um den Verstand. Im brasilianischen Pernambuco ragt in einer Senke, einer riesigen Kanzel gleich, ein einzelner Felsblock empor: Pedra Bonita - der schöne Felsen. Einem religiösen Schwärmer war er nicht schön genug. Gläubig lauschendem Volk verkündete er 1837 die baldige Wiederkehr eines verwunschenen Königreiches, sobald der Fels zertrümmert sei. Nicht durch Hammerschläge, sondern durch Kinderblut, das als Sühneopfer darüber verspritzt werden müsse. Die glaubensstarken Mütter konnten ihre Kindlein an dem grausigen Altar gar nicht schnell genug loswerden und gerieten mitunter sogar in Streit im Vortritt um die Opferung. Das Blut strömte in solchen Mengen vom Felsen herab, dass der Aufenthalt an dem verseuchten Ort unmöglich wurde.

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Wer glaubt, wenigstens in Asien eine vertretbare Religionsbewältigung anzutreffen, wird eines Besseren belehrt. Zur Religion im weitesten und zugleich ältesten Sinne zählt auch die rituelle Totenverehrung, die vor allem im asiatischen Raum noch Hauptbestandteil der Volksreligion ist. Verkürzt dargestellt, wird der Tod als eine Art Schlaf gesehen, aus dem der Mensch wieder erwachen kann. Rituale, Opfer und Orakel erlauben die Seele des Toten zu rufen und mit ihr in Verbindung zu treten.

Es ist freilich kaum anzunehmen, dass dieser Kult in grauer Vorzeit so dämlich praktiziert wurde wie dieser Tage, in denen nur der Sohn den Ahnenkult fortsetzen kann, welcher die „gute Existenz im postmortalen Leben gestattet“. Mit anderen Worten: Ohne Sohn bleibt der gläubige Chinese für immer ins Totenreich verbannt! Noch nicht einmal der Kommunistischen Partei gelang es, diesen Glauben auszurotten. Die von der Obrigkeit verlangte „Ein-Kind-Ehe“ wurde von vielen Chinesen nur dann berücksichtigt, wenn das erste Kind ein Sohn war.

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Religionsausübung kann nicht nur individuell, sondern auch kollektiv gelebter Wahnsinn sein: Witwen-Einäscherung im Hinduismus, Hexenverbrennung im Christentum, Kinderverstümmelung hinduistischer Bettlerkasten, gottgefällige Menschen- und Tieropfer usw. Kollektive Wahnsysteme schützen vor persönlichem Wahnerleben! Priesterlicher Freispruch entlastet religiös anerzogene Schuldgefühle. Abnehmende Religionsausübung begünstigt daher individuellen Wahnsinn!

Besessene Gläubige glaubten zur Zeit der Inquisition geheimnisvolle Flammenzungen über der portugiesischen Hauptstadt Lissabon schweben zu sehen. Totenladen über dem Königspalast kündeten von drohendem Unheil und hoch in den Lüften erschienen prozessionsartig dahin marschierende Mauren. Sollten die Gläubigen allerdings damit visionär die riesigen Waldbrände Portugals seit Beginn des neuen Jahrtausends vorhergesehen haben, nehmen wir den Vorwurf religiösen Irreseins auf der Stelle zurück!

Religionen schöpfen nicht nur geschickt individuelles Wahnerleben ab, sondern schwärmen geradezu von kollektiven Halluzinationen. Echt religiöse Zeiten lassen Unsichtbares leibhaftig werden. Eine dörfliche Gemeinschaft halluziniert Marienerscheinungen auf einem Kirchturm, religiöse Eiferer erleben die Himmelfahrt eines Heiligen, Weltuntergangsjünger versammeln sich zum kollektiven Ableben auf einer Bergspitze. Niemand wollte die betroffene Bevölkerung auf Dauer ins Irrenhaus sperren, obwohl das unter Anlegung herkömmlicher psychiatrischer Maßstäbe durchaus angezeigt wäre.

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Verglichen mit den Anforderungen, die das orthodoxe Judentum an Gläubige stellt, sind all dies vielleicht nur lästige Kleinigkeiten. Zum Trost sei verraten, dass noch jede Religion zu jüdischer Erstarrung neigt. Am Sabbat, der dem jüdischen Volk als „Tag der Freude“ verkauft wird, verwandelt es sich in ein Volk von Halbgelähmten!

Selbst die Anforderungen der modernen Welt werden dort mühelos göttlichen Vorschriften unterworfen. Angeblich koscheres Brot wird an diesem heiligen Tag dadurch hergestellt, dass der Rabbi in großen Backfabriken die Teigknetmaschine in Gang setzt, um ein Beispiel zu nennen. Wollen die Juden nicht verhungern, werden sie ihre Religion nie mehr los, bis in alle Ewigkeit! Aber das ist ja ohnehin nicht vorgesehen.

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Bröckeln Fundamente, läuten bei verantwortungsbewussten Hausbesitzern die Alarmglocken. Nicht anders verhält es sich bei geistigen Grundlagen, die bei der Katholischen Kirche schon seit langer Zeit nachhaltig krümeln. Der erst 1928 gegründete Orden „Opus Dei“ besserte nach: „Nie solle der Mensch vergessen, dass er schmutziger, herabgefallener Staub sei und dass die Schule des Leidens ihn retten könne“, schrieb Josemaria Escrivá, der Gründer des Ordens. „Der Leib sei dein Feind und Feind der Verherrlichung Gottes“, so das Credo seiner Schmerzensmystik.

Wenig galten ihm die paulinischen Worte: „Wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist.“ Obwohl man Tempel nicht schänden soll, bearbeiten sich Mitglieder und Sympathisanten des Ordens seither nach dem Vorbild der Geißler mit Dornenkette und Rute. Alle diese Übungen fallen unter die Rubrik „Abtötung“. Katholiken sollen täglich Buße tun und täglich verzichten. Schon sind die Voraussetzungen für eine solide Geisteskrankheit geschaffen: „Das Ich kann pausieren, damit Christus eintreten kann.“ Schließlich geht Wahnerkrankungen immer eine massive Ichschwächung einher.

Religionen, die auf Wahnerleben beruhen, produzieren zwangsläufig Wahn bis in unsere Tage! Mitte 1992 sperrte ein Jerusalemer Gericht zwei junge Leute für neun Tage in eine psychiatrische Anstalt. In einer Kirche der Heiligen Stadt hatten sie ein Kreuz beschädigt und trugen bei ihrer Festnahme in einer Hand ein Neues, in der anderen ein Altes Testament. Die Psychiatrie, selten weit wo Religion nahe, erklärte, auch diese beiden Straftäter seien vom „Jerusalem-Syndrom“ befallen und hielten sich für biblische Gestalten. Besonders beliebt sei bei irr werdenden Touristen Johannes der Täufer, deutlich abgeschlagen folgten Jesus, Maria und Satan.

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Der Saum von Wüsten scheint sich wie kaum ein anderes Gebiet für Religionsstiftungen geeignet zu haben (sinngemäß aus „Die sieben Säulen der Weisheit“, Lawrence von Arabien, 1936). Gemeinsamer Grundgedanke aller semitischen Religionen, der erfolgreichen und der erfolglosen, war die immer gegenwärtige Idee von der Nichtigkeit alles Irdischen. Das Leben nahmen sie als unproblematische Gabe, die keiner Rechtfertigung bedurfte.

Der arabische Raum ist mit Trümmern von Glaubenslehren übersät, die sich auf Behauptungen, nicht auf Beweisgründe, stützten und daher eines Propheten zur Verbreitung bedurften. Es wird behauptet, es habe 40.000 Propheten gegeben, die leidenschaftliches Sehnen in die Wüste hinaustrieb. Dort lebten sie längere oder kürzere Zeit in Betrachtung und Einsamkeit, gerieten in religiöse Ekstase und kehrten von dort mit einer Botschaft zurück, deren Gestammel mitunter die herrschende Priesterschaft geschickt zum eigenen Vorteil zu deuten wusste. „Es gibt gewiss erhabene Geistesverwirrungen, welche die Einsamkeit erzeugt.“ (Victor Hugo in „Das Teufelsschiff“). Hat man Glück, dann fallen die Betroffenen nur in eine Art heiliger Stumpfsinn, hat man aber Pech, kann man sich wieder einmal mit einer neuen Religion herumschlagen.

Die Semiten schienen geradezu ein Monopol auf Offenbarungsreligionen gehabt zu haben, also Religionen, die sich in ihrem Selbstverständnis darauf berufen, von Gott eine (manchmal sogar schriftlich festgehaltene) Offenbarung erhalten zu haben. Dabei wäre es doch viel schöner, wenn Menschen, denen solche Erfahrung zuteilwurde, immer die einzigen Interessenten ihrer ganz persönlichen Meditations- und Fastenergebnisse blieben und nicht immer gleich Propheten für alle werden wollten.

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Ist es schon schwer genug, Wahnerleben dingfest zu machen, das sich an äußerlichen Symbolen orientiert, so sind Religionsfestungen, die sich nur noch hinter geistige Mauern zurückziehen, praktisch uneinnehmbar, wie etwa jene des Judentums. Nach dem Verlust ihres Tempels 70 n. Chr. an die Römer, verschanzte es sich in rein spirituellen Bastionen: „Unser Tempel ist jetzt die Schrift, deren Bücher sind unsere Provinzen, ihre Sätze unsere Städte und Dörfer (Jüdischer Glaube).“ Das so nach dem Fall des Tempels in Jerusalem neu aufgebaute Judentum war heimlicher, geistiger, geschmeidiger und doch fester als zuvor. Es genügte den Juden, „die sechshundertdreizehn Gebote aufzuzeichnen auf gutem Pergament, wo sie anfangen und wo sie aufhören, sie zu umzäunen und ummauern, auf dass Israel für die Ewigkeit darauf stehen kann“.

Während die Römer im eroberten Tempel allerlei Reichtümer vermuteten oder wenigstens einen Esel, fanden sie das Allerheiligste leer wie ein verlassenes Schneckenhaus. Nur der gläubige Verstand vermochte Gott dort hineinzuprojizieren. So feinsinnig der unsichtbare Gott der Juden auch gedacht sein mag, er kreiste das jüdische Volk in kollektiv-religiöses Wahnerleben ein.

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Auch das Christentum hatte es nicht immer leicht und besonders schwer hatte es diese Religion im 19. Jahrhundert! Das Buch „Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet“ von David Friedrich Strauß, erregte 1835 ungeheures Aufsehen. Es holte die Bibel vom Podest absoluter, geoffenbarter Wahrheit herunter auf den Boden eines gewöhnlichen historisch-literarischen Textes. Man kann es noch treffender formulieren: Ein Hauch gesunden Menschenverstandes hielt Einzug, wer immer denselben, sollte er denn je vorhanden gewesen sein, ausgetrieben haben mochte. Albert Schweitzer würdigte dieses Buch als wissenschaftliche Weltliteratur: „Über vierzehnhundert Seiten, und kein Satz zu viel!“

Karl Marx forderte wenige Jahre später, 1843, dass aus Religionskritik endlich Gesellschaftskritik werde: „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“

Es kam noch schlimmer! Charles Darwin setzte mit seiner Abhandlung über den Ursprung der Arten, die den Menschen zum nackten Affen und den biblischen Schöpfungsbericht zum Märchen machte, zum wissenschaftlich-literarischen Todesstoß an. Und dann auch noch Friedrich Nietzsche, der sich 1882 in der "Fröhlichen Wissenschaft" die Bemerkung gestattete: "Gott ist tot!"

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Das 20. Jahrhundert begann aus Religionssicht auch nicht gerade vielversprechend! Für Sigmund Freud war Religion schlicht eine Geisteskrankheit, ja eine massenpsychotische Veranstaltung. Wir fühlen uns seinen Gedankengängen aus all den vorstehend dargestellten Überlegungen sehr verbunden! Bis zu seinem Freitod hoffte Freud leider vergeblich, die Menschheit könnte diesen Irrsinn besiegen.

Auch v. Corvin hielt für noch unerklärlicher als die Entstehung von Epidemien wie Pest und Cholera die Epidemien des Geistes, „deren Vorkommen so alltäglich ist, dass wir gar nicht mehr darauf achten und sie am allerwenigsten für eine geistige Störung halten“.

Vor diesem kritisch und überzeugend gut gedüngtem Hintergrund sollte man eigentlich erwarten, das Christentum wäre damals samt seinen religiösen Kolleginnen und Kollegen kurz und bündig zerschmettert worden. Wir begegnen hier aber eben jener religiösen Katze, die beim Sturz immer wieder auf die Füße fällt. Und dafür sorgt wiederum ein Spinnengleichnis: Religion bedeutet auch „stetes Wiederholen“. So verstanden ist Religion „Ritus“! Die Inhalte werden solange wiedergekäut, bis sich die Gläubigen in einer Art schraubstockartiger Umklammerung ihres Verstandes und ihrer Seele befinden. Die Beute wird spinnengleich nicht durch einen Prankenhieb geschlagen, sondern mittels eines sanften Webvorgangs! Viele Gläubige sind, selbst nach einem vermeintlichen Abfall vom Glauben, zu eingewebt in dieses Netz, als dass sie sich nachhaltig befreien könnten.

Die These „Religion als Geisteskrankheit“ wird bis heute hoffnungsvoll weitergetragen. Zum Beispiel 2006 im Buch „Der Gotteswahn (englisch The God Delusion)“ von Richard Dawkins, in der er sich gegen theistische Religionen und insbesondere gegen die drei abrahamitischen Weltreligionen wendet. Es gilt seither als einer der Haupttexte des „Neuen Atheismus“. So sehr uns das freut, wir fürchten, auch das wird nur zum alten Dauerbrenner. Dasselbe Anliegen wird voraussichtlich irgendwann einmal bedient werden vom „Modernen Atheismus“, dann vom „Postmodernen Atheismus“ oder vom jeweils allerneustem Atheismus, ohne an der Grundsubstanz viel Schaden anzurichten.

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Wenn nun aber, nach all den vergeblichen Versuchen, die Macht destruktiver Religionseinflüsse zu brechen (Atheisten, die es mit Logik versuchen, Naturforscher, die zwingende Forschungsergebnisse vorlegen und Psychologen, die der Religion freundlich „Wahnsinn“ bescheinigen), dann müssen wir beklagen, dass offenbar immer noch nicht tief genug geforscht und ausreichend gründlich nachgedacht wurde.

Wir legen folgenden Vorschlag vor: Warum halten sich Diktaturen, trotz gegensätzlicher Interessen im Verhältnis zum jeweils beherrschten Volk, oft so hartnäckig und erfolgreich am Leben? Weil eine Unzahl von Günstlingen von ihrem Unterdrückungssystem profitiert und davon großartig leben kann. So ähnlich müssen wir uns das auch mit der Religion vorstellen. Diesen Profiteuren begegnen wir aber nicht nur im Äußeren, z.B. in der Priesterschaft, sondern auch im Inneren, also mitten in uns selbst! Im Außen treffen wir auf einen riesigen Machtapparat, der unzähligen Menschen Einfluss und Brot garantiert und die schon aus diesem Grunde kein gesteigertes Interesse daran haben können, auf eine so organisierte Religion zu verzichten. Im Inneren, in uns selbst, leben vielleicht hingegen, salopp ausgedrückt, Geister und Dämonen, zerstörerische Mächte jedenfalls, die uns fest im Griff haben und uns auf ihre Weise, auch über Glauben und Religion, beherrschen, ausbeuten und berauben.

Das was so gern als primitiver und purer Geisterglaube abgetan wird, könnte viel wahrer sein, als wir uns das träumen lassen. Diese destruktiven Kräfte befinden sich dann nicht außer uns, wohin wir sie so gerne projizieren, nämlich in Hexen und Zauberern oder in anderen Völkern mit uns fremden Glaubenssystemen usw., sondern mitten in unserem Inneren, in unserer Seele. Und zwar als in uns wohnende unbewusste Kräfte, die uns Entscheidungen und Verhalten nahelegen, die uns schaden statt nützen. Wie sollten wir uns erfolgreich mit ihnen auseinandersetzen können, wenn wir sie noch nicht einmal ernst nehmen?

Sollte jemals ein Weg zur erfolgreichen Beschäftigung mit solch zerstörerischen Kräften führen, so sind wir überzeugt, dass wir den Schlüssel hierzu in der Aufarbeitung der Psychosen von so vielen Menschen finden. All das, was hier an destruktiven Seeleninhalten ausgeschieden, ja ausgespien wird, all das was so fremdartig ist, so bösartig, so irrational und so zerstörerisch, beinhaltet unserer Meinung nach, was es zu sichten, zu analysieren und zu überwinden gälte. Bis dahin wird uns das die Psychiatrie „wegspritzen“ oder wenigstens „wegschlucken“ lassen, der unbewusste destruktive Kräfte das als „Heilmethoden“ nahelegen!



Religiös aufgearbeitete Mordlust

Damit so richtig Freude aufs Jenseits aufkommt, gilt für wahre Christen: Je elender man verreckt, umso ehrenvoller! Zumindest, solange es andere betrifft! Ein Grundsatz, der unaufgefordert auch religiös nicht linientreuen Nachbarn weitergereicht wird. Bis weit in die Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein, sorgte die von der christlichen Leidensreligion beeinflusste Medizin dafür, dass selbst bei größten Qualen kaum schmerzlindernde Mittel zur Verfügung gestellt wurden - zumindest soweit Otto-Normal-Kranke betroffen waren! Bereits dahinter verbergen sich die natürlichen Geschwister der Mordlust. Aber dieselbe tritt noch weit offener zutage!

„Der Zottelbär A überfiel die Zottelbärin B und tötete sie mit einem vorsätzlichen Biss in die Halsschlagader.“ „Die Python P würgte ihre Tante T auf grausame Weise zu Tode.“ Wenig glaubhaft, nicht wahr? Tiere ein und derselben Art töten einander selten! Arbeitet der Mensch an sich, erreicht er eines Tages den hohen kulturellen Stand des Tieres. Bis dahin ist ein weiter Weg zurückzulegen, den religiöse Stolpersteine säumen. Archaisch orientierte Religionen nageln die Menschheit in dieser Hinsicht auf den Stand der Steinzeit fest!

Destruktive Seeleninhalte sind zweifellos in der Lage, sexuelle Lust „umzuspiegeln“. Genitale Lust wird zur analen, die Lust zur Zeugung wird zur Lust am Quälen usw. Sexuelle Lust ist nicht exklusiv an die Zeugung gekoppelt, sondern kann sich, entsprechende, hauptsächlich der Religion zu dankende psychotische Seeleninhalte vorausgesetzt, durchaus auch aufs Töten richten.

Man wird also Mörderisches durchaus mit destruktiv gewordener Sexualität in Verbindung bringen können - und wer könnte dieselbe besser deformieren als Religionen wie das Christentum? Wie schön, wenn zur Aufarbeitung dann inquisitorische Folter- und Mordtechniken zur Verfügung stehen, die von religiös-intellektuellen Geisteskranken auch noch überzeugend begründet werden.

Eine verfehltere Bewältigung der göttlichen Trieb- und Schubkraft der Sexualität, eine widernatürlichere und destruktivere Kanalisierung ins Verborgene, Dunkle, Schmutzige, Schmierige, Widerwärtige ist nicht vorstellbar! Naturgemäß hat von alters her eine solchermaßen religiös erzogene Bevölkerung die legale Befriedigung ihrer Mordlust besonders nötig.

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Deren Geschichte reicht weit zurück! Abraham, der Stammvater Israels, hörte eine Stimme, die Stimme Gottes. Sie befahl, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern. Abraham, ein gehorsamer Diener, bereitete den Mord sorgfältig vor. Das Schicksal war jedoch Vater und Sohn günstig gesonnen: Eine beiden geneigtere Stimme befahl Abraham, statt des Sohns einen zufällig herumstehenden Widder zu opfern. Isaak nahm keine Rache für den Mordversuch! Die Jugend war damals nicht so renitent wie heute und es gab auch noch keine Psychiatrie, die bei Abraham und dessen Stimmenhören zweifellos Wiederholungsgefahr bejaht hätte. Pech hatte nur der arme Widder!

Rief hier Gott oder brach sich menschliche Mordlust die Bahn? Der Leser entscheide selbst unter Berücksichtigung zeitgenössischer psychiatrischer Literatur. Jedenfalls lohnte sich der strafbefreiende Rücktritt vom Mordversuch. Abrahams Samen wurde gesegnet. Er sollte sich mehren wie die Sterne am Himmel. Scheint geklappt zu haben!

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Mordlust wird aber nicht nur im Christentum religiös erschaffen und bedient: In seinem überdachten Heiligtum machte es sich der religiöse Bandenchef gemütlich. Prunkvoll blau gewandet, maskiert und unbeweglich, mimte er den Regengott. Schreie und Tränen der geopferten Kinder klangen angenehm in seinen Ohren. Vielleicht stimmten sie den Gott des Regens traurig und führten zu fruchtbaren, über dem Land als Regen niedergehenden Tränen.

Dieses religiöse Zeremoniell bestimmte die alljährliche Bitte der Inkas um Regen. Weitere überzählige Kinder wurden nicht vor Ort umgebracht, sondern hohen Anden- und Vulkangipfeln geopfert oder in steilen Felswänden bestattet, um die furchtbaren Berggötter gnädig zu stimmen. Die Götter konnten mit den Opfern wenig anfangen, religiös maskierte und befriedigte Priester- und Gläubigen-Destruktivität dafür umso mehr.

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Steinigung für Ehebruch erfreut sich hohen Ansehens, wenn neidische Priester und Gläubige ungestraft wahre Liebe durch Steinhagel auslöschen. Selten machen sich Priester dabei selber die Finger blutig. Gläubige Familienangehörige, geschickt abgerichtet, besorgen oft die Dreckarbeit selbst und töten konfessionell abtrünnige Verwandte im Namen Gottes.

Besonders wehrlos sind in religiös-archaischen Ländern junge Frauen, denen Gewalt, falsche Versprechungen oder ganz einfach eine übermächtige Liebe außerhalb der Ehe Nachwuchs beschert. Sofort finden sich Priester und Gläubige von einer Heimtücke, die nicht einmal davor zurückschreckt, den neugeborenen Kindern die Mutter zu töten.

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Manchmal holt die den Religionen innewohnende Zerstörungswut zum Doppelschlag aus, beispielsweise wenn muselmanische Frauen aus kriegstaktischen Gründen vergewaltigt werden müssen. Kommen sie mit dem Leben davon, dann oft nicht lange. Ihnen droht die Ermordung durch eigene Angehörige zur „Wiederherstellung der islamistischen Familienehre“!

Geht es um Mord, steht kaum eine Religion zurück! Während ihrer Karriere öffnen die Sadisten der Nächstenliebe immer wieder das Ventil für religiös motiviertes, sozialverträgliches Töten. Destruktiv-mörderischem Verhalten widerfährt normalerweise große soziale Abscheu. Umgekehrt winkt jedoch hohes Ansehen, vermag es sich hinter religiösen oder pseudoreligiösen Ritualen zu verstecken und, so verdeckt, blutige Bedürfnisse gläubiger Serientäter zu befriedigen. Die Liste religiös motivierter Gewaltverbrechen in Vergangenheit und Gegenwart ließe sich endlos fortsetzen. Straflose Morde waren es allesamt. Das freut die Lust am Töten und verbittert den Staatsanwalt!

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Dem Niedergang der Religionen folgt leider nicht das Siechtum mörderischer Triebe. Lediglich die Richtung der Triebbefriedigung wechselt! In pseudoreligiös oder ideologisch ausgerichteten Gesellschaften verlieren Menschen nicht mehr nur bei religiösen Kulthandlungen oder in heiligen Kriegen ihr Leben, sondern auch auf dem Umweg über das Rechtswesen. Kleine Vergehen - große Strafen! Bloße Zweifel am Endsieg beförderten in Nazi-Deutschland rasch vom Leben zum Tod.

Mörderischen Trieben ist das Motiv gleichgültig, Hauptsache sie werden befriedigt. Der Intellekt wird je nach Bedarf vom Guten bzw. Bösen der anvisierten Straftat überzeugt. Das flammende Schwert der Religion tötet für „das Gute“, Satanisten und andere morden im Namen „des Bösen“; beide befriedigen gleich abartige Triebe. Wer daran zweifelt, dass sich mörderische Triebe in Glaubensfragen besonders wohl fühlen, denke an die traditionell schwer zu befriedenden Religionskriege. Manche, wie etwa der Dreißigjährige Krieg in Europa, mussten regelrecht ausbrennen.



Teufelsaustreibung und Taufe

Ende des letzten Jahrtausends hatten wir uns, laut katholisch-kirchlichem Melderegister, mit sage und schreibe 1.758.640.176 Teufeln herumzuschlagen, die die Welt in eine zumindest latent dämonische Bedrohung verwandeln. Nicht jeder Mitbürger bewältigt diese Herausforderung und wird „besessen“! Wie schon erwähnt, verleugnen Kirche und Religion bei Besessenheit gerne die Elternschaft, obwohl sie hier ihr vollkommenstes Erziehungsprodukt präsentieren könnten.

Ererbtes und anerzogenes Maß geistiger Vergewaltigung und religiöser Verdummung kann menschliche Urnatur nicht unbegrenzt ertragen. Was Religionen verteufeln, wird irgendwann, oft erst nach Generationen, erbrochen. Früher nannte man das Besessenheit, heute heißt man es Psychose.

Trotz rapide zunehmender Teufel werden religiöse Teufelsaustreibungen selten! Dies liegt am steilen Aufstieg der Psychiatrie, die heute für Besessenheit zuständig ist. Wegen harter Verteilungskämpfe wagt sich deshalb die kirchliche Teufelsaustreibung nur noch unter dem angesehenen Namen „Exorzismus“ unter die Leute. Seit dem Kultfilm „Rosemaries Baby“ (1968) Teil der Allgemeinbildung.

Kirchliches Handwerk der Teufelsaustreibung bei Besessenen und psychiatrisches Kunsthandwerk der Psychosenbehandlung bei Geisteskrankheiten unterscheiden sich nicht wesentlich. Wer das zweifelhafte Glück hat, statt besessen zu sein, „nur“ unter einer Psychose zu leiden, hat nicht unbedingt mehr zu lachen. Lediglich die Folterinstrumente und die Verkleidung des heilenden Personals unterscheiden sich. Die psychiatrische Variante der Teufelsaustreibung bevorzugt ärztlich-weiß, die Kirche exorziert nach wie vor „auf Teufel komm' raus“ in priesterlichem Schwarz.

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Wir beschäftigen uns zunächst mit dem religiösen Heilungsansatz: Kommt Besessenheit zum Ausbruch, werden Betroffene dem Teufel als Eigentümer untergeschoben, aus dessen Klauen es die Opfer zu befreien gilt. Die Religion eilt als geistiger Retter in höchster seelischer Not herbei und erlöst die Armen aus den Fängen des Satans. Wegen der mangelhaften analytischen Vorgehensweise leider mit mäßigem Erfolg!

Verkannt wird vor allem der hohe religiöse Eigenanteil an der Produktion von Besessenheit. Gewollt oder ungewollt blieb bis heute die von der Religion schamlos übertriebene, destruktiv-geistige Einkerkerung gläubiger Menschen nicht ausreichend durchschaut. Man wollte und will nicht wahrhaben, dass die Verteufelung der animalischen, triebhaften Natur so Geknechtete zu armen und/oder wahren Teufeln macht.

Statt die eigene diabolische Vorgehensweise geistig zu durchdringen, wird die Ursache misslungener Teufelsaustreibungen an fernen Höllenküsten gesucht. Vermutet wird, die religiösen Knechtungsversuche hätten bei besessenen Gläubigen nicht nachhaltig genug angeschlagen, um sie endgültig dem teuflischen Versucher zu entreißen. Die Überdosis religiöser Triebknechtung wird für eine bedauerliche Unterdosierung gehalten. Angesichts eines so resistenten Widersachers hält man es für geboten, noch früher, massiver und gezielter einzugreifen.

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Aber von Anfang an: Um ganz sicher zu gehen, dass die verehrte religiöse Mitgliedschaft beizeiten und gleichzeitig endgültig von allen guten Geistern verlassen wird, wurde der Beginn der Abwehrschlacht auf den Zeitpunkt der Taufe vorverlegt. Seither werden schon bei der ersten Ölung die notwendigen exorzistischen Handlungen durch die Gebete des Kleinen Exorzismus vorgenommen. Dieser soll sämtliche Geister und Dämonen bei der Geburt austreiben und die Erbsünde tilgen. Nach aller Erfahrung kann aber leider diese edelmütige Austreibung großer Teufel aus kleinen Kindern dunklen Mächten wenig anhaben. Erfolgreich ist die Religion schon eher damit, im Lauf der Jahre aus kleinen Kindern große Teufel zu machen!

Besonders wichtig ist der Kirche in diesem Zusammenhang die Reinigung der Frau. Neugeborene, insbesondere Mädchen, sind so sehr von der Erbsünde verunreinigt, dass sie ihre Mütter gleich mit verschmutzen. Mancherorts wurden noch im letzten Jahrhundert Gebärende einige Wochen nach der Geburt ausgesegnet, erst dann konnten sie wieder an der Kommunion teilnehmen. Frauen, die einen Sohn zur Welt brachten, galten schon etwas früher als „gesäubert“. Unbedingt logisch finden wir das nicht, stammt doch der „Schmutz“ auch vom Mann!

Vielleicht nutzt die Taufe so wenig, weil für den zur frühen Lebensstunde praktizierten Exorzismus noch keine speziellen Geisterkenntnisse vorgeschrieben sind. Eine Nottaufe kann sogar jedermann durchführen. Aufgrund mangelhafter Qualifikation kommt also weiterhin nicht nur erbsündenbelasteter Nachwuchs zur Welt, sondern er bleibt es auch. Das soll kein Vorwurf sein! Wahrer Erfolg setzte voraus, dass sich die eigentlichen Teufel, Kirchen und Religionen, selbst abschafften, was diese ebenso wenig wollen wie manch andere, vollgefressene staatliche oder zivile Verwaltungsapparate. Die geistigen Altlasten der Religion werden uns noch über Jahrhunderte erhalten bleiben!

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Wenn also das wichtige Sakrament der Taufe versagt, muss in Fällen schwerer Besessenheit von Hand eingegriffen werden. Durch diesen Großen Exorzismus wird das optimale Zusammenwirken der Anrufung Gottes, der Fürsprache aller Heiligen, des Handauflegens und der Befehle an den Teufel sichergestellt. Diskretion ist oberstes Gebot, das Ergebnis tabu, es sei denn, es klappt ausnahmsweise einmal!

Die Erfolgsbilanz spricht für sich! Ein Beispiel für unzählige: In einem orthodoxen Kloster in Ostrumänien wurde im Juni 2005 eine angeblich besessene Nonne bei einem Teufelsaustreibungs-Ritual an ein Kreuz gekettet und geknebelt. Nach drei Tagen am Kreuz, ohne Nahrung und Wasser, starb die 23-Jährige. So lebt ihr Teufel vermutlich weiter und wird uns schon bald in Gestalt alter und neuer Teufelsaustreiber wieder erscheinen. Die Kirche sehen wir erneut um eine bittere Erfahrung im erfolglosen Kampf gegen den Teufel bereichert.

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Bitte nicht vergessen, unverzichtbare Austreibungsutensilien wie Kruzifix, spirituell aufgeladenes Weihwasser und Olivenöl bereitzuhalten! Nichts ist der Dämonenbekämpfung abträglicher als mangelnder Sachverstand und unzureichendes technisches Können. Selten flößt man dem Teufel schon im Rahmen einer einmaligen Sitzung den nötigen Respekt ein, um das gewünschte therapeutische Ergebnis zu erzielen. Gängiger Formulierungsvorschlag: „Ich beschwöre dich Satan, Fürst dieser Welt, weiche aus diesem Geschöpf!“ Wer sich lange Sätze schwer merken kann, verwende die Kurzversion: „Satan, fahre aus diesem Körper!“ Es soll Exorzisten geben, die erfolgreich auf Liebenswürdigkeit setzen und den ungebetenen Gast höflich bitten, „sich zu verziehen“.

Ob Kleiner Exorzismus, Großer Exorzismus: Immer mehr Menschen verfallen dem Teufel, wie die Kirche besorgt feststellt. Diese Beobachtung kann freilich auch jeder Laie machen, in Anbetracht alltäglichen menschlichen Wirkens.

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Nach den Todesfällen bei zu eifrigen Teufelsaustreibungen, ließen die Priester ihren Auftrag gerne vergammeln. Um das Betriebsergebnis wieder zu verbessern, gab der Vatikan 1999 dem Exorzisten mit der 84-seitigen Lederausgabe „De Exorcismis“ aktualisierte Richtlinien an die Hand. Sie gehen zurück auf das „Rituale Romanum“ aus dem Jahr 1614 von Papst Paul V. Dies ermöglicht nun wieder einem größeren Priesterkreis als bisher durch Austreibung von Teufeln das vorhandene Defizit an sadomasochistischer Befriedigung aufzufüllen. Dieser mühsam reformierte Große Exorzismus darf jedoch auch im alten Gewande ausgeführt werden, wenn es der Dingfestmachung von Teufeln dienlich ist.

Die Schar der Gläubigen gönnt Exorzisten ihr Befriedigungserlebnis umso eher, je mehr sie sich beim Zuschauen visuell mit ergötzen darf. Je nach persönlicher Vorliebe und kollektivem Zeitgeist können Teufel durch verbale Erniedrigung bis zum massiven Einsatz körperlicher Gewalt, von einfacher Geißelung bis zu hochgradiger Verbrennung, ausgetrieben werden. Der öffentliche Erfolg beruht darauf, dass auch hier Besessene mit den die Besessenheit auszutreiben versuchenden Teufeln verwechselt werden!

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Trotz der großmütigen Austreibungshilfe „De Exorcismis“ aus dem Hause Vatikan, mangelt es immer noch entschieden an kompetenten Teufelsaustreibern. Jedes Jahr suchen in Italien schätzungsweise 500.000 Menschen um die Hilfe eines Exorzisten nach. Binnen weniger Jahre soll sich die Zahl der Hilfesuchenden gar verdreifacht haben. „Die Menschen leiden, aber wir sind zu wenige und die Wartezeiten lang", klagt die Internationale Vereinigung katholischer Exorzisten. Viele Christen glaubten auch nicht mehr an die Existenz des Bösen, daher würden zu wenige dieser speziellen Seelsorger ernannt und es gebe zu wenige junge Priester, die bereit seien, die Lehre und die Praxis der Seelenbefreiung zu lernen. Dies verdeutliche, warum stattdessen das Geschäft von Magiern und Hexen boome, auch wenn es in den wenigsten Fällen tatsächlich um Besessenheit gehe, sondern eher um psychische Krankheiten. Gerade das öffne aber dem Dämon die Tür zur Besessenheit!

Die Not muss wirklich groß sein! Kinder begegnen dem Teufel jeden Tag, glaubt die italienische Regierung. Er komme in Form von Drogen, Alkohol und Versuchungen, denen diese Jugendlich ausgesetzt seien. Die Staatsmacht bietet deshalb Lehrern seit 2019 sogar Exorzismus-Lehrstunden an, damit sie ihren Schülern helfen können. Über 200 staatlich angestellte Pädagogen sollen sich schon angemeldet haben. Mitmachen dürfen mitunter sogar Laien. Sie müssen lediglich vorher in einem Bewerbungsschreiben darlegen, warum sie unbedingt gegen den Satan kämpfen wollen.

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Neuerdings kann der Teufel sogar an der Hochschule studiert werden. Pater Amoth, 40.000facher erfolgreicher Kämpfer gegen die Dämonen, hielt im Frühjahr 2005 in der päpstlichen Universität einen Exorzismus-Kurs für Geistliche. 120 Priester erfuhren für die entgegenkommende Seminargebühr von nur 180 Euro sämtliche Aspekte über Teufelsaustreibung und Befreiungsgebet. Der großen Nachfrage wegen soll es irgendwann auch einwöchige Blockseminare geben.

Vorbeugen ist aber allemal besser als heilen! Der Pater empfiehlt deshalb zur Prävention u.a. ein tägliches, fünfminütiges Rosenkranzgebet - dann blieben die Dämonen weg. Die Kirche kann wahrlich froh um ihren Teufel sein. Was wäre sie ohne ihn? Nachdem der Glaube schwindet, bedarf die Kirche sogar wieder vermehrt des Satans. „Wer nicht an den Teufel glaubt, zweifelt auch an der christlichen Botschaft“, ließ sich sinngemäß Papst Johannes Paul II. zitieren.

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Jahrtausendelangem religiösem Wirken zu dankender Sadismus und Masochismus sind Phänomene, die, zumindest unbewusst, in der Bevölkerung weit verbreitet sind. Die Religion konnte nicht erwarten, bis in alle Ewigkeit die Ernte notwendig werdender Teufelsaustreibungen unbehelligt einzufahren. Ärzte und Psychiater witterten eigene Befriedigungsmöglichkeiten und begannen, in diesem heiligen Jagdgebiet zu wildern.

Teufelsaustreibungen seien der gefährlichste Schwindel bei der Behandlung von Geisteskrankheiten, mahnen Psychiater. Mit der mächtigen Kirche legt man sich gleichwohl nicht an, „da es keine wissenschaftlich gesicherten Verfahren gäbe, um zwischen Besessenheit und Krankheit zu unterscheiden“. Lieber wendet man sich nur gegen ganz spektakuläre Fälle, in denen es Exorzisten gelingt, den Teufel samt Exorzierten mit finalem Ergebnis auszutreiben. Im Übrigen belässt man die religiösen Rituale bei der Religion: „Spirituelle Reinigung sei schließlich insbesondere in all jenen Fällen wichtig, in denen der Patient sehr gläubig sei.“

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Man muss trotz der oben geschilderten Ausbildungsoffensive der Kirche kein Prophet sein, um dem weiteren Niedergang des Exorzismus eine große Zukunft vorherzusagen. Dies liegt an mangelnder Normung, Montage und Serienfertigung religiöser Teufelsaustreibungen, wie sie längst erfolgreich in die Vorhölle Psychiatrie Eingang gefunden haben. Die exorzistische Handarbeit der religiösen Sachverständigen besteht noch aus ermüdenden Sitzungen, in denen pro Monat gerade einmal insgesamt pro Fachkraft magere zehn Teufel ausgetrieben werden können.

Die Psychiatrie setzt den Teufel hingegen mit modernstem Waffenarsenal chemisch-pharmazeutisch, elektrisch oder gehirnchirurgisch außer Gefecht. Dabei verwechselt freilich auch sie die zu verscheuchenden Teufel nicht nur mit den Besessenen, sondern verwandelt sich in die Teufel, die sie vorgibt auszutreiben. Zum Glück merkt das kaum jemand, am wenigsten die „Helfer“ selbst.

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Religionen sind nur noch von begrenztem Nutzen, werden die von ihnen mühsam produzierten Teufel von konkurrierenden Einrichtungen ausgetrieben. Der Teufel plagt vorzugsweise Christen und Gläubige anderer, aus dem jüdisch-christlichen Erbe hervorgegangener Religionen. Ernten fortan Dritte, wäre es sinnlos weiterhin zu säen und höchste menschliche Werte, wie Liebe und Sexualität, ja das Leben selbst, in den Schmutz zu ziehen und religiös zu verteufeln. Kirchen, geht in euch! Warum wollt ihr weiter Menschen produzieren, die eines Tages in Psychosen ihrer eigenen Schattengestalt, ihrer religiös verteufelten animalischen Natur, begegnen müssen - und sei es nach Generationen?

Wie immer sich die Religionen entscheiden, solange es Teufel gibt, müssen wir wählen: Wollen wir uns künftig Teufel noch von der Religion, von Magiern und Hexen oder lieber fortan von der Psychiatrie austreiben lassen? Da wir im religiösen Bereich wenigstens rudimentär geistig-analytische Heilungsansätze erkennen, halten wir kirchlichen Exorzismus der medikamentös orientierten Bankrotterklärung der Psychiatrie für überlegen. Freilich steht der Zeitgeist gegen uns!



Neue Erlöser

Wo gottähnliche Menschen sind, ist Erlösung nahe! Sind Teufel selbst nach Vergabe schwerster Neuroleptika-Dosen chemisch-pharmazeutisch unbesiegt und randalieren in Wahnkranken weiter, erinnert sich die Psychiatrie ihrer geistig-analytischen Zweigstelle, die Wahnkranke im Zwiegespräch von den Ketten des Bösen erlöst.

In dieser modern-exorzistischen Variante wird nicht dem Teufel, sondern dem „Unbewussten“ befohlen. Ist dieses unkooperativ, klappt die Wunderheilung und Erlösung vom Bösen nicht auf Anhieb (Regelfall), werden Besessene unverzüglich zurück ins Medikamentengefängnis geworfen, nicht selten lebenslänglich. Dabei erkannte schon Freud: Dem Unbewussten kann man nicht befehlen! Es müsste auch ein armseliger Teufel sein, der sich von Priestern oder Psychiatern befehlen ließe.

Aller Anfang ist eben schwer! Wunderheilungen sind selten, auch für neue Erlöser. Auch moderne Erretter vom Bösen werden die Ochsentour berühmter, geschichtlich überlieferter Erlösergestalten auf sich nehmen müssen. Der Kampf zwischen Religion, Magie und Psychiatrie um die Luftherrschaft bei Teufelsaustreibungen wird noch lange weiter toben.

Wir verzichten in diesem Zusammenhang auf die Deutung einer Vision, die Anfang des letzten Jahrhunderts C. G. Jung, Schweizer Psychiater und Mitbegründer der Tiefenpsychologie, im Alter von 12 Jahren hatte. Dieser Phantasie zufolge ließ Gott ein riesiges Exkrement auf den nicht gerade klein geratenen Petersdom in Rom fallen, das denselben zerschmetterte. Beim Versuch, eine Zugfahrkarte nach Rom zu lösen, wurde Jung ohnmächtig und verzichtete fortan auf einen Besuch der ewigen Stadt. Der Petersdom wartet so noch immer auf seine Zerstörung!

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Religion, Magie und Psychiatrie machen es sich zu einfach, eigene Destruktivität durch Erlösungsversuche bei anderen zu entlasten. Jeder wird sich selbst erlösen und seine hauseigenen Teufel verjagen müssen, statt mit persönlicher Niedertracht seine destruktiv gewordene Bosheit bei anderen auszutreiben. Boshaftigkeit schreitet allzu gerne satt, bequem und selbstzufrieden im Bild des „guten“ Menschen einher. Warm verpackt in scheinheiligem Verhalten werden die Tage damit verbracht, darauf zu warten, dass ein Erlöser, die Schöpfung, ja vielleicht Gott selbst diese Aufgabe übernimmt. Bis dahin kann man unverdrossen so destruktiv weiterleben wie bisher!

Erlösung für alle durch einen einzelnen ist nach unserer Überzeugung kaum zu erwarten, sondern allenfalls durch die Gemeinschaft, die eine Gesellschaft formt, in der jeder Brot hat, die gerecht ist und auch wieder ausreichend Raum für eine ungeknechtete Seele lässt.

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Wir möchten ungern missverstanden werden, wir halten trotzdem (und jenseits der Religion) viel vom Glauben an etwas Heiliges, Höheres, Ewiges (wenn man es halt nur dabei beließe): „Daher kommt es, dass die Zeiten, die den göttlichen Sinn des Universums leugnen, vom kollektiven Wahnsinn blutig geschlagen werden, mögen sie in ihrem Selbstbewusstsein sich auch noch so vernunftvoll und erleuchtet dünken (Franz Werfel in „Das Lied von Bernadette“).“



              Wahnsinn im Wandel der Zeiten

„Ist ja irre...!“ Wahnsinn ist „in“. Der Jugendjargon verrät die Wiederherstellung seiner Ehre. Jahrhundertelang verharrte er ausgegrenzt in der Psychiatrie. Ein Rückblick: Wahnsinn im Wandel der Zeiten.



Körperliches Irresein

Bin ich schön?

Bin ich schön? Seit 2001 erhalten Fragende die ultimative Antwort! Regensburger Psychologen erzeugten das perfekte Gesicht – eine Kreuzung aus Cleopatra, Cindy und Greta. Die Schönheitsforscher fotografierten begehrenswerte Gesichter mittels der Technik polizeilicher Fahndungsfotos und entwickelten so Schönheit aus dem Computer: ein virtuelles, ganz und gar unrealistisch makelloses Antlitz. Nachdem dieses Gesicht von Model-Agenturen für das schönste gehalten wurde, werden wir uns künftig daran messen lassen müssen, selbst wenn wir hierzu mehr Zeit beim Schönheitschirurgen als am Computer verbringen sollten.

Unmöglich können alle wahnhaft begründbaren Schönheits-Verunstaltungen aufgezählt werden, von Kosmetik bis zur Luxuschirurgie, vom einfachen Ohrgehänge bis zur Tätowierung, vom zarten Piercing bis zur Selbstzerfleischung. Sie reichen weit in die Vergangenheit zurück!

Im alten China litten Frauen offenbar unter zu großen Füßen. Sie wurden gebrochen und von Säuglingstagen an äußerst schmerzhaft bandagiert. Das Schönheitsideal eines Frauenfußes in Kindergröße war vermutlich begründet im Wunsch nach massiver Einschränkung weiblicher Bewegungsfreiheit. Der Mann blieb auf seinen hässlichen großen Füßen sitzen (Pardon stehen!) und genoss umso mehr Freiraum. Schwer zu sagen, was wahnsinniger war, das Schönheitsideal oder die Mittel zu dessen Erreichung?

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Die religiöse Gedankenpolizei legte den weiblichen Unterleib in Schuld- und Sühneketten. Bis heute haben wir die Folgen zu tragen! Twiggyhafte Wahnmodels zieren Modezeitschriften und lösen fortpflanzungsfreudig gerundete Formen als feminines Leitbild ab. Außerhalb der Dritten Welt, in der Leben an sich schon schlank genug macht, unterwirft sich jede zweite Frau mindestens einmal im Leben einer Schlankheitskur. Flachgehungerte Schönheit mit fragiler Figur, schmalen Hüften, festem Po, genormtem Bauch und straffen Brüsten verspricht Liebes- und Berufserfolg. Schlanksein fördert die Gesundheit, jedenfalls die von Schlankheitspillen-Herstellern.

Dem weiblichen Sieg über sich selbst folgen jedoch regelmäßige Niederlagen: anfallartiges Erstürmen von Kühlschrankreserven, gefolgt von gründlichen Brechorgien! Manches Model isst nur das, was es am einfachsten kotzen kann, zum Beispiel Spaghetti. Heißhunger und Erbrechen wurden als „Bulimie“ zur renommierten Krankheit. Seither bemühen sich Psychiater weltweit, Menschen wieder das beizubringen, was das dümmste Tier beherrscht: essen und trinken!

Dem arglosen Zwischenhirn der Zielkonsumentin gaukeln Schlankheitspillen vor, sie hätte keinen Hunger. Schlankmacher machen aber nicht schlank, sondern umso fetter, je häufiger die käufliche Schlankheit bemüht wird. Einige Diätpillen sollen gar zum Wahnsinn führen. Hier werden Ursache und Wirkung verwechselt: Geistesstörungen sind es, die zum Kauf von Schlankheitsmitteln verleiten. Wegen ein paar lächerlicher Todesfälle wird sogar erwogen, die Abspeck-Chemie ganz zu verbieten, obwohl sie auf dem richtigen Weg ist: Sterben macht schlank!

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Warum schrumpfen weibliche Formen zu leibfeindlichen Flachbäuchen samt martialisch über sie hinausstehenden Hüftknochen, die eher an Kriegsführung gegen den männlichen Erzfeind erinnern als an Hingabe- und Fortpflanzungslust? Weiblich-erotische Empfindsamkeit ist nicht mehr gefragt! Geschlechtslose Samenpanscher kümmern sich um die Fortpflanzung.

Weshalb entwickeln Frauen keine gebärfreudigen Becken mehr? Der natürliche Sex-Appeal veraltet, Brutkästen der Krankenhäuser ersetzen die sekundären Geschlechtsmerkmale! Wieso geben Frauen körpereigene Nahrungsdepots für Schwangerschaften auf? Sie brauchen sie nicht mehr; denn notwendige Fettreserven setzen Baby-Nahrungshersteller in Form dicker Gewinne an!



Wahnhafte Geschlechtsmodelle

Gedanken zur Sexualität machen wir uns auch in anderen Kapiteln! Hier zäumen wir das Pferd nur von hinten auf und rücken den Religionen in der sogenannten Hundestellung zu Leibe. Schließlich verdanken wir unsere verdrehte, verlogene, ja verwüstete Sexualität einer jahrtausendealten religiösen Vergewaltigung.

Irgendwo muss man anfangen und wir beginnen mit unseren Nachforschungen bei der jüdisch-christlich-islamischen Gemeinde, die ihre beneidenswerte Einstellung zu sexuellen Fragen zweifellos von einer missgünstigen, noch älteren Religion geerbt hat. Diese Gemeinde hält bekanntlich wenig von weiblichen Göttern, betrügt Frauen um Priesterämter, schützt vor Hexen aller Art und bringt das weibliche Geschlecht im Alltag durch männliche Bevorzugung um Anerkennung. Dass andere Religionen mit dem Ansehen der Frau noch leichtfertiger und mit Sexualität noch primitiver umgehen, macht es nicht gerade einfacher!

Solch religiös-gesellschaftlicher Hintergrund führt konsequenterweise zu Eltern, die Söhne bevorzugen. Müttern ist dies selten Herzenswunsch, aber sie rüsten notgedrungen den Geschlechtsfeind Nummer Eins auf, da sie mit Töchtern noch weniger zu lachen haben.

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„Zur Büchsenmacherei!“ Dieses Hinweisschild findet sich noch heute in Süddeutschland und verkündet Eingeweihten, dass hier eine Frau „nur“ ein Mädchen zur Welt brachte, da die Manneskraft des Erzeugers angeblich nicht zum Sohn reichte. Zum Lohn scheppern am Gartenzaun oder Auto Blechbüchsen in nicht geringer Zahl, die humorvolle Menschen dort nachts heimlich anbringen. Selten so gelacht, denkt die junge Mutter nach beschwerlicher Schwangerschaft oder komplizierter Geburt und überlegt spontan vergnügliche Leckerbissen für den Umgang mit dem anderen Geschlecht.

Büchsenmacher treiben ihr Unwesen weltweit! Wird beispielsweise in Pakistan und anderen islamischen Staaten ein Sohn geboren, feiert die Männergesellschaft die ganze Nacht. Kommt ein Mädchen zur Welt, wird es versteckt. Obwohl das schon traurig genug wäre, wird auch noch ausgiebig getrauert.

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Die unvorteilhafte Beurteilung des Weibes hat Tradition, wurde es doch über Generationen für seelenlos gehalten und besaß den Wert von Nutztieren. Dies führte zu ganz unglaublichem Selbst- und Männerhass, den es aufgrund religiöser Gedankenknebelung zu verdrängen und für giftige Attacken aus dem Hinterkopf aufzusparen galt.

Zum Glück brauchen wir uns durch kein Psychologiestudium zu quälen, um uns auszumalen, mit welch erbaulichen Gedanken sich die weibliche Seele jahrtausendelang die Zeit vertrieb. Die religiös verbogenen Gesellschaftsstrukturen führten oft unbewusst zum übermächtigen Wunsch, ein Mann zu werden, um religiöse und gesellschaftliche Anerkennung zu erfahren, statt als schmutziges, sündiges Weib unter Schmerzen Kinder zu gebären. Bis zur Perfektionierung der transsexuellen Lebensformen werden die meisten Frauen jedoch weiter im falschen Körper ausharren und sich an hörigen Söhnen schadlos halten müssen!

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Wer mit Freude an Menschen herumschnipselt, aber ungern als Lustmörder arbeitet, wird Piercer oder Chirurg, wer eine Karriere als Pistolero anstrebt, aber Recht und Gesetz achtet, wird Scharfschütze bei der Polizei und wer Menschen kontrolliert vergiften möchte, wird nicht straffällig, sondern betreibt eine Chemiefabrik.

Es gibt kaum eine menschliche Tätigkeit, die nicht in einer zulässigen oder in einer verbotenen Variante ausgeübt werden kann. Dieses Grundprinzip muss man kennen, um die weibliche Bewältigung von Männerhass aufzuklären. Nur völlig unbegabte Frauen machen sich bei der Hass-Retoure strafbar; schließlich gibt es genug legale Möglichkeiten, die Welt der Männer aufzumischen. Bei den Griechen soll das der Frau die Bewertung eingetragen haben, sie sei zweimal angenehm, im Bett und auf dem Sterbebett.

Was hat das alles mit Sexualität zu tun? Nun, vielleicht mehr als man denkt. Selbst in Zeiten wie diesen, in denen die Gesellschaft in sexuellen Reizen absäuft und die Ausübung des Geschlechtsverkehrs zum Leistungssport verkommt, betrifft das Ganze Fortpflanzung und Kinder, womit wir wieder beim Thema sind!

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Bevorzugen Religion und Gesellschaft den Mann so ungerecht, lieben männerhassende Mütter im Kind nur dessen weibliche Seite und hassen das Männliche in ihm! Dem weiblichen Anteil sind sie liebende Mutter, wie es die Gesellschaft erwartet; den männlichen Teil hassen sie von Grund auf zur Befriedigung der dunklen Seiten ihrer Seele. Die maskulinen Eigenschaften im Sohn werden ausradiert, das väterliche Erbe vernichtet. Der Sohn wird dafür gehasst, dass er männlich ist, aber geliebt für die ihn erreichende gesellschaftlich-soziale Anerkennung. Umgekehrt wird die Tochter gehasst, weil sie schmutzig, sündig und gesellschaftlich nutzlos ist, aber geliebt, weil sie weiblich ist.

Männer wiederum beantworten diesen Vernichtungsfeldzug damit, dass sie den weiblichen Anteil im Nachwuchs hassen und nur die männliche Seite ihrer Kinder lieben usw. All diese Vorgänge spielen sich weitgehend unbewusst ab. Wir treffen erstklassige Bedingungen zur Seelenspaltung an und verleihen den Religionen den Psychiatriepreis Erster Ordnung!

Lodert Männerhass so psychotisch, dass eine Mutter fürchtet, ihren Sohn umzubringen, wird sie diesen Jungen emotional in ein Mädchen umlügen, dem sie sich zuwenden kann. Zum Ausgleich unbewusster Schuldgefühle wird diese Zuwendung weit über jedes vernünftige Maß hinausschießen! Natürlich gibt es auch den umgekehrten Fall. Die Mutter hasst sich, stellvertretend für eigenen Selbsthass, in der Tochter so sehr, dass sie diese als Jungen mit (aus ihrer Sicht) idealen Eigenschaften erzieht.

Ein kühner Bogen zwischen Selbsthass, christlicher Erlösungssuche und Wahnentwicklung, der Müttern hier zugemutet wird, sollen reißende suizidale Wünsche gegen sich oder rasende mörderische Impulse gegen das Kind nicht die Oberhand gewinnen. Väter wenden sich, je nach Qualität ihrer seelischen Deformation, Kindern nicht minder verschoben zu.

Man muss nicht vom Fach sein, um die seelischen Folgen in Sohn und Tochter aufzuspüren. Kinder spalten Eltern in vernichtende und liebende Seelengestalten, die sie sonst nicht ertragen könnten. In weitestem Sinne entstehen so über Generationen in uns wohnende gute und böse Geister, die unzählige vergangene Geschlechter repräsentieren. Von ihrem unbewussten Erbe weniger abgeschnittene Völker fühlen diese Zusammenhänge und fürchten die Geister ihrer Ahnen!

In ihrer Psyche erleben sich Kinder zerrissen: als Jungen, unentrinnbar eingekesselt in einer weiblichen Welt, als Mädchen ausweglos von Männern umringt. Voller Leben und leblos zugleich fürchten sie im falschen Körper zu leben. Berücksichtigt man über Generationen reichende, übermächtige Elternwünsche nach Kindern mit abweichendem Geschlecht, wird die Ursache solchen Wahnerlebens deutlich. Kinderseelen spalten das von Eltern und Ahnen ungewollte, tote, aber wahre Geschlecht zugunsten einer gegengeschlechtlichen, unwirklichen Schattengestalt ab, die leben und sich entwickeln darf. Endlos wiederkehrende Träume toter Geschwister sprechen Bände!

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In destruktiver Liebe und psychotischem Hass einander durchwandernde Geschlechter berauben sich durch wechselseitige Schwächung lebenstüchtiger Anlagen und Förderung selbstschädigender Eigenschaften. Das alles spielt sich unbewusst, fern jeder Vorwerfbarkeit oder gar Strafbarkeit ab, in einer Grauzone eben, in der straflos auf besonders subtile Weise gestohlen, geraubt, ja gemordet werden kann.

So weit die graue Theorie! In der Praxis ist dies durchwirkt mit Schattierungen, Vermischungen und Verdrehungen in allen denkbaren Variationen. Jede Generation wird im Unbewussten auf ihre Weise von der vorhergehenden in die Zange genommen und kaum eine wird sich je bewusst darüber.

Eine unauflösbare Hassliebe zwischen Mann und Frau, ein Geschlechterkrieg entstand, wie man ihn teuflischer nicht hätte ersinnen können! Die seelische Mitgift unbewusster destruktiver Schattengestalten ist immer mit von der Partie! Paare passen einerseits „zu gut“ zusammen, förmlich aneinanderklebend. Gleichzeitig müssen sich die Partner abgrundtief hassen, um nicht endgültig zu verschmelzen!

Haften die einen zu stark aneinander, fehlt anderen Bindungsfähigkeit überhaupt. Unbewusste Quellen speisen ihre Jagd nach immer neuen Phantompartnern und der Liebesreigen dreht sich. Sexuelle Dreier- und Mehrbeziehungen bedienen mangelnde Bindungswünsche entsprechend strukturierter Partner. Homosexuelle und bisexuelle Beziehungen, Einbeziehung von Kindern, Tieren und Toten, sadistische und masochistische Sexualität und vieles mehr verdanken wir jahrtausendealtem, fehlgeleitetem Umgang mit der Sexualität! Wenig geheimnisvoll ist die Entstehung und Befriedigung aus der Bahn geratener Sexualbedürfnisse. Zur Aufklärung genügt das Studium der in der jeweiligen Gesellschaft gerade gültigen „heiligen“ Bücher.

Die genannten und alle sonst denkbaren Sexualpraktiken sind gerade nicht pathologisch, sondern folgerichtig! Verwunderlich wäre allenfalls, hätte die religiös-sexuelle Verkrüppelung zu anderen Resultaten geführt. Das ist aber nachweislich nicht der Fall!

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Das Ergebnis dieser Geschlechtspflege war nicht unbedingt eine männliche Erfolgsgeschichte, wie landläufig angenommen wird. Die Bemerkung „dumm wie ein Mann“ wird unter Frauen gern herumgereicht; sie wissen, wovon sie sprechen. Natürlich geht es nicht um Intelligenz im gebräuchlichen Sinne oder gar um geistige Perlen der Wissenschaft, sondern darum, mit Männern, ohne Rücksicht auf Intelligenzquotient und Gehalt, auf subtile Weise Schlitten zu fahren. Nicht wenige Frauen eroberten sich ersatzweise die Macht dort, wo sie ihnen zugänglich war, im privaten Leben am häuslichen Herd, während sie sich in der Öffentlichkeit mit klaren Anweisungen von ihren Männern vertreten ließen.

Schlitten fahren Frauen nicht nur mit dem weibischen, sondern auch mit dem raubaukenhaften, unbeherrschten Mann. Beim sogenannten wilden Mann fällt nur weniger auf, dass er das Produkt einer Mutter ist, die ihren Sohn zum wehrhaften, jederzeit einsetz- und beliebig steuerbaren Wach- und Schießhund erzog. Diese positiven Eigenschaften machen sich zum Leidwesen der Ausbilderinnen häufig unbefugt Schwiegertöchter zunutze, aber auch Kriegsherren, die dies frühzeitig erkannten und ihre landsknechtshungrigen Heere durch geschickte Rekrutierungsformen speisten.

Mit dem weibischen und dem wilden Mann erschöpfen sich mitnichten die Mischformen der Geschlechter, wie sie die religiöse und gesellschaftliche Bevorzugung des Mannes hervorbringt: Wir werden zu Homosexuellen, Lesben, Tunten, Transsexuellen, Psychopathen, Selbstmördern, Prostituierten, Strichjungen, Schürzenjägern, Bisexuellen, Busengrapschern, Transvestiten, Mannweibern, Pädophilen, Sadisten, Masochisten, Exhibitionisten, Fetischisten, Arschfickern, Spannern, Vergewaltigern, Nekrophilen, Triebmördern oder was man sonst in guten sexualpathologischen Lehrbüchern nachlesen kann.

Anwesende selbstverständlich ausgenommen! Alle anderen, die sich in dieser bescheidenen Aufzählung nichtzutreffend erfasst glauben, weil sie den jeweils gängigen Vorstellungen eines glücklichen Sexuallebens nachzukommen glauben, lassen ihre unbewussten Neigungen besser vorurteilsfrei auf latente Perversionen sezieren. Sie werden herausfinden, dass anormal ist, wer keine abartigen Gelüste in sich antrifft. Menschen, deren Psyche nicht mit destruktiven Seelengestalten überlagert ist, die eigene Gelüste befriedigen, gibt es nicht!

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Entgleisende Formen sexueller Beziehungen spiegeln das wider, was die in ihrer Seelenstruktur vermischten Geschlechter, was vermännlichte Frauen und verweiblichte Männer mit- und untereinander zur Befriedigung treiben. Sie sind letztendlich Ausdruck dessen, was die Geschlechter einander im Geschlechterkrieg wechselseitig stehlen und einander auf perverse Weise zurückerstatten (müssen)!

Impotenz und Frigidität wären perfekt, träfen Mann und Frau in diesem Rollentausch nicht jeweils auf passende zwitterhafte Körper und sphinxhafte Seelen, die zueinander passen, wie der Schlüssel ins Schloss! Jeder Topf findet seinen Deckel. Die vermännlichte Frau kann sich nur einem verweiblichten Manne hingeben, jener sich aufgrund eingeschränkter Potenz nur so befriedigen usw.

Was das eine Geschlecht reizend macht, wirkt am anderen hässlich! Natürlich nur, soweit dies nicht durch abweichendes Empfinden korrigiert wird. Seelische und körperliche Zwitterwesen finden am Partner anziehend, was sonst abstoßend wäre. In abweichenden Sexualpraktiken finden sich folgerichtig heterosexuelle, bisexuelle, homosexuelle und anders gepolte Paare gleichermaßen zusammen, destruktiv verkettet und sich im Maß ihrer jeweiligen Zwitterhaftigkeit ergänzend. Manche passen traumhaft gut zueinander, wenngleich nicht im Sinne dessen, was sie ihrer Natur nach hätten werden können und müssen.

Es würde die Gesellschaft befrieden und technische Ersatzbedürfnisse entlasten, ließe man diesen selbst hervorgebrachten Spielarten der Triebnatur wenigstens freien Lauf und presste sie nicht immer noch gesellschaftskonform in veraltete Schwarz-Weiß-Paarungen von Mann und Frau.

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Das, was unrechtmäßig erworben wurde, muss man in diesen Fällen dann mit sich herumtragen und verrät damit die Beutezüge beim jeweils anderen Geschlecht. Weibliche wie männliche Körper plaudern längst die sich in ihnen spiegelnden Anteile des anderen Geschlechts aus; denn die beiden Geschlechter unterwandern einander nicht nur seelisch, sondern auch körperlich.

Der Kampf unterschlagener Hormone zeigt sich für Frauen und Männer besonders belastend in den Wechseljahren, wenn sich das Verhältnis weiblicher und männlicher Hormone altersbedingt verschiebt. Vielleicht nehmen weibliche Hormone mit Prostatakrebs mörderische Rache und männliche Stoffe haben abscheulichen Brust- und Gebärmutterkrebs zu verantworten.

Barttragende Frauen oder brusttragende Männer haben es schwer, da bei ihnen der Geschlechtertausch allzu offen zutage tritt. Sie schüren die psychotischen Ängste der sich für normal haltenden Bevölkerung, Mann und Frau mischten sich ununterscheidbar zu einem unfruchtbaren Einheitsgeschlecht. Gerade weil die Geschlechtsgrundierungen der Gesellschaft längst ruiniert sind und Mischgeschlechtlichkeit aus aller Ohren quillt, werden Mannweiber und Weibmänner zu begehrten Sündenböcken.

Dieser psychotischen Ängste nimmt sich die Psychiatrie an und nun wird mächtig repariert. Das beginnt bei Hormonbehandlungen und endet mit plastisch-chirurgischen Geschlechtsumwandlungen, die die fehlbare Schöpfung korrigieren. Alles, alles findet Gnade vor diesen Ängsten, neuerdings selbst der homosexuelle Mann oder die lesbische Frau, wenn sie nur wenigstens halbwegs wie das Ausgangsgeschlecht aussehen. Wir leben als Zwitterwesen in der Zeit der Sphinx, in der Zeit der Mischgeschlechter. Wer noch ein reines Geschlecht besitzt, werfe den ersten Stein!

Bliebe der Menschentyp zu erwähnen, der bis ins hohe Alter kindlich bleibt, wie eine nie reifende Frucht. Nehmen wir einfach an, es handelt sich um Menschen in einer Pattsituation. Die in ihnen kämpfenden Geschlechter halten einander so ausgewogen in Schach, dass die Träger es für ehrlicher halten, lieber gleich mit einem Kindergesicht durchs Leben zu laufen!

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Unzählige Neben- und Mischformen der Geschlechtsprägung sind denkbar als Vorboten einer androgynen Kultur (körperlich-seelische Mischung beider Geschlechter in einer Person). Die damit verbundene abnehmende Anziehungskraft wird wahnhaft repariert. In der Zeit verschmelzender Geschlechter unterstreichen Mann und Frau gern sekundäre Geschlechtsmerkmale, damit sie noch als solche wahrgenommen werden, ohne sich vollständig auspacken zu müssen.

Üppig geformte Monroe-Busen aus Silikon-Implantaten, Haarpflege der Marke Rauschgoldengel, kosmetische Filigranarbeit sind gefragt! Im Glauben, nur so erotisch zu sein, nimmt die Sucht nach muskelbepackten Körpern bei Männern ähnlich krankhafte Formen an, wie Magersucht bei Mädchen. England kreierte den Namen „Biggerexie“ (Bigger-Exie = Muskelsucht), der Anorexie (Anor-Exie = Magersucht) nachgebildet. Anabolika zum Muskelaufbau stehen auf der Liste illegaler Drogen bereits an dritter Stelle. Männermagazine umkreisen Waschbrettbäuche, der Brustumfang maskuliner Spielzeugfiguren gleicht jenem von Arnold Schwarzenegger zu dessen Glanzzeiten. Was Frauen nachgerüstete Busen sind, sind Männern oberkörper-aufblasende Implantate, die neben chemischen Muskelmachern schweißtreibendes Training ablösen oder zumindest ergänzen.

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Mann und Frau, bis zur Unkenntlichkeit und Ununterscheidbarkeit vermischt, halten es jedenfalls freiwillig gerade noch so lange miteinander aus, bis der Nachwuchs gezeugt ist. Begünstigt durch „moderne“ aufspaltende, ja atomisierende Lebensformen wird die alleinerziehende Mutter zum Familien-Leitbild. Dies arbeitet weiterer Zwitterbildung zu und könnte die Geschlechter endgültig versenken.

Am Ende dieser Geschlechter-Wanderung steht die zur Neige gehende Fortpflanzungsfähigkeit! Dieser Vorgang kann in Industriegesellschaften schon heute nur noch durch medizinisch-technische Eingriffe im Zeugungs-, Austragungs- und Gebärprozess hinausgeschoben werden und wird als bahnbrechender Fortschritt beklatscht! Statt bekümmert auf die Zunahme bisexuell, homosexuell und asexuell empfindender Menschen zu reagieren, wird die Monokultur der Geschlechter in einen gelungenen Akt sexueller Befreiung umgelogen. Eine Entwicklung, der so lange wie möglich Vernunft eingewebt wird: Allen Ernstes diskutiert die Wissenschaft, ob nicht auch der männliche Körper durch medizinisch-psychiatrische Kunstgriffe die Rolle des Kindergebärens übernehmen könnte. Ja, warum eigentlich nicht, was soll noch schiefgehen?

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Obwohl sich vornehmlich die Frau als Opfer des Geschlechterkrieges präsentiert, hält sich über lange Zeiträume das Maß dessen immer die Waage, was sich Geschlechter wechselseitig antun. Sie können sich nicht besiegen, sondern brauchen einander als Gegensatz, wie der Tag die Nacht. Jeder Betrug am anderen Geschlecht wird mit der Deformierung eigener Geschlechtsanteile bezahlt.

Bemächtigt sich der Tag der Nacht, wird er dunkler. Raubt die Nacht dem Tag helle Stunden, wird sie heller. Wer profitierte, würden sich Tag und Nacht zum Verwechseln ähnlich? Reisende zur Polarnacht wissen um die Problematik fehlenden Wechsels zwischen Tag und Nacht. In letzter Konsequenz sind Geschlechter einander Götter!



Im falschen Körper - Messer oder Geist

Was Gott zusammenfügt, soll der Mensch nicht trennen, sagt die Religion, verweigert der Scheidung den Segen und vergisst dabei, dass nicht Gott, sondern sie die Eheleute mit einem Versprechen gebunden hat. Auch wir sind nicht immer für die Scheidung! Vielleicht suchen Betroffene nur nach sexueller Identifikation und wollen sich auf falsch verstandene Weise durch Auflösung der Ehe von eigenen geschlechtsfremden Seelenanteilen reinigen, die sie negativ auf den Ehepartner projizieren.

Die Trennung vom Partner ist mitunter nicht die einzige falsche Möglichkeit, innere Todfeinde loszuwerden. Menschen, die sich im falschen Körper wähnen, begehren sogar die Scheidung vom angeborenen Geschlecht, selbst wenn sie durchaus der richtige Körperkäfig umfasst. Seit Generationen verdrängter, subtil durch Erziehung weitergereichter Selbsthass lässt sie unter der Wahnvorstellung leiden, statt eines Mannes eine Frau oder statt einer Frau ein Mann zu sein. Wir sprechen hier ausdrücklich nicht von Menschen, denen eine launische Natur ihr eigentliches Geschlecht körperlich nicht voll ausreifen ließ und bei denen eine chirurgische Freilegung vertretbar erscheint. Und natürlich begegnen wir auch Zwitterwesen in unterschiedlichsten Schattierungen, die ebenfalls nicht gemeint sind.

Wer um Scheidung dieser besonderen Art nachsucht, begibt sich zur Psychiatrie und klopft an die Türe der Transsexualität. Bei einer eingehenden Beratung treffen die Selbstkastrationswünsche des Transsexuellen auf die Kastrationswünsche des Psychiaters. Da Wahnerleben einander stets zuarbeitet, traut die Psychiatrie ihren Augen nicht mehr und postuliert: Dieser Mann ist bereits eine Frau oder diese Frau schon ein Mann! Wir verkennen bestimmt nicht das seelische Leid, das Betroffenen widerfahren ist und widerfährt, halten die Ursachen aber in Erziehung und Gesellschaft begründet und deshalb die beabsichtigten Reparaturen zumindest langfristig für die falsche Strategie.

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Psychiater und Kundschaft einigen sich dann auf eine professionell auszuführende Körperverstümmelung und diese plastisch-chirurgischen Geschlechtsreparaturen bescheren uns auf diese Weise unterschiedlich gebrauchte Adam- und Eva-Verschnitte. Diese legalen Geschlechtsverstümmelungen würden bei einer mutwilligen Kastration oder Selbstkastration auf völliges Unverständnis stoßen!

Man beachte die veränderte Schöpfungsgeschichte: Während Gott eine neue Welt, Himmel und Erde, baute, bevor er sich im Menschen ein Ebenbild schuf, gehen die Schmalspur-Schöpfer eigene Wege. Sie erschaffen Menschen, die ihren eigenen verwirrten Gedankengängen, der industriell umgepflügten Erde und dem chemisch befleckten Himmel gleichen. Anders als bei Gott hat aus rein praktischen Gründen Eva Vorrang, da die transsexuelle Umschnipselei vom Mann zur Frau technisch leichter zu bewerkstelligen ist als umgekehrt. Allerdings sind inzwischen auch Penisaufbauten so gut, dass manch lausig ausgestatteter Mann neidisch werden könnte!

Jetzt erledigen wir noch den Bürokram! Obwohl die Betroffenen das Blutopfer einer Operation leisten, tun sich konservative Verwaltungen schwer mit Geschlechtsumwandlungen. Aus Karla wird Karl, aber seinen Ausweis verunstaltet fortan der Eintrag „lebt als Mann“. Stirbt wieder als Frau, möchte man schlussfolgern, aber rein praktisch spielt das ja keine Rolle!

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Nicht um jede Geschlechtsumwandlung muss man groß bitten. Manchmal klopft die Chirurgie/Psychiatrie selbst an: Maria sei ein vitales, prächtiges Mädchen geworden, schrieb der Arzt einem Kollegen. Eigentlich war Maria als Bub auf die Welt gekommen und hieß Mario. Alles wäre gut geworden, hätte er sich nicht im Alter von zwei Wochen untersuchen lassen. Diagnostiziert wurde ein „androgenetisches Syndrom mit Salzverlust“. Diesen Verlust hätte Mario verschmerzt, nicht aber die vollständige Peniseinbuße. Die Ärzte hielten sein Glied für zu klein, seinen Chromosomensatz für zu unmännlich und den Hodensack für zu leer: Aus Mario wurde Maria! Der zu kleine Penis war den Ärzten als Klitoris wiederum zu groß. Er/sie wurde daher zum Tode verurteilt und entfernt. Dafür erhielt Maria eine chirurgisch tadellos erschaffene Vagina, die den Vorteil hatte, dass Ärzte jahrelang an ihr arbeiten konnten. Immer wieder wurde sie durch „Bougierung“, eine extrem schmerzhafte Behandlungsmethode mit Metallstäben, gedehnt und erweitert. Hoch dosierte Hormone verhinderten, dass Maria wieder vermännlichte.

Je älter Maria wurde, desto unzufriedener wurde sie mit ihrem Umbau. Das unterschied sie von den Chirurgen, die stolz feststellten, dass ihre künstliche Scheide mit zwei Fingern passierbar war und sogar den Beischlaf ermöglichte. Verärgert waren die Ärzte lediglich über Marias „fehlerhafte psychosexuelle Einstellung“, die Geschlechtsverkehr verhindere. Maria fühlte sich körperlich misshandelt, seelisch vergewaltigt und wollte keine Ärzte mehr sehen. Selbst an der Verordnung weiterer Hormonmedikamente war nichts mehr zu verdienen, da sie deren Konsum beharrlich verweigerte. Tief traf die Mediziner Marias Undankbarkeit, sich wieder Mario zu nennen.

Nun kämpft Mario für die Anerkennung des dritten Geschlechts „Zwitter“. Dies wäre weniger eine Existenzbedrohung für die Gesellschaft als eine Bereicherung. Er/sie sei es leid, sich täglich neu zu entscheiden, ob er/sie aufs Männer- oder Frauenklo gehen solle. Würden Zwitter amtlich anerkannt, hätte es auch ein Ende mit verstümmelnden geschlechtszuweisenden Operationen. Nichts ist gewalttätiger als der Zwang, „normal“ zu sein! Juristen und Ärzte meinen hingegen, es sei für intersexuelle Kinder das Beste, frühzeitig operiert zu werden, weil sie sonst als Außenseiter und sexuell orientierungslose „Kranke“ aufwüchsen. Bei so viel Orientierungssicherheit der Gesellschaft in allen wichtigen Zeitfragen, müssen wir unseren Akademikern einfach recht geben.

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Obwohl wir erst weiter unten entsprechende psychiatrische Delikatessen servieren werden, finden wir die Veränderung des Persönlichkeitskerns so spannend, dass wir bereits jetzt kurz darauf zu sprechen kommen. In Fragen der Transsexualität ortet die Psychiatrie einen falschen Persönlichkeitskern, dem sie gefällig ist und statt eines neuen Seelenkleides lieber die passende Körperschale verpasst!

Aus leidvoller Erfahrung misstrauen wir allen psychiatrischen Erfolgsgeschichten. Wir empfehlen deshalb, nach dem Vorbild der Natur, beim Aufbau einer Geschlechts-Umwandlungsindustrie wenigstens auf halbwegs ausgeglichene Geschlechtszahlen zu achten, sonst wird aus dem sexuellen Einheitsbrei noch ein genital angerichteter Schöpfungssalat.

Wahnsinn ist nicht nur ansteckend, sondern wuchert geradezu, wenn er nicht bearbeitet wird. Transsexuelles Wahnerleben spornt die Forschung an, die Fortpflanzung selbst dann sicherzustellen, wenn sich die gesamte Menschheit zum Geschlechtertausch entschließt. Seither veralten die natürlichen Fortpflanzungswerkzeuge, die Gebärmütter verdorren. Dafür wird die Geburtsmedizin weibliche und männliche Bäuche beim Austragen von Retortenbabys für gleichberechtigt erachten!



Transsexualität und Wahnerleben

Wie besonnen ein Mensch auch handeln mag, verwirrter kann er wohl kaum sein, als wenn ihm Wahnerleben das Geschlecht vertauscht und ihm vorgaukelt, als Frau in einem männlichen Körper zu wohnen und umgekehrt.

Mit Transsexualität kann man sich unterhaltsam beschäftigen, ja sie bei Transvestiten-Auftritten oder in Talk-Shows zum Beruf machen. Im Alltag leben jedoch sich für normal haltende Menschen und transsexuelle Ausgaben in zwei unterschiedlichen Welten, selbst wenn sie in Hochhäusern nur Zentimeter voneinander entfernt wohnen.

Transsexuelle Wünsche werden vor dem religionsgeschichtlichen Entwurf einer aberwitzig einseitigen Geschlechtsbevorzugung nur zu verständlich. Man staune über die Seele, die das über Generationen von Religion und Gesellschaft angetragene Wahnerleben quasi in eine gegengeschlechtliche Schattengestalt zu packen vermag, um Existenz zu ermöglichen. Im Wunsch nach Geschlechtsumwandlung wird der Religion der vermittelte Wahnsinn wieder vor die Tür gekippt. Die trotz allem ihren alltäglichen Lebensaufgaben nachkommenden Betroffenen verdienen dagegen unseren ganz großen Respekt!

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Eigentlich ist es sogar ungerecht, von Wahnerleben zu sprechen, da solches Empfinden nur die notwendige Konsequenz verdorbener Lebensstrukturen reflektiert. Wahnsinnig sind nicht die, die solch verdrehte Prägung erleiden und den erklärbaren Wunsch nach Geschlechtsumwandlung entwickeln, sondern diejenigen, die diese religiösen und gesellschaftlichen Strukturen schaffen, fördern und ausbeuten.

Während transsexuellen Menschen, die ihr Geschlecht wechseln möchten, die tragische Lebensgeschichte zugute zu halten ist, fällt es schwer, mildernde Umstände für die Behandelnden zu finden, die bei Geschlechtsumwandlungen bewusst oder unbewusst sadistische Wünsche mit befriedigen.

Wahn und Geschlechtsidentität sind selten weit voneinander entfernt! Das beweisen schon mildere Formen atypischer Geschlechtsprägungen, die angeblich so unerklärlich wie unheilbar sind. Homosexualität auf weiblicher und männlicher Seite entsteht durch die destruktive Überlagerung der Seele mit gegengeschlechtlichen Wesen, deren Ursprung in dem vernichtend geführten Geschlechterkrieg zu suchen ist. Der Unterschied zur Transsexualität, mit ihrem übermächtigen Wunsch nach operativer Geschlechtsumwandlung, ist unserer Auffassung nach lediglich eine Frage der Qualität.



Heilkraft der Psychose

Nachdem wir uns mit Vorwürfen nicht gerade zurückgehalten haben, wird man uns nach Alternativen zur Geschlechtsverstümmelung fragen. Die Heilung von Transsexualität führt durch das Reich der Psychose und erst am Grunde der Seele zum verliehenen Geschlecht, begleitet von der Gefahr mörderischer wie selbstmörderischer Komplikationen.

Es mag schwer sein, den Seelengrund zu erreichen, vielleicht reicht die Lebenszeit nicht aus und mancher versinkt für immer im Meer des Unbewussten. Wir haben jedoch keine Wahl, sonst eilt die Psychiatrie weiterhin den destruktiven Wahngestalten ihrer Kunden operativ verstümmelnd zu Hilfe!

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Seelenreisen haben nicht nur ein Ziel und einen Weg, sondern auch einen Beginn, an dem die Frage steht: Warum möchte ein Mann eine Frau sein und umgekehrt? Dieser befremdliche Wunsch spiegelt das Leid von Generationen wider, auf das wir keine Rücksicht nehmen können, denn es gilt gewaltige Gegner zu besiegen.

Obwohl wir uns erst weiter unten grundlegend mit Psychosen befassen werden („Kreuzweg der Psychose“), müssen wir uns ihnen auch hier schon kurz zuwenden. Dieselben heben den religiösen, gesellschaftlichen, kulturellen und familiären Gedankenunrat ins Bewusstsein: all das, was uns zu scheinbar trieblosen, geschlechtslosen, instinktlosen, ja körperlos „guten“ Menschen werden ließ. Da gilt es Tote zu erwecken und ermordete Seelen wiederzubeleben!

Freud hatte sich nur mit einem Zensor auseinanderzusetzen, der Verdrängtes vor der Bewusstmachung verteidigte. Wir treffen auf Mauern der Ablehnung und Wälle der Verweigerung, deren Durchbrechung die Kräfte einer ganzen destruktiven inneren Welt entfesseln, begegnen eben dem, was gemeinhin als Psychose bezeichnet wird.

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Warum führt dieser Weg an mörderischen und selbstmörderischen Klippen entlang? Angenommen, man wäre ein Leben lang gefesselt, gewürgt, aufgespießt, erschossen, zermalmt, ertränkt worden und ist immer noch nicht tot, dann werden es ziemlich mörderische Gedanken sein, die einem durch den Kopf gehen. Selbstmörderische, wenn man, kraftlos geworden, endlich sterben möchte, mörderische, weil man diesen knebelnden Mächten verständlicherweise nicht gerade wohlgesonnen ist.

Selten ist einem bewusst, dass man in seinem Seelenleben, in seinen Träumen, tagaus, tagein misshandelt wird. Isolierte, darin begründete mörderische Rachegedanken gelangen ins Bewusstsein und werden auf Dritte übertragen. Wissend, dass einem diese Personen nichts zuleide taten, hält man sich für ver-rückt und lässt sich zur Strafe von der Psychiatrie ergänzend quälen.

Eines Tages findet man heraus, dass sich der Straftäter im eigenen Seelenhaus versteckt. Endlich bekommt man seinen Widersacher in Träumen oder Phantasien zu Gesicht. Man kennt ihn; er besteht aus lauter guten alten Bekannten: aus all dem, was man sich selbst angetan hat, um nach den Forderungen von Religion, Gesellschaft und Angehörigen ein guter Mensch zu sein, trieblos, geschlechtslos, instinktlos, körperlos. Daraus formte sich jene hässliche, deformierte, vernichtende gegengeschlechtliche Schattengestalt, die zwar unentwegt misshandelt und ermordet, aber durch diese persönlichkeitsfremde Abspaltung und Verdrängung soziale Existenz ermöglicht. Letztlich ist man selbst, Nacht für Nacht, im Schlaf, in Träumen, Vergewaltiger seiner Triebe, Mörder seiner unverzichtbaren animalischen Natur!

Man schreite zur straflosen Selbstjustiz: Hierzu muss man weder sich selbst töten, noch liebe Nachbarn um die Ecke bringen, sondern nur den eigenen negativen, destruktiven Persönlichkeitsteil, der einem das Leben stiehlt.

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Niemand kann erwarten, diesen übermächtigen Gegner mit einem einzigen Präzisionsschuss zur Strecke zu bringen, nachdem er jahrzehntelang sein Unwesen trieb, mit Genehmigung seiner inneren Welt und unter freundlichem Wohlwollen nahestehender und von diesen Selbstschädigungen profitierender Menschen. Vorsorglich sollte man damit rechnen, dass die Gegenoffensive so viel Zeit in Anspruch nimmt wie die Verpfuschung seines Lebens gedauert hat.

In jedem ordentlichen Gefecht gibt es eine Entscheidungsschlacht, die unbedingt gewonnen werden muss. Das ist die Krise, der wirkliche Kampf auf Leben und Tod! Auch wenn es sich in der Wirklichkeit abspielt, in die sich Wahnvorstellungen und Psychosen entladen, hat das mit dem realen Leben wenig gemein. Gewinnt man dieses Schlüsselgefecht, tauschen die Seiten: Im Unbewussten wird das Opfer zum Täter, der Verfolgte zum Verfolger, der dem Gegner nacheilen und ihn aufreiben muss.

Man tötet mit den Mitteln, die gegen einen eingesetzt wurden: mit dem Verstand! All die verinnerlichten Verdrehungen, Verwicklungen und Verwirrungen sind aufzuklären, mit denen man betrogen, gedemütigt und ermordet wurde, bis die wahren Lebenskräfte zurückkehren. Keiner bringe aber bitte sich selbst oder Dritte stellvertretend um!

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Nicht wenige, vielleicht alle Morde und Serienmorde gehen auf das schwarze Konto fehlgeleiteter Übertragung zerstörerischer Gedanken auf dritte Personen. Dies wird so bleiben, solange sich die Psychiatrie überzeugend selbst belügt. Sie heilt Triebtäter mit viel Chemie, wenig Persönlichkeitsveränderung und verhindert im günstigsten Fall weitere Straftaten dadurch, dass sie die Betroffenen mit abscheulichen „Heilungsmethoden“ liquidiert.

Menschen verändern sich nicht, schon gar nicht Persönlichkeitskerne! Veränder- und auflösbar sind nur überlagernde Seeleninhalte und destruktive Schattengestalten, die Menschen in eisernem Griff halten. Eine Heilung ist allein auf dem Weitwanderweg der Psychose möglich, so belastend das für Betroffene und Umwelt auch sein mag. Die Rückfallquoten psychiatrisch behandelter Triebtäter sprechen Bände und das kann gar nicht anders sein. Psychosen, die von Betroffenen und Behandelnden, von einzelnen Menschen und von der Gesellschaft, so sehr gefürchtet werden, sind das einzige Tor zur Heilung und dieses wird medikamentös verbarrikadiert!



Nicht schöner anzuschauen

Zwitterhafte Wesen künden vom Unbehagen der Natur! Die chirurgische Antwort darauf ist beschämend. Bringen religiös und gesellschaftlich verbogene Lebensstrukturen seelisch oder körperlich zweigeschlechtliche Menschen hervor, warum müssen sie so grausam verändert, chirurgisch „verbessert“ werden? Sie zeigen lediglich in einiger Überzeichnung auf, wie es um alle steht, halten uns mit ihrem Leben und ihren Körpern den Spiegel vor, in den keiner blicken mag!

Ist die Katastrophe so groß, wenn weiblich fühlende Männer sich im Alltag wie Frauen schmücken, uns männlich empfindende Frauen als Männer begegnen und so akzeptiert werden, ohne alle chirurgischen Eingriffe? Wären sie nicht natürlicher und schöner anzuschauen als die von der Psychiatrie verletzten Männer und Frauen, die ein Trugbild nach Geschlechtsumwandlungen zu vollkommenen Menschen verklärt?

Es wird Jahrhunderte und vielleicht sogar Jahrtausende dauern, bis der Geschlechterkrieg wieder zum Geschlechterkampf wird, bis sich Mann und Frau wieder so gegensätzlich gegenüberstehen, wie Tag und Nacht, einander von Herzen gut, aber auch von Herzen böse!

Wie sehr all das eine Frage der Kultur ist, zeigt sich zum Beispiel in Indonesien, wo Zwitter angesehene Menschen sind, hohe Anerkennung in ihrem sozialen, insbesondere ländlichen Umfeld erfahren, als Glücksbringer an Hochzeiten teilnehmen und sich um die Betreuung der Kinder verdient machen.



Piercing und andere Qualen

Die Wortschöpfung „Sadismus“ verdanken wir Herrn de Sade und weil der Sadist nichts ist ohne sein Opfer, wurde der Masochist hinzu erfunden. Seither spricht man von Sado-Masochismus oder kurz S/M. Marquis de Sade schulden wir seit 1797 ununterbrochen Dank für die schonungslose Analyse der menschlichen Abgründe, die seit dem Beginn der sexuellen Revolution so gut bestätigt wird, dass Sadomasochismus, unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes für Perversionen, ein Grundrecht in der Verfassung verdient.

Ausreichende Kenntnis gängiger S/M-Praktiken zur Befriedigung deformierter Sexualtriebe setzen wir voraus. Deshalb wird uns S/M nur zum Thema, wenn er abartig, sozusagen als perverse Perversion praktiziert wird. Nur weil sich mancher Leser darunter nichts vorstellen kann, blättern wir nicht gleich in den Gerichtsakten spektakulärer Sexualmorde, sondern stellen an einem einfachen Beispiel dar, was noch als normale Abartigkeit durchgeht: Mitte der Neunziger Jahre winkte in einer mit dem Titel „Glücksritter“ unters Volk gebrachten Fernsehsendung jener Werferin eine Prämie, deren Dart-Pfeil sich ordentlich fest in die Haut eines reich tätowierten Mannes bohrte. Bei altmodischen Bürgern, die gleich einen Anschlag auf die Menschenwürde witterten, rief dies einen Sturm der Entrüstung hervor.

Warum sollte so etwas schon abartig sein? Immerhin wurde die Moderatorin mit niedriger Befriedigung und hoher Einschaltquote belohnt. Die Werferin konnte ihre einschlägige Neigung gewinnorientiert aufarbeiten und selbst die tätowierte Bewurffläche wurde honoriert: Sie sparte am Tag der Live-Sendung Aufwendungen für einen Hausbesuch durch die Lieblings-Domina. Damals gab es noch kein Pay-TV; das interessierte Publikum konnte sich ganz nach Geschmack kostenlos mit befriedigen. Wer Interesse an der Sendung hatte, dies aber nicht äußern mochte, sah lediglich fern, um sich über das Geschehen erregen zu können. Jedem war geholfen! Hätte man die Sendung schon in den frühen Abendstunden ausgestrahlt, wäre sogar die fernsehsüchtige Jugend preisgünstig weiter verroht, um die Menschheit wieder ein Stück voran zu bringen.

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Wer gepikst werden möchte, muss nicht unbedingt Zielscheibe beim Dart werden, sondern sucht einfach einen Tätowierungsladen auf. Vor Jahren steckte die Branche in einer tiefen Krise: Die ganze Kundschaft war schon tätowiert; eine schauderhafte Arbeitslosigkeit grassierte.

Daraufhin änderte der einst produktive Wirtschaftszweig seine Geschäftspolitik und verurteilte Tätowierte nicht mehr zu lebenslänglich, sondern unterwarf Hautzeichnungen der Mode. Jedes Geschäft malte entschlossen ein „Ent-“ vor Tätowierung und die Enttätowierer machten sich daran, bei Kunden die unlösliche Farbe wieder auszukratzen und die Haut neu zu bepinseln. Seither geht die Arbeit nicht mehr aus und der Bundesarbeitsminister freut sich über den weiteren Umbau zur Dienstleistungsgesellschaft.

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Was dem einen sein Tattoo ist, ist dem andern der ideologisch verbrämte Burschenschafts-Schmiss. Diesen zieht er sich beim Fechten ohne Gesichtsschutz als dauerhafte Narbe zu, wenn er sonst nichts Vernünftiges zu tun hat. Wer seinen unversehrten Körper nicht verdient, sollte ihn verunstalten dürfen, wann, wo und wie immer er will. Deshalb wurde auch Piercing wiederentdeckt! Schließlich hat sich die Neuzeit nicht gerade bewährt und die Rückkehr zu hergebrachten Befriedigungsformen archaisch-destruktiver Grundbedürfnisse ist nur zu verständlich.

Nach den neuesten Verstümmelungs-Trends zu urteilen, hat die Talfahrt erst begonnen. Stecker, Ringe und Gehänge werden durch Ohren, Nasen, Zehen und alle möglichen, aber auch unmöglichen Körperteile gezerrt. Wem eine beringte oder gar mit einem Diamantstecker bewaffnete Zunge herausgestreckt wird, sollte Feindseligkeiten sofort einstellen und lieber ein sexuelles Abenteuer suchen. Eine solche Zunge soll beim Oralverkehr märchenhafte Leistungen bringen!

Frauen, die sich die Genitalien anketten ließen, berichten, dass sie während der ersten Wochen in einen Zustand der Dauererregung gerieten und für einen Orgasmus mit den durchstochenen Schamlippen nur auf dem Bürostuhl hin und her rutschen mussten. Macht die Kollegin einen unruhigen Eindruck, sollte dennoch kein unbegründeter Verdacht geäußert werden. Dies könnte mit ganz normalen Lebensängsten zusammenhängen!

Nobler ist es, für Partner oder Partnerin zu leiden. Manche Männer tragen hierzu einen kitzligen Ehering an der Penisspitze. Durch die Harnröhre geführte und im Blaseninnern befestigte, spießartige Metallteile sind eher etwas für Genießer. Man versäumt aber nicht unbedingt etwas, da man nicht weiß, welche urologischen Abenteuer im höheren Lebensalter noch auf einen warten! Bis jeder Haushalt über ein Ultraschall- oder Röntgengerät verfügt, wird Piercing der Innereien keine großen Fortschritte machen. Die in Frage kommende Kundschaft beschränkt sich derzeit auf im Körper vergessenes Chirurgenbesteck.

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Tätowierungen und Ent-Tätowierungen gehen ins Geld! Wer sparen muss, sollte einen Nischen-Trend prüfen: Scarification (Hautritzung). Beim Entfernen von Hautzeichnungen bleibende Narben werden hier kostensparend, und ohne den Umweg über eine Ent-Tätowierung, eingekerbt. Der ganze Körper wird zu einem einzigen Schmiss, ist aber deshalb nicht gleich wegzuschmeißen!

Rustikale Naturen bevorzugen „Branding“ und lassen Brandzeichen auf eine insoweit sachfremd benutzte Hinterbacke brennen. Rindviecher erscheinen selten freiwillig zum Branding, was ihre geistige Überlegenheit beweist! Machos samt Gespielinnen lassen bei dieser Variante weiblich-sexuelles Eigentum an delikaten Körperstellen mit Tätowierungen wie „Property of Jack“ (Eigentum von Hans) vor unbefugtem Zugriff schützen!

Bislang entdeckte die sonst so findige Werbezunft brachliegende Hautflächen noch nicht als Werbeträger, obwohl Tätowierungen auf unbedeckten Körperstellen durchaus die Corporate Identity (Firmenimage) fördern könnten. Das auf den Busen genadelte „GM“ für General Motors wirbt vielleicht schon bald am Nacktbadestrand für mehr Autoverkäufe und sich zu kultiviertem Liebesspiel anbietende Prostituierte könnten bei durstigen Freiern mit einem Coke-Kringel an der linken Schamlippe für das rechte Getränk werben.

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Wir blicken zurück: Auf der Suche nach der eigenen, unverwechselbaren körperlichen Identität verformten die Maya ihre Schädel, verstümmelten ihre Zähne, zeichneten ihre Gesichter und Körper mit Narben und riefen künstliches Schielen hervor. Während untergegangene Völker Selbstschädigungen als archaisch-destruktives Medium der kultischen Selbsterfahrung nutzten oder gelernte Fakire mit ihren geschundenen Körpern wenigstens Einkünfte erzielen, bringen die neuzeitlichen Körperverunstaltungen den modernen Menschen kaum der persönlichen Reifung näher!



Sexuelles Irresein

Dass Liebe mit Wahn zu tun hat, ist bekannt. Dass Sexualität rasch ins Irrenhaus führen kann, weiß kaum jemand.



Homosexualität

Homosexualität galt als Geisteskrankheit. Lesben und Schwule waren bis vor wenigen Jahrzehnten (und sind es mancherorts noch heute) behandlungsbedürftige Irre, die von der Psychiatrie mit besonderer Hingabe geheilt wurden. Wir kommen bei der Beurteilung der Heilmethode „Elektroschock“ darauf zurück.



Feuchte Träume

Im Irrenhaus fand sich vor wenigen Generationen schnell wieder, wer feuchte Träume hatte, also Orgasmen im Schlaf bekam. Aufgrund gesellschaftlicher Tabuisierung sexueller Phänomene wussten manche Jugendliche nicht, was sie von nächtlichen Ergüssen zu halten hatten und teilten sich unvorsichtigerweise mit. Wer Pech hatte, wurde als sexuelles Ungeheuer dem Irrenhaus überstellt. Die rätselhafte, pubertäre Entladung verwandelte sich in eine erklärbare, einträgliche Krankheit. Schon kurz nach der Einlieferung wussten Delinquenten, woran behandelnde Psychiater litten: an groteskem Mangel an gesundem Menschenverstand, unaustreibbarer Verdienstsucht und unheilbarer sadistischer Veranlagung.



Onanie

Onanie galt als schwere Krankheit, weibliche Masturbation als besonders schändlich! Nicht verwunderlich, handelte es sich bei Irrenhausärzten doch damals ausnahmslos um kompetente Männer, die sich gern mit weiblicher Sexualität befassten. Schließlich vermittelte es mehr Genuss an weiblichen Geschlechtsorganen irrer masturbierender Frauen behandelnd herumzufummeln, als an wahnsinnigen onanierenden Männern. Sadistische Veranlagungen ließen sich allerdings in beiden Fällen problemlos unterbringen.

Der Therapie eilte die Diagnose voraus, um die sich psychiatrische, religiöse und pädagogische Onanistenjäger gemeinsam verdient machten: Der bleiche Selbstbefriedigungs-Verbrecher wurde zur populärsten Hexe des ausklingenden 19. Jahrhunderts. Noch bis weit ins letzte Jahrhundert wurde die ekelhafte Selbstbefummelung vom Beichtstuhl als Vorstufe zur Hölle eingestuft und vom Arzt als Vorzimmer des Wahnsinns diagnostiziert.

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Wahnsinn neigt stets zur Übertreibung! Onanie ist so gesellschaftsfähig geworden, dass sich vor einem millionenfach versammelten Fernsehpublikum (einschaltquoten-fördernd!) zwischen die Beine greifen darf, wer nur bekannt genug ist.

Selbst für Durchschnittsbürger hat die Vorstufe zur Hölle ihre Schrecken verloren, seit sich Beichtvater-Psychotherapeuten der an unangemessener Triebabfuhr leidenden Onanisten annehmen. Die Psychologie meint, der Onanist gehöre nicht in die Hölle, sondern auf die Couch. Der traditionelle Beichtstuhl ist über diese Entwicklung nicht gerade glücklich. Erst verbiegt man über Jahrtausende natürliche sexuelle Vorgänge, dann verliert man die undankbare Klientel an die Konkurrenz und damit den Spaß bei der Aburteilung begangener Sünden.

Der Onanist hat aber auch auf der Couch nichts zu lachen. Zum einen heißt es auf Orgasmen durch Selbstbefriedigung zu verzichten, zum andern bis zu 100 Euro je Analytiker-Stunde hinzulegen. Schon mal alternativ daran gedacht, Dienstleistungen der käuflichen Liebe in Anspruch zu nehmen?

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Wir wollen uns nicht dem Vorwurf aussetzen, das Leid übertrieben ausgeübter Onanie zu unterschätzen und helfen mit einer Schmalspur-Diagnose: Eine zu starke, unbewusste Mutter- oder Vaterbindung vorausgesetzt, wird Onanie innerseelisch inzestuös beglückend erlebt und bis zur Erschöpfung ausgeübt. Die von der Gesellschaft erwartete Kontaktaufnahme zu Geschlechtspartnern unterbleibt. Solch überstarke, unbewusste Bindungen einer nicht loslassen wollenden inneren Seelenwelt haben ihre Ursachen in der jahrtausendealten verfehlten religiösen und kulturellen Umgebung, insbesondere im aberwitzigen Umgang mit der Sexualität. Nur Psychosen könnten die inneren Ketten freisprengen, die eine sexuelle Öffnung nach außen ermöglichten!



Beschneidung

Das Kölner Landgericht hat die Beschneidung von Jungen als Straftat bewertet. In seiner Entscheidung verwies das Gericht unter anderem darauf, dass der Körper des Kindes durch die im Islam und Judentum verbreitete Beschneidung „dauerhaft und irreparabel“ verändert werde. Diese Veränderung laufe dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können, zuwider. Umgekehrt werde das Erziehungsrecht der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten sind abzuwarten, ob sich der Knabe später, wenn er mündig ist, selbst für die Beschneidung als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam oder Judentum entscheidet. Natürlich gibt es mitunter auch durchaus handfeste medizinische Gründe für eine Beschneidung des Mannes, das macht aber eine grundlose Selbst- oder Fremdverstümmelung nicht unbedingt intelligenter.

Wo der Freibrief für Dummheit aber endgültig verbrannt werden muss, ist die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen. Als solche gilt jede Prozedur, bei der die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane aus nichtmedizinischen Gründen ganz oder teilweise entfernt werden. Der Eingriff führt oft zu starken Blutungen, Infektionen und später zu Zysten und Totgeburten. Es gibt hierfür keinerlei medizinische Rechtfertigung, leider oft aber eine geschichtliche oder religiöse. Eine höchst verwerfliche Praxis, die älter ist als Christentum und Islam. Diese Verstümmelung schränkt die Lust am Sex ein, was vermutlich auch der religiöse Sinn des Ganzen ist. Für viele betroffene Frauen ist jedenfalls der Geschlechtsverkehr danach höchst schmerzhaft und manche können kaum noch Wasser lassen. Und schon begegnen wir weiteren ruinierten Leben und einem Grund mehr für den erbittert geführten Geschlechterkrieg.



Hysterie

Die Sammeldiagnose „Hysterie“ musste im 19. Jahrhundert für das Verhalten von unbefriedigten Frauen herhalten. Zum Glück wurden sie oft fachkundig geheilt. Nein, natürlich nicht durch sachgerechten Geschlechtsverkehr! Vielmehr bescherte ihnen das nicht selten operative Eingriffe und den Verlust der Gebärmutter in der Psychiatrie…



Politisches Irresein

Es gibt kaum Bereiche, die ohne psychiatrische Hilfe auskommen, nicht einmal die große Politik! Demokraten wurden bis Ende des 19. Jahrhunderts für wahnsinnig gehalten, immerhin mehr als hundert Jahre nach der Französischen Revolution - und das sogar in Frankreich. Später war der nationalsozialistischen Psychiatrie die Mitgliedschaft in der KPD Beweis genug für Geisteskrankheit. So einfach kann Diagnose sein!

Die Kommunisten revanchierten sich! Psychiatrie wurde auch in der verblichenen DDR zum angesehenen Berufsstand. Wer die Vorteile kommunistischer Ideologie nicht einsehen konnte oder gar den besiegten Nationalsozialismus für überlegen hielt, war ver-rückt und erhielt die im Sozialismus üblichen psychiatrischen Behandlungen auf Staatskosten. In ihren Grausamkeiten standen dieselben kapitalistischen Errungenschaften kaum nach! Man kann der Psychiatrie gleichwohl nur sehr eingeschränkt Vorwürfe machen. Stirbt die eine Geisteskrankheit aus (z.B. Kommunismus), ist eben eine neue zu rekrutieren (z.B. Nationalsozialismus). Wer wird denn schon gerne arbeitslos?



Wissenschaftliches Irresein

Wissenschaft ist bis zum heutigen Tage oft von Wahnerleben geprägt. Selten beschränkt sie sich dabei auf sich selbst! Leichteren Formen begegnen wir beispielsweise in der zeitgenössischen Erforschungswut, die an eine Erklärungsmanie denken lässt. Um ein Beispiel zu nennen: Der Zappelphilipp, auf den wir später noch einmal zurückkommen werden. Was im Kinderbuch „Struwwelpeter“ 1845 noch als Unart galt, wurde entlang seines theoretischen Deutungsweges zur Neuropathie, zur Psychopathie, zur Neurasthenie, zum Hirnschaden, zur Stoffwechselstörung oder noch einfacher, damit es auch ein jeder versteht, zur Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). Eine übliche frühkindliche Trotzphase wird jetzt als "disruptive Launenfehlregulationsstörung" unter die Leute gebracht und Frustration durch Arbeitslosigkeit kann nun als "posttraumatische Verbitterungsstörung", kurz PTED, diagnostiziert werden.

Erklärungssucht in Kombination mit der neuerdings grassierenden digitalen Demenz lässt nun nicht gerade auf eine günstige Entwicklung hoffen und dürfte die Zunahme wissenschaftlichen Irreseins noch beschleunigen.

Gelehrte Kompetenz wird auch gerne dafür benützt, Menschen mit abweichenden Meinungen ins Reich des Irrsinns zu verweisen. So beklagen einige Forscher die moderne „Klimahysterie“ vieler Mitmenschen. Bezeichnet man nun die Ängste um den Klimawandel als Hysterie, kann man so tun als wären nicht diejenigen krank, die ihn verursachen, sondern die, die sich vor seinen Folgen fürchten. Und schon hat man es nicht mehr mit ernst zu nehmenden Gegnern zu tun, sondern mit Geisteskranken! Wir sehen allerdings auch einige Ver-rückte herumstehen: Nervenstarke Super-Irre, die Regenwälder abfackeln, den Permafrost auftauen, den letzten Tropfen Öl aus dem Boden fracken und die Weltbevölkerung alle paar Jahre verdoppeln.

An wissenschaftlichen und anderen Abartigkeiten leidenden Personen empfehlen wir jedenfalls, sich rechtzeitig unter das schützende Dach von Forschung und Wissenschaft zu begeben. Gestörte Triebe und destruktives Wahnerleben können hier ungestraft und, mit etwas Glück, auszeichnungsbeladen ausgelebt werden. Personen, die vergleichbare Straftaten außerhalb wärmender Kollegialität begehen, werden in vergleichbaren Fällen leicht zu verachteten Bestien, ruhelosen Massenmördern, leichenfleddernden Grabräubern...



Wahnsinn – vermessen und kartiert

Verbrecher sind leicht zu erkennen: krauser Bartwuchs, stechender Blick, vorstehendes Kinn, ausgeprägte Backenknochen, charakteristische Schädelknochen usw. Neuerdings haben Verbrecher Glück! Die Erfassbarkeit ihrer kriminellen Persönlichkeit hat sich aus Sicht einer exakten Wissenschaft verflüchtigt, denn bei Anlegung strenger Maßstäbe müssten viele Führungskräfte in Gefängnisse umziehen.

Leider gilt das nur für Verbrecher! Psychiater dürfen ihre Klientel weiterhin vermessen und Irre mit dem Maßband aussortieren, zumindest erlauben das die gesetzlichen Grundlagen. Erstaunliches wurde zutage gefördert: Breite der durchschnittlichen Schwulenstirn, wahnverdächtige Brustwarzendurchmesser, Irrsinn verratende Beckenbreite usw. Der Körper verrät einfach alles!

Nun gibt es ein Gebiet, bei dem sich an Irren und Verbrechern arbeitende Vermessungstechniker die Hand reichen: forensische (gerichtliche) Psychiatrie. Geisteskranke Verbrecher werden psychiatrisch so erfolgreich vermessen, dass sogar branchenintern mit dem Vergleich gespottet wurde, das sei wie „Benzin nach Metern“ zu verkaufen.



Wertfreie Erkenntnisse

Die japanische Truppeneinheit 731 erforschte Milzbrand bereits Ende der Dreißiger Jahre auf besetztem chinesischem Festland in umfangreichen Menschenversuchen. Besonders wirkungsvoll erwies sich in 4.000 Metern Flughöhe ausgebrachter „Bakterienregen“. Leider hielten sich diese Niederschläge, wie auch so oft im richtigen Leben, nicht an die Wettervorhersage. Wegen fehlender Zielgenauigkeit waren deshalb neben chinesischen auch viele japanische Todesopfer zu beklagen. Trotzdem wurde der Erreger im weiteren Kriegsverlauf über der Mandschurei ausgeschüttet und unter verheerenden (auch eigenen) Verlusten von Flugzeugen versprüht oder in Porzellanbomben abgeworfen.

Chinesischen Gefangenen wurden Cholera- oder Typhuserreger ins Blut gespritzt, um sie anschließend bei lebendigem Leib zu sezieren. Meist ohne Betäubung, wer schätzt schon verfälschte Ergebnisse? Daneben wurde ermittelt, wie lange Arme oder Beine benötigen, um im Eiswasser hart zu frieren, oder wieviel Blut einem Menschen abgezapft werden kann, bevor er stirbt, und vieles, vieles mehr...

Hätte es diese japanische Spezialeinheit nicht gegeben, die im Zweiten Weltkrieg von wissenschaftlicher Neugier geplagt wurde, viele wichtige Erkenntnisse wären uns verborgen geblieben. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden! Die detaillierte Arbeit kostete nur 250.000 „marutas (Holzklötzen)“ das Leben; zumindest wurden die menschlichen Versuchskaninchen so genannt. Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit nannte die Einheit „Klotz hacken“. Am Verbrauch der Holzklötze wurde nicht gespart! Schließlich sind Ergebnisse umso aussagefähiger, je umfangreicher die Versuchsreihe ist, das sieht jeder ein. Konsequenterweise wurde bis heute keiner der Mörder verurteilt.

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Sind Dämme erst gebrochen, ist die Flut kaum aufzuhalten. Schnell richtete sich das medizinische Auge der Jahre 1933 plus auf Forschungsbedingungen, von denen man vorher nicht einmal laut geträumt hätte. Ernst Klee beschreibt in „Irrsinn Ost, Irrsinn West, Psychiatrie in Deutschland“ (1993) die 1935 von einem Anatomen beantragte Verlegung eines Sezier-Institutes nach Potsdam: „Die Ortswahl zeigte sich so fruchtbar, weil gleichzeitig alle bildungsunfähigen Schwachsinnigen des Landes versammelt wurden, um ein ausgiebiges Studium derselben in klinischer, pathologisch-anatomischer und erbbiologischer Beziehung zu ermöglichen.“ Eine einzigartige Forschungsstätte entstand. Was noch fehlte, wurde unter höchster Lebensgefahr (für die Handelsobjekte) eingetauscht.

Menschliches Forschungsmaterial landet so oder so rasch in der Leichenkammer; die Anatomie beschäftigt sich berufsbedingt mit Toten!

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Warum etwas verkommen lassen, sagten sich Ärzte im Dritten Reich und verwendeten Blut frisch Hingerichteter für Transfusionen. Mit etwas Geduld kam mit der neuen Leiche die passende Blutgruppe vorbei. Das zeugt von gewissenhaftem Umgang mit knappen Vorräten und lehrt die Weisheit alter Sprichwörter: „Des einen Tod, des andern Brot!“ Höhere Rangabzeichen konnten sich natürlich die passende Blutgruppe im Hinrichtungsfundus der Konzentrationslager selbst besorgen.

Wir bemängeln einen gewissen Widersinn damaligen Handelns. Die deutsche Psychiatrie machte sich um den Schutz reinen deutschen Blutes durch Euthanasie, Zwangssterilisierungen und zigtausendfachen Kindermord verdient, während die medizinische Abteilung nichts Besseres zu tun hatte, als in ordentlichen Germanen gespeicherten Lebenssaft mit unreinem Blut hingerichteter Staatsfeinde zu verpanschen.

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Im Frühjahr 1943 untersuchte eine Wissenschaftlerin am KWI (Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik) in Berlin acht Zigeuner-Kinder. Es waren vier Zwillingspärchen, deren Augenpaare heterochrom waren, d.h. die Farbe der beiden Augen war unterschiedlich. Die Kinder kamen später nach Auschwitz, wo der Mitarbeiter des KWI vor Ort, Josef Mengele, diese aparte Besonderheit mindestens genauso spannend fand wie seine Berliner Kollegin. Mengele revanchierte sich und schickte auf Bestellung Augen von Leuten, die dazu eigens getötet wurden, an das KWI in Berlin.

Ein Jahr später durften auch die Augen der Kinder in sechzehn Glasbehältern zur gefälligen Weiterverwendung verreisen und zwar nach Hause. Sie stehen zweifellos noch heute, als wenige Augen unter vielen, der Forschung zur Verfügung. Man könnte die eingesperrten Augen nach Farbe sortieren und im Sinne der Wissenschaft zu passenden Augenpaaren zusammenstellen. Auf weitere wertvolle Erkenntnisse sind wir gespannt. Am KWI Berlin-Buch verließ man sich nicht allein auf die Außenstelle Auschwitz. Der Direktor kümmerte sich persönlich darum, dass „interessante“ Kinder getötet und deren Hirne anschließend im Labor untersucht wurden.

Das KWI fand bei Kriegsende, dass der Name „Max-Planck-Gesellschaft (MPG)“ besser zu ihm passte und beschäftigte sich nach erfolgreicher fünfzigjähriger Tarnung schon 1998 energisch mit den eigenen Untaten. Noch 1974 hatte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, ein erfahrener Mitarbeiter des KWI im nationalsozialistischen Deutschland, gerichtlich die Behauptung verbieten lassen, Institute des KWI hätten im Rahmen von Euthanasie Hirnforschung betrieben. Wir zählen nach: In Berlin trafen von 1939 bis 1944 insgesamt 7.874 Hirnpräparate ein, das Institut für Psychiatrie in München registrierte in den Jahren 1940 bis 1944 immerhin 1.069 Einweck-Hirne. Es handelte sich wohl um wissenschaftliche Kleinstbestattungen, die leicht übersehen werden konnten!

2001 brach das Tabu: Die Max-Planck-Gesellschaft bekannte sich erstmals zur historischen Verantwortung und räumte die Mitarbeit des Kaiser-Wilhelm-Instituts an der biologisch-rassistischen Politik des NS-Regimes ein. Als Hauptgründe wurden „faszinierende“ Forschungsergebnisse und vermeintliche Pflichterfüllung genannt. Diese Entschuldigung ist unannehmbar, da sich die MPG angesichts der Bioethik-Debatte weiterhin für weitgehende Forschungsfreiheit ausspricht.

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Die Rivalität zwischen Wien und Berlin im deutschsprachigen Raum erledigte sich auch im Dritten Reich nicht von selbst, zumindest in wissenschaftlicher Hinsicht. In der ehemaligen Wiener Großirrenanstalt „Steinhof“ wurden mindestens 790 Buben und Mädchen, meist Juden- und Zigeunerkinder, mittels bestialischer, oft dauerhafter Quälereien einfallsreich umgebracht und regelrecht ausgeweidet.

Die Hirne und andere pathologische Präparate der kindlichen Opfer wurden emsig gesammelt. Sie dienten fortan der Forschung, die sie dringend benötigte um herauszufinden, dass kriminelle Anlagen, soziale Verwahrlosung und asoziale Prägung schon physisch im Erbgut angelegt sind. Der Beweis gelang besser als erhofft! Nach dem Ende des II. Weltkrieges war jedermann klar, dass die damit befassten Psychiater und Wissenschaftler nicht nur kriminell und sozial verwahrlost, sondern auch asozial geprägt waren.

Trotzdem wurden die sterblichen Überreste dieser unglücklichen Kinder nicht beigesetzt, sondern kamen erst ein halbes Jahrhundert später unter die Erde. Gegen bürokratische und sogar „wissenschaftliche“ Widerstände wurden im April 2002 schließlich zwei symbolische Urnen in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt. Die anderen zogen eine unauffällige Bestattung in aller Stille vor. Ein unersetzlicher Verlust für die Forschung!

Bis dahin wohnten die „eingemachten“ Kinder in grausigen Gläser-Batterien der Wiener Pathologie und dienten über Jahrzehnte als Studienmaterial. Die Haupttäter konnten mit dessen Hilfe die eigene geistige Erkrankung weiterhin an unbeteiligten Personen dingfest machen. Einer der Mörder wirkte in der Nachkriegszeit als Gutachter bei sage und schreibe 12.000 Urteilen mit! Zumindest die Anstalt Steinhof schämte sich und ließ sich zu „Otto-Wagner-Spital“ umtaufen. Die toten Kinder lasten bis heute als schaurige Hypothek auf Österreichs Justiz und Gesellschaft. Dass erst heute begonnen wird, sie zurückzuzahlen, ist der rührenden Protektion der ehrenwerten politischen Wiener Gesellschaft zu verdanken.

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Rassenforschung galt einst weltweit als Wissenschaft, die angesehene Persönlichkeiten versammelte. Wenige Opfer solcher Forschung überlebten Auschwitz oder andere Vernichtungsstätten. Dabei finden wir den Ansatz nicht grundsätzlich verkehrt. Zu erforschende Behinderungen und Minderwertigkeiten waren reichlich vorhanden, falsch waren nur die Forschungsobjekte! Man versäumte, die beschäftigten Wissenschaftler gründlich auf ethische Verkrüppelungen hin zu sezieren!

Leider wird bis heute nicht an der bewährten Praxis gerüttelt, ausschließlich den Forschungsobjekten, ob Mensch oder Tier, und nicht den solche Straftaten begehenden Wissenschaftlern ein Haar zu krümmen. Das wird so bleiben! Wichtige Unterlagen sind bis anno 2025 für die Öffentlichkeit gesperrt. Die Mörder sind noch unter uns! Zwar wurde die Frage gestellt: „Papa, was hast du im Krieg gemacht?“ Die Frage: „Großvater, wie viele Behinderte hast du ermordet?“, könnte sogar heute noch manchmal gestellt werden!

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Schwachsinnige umzubringen ist das eine, sie zu beforschen das andere. 1939 verlangte die Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater die Leichenöffnung aller in öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten so zahlreich versterbenden Insassen. Eine wunderbare gesetzliche „Kannbestimmung“ führte zum Ziel: Wenn dies zur Förderung der Volksgesundheit oder zur vollen Klärung der Todesursache im ganz besonderen Angehörigen-Interesse lag, war Anstaltsärzten die Leichenöffnung gestattet. Ein Schlüssel passte immer, die nekrophilen Gelüste mussten nicht länger darben!

Welcher Widersinn! Wertlose Gehirne schwachsinniger Lebender werden, erst tot, so wertvoll, dass sie Zeitalter und Ideologien überdauern. In ihre Bestandteile zerlegte Behinderte werden gut sortiert und konserviert als Blutproben, Augen, Gehirne und anderes mehr in Einweckgläsern aufbewahrt. Mit aller Zuwendung bestrahlt, der Forscher fähig sind, werden sie von Wissenschaftsgeneration zu Wissenschaftsgeneration weitergereicht. Ihr geheimnisvoller Zauber überdauerte sogar das nationalsozialistische Größenwahn-Theater!

Werden Schwachsinnige oder solche, die man so beurteilt, umgebracht, fehlt dann nicht plötzlich jemand in der großen Menschheitsfamilie, der für ihr ausgewogenes Verhältnis unverzichtbar ist? Hochbegabten Wissenschaftlern im oben beschriebenen Sinne und solchen, die dafür gehalten werden, könnte hingegen leicht entsagt werden, ohne dass ein gedeihliches Weltgeschehen ungünstig beeinflusst würde.

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Nach 1945 war an pietätvolle Bestattungen der Forschungsreste nicht zu denken. Der totale Krieg gegen den Rest der Welt endete 1945, der schrankenlose Kampf gegen Schwache und Behinderte endet nie! Die wissenschaftliche Fackel wurde an die siegreiche amerikanische und russische Wissenschaft weitergereicht. Wenige Jahre später konnten auch im Nachkriegs-Deutschland akademische Würdenträger wieder vom „wunderbaren Material“ der gesammelten Gehirne schwärmen.

Wir schauen kurz auf die Etiketten der Einweckgläser: eine gesunde Mischung ermordeter Schwachsinniger, Missgebildeter und früh an Kinderkrankheiten verstorbener Menschen. Das Leichenwasser läuft uns im Munde zusammen, unser nekrophiles Herz schlägt höher. Endlich sind wir ver-rückt und tauglich für höhere akademische Weihen!

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Würde mancher Wissenschaftler zu Lebzeiten rechtzeitig seziert, allerlei traurige Ergebnisse könnten vermieden werden! Der Pathologe Thomas Harvey hatte 1955 am Princeton Hospital den toten Einstein zu obduzieren und fand dies so spannend, dass er dessen Gehirn klaute. Weder er noch ein junger Pathologe, bei dem es jetzt angeblich wohnt, lüfteten bislang die Geheimnisse dieser weisen Gehirnwindungen.

Harvey ist nicht der einzige Wissenschaftler, der seine Arbeit so ernst nimmt, dass er für sie Straftaten begeht. Ein Tübinger Rechtsmediziner vergaß vorsätzlich das zum Leichnam des RAF-Mitgliedes Ulrike Meinhof gehörige Gehirn wieder einzubauen, um Zusammenhänge zwischen Hirnveränderungen und realitätsverlustigen Terrorhandlungen dingfest zu machen. Ulrikes Töchter, die erst 1992 hiervon erfuhren, glaubten stattdessen an einen Fall von „Störung der Totenruhe“ und erstatteten Strafanzeige. Zu Recht! Schließlich musste das Gehirn von Ulrike bei diesen vergleichenden Studien neben dem ebenfalls konservierten Gehirn des wahnsinnigen Dorfschullehrers Ernst August Wagner ausharren, der 1913 zwölf Menschen umgebracht hatte.



Wer weint, geht auf der Himmelsstraße

„CANDLES“ klingt romantisch, nicht wahr? Leider hat es wenig mit dem englischen Wort für Kerzen zu tun, schon gar nicht mit Licht. Es bedeutet „Children of Auschwitz Nazi Deadly Lab Experiments Survivors (Überlebende der tödlichen Nazi-Experimente an Kindern in Auschwitz)“.

Bringen wir ein wenig Licht in dieses dunkle Kapitel pervertierter Medizin und Wissenschaft. Die rasenden Hirnforscher unserer Tage auf dem Weg zum Ruhm besitzen angesehene Vorgänger: Dr. Mengele, immer noch nicht zum Professor befördert, grämte sich und machte sich in Auschwitz an die Arbeit.

Glücklich diejenigen, die sofort in die Gaskammern geführt wurden! Wer das Unglück hatte, ein Kind zu sein oder gar mit Zwillingsbruder oder -schwester anzureisen, auf den wartete ein furchtbarer Tod auf Raten. Dr. Mengele versprach sich viel von vergleichender Forschung beim Experimentieren mit Zwillingen - und er war kreativ! Geschwister wurden zu siamesischen Zwillingen zusammenoperiert, wieder getrennt usw. Manchen Eltern soll es gelungen sein, ihre Kinder zum Schutz vor weiterem Leid zu ersticken.

Man glaube nicht, alle Wissenschaftler wären herzlos, abgestumpft und unverletzbar! Herr Mengele war sehr empfindlich. Er konnte es nicht ertragen, wenn die von ihm zum eigenen Wohle und dem des Vaterlandes beforschten Kinder weinten. Wer dabei ertappt wurde, wanderte in die Gaskammer - und die Kinder wussten das. Neuankömmlinge wurden von alten Hasen gewarnt: „Wer weint, geht auf der Himmelsstraße...“

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Während die deutschen Städte im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs untergingen, machten Sprengkörper große Bögen um Auschwitz und andere Vernichtungslager, samt deren Zufahrten. Dies, obwohl die Alliierten über die Vorgänge im Bilde waren!

Wollte man den Fortgang „wichtiger“ Forschungsarbeiten nicht stören, deren bluttriefende Ergebnisse sich die Kriegsgewinner später wechselseitig abjagten? Die Sieger waren jedenfalls nicht undankbar. Deutschen Wissenschaftlern wurde kein Härchen gekrümmt! Das ist bis heute so geblieben, wenn sich Forscher im Vorhöllen-Fundus der Psychiatriegefängnisse oder in vergleichbaren Fundgruben wissenschaftlich bedienen.



Soziales Irresein

Das deutsche Volk litt bei seinen Nachbarn unter mangelhaftem Ansehen. Die ständigen Witzeleien satt, machte es seine minderwertigen Mitglieder dafür verantwortlich: fahrende Zigeuner, intelligente Asoziale, gewiefte Wohnsitzlose usw. Mit hergebrachten Diagnoseverfahren war bei diesen Personen Wahnsinn nicht nachweisbar.

Das Diagnoseschwert wurde daher neu geschliffen und schärfer: soziales Irresein. Die Psychiatrie führte eine weltweit einmalige Massensterilisierung durch. Kurze Zeit später wurde sozialer Irrsinn derart ansteckend, dass die Träger dieser Erbkrankheit in psychiatrischen Anstalten vorsorglich vernichtet wurden. Heute wissen wir, wer unter sozialem Irrsinn litt.



Moralisches Irresein

Ende des 19. Jahrhunderts unterwarfen sich tapfere junge Frauen nicht mehr den Zwängen des Patriarchats. Hexenverbrennung war aus der Mode! Lediglich „bewaffnete“, mit der Macht zur Ausstellung nachteiliger Diagnosen ausgestattete psychiatrische Hexenjäger gab es noch. Gegen entsprechendes Honorar zogen sie aus der Art geschlagene Frauen mit dem Befund „Moralisches Irresein“ aus dem Verkehr. Den armen Dingern hatten Geschlechtsgenossinnen nicht beigebracht, sich mit versteckter Weiberbosheit sozialverträglich gegen Männer zur Wehr zu setzen.

Anfang der Achtziger Jahre waren in italienischen Strafprozessen erstmals Ehefrauen ermordeter Mafiosi zur Aussage bereit. Italienische Richter hielten diese Frauen wegen ihres mutigen Verhaltens zunächst für geisteskrank und unglaubwürdig. Der Vorwurf moralischer Geisteskrankheit gebührt der Richterschaft!

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Wahnsinn erobert jede Gesellschaftsschicht! In gehobener Gesellschaft streift er lediglich schönere Kleider über. Bis ins letzte Jahrhundert galt es als männlich, sich aus Gründen der Ehre, wegen eines falschen Wortes, ja eines unmäßigen Blickes, sich aus ritterlicher Achtung zu duellieren. Ein Vorgang, dem man sich häufig nicht entziehen konnte, wollte man seine im gesellschaftlichen Ansehen wichtige „Ehre“ nicht verlieren. „Das Duell wurde mit Gesetzen und Regeln in ein steifes, pedantisches System gebracht, welches die ernsthafteste Posse von der Welt ist und als ein wahrer Ehrentempel der Narrheit dasteht (sinngemäß Arthur Schopenhauer).“

Wir gehen von moralischem Irresein aus, da wegen des häufig tödlichen Ausgangs nun weniger die Ehre als das Leben auf der Strecke blieb. Wo viel Wahnsinn ist, ist auch viel Klarsicht! Frauen, aber auch klug taktierenden Männern, räumte das Duell die Möglichkeit ein, durch geschicktes Intrigenspiel schwachsinnige Ehrenträger zu veranlassen, sich gegenseitig aus dem Feld zu räumen.

Natürlich waren solche Phänomene nicht auf Europa beschränkt! Japanische Adelige, vor allem ruhmreiche Samurai, waren bei verletzter Ehre gezwungen, sich auf besonders grausame rituelle Art und Weise durch Harakiri, Aufschneiden des Unterleibs, zu töten.

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Weiß ist auch die Farbe des Todes. Sklavenhändler, die über den Ozean kamen, hatten eine weiße Hautfarbe. Nachdem mit ihnen reisende Sklaven nie aus dem Totenreich zurückkamen, schien Afrikanern die Verbindung „weiß“ und „Tod“ plausibel. 17 Millionen Sklaven setzten sich in den arabischen und nordafrikanischen Raum ab, 15 Millionen buchten Kreuzfahrten nach Amerika. Besonders luxuriös ging es unter Deck nicht zu: 0,4 Quadratmeter Platz pro Person. Da hieß es wertvollen Stauraum genau ausmessen! Zeitgenössische Skizzen beweisen, dass auf einem 20 Meter langen Schiff 300 Sklaven befördert wurden. Gute Auslastung war wichtig, schließlich starb auf manchen Schiffen jeder zweite bei der Überfahrt. Manche Portugiesen nannten die Schiffe Tumbeiros, sinngemäß „schwimmende Gräber“. Wer nicht essen wollte, dem machte die Peitsche Appetit. Manchmal wurden Sklaven noch nicht einmal geraubt, sondern einfach von Stammeshäuptlingen gegen früheuropäischen Zivilisationsschund eingetauscht.

Bis Anfang des letzten Jahrhunderts galt Afrika wegen seiner auswanderungsfreudigen Menschen als unterbevölkert. Religion, Geburtsmedizin und Gentechnik konnten noch nicht helfen! Eine Organisation in Ghana berechnete die dem Kontinent durch Sklavenhandel entstandenen Kosten: 777 Billionen Dollar! Unglücklicherweise hatte Afrika übersehen, die Rechnung rechtzeitig zu stellen. Nun berufen sich die ehemaligen Kolonialherren auf „Verjährung“!

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Die Ressourcen des Dritten Reiches wurden ab 1939 der Kriegsmaschinerie zur Verfügung gestellt. Von psychisch Kranken baute man systematisch ein Feindbild auf, um der Bevölkerung begreiflich zu machen, dass „unwertes“ Leben anderweitig dringend benötigte Mittel verschlang. Irrenhäuser wurden zu Tötungsfabriken, zu sich verselbständigenden Mordmaschinen. Eine Generalprobe für den Holocaust! Verdiente Mitarbeiter übernahmen später die Organisation der Massenvernichtung in Konzentrationslagern.

Schloss Hartheim in Oberösterreich war die einzige Vernichtungsanstalt, die sich unmittelbar neben einer Gemeinde ausbreitete. Die Nachbarn wunderten sich, dass viele Menschen das schöne Barockschloss betraten, aber nicht mehr verließen und dieses trotzdem nicht platzte. Die Eingewiesenen machten sich im schwarzen Rauch davon, der aus einem riesigen Schornstein qualmte. Damit sich ihre Angehörigen die Todesursachen besser erklären konnten, starben die Ermordeten neben Lungenentzündung gerne an Herzschlag oder „Gehirnschwellung“. Während in der Gaskammer im Erdgeschoß viehisch gestorben wurde, hörte man in den Obergeschossen klassische Musik oder veranstaltete wüste Saufgelage - ganz nach Gusto!

„Im Dienst bin i a Sau (im Dienst bin ich ein Schwein)“, lautet sinngemäß eine wichtige österreichisch-bayerische Verwaltungsvorschrift. Dieselben Ärzte, die in Hartheim den Gashahn aufdrehten und von Anstalt zu Anstalt fuhren, um Nachschub zu rekrutieren, waren nach getaner Arbeit vorbildliche Väter, hilfsbereite Mediziner.

Der zeitgenössische Schlossbetrieb bescherte Brot und Arbeit, was der ansässigen Bevölkerung den unerträglichen Verbrennungsgestank zuträglicher machte. Tischler, Schlosser, Installateure wurden beschäftigt. Bäcker lieferten Brot, Bauern Eier, Reinigungen saubere Wäsche. Das Mordschloss wurde zum Wirtschaftsfaktor! Persönliche Bande zwischen Hartheimern und Mördern entstanden.

Zu Ermordende kamen sogar aus dem österreichischen KZ Mauthausen nahe Linz angereist, das immer niedrigere Anforderungen an das Vorliegen einer Geisteskrankheit stellte. Häftlinge, die nicht mehr im Steinbruch arbeiten konnten, wurden mit der Diagnose „Deutschhasser“ oder „Kommunist“ ins „Erholungslager“ oder „Genesungsheim“ Hartheim verschickt, falls die eigenen Verbrennungsöfen überfordert waren. Wir hätten dafür auch eine Diagnose parat: psychiatrisch-ärztliches Irresein! Nach dem Krieg war Wohnraum knapp. Von praktischem Denken zeugt, dass selbst die ehemalige Gaskammer von Hartheim belegt wurde!

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Eine lehrreiche Episode moralischen Irreseins wird auch von einer anderen Heil- und Pflegeanstalt im Umgang mit Geisteskranken berichtet. Im Rahmen einer kleinen Feierstunde wurde die Ermordung und Verbrennung des zehntausendsten Opfers gewürdigt und die nackte Leiche stimmungsvoll in den Verbrennungsofen geschoben. Mit anschließendem Umzug und Tanz auf dem Klinikgelände feierte man die straflose Aufarbeitung mörderischer Instinkte und nekrophiler Neigungen.

Moralisch irr waren vor allem jene Psychiater, die nicht stillos vor sich hinmordeten, sondern sich zur Tötung eine Rote-Kreuz-Uniform überstreiften und ihre Opfer bei der Verabreichung vergifteter Getränke beschworen: „Sie müssen trinken, wenn Sie gesund werden wollen!“ Vielleicht litten sie auch nur unter einer Überdosis Humor.

Himmler, Reichsführer SS, dankte 1943 in einer Ansprache seiner Organisation für stilles Heldentum bei der Endlösung der Judenfrage. Sinngemäß: „Bei dieser diskreten Befehlsausführung aufrechte und anständige Deutsche geblieben zu sein, ist das größte Verdienst aller Angehörigen der SS!“ Wir lernen: Weder Aufrichtigkeit noch Anständigkeit schützen vor Wahnsinn!

Napoleon erklärte, er „scheiße auf das Leben einer Million französischer Soldaten“. Deng Xiaoping relativierte Vorwürfe nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, das Tausenden von Menschen das Leben kostete: „Selbst eine Million Chinesen sind wenig Menschen!“ Vor ihnen und nach ihnen, von Dschingis Khan bis Hitler, erkrankten Staatsgründer an moralischem Irrsinn. Freundlicherweise lassen zuvorkommende Geschichtsschreiber sie meist gesunden!

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Die Weißen trafen in Neuseeland Mitte des 18. Jahrhunderts auf eine Urbevölkerung, die sich Maori nannte. Die Maori wussten auch einen Namen für die Ankömmlinge: Pakhi - die Ver-rückten. Ein kluges Volk, die Ureinwohner Neuseelands! Nach ungefähr zwei Jahrhunderten weißer Besiedlung leidet Neuseeland, wie der Rest der Welt, an Übersiedlung, Überweidung, Überfischung, kurz am üblichen Raubbau der Zivilisation.



Religiöses Irresein


Da religiöses Irresein in der Gesellschaft den wohl breitesten Raum einnimmt, wurde ihm seiner Bedeutung gemäß oben ein eigenes Hauptkapitel gewidmet: „Religion und Wahnerleben“. Es wäre sehr zum Schaden des Verständnisses von Wahnerkrankungen, wenn auf den geistigen Konsum dieser Überlegungen verzichtet wurde.



Kulturelles Irresein

Ein Student, der sich von längst verstorbenen Großeltern beobachtet glaubt, ist in Afrika völlig normal. In Europa wird ihm eine herzhafte Psychose bescheinigt. Aber nicht nur afrikanische Studenten fühlen sich heimlich beobachtet, sondern auch europäische Psychiater von verstorbenen Lehrpsychiatern und Ziehvätern. Deshalb wagen sie nicht, tiefe Risse am Krankheitsbild des Wahnsinns wahrzunehmen und an jahrhundertelang transportierter Dummheit zu rütteln.

Ekstatische Bewegungen eines Medizinmannes in einem Stamm von Ureinwohnern sind Ausdruck höchster Verehrung. Hierzulande gerät nur die Psychiatrie in Ekstase: Elektroschock, Neuroleptika, gehirnchirurgische Maßnahmen... Es ist eine Frage der Macht zu bestimmen, was normal, was ver-rückt ist, stetigem Wandel der Zeiten und Kulturen unterworfen. Selbst Bluttaten, wie Menschenopfer, Duelle, Blutrache usw., können auf diese Weise verdammt, aber auch gerechtfertigt werden!

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Mit Wehmut erinnern wir an eine Zeit, in der Psychiatrie die Nähe zur Philosophie suchte, kulturelle Besonderheiten berücksichtigte und Geisteskrankheiten in Verbindung zu den Kulturkreisen brachte, in denen sie auftraten. Eskimos ist es gestattet, nach extrem aggressiven Anfällen in ein mehrstündiges Koma zu fallen. Vier von fünf Kenianern, die an Schizophrenie erkranken, sind nach wenigen Jahren geheilt, ohne je „Medikamente“ zu sich genommen zu haben. Die Großfamilie betreut sie, statt sie auszustoßen. In einer etwas weiter geschnürten Kultur-Zwangsjacke können sich psychisch Kranke im Alltag nützlich machen und ihre Seelen heilen.

Traditionelle Geistheiler erzielen Heilungsraten, die wie Zauberei anmuten. Schamanen befreien Besessene bei geradezu festlich veranstalteten Ritualen von bösen Geistern. Leider duldet das Abendland keine Gespenster! Daher ist der ganze Spuk stattdessen von den armen Kranken medikamentös wegzuschlucken.



Kollektives Irresein

Vor wenigen Jahrhunderten, am Höhepunkt alchemistischer Zauberei und des Hexenaberglaubens, war Europa ein riesiges Haus der Träume und Halluzination wunderlicher, irrealer Welten. Im Hungerdelirium blühten Hexerei und Aberglaube!

Massenpsychotische Phänomene sind beeindruckend: Eine dörfliche Gemeinschaft halluziniert Marienerscheinungen auf einem Kirchturm, religiöse Eiferer erleben die Himmelfahrt eines Heiligen, Weltuntergangsjünger versammeln sich zum kollektiven Ableben auf einer Bergspitze. Niemand wollte die betroffene Bevölkerung auf Dauer ins Irrenhaus sperren, obwohl das unter Anlegung herkömmlicher psychiatrischer Maßstäbe durchaus angezeigt wäre. Jeder fühlt, dass solche Projektionen eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen und auf ihre Weise Realität besitzen könnten.

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Kollektivem Irresein begegnen wir bei Massenpanik oder Ausbreitung von Seuchenhysterie. Wahn ist ansteckend! Das weiß man zumindest seit der Erdball 1997 anfing in Uhrgröße entworfene japanische Tamagotchi-Tiere aufzuziehen oder sich ein Großteil der Weltbevölkerung nur noch mit Kinderrollern fortbewegte.

Zehn Prozent der Bevölkerung leiden am sogenannten Panik-Syndrom, an Todesangst, die Menschen angeblich grundlos befällt. Tendenz: stark steigend! Dabei sollte man, die allgemeine Entwicklung betrachtend, Anfälle von Todesangst für normaler halten als ein anfallfreies Leben. Bis sich diese Auffassung durchsetzt, vergiften sich Betroffene weiterhin „freiwillig“ mit Psychopharmaka und schlucken ihre Ängste weg, um nicht im Räderwerk sonst noch vorgehaltener psychiatrischer Zwangsbehandlungen zermalmt zu werden.

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In den Achtziger Jahren häuften sich Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Katastrophenmedizin. Um Irrtümern vorzubeugen: Gemeint ist nicht die Psychiatrie, obwohl sie eine Katastrophe ist. Vielmehr bemüht sich dieser medizinische Fachbereich um gezielte Panikforschung.

Wann immer unvollkommene Wesen bei lächerlichen Gefahren wie Atomunfällen, Klimakatastrophen, Giftgaswolken und anderem in Panik geraten, muss sie jemand heilen - und wer könnte das besser als die Psychiatrie? Die notwendige Chemie, der Ängste besiegende Katastrophen-Cocktail, wurde schon gemixt - ausreichend für die ganze Bevölkerung!

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Religionsausübung ist häufig kollektiv gelebter Wahnsinn: Witwen-Einäscherung im Hinduismus, Sabbatgebote der Juden, Hexenverbrennung im Christentum, Kinderverstümmelung hinduistischer Bettlerkasten, gottgefällige Menschen- und Tieropfer usw. Kollektive Wahnsysteme schützen vor persönlichem Wahnerleben! Priesterlicher Freispruch entlastet religiös anerzogene Schuldgefühle. Abnehmende Religionsausübung begünstigt daher individuellen Wahnsinn!

Kollektiver Wahn wird religiös und pseudoreligiös gefördert: Helden- und Totenkult der nationalsozialistischen Waffen-SS, japanischer Kamikaze-Kult, islamische Selbstmordkommandos... Bei der indischen Witwenverbrennung ist unklar, ob Wahnsinn oder Habgier überwiegt. Wir empfehlen sie sparsam wirtschaftenden Kollektiven mit knappen Rentenkassen. Die Verbrannte geht nicht leer aus! Als religiös und zeremoniell geehrte Sati erhält sie statt lebenslanger Rente einen heiligen Gedenk- oder Sati-Stein.

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Zieht sich Wahnsinn erst das Kleid gleichmacherischer Normalität an, hat niemand mehr etwas zu lachen! Das lehrten sowohl die nationalsozialistische Bewegung gleichgeschalteten Denkens und Handelns als auch andere totalitäre Systeme.

Kollektives Irresein begegnet uns schließlich im sich selbst überholenden, technokratischen Wahn und im ungezügelten Konsumrausch unserer Tage. Die diesen zugrunde liegenden wirtschaftlichen Heilversprechen werden einer Religion immer ähnlicher! Eine neue Dimension von Geisteskrankheit entsteht: Das Kollektiv selbst verwandelt sich in ein Irrenhaus! Das erkannte bereits Mark Twain: „Wenn wir bedenken, dass wir alle ver-rückt sind, ist das Leben erklärt!



              Heilung im Wandel der Zeiten

„Gerichtspsychiater erklären nur solche Personen für wirklich krank, die sie nicht heilen können, was eine bescheidene Übertreibung ist, denn sie können die anderen auch nicht heilen. Sie unterscheiden zwischen unheilbaren Geisteskrankheiten, zwischen solchen, die mit Gottes Hilfe nach einiger Zeit von selbst besser werden und endlich solchen, die der Arzt zwar auch nicht heilen kann, wohl aber der Patient vermeiden könnte, vorausgesetzt natürlich, dass durch höhere Fügung rechtzeitig die richtigen Einflüsse und Überlegungen auf ihn einwirken. Diese zweite und dritte Gruppe liefert jene nur minderwertigen Kranken, die der Engel der Medizin zwar als Kranke behandelt, wenn sie zu ihm in die Privatpraxis kommen, die er aber schüchtern dem Engel des Rechts überlässt, wenn er mit ihnen in der Gerichtspraxis zusammenstößt (Robert Musil „Der Mann ohne Eigenschaften“ S. 243).“

Man muss sich in diesem Zusammenhang klarmachen, dass die „Behandlungen“, die psychisch kranke Menschen durchaus auf der Grundlage von Gesetzen über sich ergehen lassen mussten und müssen, die schlimmsten Strafen vor der Todesstrafe beinhalten können und, kommt der Faktor Zeit hinzu, durchaus weit schlimmer sind als diese!

Die nachfolgend dargestellten Heilmethoden werden u.a. aus dem Buch von Peter Lehmann, „Der chemische Knebel“ (1990), auszugsweise zitiert.



Mechanik

Schlagen eines Lochs in den Schädel
Diese im Mittelalter gebräuchliche Methode diente dazu, dem bösen Geist im Kranken Gelegenheit zu geben, „zu entweichen“.

Zungenabschneiden
Damit der böse Geist nicht mehr aus Kranken sprechen konnte, wurden die Zungen entfernt.

Einsperren, Festzurren, Fixieren
Zwangsverhalten gilt als Symptom von Geisteskrankheit. Zwang in psychiatrischen Therapieformen ist sehr verbreitet: Zwangsjacke, Zwangsmuff, Zwangshemd, Zwangsstuhl, Zwangsbett, Zwangssarg, Zwangsstehen, Zwangsaufhängen, Zwangsduschen, Zwangsbad, Zwangsgurt, Zwangseinwicklung in Leintücher, Zwangskörbe mit Einschnürung, Aufziehen an Stricken, Anketten, Festketten in Brunnen, Heulen und Jammern unterdrückende Lederzwangsmasken, Kopfriemen oder Mundbirnen, Einsperren in Gitterbetten, Zwangsisolierung im Leinensack, wochenlange Totalisolation usw. Die Psychiatrie verdient unsere volle Anerkennung als unerschrockene Vorkämpferin für sadomasochistische Sexualpraktiken.

Die in „Behandlungen“ von Wahnkranken aufgearbeitete psychiatrische Zwanghaftigkeit setzt sich heute in medikamentösen Formen des Einzwängens und Einkerkerns fort. Auffälliges Heulen und Jammern etc. kann auf diese Weise weit besser unterdrückt werden als durch Gesichtsledermasken und Mundbirnen.



Dynamik

Rotieren auf einem Brett
Die Rotation wurde so lange fortgeführt, bis Opfern Blut aus Mund, Nase und Ohren lief. Ein ähnliches Ergebnis wurde mit dem Schleuderstuhl erzielt.

Kreiselbewegungen im Käfig
Ein Käfig wurde im Kreis bewegt. Je unruhiger das darin eingesperrte Opfer wurde, desto schneller drehte sich der Käfig. In anderen Vorrichtungen hatten Kranke wie Käfigmäuse in hohlen Rädern zu laufen.

Hinterhältig verursachte Stürze
Der Geisteskranke wurde, teils an Armen und Beinen gefesselt, in einer für ihn völlig unvorhersehbaren Weise ins Wasser gestürzt. Andere Ärzte „heilten“ ihre Kranken, indem sie diese in eigens hierfür erfundenen „Spezialhäusern“ für einige Zeit versenkten.

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Der Heilungskreativität waren keine Grenzen gesetzt: Drehstühle, Drehkäfige, Drehmaschinen, Schleuderbetten, Schleuderstühle. Selbst moderne, medikamentöse Behandlungsformen verzichten nicht auf Dynamik. In Fachzeitschriften wurde noch vor nicht allzu langer Zeit für Produkte geworben, die „den Teufel herauszuschleudern“ in der Lage waren. Mittelalterliche Teufelsaustreibungen präsentieren sich vor diesem Hintergrund vergleichsweise fortschrittlich und konsequent.



Optik und Akustik

Opfer wurden in dunklen Zimmern, teils mit schwarzem Wandanstrich, unangenehmen Lichtquellen ausgesetzt.

Plötzliche Schießpulver-Explosionen oder chaotischer Lärm von Trommeln, Glocken, Menschenstimmen oder Tiergeheul erschreckten Wahnkranke.



Kälte und Hitze

Eisbäder bis zum Zufügen von Erfrierungen, Aufsetzen von Eismützen. Stunden- und tagelang tropfte kaltes Wasser auf Irrenköpfe.

Einsperren und Festschnallen in Hitzeboxen unter geringer Frischluftzufuhr, Steigerung des Durstes durch Salzeinspritzungen in den Körper, Verbrennen des Nackens oder der Kopfwirbel mit glühenden Eisen, Bäder in (fast) kochend heißem Wasser, Hitzekuren. Ob die dadurch aufgestaute Wut der Opfer ausgekocht werden konnte, wurde nicht überliefert, ist aber wenig wahrscheinlich.



Präpsychologie

Hineinlegen in Wanzen oder Ameisen, Ankündigung baldigen Verbrennens auf Scheiterhaufen, glauben machen der Betroffenen, sie würden auf Richtplätze geführt, scheinbares Aufknüpfen am irrenhauseigenen Galgen, Beschämen durch Ausstellung am Pranger, Arbeitstherapie in Form immerwährenden Grabens und Zuschüttens von Löchern, Spannen vor Irrenwagen, Haarausreißen, Eintauchen der Körper in Wasser und Öl, Untertauchen bis zum Eintritt der Ohnmacht, Blutegelkränze um den Kopf, Einlegen in Gips, Hunger- und Durstkuren, Zwangsfütterungen bis zum Erbrechen, Scheinkastrationen, Scheinoperationen, Fliegenpulver als Reizmittel für offene Wunden und halt so alles, was es zur Heilung schwerer seelischer Erkrankungen braucht.

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„Konfrontations- und Demütigungstechniken“ bezeichnen trotz moderner Namengebung Behandlungsformen, die ihre Herkunft kaum verbergen können und unmittelbar an die vorstehenden Schilderungen anknüpfen. Sie eignen sich gut zur Heilung von unter Sadismus leidenden Therapeuten. Wir zitieren aus dem Buch von J. M. Masson, „Die Abschaffung der Psychotherapie (1991)“:

Ein Patient glaubte, er wäre mit elektrischem Strom gefoltert worden. Unverzüglich wurde er mittels sofort angewandter Konfrontationstechnik einer solchen „Behandlung“ ausgesetzt. Eine Patientin wurde gezwungen, Erbrochenes aufzuessen, manche Psychiatrieinsassen wurden kahlgeschoren, andere mussten den Inhalt von Aschenbechern konsumieren, ein Minderjähriger hatte in ein Kondom zu masturbieren. In einer Gruppensitzung wurde eine damit nicht einverstandene Patientin gezwungen, ihre Genitalien vorzuzeigen, eine andere damit therapiert, dass auf ihre nackten Brüste eingeschlagen wurde, wieder andere wurden mit einem Stachelstock gepeinigt, mit vulgärsten Ausdrücken konfrontiert, an den Haaren gezerrt, (aus Patientensicht) glaubhaft mit dem Tode bedroht; eine Patientin hatte am After des Therapeuten zu lecken und dabei möglichst viel Faeces zu essen, wieder andere wurden zum Oral- oder Genitalverkehr mit anderen Patienten gezwungen; ein einfühlsamer Therapeut benutzte die Brust einer Patientin als Trampolin, um die autistische junge Frau „zum Sprechen zu bringen“ und und und...

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Die aus präpsychologischen Anfängen hervorgegangene Psychiatrie kennt weitere interessante Behandlungsvarianten. Psychiater nähern sich Wahnkranken in der Gestalt, von der sie glauben, dass sich diese davor am meisten fürchten. Gespielt oder gemimt wird beispielsweise ein Teufel, wenn Patienten vor dessen Erscheinen besonders graut!

Dadurch soll das Übertragungspotential Wahnkranker getestet werden. Mit anderen Worten: Es soll festgestellt werden, ob der Patient „wirklich ver-rückt“ ist. Die wissenschaftlich ausgerichtete Psychiatrie, mit ihrem in religiöser Unfehlbarkeit behaupteten Dogma der Gehirnkrankheit, glaubt hier plötzlich doch an unbewusste Inhalte, an das Vorhandensein einer Seele, der die halluzinierten und auf den Psychiater übertragenen Wahngestalten entstammen könnten.

Nun frage man sich einmal ernsthaft, wie ein verwirrter Wahnkranker jemals die Chance zur Wiederorientierung haben soll, wenn neben all den Wahngeistern, die ihn plagen, auch noch das psychiatrische Kasperltheater ver-rückt spielt.

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Es soll Psychotherapeuten geben, die männlichen Patienten allen Ernstes empfehlen, nicht gelebte Aggressionen gegenüber Frauen durch Vergewaltigungen abzubauen. Der Therapeut vertraut vielleicht darauf, dass es nicht zur Tat kommt. Werden aber auf diese Weise Grenzen zwischen Schein und Realität (Teufel spielen), zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem (Frau vergewaltigen), bei Menschen in schwierigsten Lebenssituationen verwischt, sollte so manches von der Psychiatrie produzierte Ergebnis nicht verwundern!



Chemie und Biologie

Unsere Groß- und Urgroßeltern konnten noch nicht vom hohen Stand der heutigen Pharmaindustrie profitieren. Sie wurden mit Abführ-Flüssigkeiten, Brechmitteln, Tollkirschen, Eisenfeilspänen, Ekzeme-Erregern, Mottenpulver oder Kampfmixturen aus der Feuerwerkerei geheilt. Moderner, aber nicht weniger grausam war die Behandlung mit Insulin, das künstlich erzeugte Schockzustände hervorrufen sollte.

Diese Insulin-Koma-Therapie war etwa von 1935 bis 1955 in der Psychiatrie eine anerkannte und verbreitete Behandlungsform bei Schizophrenie und Depression, galt zeitweise sogar als Standardtherapie. Die Sterblichkeit bei dieser Methode lag bei einem Prozent, dazu gesellte sich eine unbekannte Anzahl von irreversiblen Gehirnschädigungen. Es könnte sich dabei um Begleit- oder Kollateralschäden gehandelt haben, wie sie manchmal zur Erreichung eines Zieles unvermeidbar sind. Zum Glück sind aber solche bei der Psychiatrie so gut wie nichtexistent. Wir begegnen hier niemals Begleit- oder Randschäden, sondern ausnahmslos Hauptschäden. Ziel ist und bleibt, soweit solche Behandlungsmethoden eingesetzt werden, die teilweise oder vollständige Zerstörung des Patienten, wenngleich dies, das räumen wir ein, von den „behandelnden“ Psychiatern oft nicht erkannt wird. Nachdem das beim Insulin schließlich verstanden wurde, sattelte man um auf die „Elektroschock-Therapie“. Als sich deren Unsinnigkeit herausstellte, wurde sie durch moderne Psychopharmaka ersetzt. Derzeit kommt allerdings auch der Elektroschock wieder in Mode. Wir schließen selbst Rückfälle bis hin zur Ameisenhaufen-Therapie nicht völlig aus!

In den letzten Jahrzehnten löste die neuroleptische Hinrichtung die gehirnchirurgische Exekution ab. Die Psychiatrie ist seither mit ihrem äußeren Erscheinungsbild mehr als zufrieden, denn ihre Mitarbeiter sehen nicht mehr aus wie Schlächter. Psychiater fühlen sich endlich als das, was sie immer schon sein wollten, als richtige Ärzte, als Gehirn-Internisten (siehe Unterkapitel „Die neue Kunst des Strafens“). Die Ausbildung ist denkbar einfach! Dicke Medikamentenbücher, wie etwa das DSM-5, sind durchzublättern, auf deren Seiten gewissermaßen stets Gleiches steht. Nach sorgfältiger Diagnose unterschiedlichster Wahnformen wird immer dasselbe, nur kunterbunt bezeichnet, verschrieben: schwere Psychopharmaka, Neuroleptika, in abwechslungsreicher Zusammensetzung! Es ist als versuche man mit einer blinden Stalllaterne in die Seele zu leuchten und „heilt“ mit „Medikamenten“, die Betroffenen nur verschieden schnell die Lichter ausblasen.

Die Zielgruppe ist erfreulich breit; sie umfasst selbst Säuglinge, die sich unnormal verhalten, übermäßig weinen, toben, Grimassen schneiden oder manisch-depressiv sind. So wie die Katholische Kirche das Böse nach der Geburt mit der Taufe als „Kleinem Exorzismus“ bekämpft, hofft die Psychiatrie, frühzeitig großen Irrsinn aus kleinen Kindern auszutreiben.



Radiologie

Psychiater wollten keinesfalls die Segnungen der Radioaktivität versäumen; schließlich lässt sich Wahnsinn mit allem heilen! Speziell Schizophrenie wurde mit Radium-Spritzen behandelt. Der Erfolg gab der Psychiatrie recht: Was die Umwelt nachhaltig zerstört, ruiniert auch Menschen!



Blutaustausch

Peter Lehmann stellte in seinem Buch „Der chemische Knebel“ fest, dass Blutaustausch zur Heilung von Wahnsinn immer wieder modern wurde – ähnlich wie in der Mode Großmutters knöchellanger Rock. Erste Therapie-Berichte erreichen uns aus dem Jahre 1662: Über Tage hinweg wurde wahnsinnigen Irren verseuchtes Blut entzogen, um sie mit gesundem Lamm- oder Kälberblut aufzufüllen. Die Tiere haben meist nicht überlebt, von den Irren wissen wir es nicht.

Von 1938 an wurden Wahnkranken bis zu fünf Liter arisches, psychisch gesundes Menschenblut zugeführt. Dies überrascht nicht, handelte es sich doch um die konsequente Fortführung nationalsozialistischer Blut- und Bodenpolitik, nunmehr in der Psychiatrie. Verblüffend ist jedoch der verschwenderische Umgang mit dem kostbaren arischen Lebenssaft!

In der Nachkriegszeit vermochten auch Versuche bloßer Blutwäsche durch künstliche Nieren, an die Schizophrene angeschlossen wurden, Schizophrenie nicht zu besiegen.

Wie gut, wenn bewährte Behandlungsmoden, die in die Jahre kommen, rechtzeitig dem Vergessen entrissen werden, um wieder als allerneuester Schrei dankbaren Irren erhalten zu bleiben!



Chirurgie

Gehirnchirurgie zur Heilung von Wahnsinn hat natürlich eine Vorgeschichte. Vor gut zwei Jahrhunderten setzte man Holzbohrer hinter den Ohren an, um nachzusehen, ob da nicht vielleicht doch jemand unbefugt sitzt und jene Stimmen abgibt, die Wahnkranke vernehmen.

Diese Vorgehensweise findet die moderne Psychiatrie prinzipiell richtig, geändert hat sich nur das chirurgische Besteck. Heute werden Kieferhöhlen angebohrt, Schilddrüsen verkleinert usw. Ein Schlaumeier portugiesischer Abstammung, António Egas Moniz, erfand zusammen mit einem italienischen Kollegen schließlich die Leukotomie und gewann 1949 den Nobelpreis für die messerchirurgische Durchtrennung von Nerven-Faserverbindungen im Stirnhirn zur Heilung von Schizophrenie und anderem.

Der positiven Beurteilung durch die schwedische Akademie mochten sich nicht alle Behandlungsopfer anschließen. Um verschont zu werden, redeten manche Patienten vor dem Eingriff den Psychiatern verzweifelt nach dem Munde. Geholfen hat es ihnen freilich nichts, geschlachtet wurden sie trotzdem! Jeder potentielle Preisträger, der Charakter besitzt, sollte deshalb vor diesem Hintergrund die Entgegennahme des Nobelpreises für Medizin ablehnen, auch wenn er ihn verdient haben sollte.

Manchmal kommt Gott auch im Irrenhaus vorbei. Im Jahre 1949 wurde dieser Erfinder der Leukotomie von einem „geheilten“ Patienten durch Schusswaffengebrauch lebensgefährlich verletzt. Er überlebte, arbeitete weiter und führte im Alter von 81 Jahren seinen allerletzten heilchirurgischen Eingriff durch. Dieser „letzte Fall“ prügelte ihn regelrecht zu Tode. Wie wenig vorausschauend doch das Leben manchmal ist! Viel Leid wäre Patienten erspart geblieben, hätte ihn schon sein erster Fall erfolgreich ist Jenseits befördert.

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Diese Technik, für die die Begriffe Lobotomie und Leukotomie praktisch synonym verwendet werden, dankt ihren Triumph, wie ihr eifrigster Befürworter, der amerikanische Psychiater Walter Freeman, schon 1936 lobte, folgendem Heilungsverfahren: „Die Psychochirurgie erlangt ihre Erfolge dadurch, dass sie die Phantasie zerschmettert, Gefühle abstumpft, abstraktes Denken vernichtet und ein roboterähnliches, kontrollierbares Individuum schafft.“

Im Jahre 1941 ließ Joseph Kennedy an seiner 23 Jahre alten Tochter Rosemary, der Schwester des späteren US-Präsidenten John F. Kennedy, von Freeman eine solche Operation durchführen. Sie überlebte schwerbehindert und war bis an ihr Lebensende pflegebedürftig. Der tüchtige Freeman „verbesserte“ diese OP-Technik schließlich so weit, dass sie von nur noch einer Person, die hierfür auch nicht einmal mehr eine neurochirurgische Qualifikation benötigte, ausgeführt werden konnte. Damit wollte er die massenhafte Verbreitung dieser zeit- und kostengünstigen Methode vorantreiben; denn die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg hatten einen sprunghaften Anstieg psychischer Erkrankungen im Gepäck. Und offenbar auch eine stürmische Zunahme an wahnsinnigen Psychiatern. Ärztliche Narrenfreiheit kennt halt keine Grenzen!

Die Anfang der 1940er bis Mitte der 1950er Jahre „als Wundermittel gepriesene Lobotomie“ wurde in Tausenden von Fällen in den USA durchgeführt. Weltweit werden diese Operationen auf etwa eine Million geschätzt. Wunder sind freilich selten, sonst wären es ja keine! Und so geriet die Lobotomie wegen der erheblichen Nebenwirkungen ab Mitte der 1950er Jahre in Verruf. Dem „freien Mann“ Freeman legte gleichwohl keiner das Handwerk - und dieses erreichte bizarre Auswüchse! Er operierte vor den Augen zahlreicher Zuschauer sowohl im Fernsehen als auch in Hörsälen die Patienten im Akkord (mehrere Dutzend pro Tag). Des Weiteren reiste er in einem Wohnmobil, in dem von ihm so getauften „Lobotomobil“, von Klinik zu Klinik durch Amerika und operierte einen Patienten nach dem anderen. Insgesamt verbesserte er auf diese Weise ca. 3.600 nicht immer dankbare Patienten.

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Die Harvard-Autoren V. Mark, F. Ervin und W. Sweet machten (in einem Leserbrief im offiziellen Organ der amerikanischen Ärztevereinigung) eine der Ursachen der Rassenunruhen von Detroit aus: Individuelle Hirnfunktionsstörungen! Es kann ja wohl auch nur ein gestörtes Hirn sein, das durch bodenlos schlechte Behandlung der schwarzen Bevölkerung in den USA auf die Dauer seelisch krank wird. Vorschläge zur „Heilung“ ließen da zum Glück nicht lange auf sich warten. Beide Autoren schlugen die Psychochirurgie als endgültige Lösung für das Gewaltproblem vor, beispielsweise bei unbelehrbaren Gefängnisinsassen. „Dies zeige schon eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung“, deren solche Psychiater durchaus fähig sind: „Diese Art der „Resozialisierung“ sei mit nur 6.000 US$ weitaus kostengünstiger als eine lebenslange Verwahrung, die um die 100.000 US$ an Kosten verursache.“ Wir rechnen auch einmal nach: Allein die Gehälter für solche Psychiater und Operateure kosten, auf ihre Amtszeit hochgerechnet, ein Vielfaches dessen, was für eine jeweils rechtzeitig bei ihnen selbst durchgeführte Lobotomie zu Buche geschlagen hätte! Von den Folgekosten, die sie für Patienten und Gesellschaft verursachen, einmal ganz abgesehen.

In Schweden sind bis 1963 etwa 4.500 Menschen „lobotomiert“ worden, viele davon gegen ihren Willen. Mindestens 500 von ihnen waren nach heutiger Lesart keine psychiatrisch Erkrankten, sondern u.a. hyperaktive oder zurückgebliebene Kinder. Lieber Zappelphilipp, aufgepasst! Anfang der Fünfziger Jahre hätte man Dich einfach „lobotomiert“. Deshalb, sei gewarnt und zapple lieber ein bisschen weniger! Wir rechnen nämlich jederzeit mit der Wiedergeburt der Lobotomie im neuen Gewande, selbstverständlich in krass veredelter Form.

Bürgerrechtsbewegungen begannen um 1960 gegen die Lobotomie vorzugehen. Ken Keseys einflussreicher und verfilmter Roman „Einer flog über das Kuckucksnest“ zeigte 1962 drastisch die Auswirkungen dieser Operation auf psychiatrische Patienten.

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Gehirnchirurgische Maßnahmen zur Heilung von Schizophrenie wurden sowohl in der Bundesrepublik als auch in der ehemaligen DDR durchgeführt. Interessante Gedankengänge gingen bei der Psychiatrie Ost einer Patientenschlachtung voraus: Wer als Querulant auffällt, ist psychisch krank, wer psychisch krank ist, leidet unter einer organischen Gehirnerkrankung, wer organisch gehirnkrank ist, bedarf der Gehirnoperation und wer nach dem Eingriff noch immer psychisch krank ist (Regelfall), bedarf der erneuten Gehirnoperation. Heute wird Leukotomie chemisch durchgeführt und fällt außer durch die unvermeidbare Nebenwirkung eines frühen Todes kaum noch auf.

Dank höherer Behandlungstransparenz und wachsamerem Auge der Öffentlichkeit lag für die Psychiatrie West die Heilungs-Hemmschwelle bei Querulanten etwas höher. Erfolgreicher war der Staatskapitalismus ferner beim Ausschlachten geheilter Toter zur Beschaffung von Organspenden!



Elektroschock

Natürlich gehen auch an der Psychiatrie technische Neuerungen nicht spurlos vorüber. Die Erfindung des elektrischen Stuhls inspirierte zur Heilung durch Elektroschock, dem elektrischen Stuhl für das Gehirn.

Die Geburtsstunde des Elektroschockverfahrens schlug im Schlachthaus. Cerletti, ein Schüler des berühmten Psychiaters Kraeplin, beobachtete, dass Schweine nach Betäubung durch Stromschläge ruhiger wurden und leichter geschlachtet werden konnten. Der Vergleich zwischen schlachtreifen Tieren und zu schlachtenden Patienten drängte sich ihm leider nicht dergestalt auf, dass solche Behandlungen eine ziemliche Schweinerei sind.

Trotz ihrer niederen Herkunft hat die Elektrokrampfbehandlung im vergangenen Jahrhundert einen einzigartigen Siegeszug angetreten. Erst vor wenigen Jahrzehnten gelang dann die Erfindung einer noch grausameren Behandlungsform, die den Elektroschock, den Marterpfahl des 20. Jahrhunderts, teilweise ablöste: schwere Neuroleptika!

Beim Elektroschockverfahren handelt es sich um eine Art von psychiatrisch-elektrischem Knüppel aus dem Sack, den arrogante Gangliendompteure gegen aufsässige Gehirnzellen einsetzen. Dieser extrem schmerzhaften Behandlungsmethode wurden - welch Zufall - etwa zu achtzig Prozent Frauen ausgesetzt, während - welch Fügung - fast ausschließlich Männer Psychiater waren. Nachdem jetzt auch Frauen Zugang zum psychiatrischen Heilberuf haben, wird sich das Verhältnis zwischen gequälten Frauen und ruinierten Männern allmählich einpendeln, ohne dass der Gesetzgeber zur Einführung einer Quotenregelung für die geschlechtsspezifische Schreckensverteilung gezwungen wäre.

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Elektroschocks vernichten unzählige Gehirnzellen! Aus diesem Grund ist das Verfahren letztlich ein Kompliment für Geisteskranke. Die Psychiatrie ist der Auffassung, dieser Personenkreis hat nicht zu wenig, sondern zu viel Verstand. Wer Pech hat, stirbt erst nach dem dreihundertfünfundfünfzigsten weltrekord-verdächtigen Elektroschock, wie ihn etwa der Psychiater Hartwig Heyck heilend dem Gehirn eines Schizophrenen zufügte. Der Geheilte machte sich bei der letzten Behandlung untadelig aus dem Staub. Selbstverständlich starb er keineswegs durch Elektroschock, sondern eines natürlichen Todes: Herzversagen!

Medikamente wirken nur, wenn sie nach ärztlicher Anordnung gewissenhaft über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Bereits entlassene Psychiatrie-Patienten hatten sich daher weitere Erhaltungsschocks abzuholen, wollten sie dauerhaftem Einschluss im Psychiatriegefängnis entgehen.

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Psychiater stehen stets an der Front! In Friedenszeiten wehren sie an der Gefechtslinie der Volksgesundheit erbliche, innere Feinde des Volkskörpers durch Elektroschocks ab. In Kriegszeiten ist das Elektroschock-Verfahren besonders wertvoll, sieht man von Heilungen einmal ab: Disziplinierungsinstrument von unschätzbarem Wert, innerhalb und außerhalb psychiatrischer Mauern!

Kriegsunwilligkeit war eine bei Soldaten noch vor wenigen Jahrzehnten bekannte und gefürchtete Geisteskrankheit. Kriegsgegner wurden insbesondere zu Beginn des Ersten Weltkriegs für ver-rückt gehalten. Die Zeitgenossen hielten die Vernunft überzeugter Pazifisten, das eigene Leben und das anderer zu schützen, nicht aus. Der Psychiater Eugen Bleuler diagnostizierte das Verhalten unzähliger Kriegsdienstverweigerer als „Unterform der Schizophrenie“.

Ein einziger handwerklich geschickter Psychiater, der den Abschreckungseffekt der Elektrokrampf-Therapie gekonnt auszunutzen wusste, ersetzte zu Kriegszeiten ein ganzes Bataillon militärischer Schleifknechte. Bei Behandlungen suchte er Publikum und griff sich der Einfachheit halber gleich mehrere Kriegsdienstverweigerer im selben Behandlungsraum = Aufenthaltsraum = Schlafraum, in dem sich blankes Entsetzen ausbreitete. Die verabreichten Elektroschocks führten zu hundertprozentigen Heilungen – auch bei den noch unbehandelten Verweigerungskollegen!

Das soll nicht heißen, dass Psychiater alle Patienten heilen konnten. Zartbesaitete Offiziere, die auf Kriegsgräuel der Weltkriege mit Zittern und Lähmungen reagierten, wurden nicht unter Elektrodeneinsatz zurück ins feindliche Trommelfeuer geschickt, sondern als Neurastheniker mit der Diagnose „nervöse Erschöpfung“ privilegiert.

Eine aufgeschreckte Öffentlichkeit zwingt heute zu diskreterem Vorgehen. Schock-Anwärter werden nicht vorzeitig wegen auf sie zukommender „Behandlungen“ beunruhigt. Die Fürsorge geht so weit, dass die Verabreichung in lärmschutzisolierten Zellen, ja unter Narkose erfolgt. Man wartet nur noch auf Hinrichtungen unter örtlicher Betäubung!

Die Psychiatrie tröstete die arglose Öffentlichkeit damit, der Elektroschock sei Ultima Ratio (letztes Mittel). In Wahrheit war das Elektrokrampfverfahren über Jahrzehnte der hohe einleitende Standard psychiatrischer Behandlungskultur, sozusagen das „Rizinusöl der Psychiatrie“!

Die Bezeichnung wurde in der Nachkriegszeit frisch angemalt. Seither nähert sich der Elektroschock dem Patienten anbiedernd als „künstlich verabreichter Schlaganfall“ oder „bewusst ausgelöster epileptischer Anfall“.

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Das Verfahren ist und blieb zeitlebens umstritten! Kaum ein Psychiater wagte den Selbstversuch, um sich sachkundig zu machen. Allerdings entzogen sich nicht wenige einer drohenden Behandlung durch Suizid, wurde ihnen die in dieser Berufsgruppe nicht seltene Diagnose „schizophren“ gestellt.

Die Psychiatrie überzeugt aber mit ihrer Behauptung der Ungefährlichkeit. Nicht ein einziger Fall wurde bekannt, bei dem sich ein Psychiater bei Anwendung des Elektroschock-Heilverfahrens verletzt hätte. Für die Opfer gilt dies nur eingeschränkt: Knochen- und Wirbelbrüche, schwere Verletzungen waren an der Tagesordnung; insbesondere bei Patienten, die sich wehrten, da sie nicht glauben wollten, wie sehr ihnen geholfen wurde.

Solche Patienten wurden mitunter durch Lähmungsgifte, insbesondere dem indianischen Pfeilgift Curare, wunderbar ruhiggestellt, manchmal zu Tode ruhig. Wo gehobelt wird, fallen Späne! Die Psychiatrie zieht ihren Joker und zerschmettert den Vorwurf einer strafbaren Vergiftung mit den „anerkannten Regeln der ärztlichen Heilkunst“.

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Wir lernen gerne dazu und wollen glühende Bewunderer der Elektroschock-Behandlung sein, wenn uns „Behandelte“ vorgestellt werden, die die Behandlung als „befreiend“ erlebten, ja geradezu in einen euphorischen Zustand versetzt wurden, wie die Psychiatrie gerne behauptet. Allein das zur Verfügung stehende Bildmaterial über einzelne Opfer ist so grässlich, dass sich die bloße Behauptung, die Behandlung wirke entladend und befreiend, als blanker Zynismus entlarvt.

Allerdings ist das Gegenteil gut beweisbar! Patienten äußern sich vernichtend über die ihnen zugefügten Quälereien. Insassen einer italienischen Großirrenanstalt in Triest spannten in den Siebziger Jahren riesige Transparente über die Straße mit der Aufforderung an Passanten: „Bitte kommen Sie vorbei und holen Sie sich einen Elektroschock.“

Man kann aber auch nicht sagen, solche Behandlungen wirkten in keiner Weise befreiend. Für bewusst oder unbewusst an Sadismus leidende Psychiater und vergleichbar erkranktes Hilfspersonal ist die Heilung entspannend genug.

Wer glaubt, der Elektroschock hätte nun wenigstens im Jahr 2021 endlich seinen Beruf an den Nagel gehängt, irrt! Ist der Patient uneinsichtig genug, ihn zu verweigern, wird ihm gerne ein Betreuer bestellt, der einsichtig genug ist, die Genehmigung zu erteilen. Es wäre aber auch zu schade, ließe man eine so lukrative Einnahmequelle verkommen, die sich so angenehm in der Abteilung „Heilung“ unterbringen lässt. Die Krankenkassen übernehmen seit 2018 die Kosten pro Elektroschock ab 297 Euro aufwärts. Im Dutzend wird es durch ein geschicktes Anreizsystem billiger. Wir versichern, nun wirklich keinen Elektroschock mehr zu benötigen, wir sind auch so ausreichend geschockt.

Dennoch stellen wir nicht in Abrede, dass Elektroschocks im weitesten Sinne mit Geisteskrankheiten zu tun haben. Wer Erkrankungen der Seele und des Geistes mit Elektroschocks und vergleichbaren Mitteln zu Leibe rückt, ist in der Tat hochgradig und vermutlich auch noch unheilbar geisteskrank!



Zwangssterilisation und Euthanasie

Vorbeugung ist die beste Heilung! Je nach Zeitgeist hatten jeweils für geisteskrank gehaltene Bevölkerungsgruppen ziemlich ungünstige Aussichten auf Nachwuchs. Sie wurden zwangssterilisiert!

In den Dreißiger Jahren wurde die diagnostische Kriegsführung gegen die damals gerade für ver-rückt gehaltenen Personen deutlich verbessert. Mit Hilfe nationalsozialistischer Sterilisierungsgesetze wurden zahlreiche Irre zuverlässig erfasst und unfruchtbar gemacht. Nicht länger sollten erbliche Psychosen, depressive Irre und schizophrene Ver-rückte die Volksgesundheit beleidigen!

Das waren noch Zeiten, in denen man sich weniger damit beschäftigte, individuelle Krankheiten zu heilen, sondern gleich den ganzen Volkskörper gesunden ließ. Massensterilisierungen gelten als Erbsünde der deutschen Psychiatrie! Kinder von Müttern, die so unklug waren, einer Zwangssterilisation auszuweichen, hatten bald Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Kaum auf der Welt, wurden sie unaufgefordert von einem Euthanasie-Programm gebührenfrei umgebracht.



Veränderung des Persönlichkeitskerns

Die unglückliche kulturelle und religiöse Vergangenheit, insbesondere der Sexualität, führte auch zu Eltern, zu Müttern und Vätern, die im Erbgut ihrer Kinder den jeweils gegengeschlechtlichen Teil in unbewusstem Hass am liebsten „ausradieren“ möchten. Wir kamen oben im Kapitel „Körperliches Irresein“ schon darauf zu sprechen! Dies keineswegs bevorzugt durch rohe Gewalt, sondern durch die nicht minder effektive sanfte Macht des Verdrehens, Vertauschens, Wegspiegelns oder Hinzulügens von positiven bzw. negativen Eigenschaften.

Unsere Gesellschaft kennt eine Berufsgruppe, die in wahnkranken Menschen ebenfalls gerne herumradiert. Psychiater brüsten sich damit, den sogenannten Persönlichkeitskern auszulöschen und „Patienten medikamentös in die Kindheit zurückzubomben, um auf leere Menschenblätter zu schreiben wie auf unbeschriebene Seiten“! Allmachtsphantasien, durch die eine brandneue Schöpfungsgeschichte schimmert: Der neue Mensch, nicht aus Lehm, sondern in Körper, Geist und Seele aus Neuroleptika geformt. Gerät die Psychiatrie unter Beschuss, wird aus der beabsichtigten Persönlichkeitsveränderung allerdings flugs eine unerwünschte Nebenwirkung!

Wie haben wir uns veränderte Persönlichkeitskerne vorzustellen? Werden die Geheilten gläubige Psychiatrie-Anhänger? Uns wundert weniger psychiatrischer Größenwahn als die Geschwindigkeit, mit der der Wandel vonstattengehen soll. Was über die Generationen Jahrtausende geschaffen haben, was ein ganzes Leben an Prägung durch die Umwelt bereithielt, soll mit einigen neuroleptischen Federstrichen in etwas verwandelt werden, was die Psychiatrie für normal hält?

Vielleicht hätte die Psychiatrie im Nebenfach Physik belegen sollen. Kerne lassen sich eher spalten als verändern! Die Spaltung von Atomkernen hat nicht gerade zum Fortschritt der Menschheit beigetragen. Zum Seelentrost für erfolglose Psychiater: Die Zerstörung von Menschen ist, strenggenommen, auch eine Persönlichkeitsveränderung!

Vergebung können wir nicht empfehlen, denn Psychiater wissen was sie tun! Krankhafter Ehrgeiz, wissenschaftliche Besessenheit, gewissenlose Erfolgssucht verleiten zu solchen Behandlungen, die sich durch ein extremes Maß an Erfolglosigkeit, Dummheit, Grausamkeit und Sadismus auszeichnen.



Heilung sexueller Außenseiter

In „Autobiographie eines Entkommenen“ berichtet ein Homosexueller über seine Elektroschock-Heilbehandlung: „...dann kamen zwei Pfleger und steckten mir ein Stück Gummi in den Mund und Kopfhörer über die Ohren. Der „Arzt“ kam und schaltete den elektrischen Strom ein. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie weh das tut. Dann sagte der Arzt: „Zieh dich aus!“ Und dann sah ich, wie sie die beiden Kabel an meine Geschlechtsteile legten und den Strom einschalteten. Diese entsetzlichen Folterungen gingen noch mehrere Vormittage weiter. Vor Angst musste ich jedes Mal hinausgehen und mich übergeben. Jedes Mal wenn der Arzt kam, fiel ich vor ihm auf die Knie und bat ihn, mich zu verschonen. Aber es machte ihm nichts aus. Als es vorbei war, konnte ich vor Schmerzen nicht mehr gehen und ich dachte, sie würden nie damit aufhören. Im Grunde begreife ich nicht, warum sie einen so quälen. Auch wenn ein Mensch krank ist, verdient er ein wenig Achtung. Ihr wisst nicht, wie weh es tut und dass es einen Menschen für das ganze Leben ruinieren kann. Wenn ich nur davon reden höre, werde ich weiß im Gesicht und es geht mir schlecht. Ich kann es heute noch nicht vergessen. Das ist ein Hass, der mir geblieben ist.“

Wir beantworten wenigstens die Frage des Behandlungsopfers, „warum sie einen so quälen“: sadistische Befriedigung, latente Homosexualität, unbewusste Aufarbeitung eigener sexueller Perversionen, therapeutische Vergewaltigung der Behandlungsopfer, ungestrafte Manipulation fremder Geschlechtsteile, Befriedigung unbewusster Kastrationswünsche und anderes mehr.

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Die Heilung durch Elektroschock-Konditionierung hat sich (zumindest auf Seiten der Straftäter) bewährt: Schwule, Lesben, Onanisten wurden durch Elektroschocks an delikaten Körperstellen lustvoll gekreuzigt. Das Verfahren war umfassend einsetzbar, an Brustwarzen wie an Geschlechtsteilen. Natürlich umfasste das ganze Sammelsurium der Heilbehandlungen weit mehr: Fieberspritzen, Fesselung und Züchtigung, Schlagen von Patientinnen-Brüsten, massives Beschießen der Geschlechtsteile mit Wasser, Kaltwassereinspritzungen in die Scheide,
Klistiere, Durchtrennung weiblicher Klitorisnerven usw.

Natürlich konnte die Wissenschaft nicht immer und ewig auf der Stelle treten, auch wenn sie das hier zur bewussten oder unbewussten Befriedigung sadistischer Gelüste gern getan hätte. Schließlich gab es vereinzelt Kollegen, die an Kastrationssucht litten und eigene Forschungen vorantrieben. Sie fanden heraus, dass in schweren Fällen weiblicher Onanie aus medizinisch-irrenhausärztlicher Sicht eine Eierstockspaltung oder -entfernung, die Zerstörung der Geschlechtsteile durch Brenn- und Ätzmittel oder eine chirurgische Entfernung der Klitoris geboten war. Männern wurde die Penisnerv-Durchtrennung oder eine Vollkastration empfohlen. Eine angemessene westliche Antwort auf orientalisch-afrikanische Beschneidungs-Riten!

Eiswasser-Darmeinläufe oder Entfernung von Dickdarm-Gewebsstücken lassen neben Sadismus auf anal fixierte Psychiater schließen. Die scharfe Grenze zwischen ernsthafter Behandlungsabsicht und spätpubertärem Doktorspiel verwischt!

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Wo sonst könnten Sadismus und Kastrationswünsche so kreativ, lukrativ, lustvoll und legal ausgelebt werden wie im Irrenhaus? Daraus lernen wir: Niemand ist unnütz, nicht einmal onanierende Ver-rückte oder masturbierende Wahnsinnige. Sie können immer noch Psychiatern und Nervenärzten als Behandlungsopfer dienen!

Bis der Nachschub wieder besser rollt, wird sich der psychiatrische Behandlungsschwerpunkt auf eine schwerkranke Tiergruppe richten müssen. Uns verwandte Tiere, in jedem Zoo zu beobachtende Schimpansen, onanieren derart vulgär in der Öffentlichkeit, dass sie zweifellos darunter leiden und heilender Behandlungen bedürfen.

So beweist die Psychiatrie, dass alles und jedes in letzter Konsequenz auf den Sexualtrieb, dessen Sublimierung oder Pervertierung, zurückzuführen ist. Leider werden erkrankte Psychiater, trotz der von ihnen verabreichten Behandlungsvielfalt, dadurch nicht dauerhaft von sexuellen Defiziten geheilt und bedürfen kontinuierlicher Neuzugänge.

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Homosexuelle ereilte 1973 eine globale Spontan-Heilung. Professor Spitzer von der Columbia-University postulierte, Homosexualität sei keine Geisteskrankheit. Der Psychiatrie brach eine wichtige Operationsbasis weg. Schwule und Lesben galten von einem Tag auf den andern als mental gesund und traten nicht mehr zur Zwangsheilung an, die bis Anfang der Sechziger Jahre Realität und, zumindest auf Seiten der Behandelnden, recht abwechslungsreich war. Wer glaubt, die Folter war in der Bundesrepublik Deutschland in der Nachkriegszeit abgeschafft, irrt! Die begangenen Behandlungs-Verbrechen wurden übrigens zu keiner Zeit bestraft - das hätte auch verwundert!

Homosexualität als Geisteskrankheit stand dann im Frühjahr 2001 eine Renaissance ins Haus. Professor Spitzer hielt Schwule und Lesben plötzlich wieder für heilbar. Hoch motivierte Homosexuelle sollten in der Lage sein, heterosexuell zu werden. Ein Aufschrei des Entsetzens erschütterte die Schwulenverbände. Zu Recht! Auf die vorgeschlagenen Heilungsmethoden durften sie gespannt sein!



Kreativität

Die vorstehende Auflistung gängiger Heilmethoden erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Kreativität, mit der Psychiater ihren geisteskranken Rohstoff behandeln, legt den Schluss nahe, dass wir es weniger mit Ärzten als mit Künstlern zu tun haben. Für Vorschläge neuer, intelligenter und phantasievoller Behandlungsvarianten ist die Psychiatrie stets dankbar.

Geistige Dunkelheit ist es, die von Wahnkranken Besitz ergreift. Man spricht nicht ohne Grund von „geistiger Umnachtung“. Wie soll es denn für psychisch kranke Menschen je wieder Tag werden, wenn so mit ihnen umgegangen wird durch Psychiater, die ihrer eigenen geistigen Dunkelheit wohl nie entkommen werden?



                 Fröhliche Psychiatrie

Der Psychiatrie wird immer wieder vorgeworfen, sie sei humorlos. Nachfolgend wird versucht, dieses unberechtigte Vorurteil zu widerlegen. Dabei wird erneut auf Zitate aus dem Buch von Peter Lehmann, „Der chemische Knebel“, zurückgegriffen.

Die zu Heilzwecken produzierten Leiden und Körperverletzungen nehmen mitunter auffällige Ausdrucksformen an. Psychiater gehen daran nicht achtlos vorüber, sondern versuchen dem Leiden Sinn zu geben. Dabei vergessen sie nicht, dass Humor der Sonnenschein der Seele ist!

Verspannen sich nach Behandlungen mit schweren Neuroleptika die Körper der Opfer bogenförmig, wird das gefühlvoll „Himmelsbogen“ genannt. Ruinieren sich nach Neuroleptika-Behandlungen die Patienten-Kiefer mit schmatzenden, unaufhörlich gegeneinander arbeitenden Mahlbewegungen, ist das ein lustiges „Häschen-Syndrom“. Kommt es hingegen zu Zwangsbewegungen der Gehwerkzeuge, wurde der Psychiatrie-Gefangene um das „Gefühl der lustigen Beine“ bereichert.

Bei Parkinson-Patienten bedarf Neuroleptika-Einsatz der Feinabstimmung. Hierzu lässt man nicht stillos irgendeinen Zeitungstext abschreiben, sondern etwas Fröhliches wie „Der Mai ist gekommen“ oder „Üb immer Treu und Redlichkeit“. Findet der Patient das schon ein bisschen lustig, wird dies durch Herabsetzung der Tagesdosis gedankt.

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Ja, unsere Psychiatrie, immer fröhlich, gut gelaunt, einen Scherz auf den Lippen, ganz der Tradition verpflichtet. Spielte nicht in Auschwitz eine heitere Stimmung verbreitende Lagerkapelle auf? Die Geschichte der fröhlichen Psychiatrie beginnt aber weit früher, wie ja selten etwas aus sich selbst heraus entsteht, ohne auf vorbereitende Entwicklungen zurückgreifen zu können. Wie beschwingt waren altertümliche Heilungsmaschinen konstruiert, von Drehsitzen bis zu Schleudermaschinen; fast so schön wie Achterbahnfahren!

Fröhlich geht es auch bei psychiatrischen Patienten-Kaffeekränzchen zu. In entspannter Atmosphäre, wenn Psychiater und Personal so tun als wären sie gutgelaunt, können weniger misstrauischen Patienten die Pillen fast nebenbei eingeworfen werden. Dies ist nicht so unpersönlich wie morgendliches Anstehen vor dem Stationszimmer, bei dem die Einnahme der passenden Suizid-Dosis griesgrämig überwacht werden muss.

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Studentendasein ist oft grau und vermitteltes Wissen farblos. Hierzu Heiteres aus dem Psychiatrie-Zirkus: Innovative Professoren brachten fidele Anschaulichkeit in Hörsäle und begannen in psychiatrischen Vorlesungen Wahnkranke auszustellen, was hohen Unterhaltungswert genießt. Hierzu wird ein verschreckter, überredeter oder sonst wie vorgeführter Irrer in das akademische Zirkuszelt geführt. Seine Wahnvorstellungen wurden sorgsam konserviert, damit sie nicht zur Unzeit, etwa bei der Aufführung, verblassen.

„Wahnsinn“, oder was man dafürhält, wird durch kunstgerechtes Fragen scheinheilig herausgelockt. Dabei wird nicht vergessen, mit einem Auge Beifall heischenden Kontakt zum Publikum zu halten, um zu signalisieren, wann sich der Höhepunkt der Vorstellung nähert. Das ist der Fall, wenn der arglose Kranke über Wahnvorstellungen berichtet, oder, welch Glücksfall, diese auf anwesende Personen oder Gegenstände überträgt.

Wer als Nachschlag noch Kostproben einer verworrenen, schizophrenen Sprache serviert bekommt, erlebt eine psychiatrische Sternstunde. Dies ist die Sprache einer im Unbewussten versinkenden Persönlichkeit, die versucht, für ihr Erleben Worte zu formen. Je mehr sich der Irre äußert, umso belustigterere Ablehnung erfährt er durch die Zuhörer. Der Persönlichkeitsverfall beschleunigt sich!

Wirklich verständige Seelenärzte, die um die Macht des inneren Universums wissen, würden Wahnkranken niemals ein solch entwürdigendes Schauspiel auf offener Bühne zumuten.



                 Schizophrenesisch

Nicht nur Wahnkranke bereichern die Sprache, auch psychiatrische Sprachschöpfungen können sich durchaus sehen lassen:

manischer Stupor, psychoreaktive Charakterneurose, Psychopathologie der Oligophrenien, sekundäre Verrücktheit, akuter katatonischer Auftritt, hypochondrische Hebephrenie, schizoaffektive Mischpsychose, neurasthenisches Syndrom, Psychohygiene des Epileptikers, larvierte Depression usw.

Wir gehen systematisch vor, schlagen im Sachverzeichnis eines epochalen Lehrbuchs nach und beginnen bei „A“: Abänderungsstereotypie, artefizieller Abort, Acedicon, Acidum diaethylbarbituricum, ADIE-Syndrom, adrenocorticotropes Hormon, Agardiffusions-Test, Agranulocytosen, Ahornsirup-Krankheit, Akrocephalus, amaurotische Idiotie, amnestisches Psychosyndrom, Amniocentese, Anencephalie, paralytische Anfälle, Antihistaminica und so weiter und so weiter, tausendfünfhundert wertvolle Begriffe lang. Alles kapiert? Wer immer noch nicht gesundet, wird sich in das siebenhundertseitige, eng beschriebene Lehrbuch weiter vertiefen müssen.

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So sehr sich die Psychiatrie um Katalogisierung auch bemüht, Wahnerleben wird aus einem endlosen, inneren Universum gespeist. Eine lückenlose Registrierung gelänge nicht einmal auf einer in Giga- oder Terabyte speichernden Festplatte. Die filigran aufgefächerten Sprachbeiträge der Psychiatrie sind aber nicht sinnlos, sieht man von deren fehlender Bedeutung für Diagnose und Therapie einmal ab. Gerade die Vielfalt der beschriebenen Erkrankungen verschleiert den pseudoreligiösen Inhalt der psychiatrischen Sprache, mit der Wahnkranke wie Gesunde mühelos zu unterwerfen sind.

Kommt der eine mit seiner „abnormen Persönlichkeit“ noch halbwegs gut weg, muss sich ein zweiter schon die Einstufung „chronisch paranoid-halluzinatorische Schizophrenie“ gefallen lassen. Andere wieder haben das Vergnügen einer aktenkundig gemachten „paranoiden fanatischen Persönlichkeit“, eines „paranoischen Querulantenwahns“, einer „psychopathischen Charakterstruktur“ usw. Irgendein Wortmonster, das sich erfolgreich um die Prämierung als Unwort des Jahres bewerben kann, lässt sich jedem Wahnkranken anhängen!

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Nicht immer ist die Psychiatrie mit ihren Sprachschöpfungen zufrieden. Weil „Elektroschock“ gar so garstig klingt, wurde er zunächst verniedlichend auf „Elektrokrampfbehandlung“ umgetauft und mutierte gar zur „Reizstrom-Therapie“. Das erinnert an eine unverdächtige orthopädische Behandlung zur besseren Kniedurchblutung. Konsequent weitergedacht würde eine Enthauptung als „reizvolle Körperverkürzung“ unter die Leute gebracht.

Das Einzige, was zuverlässig diagnostizierbar ist, sind Orientierungs-, Denk-, Vorstellungs- und Verhaltensstörungen unterschiedlicher Dauer und Heftigkeit. „I have been a child psychiatrist for nearly five decades and have seen diagnostic fads come and go (Ich war nahezu fünf Jahrzehnte lang Kinderpsychiater und habe diagnostische Modeerscheinungen kommen und gehen sehen), Stuart L. Kaplan, 2011.“ Ob die psychiatrische Filigran-Diagnose zutrifft oder nicht, spielt jedoch ohnehin keine Rolle, da sie notfalls durch das Obergutachten eines Ferngutachters bestätigt wird. Die kühnen Sprachschöpfungen könnten freilich nahelegen, Psychose und Schizophrenie existierten erst seit Erfindung der Psychiatrie.

Irrtümer bei der Diagnose belasten freilich den Heilungsprozess kaum. So vielfältig die Diagnosen, so einfältig die „Heilung“ durch gleichartige Behandlungen: etwa viel Bettwärme (die Irren sind dann immer so schön aufgeräumt), Chemie und Elektroschock - wenig Frischluft, Alltagskontakt und gesunde Ernährung!

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Nichts spricht dagegen, dem Bedürfnis nach Entwicklung einer Fach- oder Kunstsprache dort nachzugeben, wo die Alltagssprache komplexe Sachverhalte nicht mehr exakt beschreiben kann. Ein entsprechendes psychiatrisches Bedürfnis darf bezweifelt werden, bedenkt man, wie klar und verständlich sich berühmte Seelenärzte auszudrücken wussten.

Wer im Umgang mit Menschen über Fachlatein seine Alltagssprache vergisst, ist seinen geistigen Spezialkenntnissen nicht gewachsen und unterhalb der Tierwelt angelangt, die sich über eine überraschend reiche Lautvielfalt verständigt.



             Wie erkennt man Ver-rückte

Alle Menschen sind dann und wann wahnsinnig. Schlimm wird es nur, wenn es immer mehr zur selben Zeit sind! Unglücklicherweise sehen wir leider ständig wachsende Vorboten des Irrsinns auf dem Meer der Ver-rücktheiten auf uns zukommen.



Baugleichheit

Schon lange vor unserer Zeit gab es Ver-rückte: Mythen und Sagen erzählen von Drachenkämpfern, Unholden, Nymphen und Sirenen; es folgten Kreuzzüge, Ablasszettel, Inquisition und Hexenverbrennung; die jüngere Vergangenheit bescherte Kolonisation, Patriotismus, Duelle, Rassenwahn und vieles mehr.

Unglücklicherweise ist es mit Ver-rückten wie mit Straftätern! Ein Bruchteil wird eingefangen, viele laufen unerkannt herum, tummeln sich bis in höchste Staatsämter. Das ist besonders unbefriedigend, wenn mehr Irrenhaus-Betten als Ver-rückte zur Verfügung stehen. Dann werden Testmethoden verbessert, der Hang zum Denunziantentum gefördert, Zubringerdienste angespornt, die gutachterliche Tätigkeit gestrafft. Schon macht die Auslastung der Bettenkapazität dem Krankenhausträger wieder Freude!

Fürsorglich ermunterte Ende 2001 ein Aktionskreis aus Psychiatern und Hausärzten die Bürger, über Auffälligkeiten ihrer Mitmenschen Rat einzuholen. Vorsorglich wurden 30.000 abrufbare Formulare zum Eintragen von Beobachtungen bereitgestellt. Wir haben erhebliche Zweifel, dass damit alle Geisteskranken dingfest gemacht werden konnten.

Großzügige finanzielle Ausstattung und die Bereitstellung ausreichender diagnostischer Kapazitäten vorausgesetzt, käme man rasch auf die gesamte Bevölkerung und ersparte den Bau weiterer Psychiatriegefängnisse. Wir wären ein einzigartiges Irrenhaus: Alkohol-, Nikotin-, Spielsüchtige; Medikamenten-, Drogen-, Konsumsüchtige; Mager-, Fett-, Geschwindigkeitssüchtige; Macht-, Gewalt-, Kriegssüchtige; Sportwahnsinnige, Forschungsirre, Wissenschafts-Ver-rückte; an Katastrophenängsten, Aberglauben, Zwangsvorstellungen Leidende; sozialverträglich früh an Arbeitssucht Sterbende und weitere Personen, die auf irgendeine Weise normal sind.

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Die Baugleichheit alltäglicher Ver-rücktheiten mit Verhalten, das in Psychiatrie-Gefängnisse wirft, ist augenfällig. Am Vergleich des Wechsels von Aggregatszuständen wird dies deutlich: Friert Wasser zu Eis, sieht man ihm seine Herkunft nicht mehr an. Trotzdem besteht ein Eisberg aus nichts anderem als Wasser! Der Psychose merkt man nicht an, dass sie aus gebündelten Ver-rücktheiten, Verwirrungen, Vertauschungen und Verdrehungen besteht, kurz aus dem Stoff, der uns alle unbewusst fest im Griff hat. Boten künden davon, wenn sie uns mit entlarvenden „Freudschen Versprechern, Verhörern oder Verschreibern“ enttarnen.



Traum und Unbewusstes

Träume kommen von Gott

Bewusstwerdung der Menschheit, Entstehung von Bewusstsein, setzte die Abspaltung der bewussten von der unbewussten Seelenwelt voraus. Seither teilen wir uns in zwei Welten. Nacht für Nacht kehren wir in eine Welt andersartiger Realität und eigener Logik zurück. Mächtig streckt sie ihre Arme bis ins Bewusstsein des Tages aus, meldet sich in Traum, Halluzination und Wahnvorstellung eindrucksvoll zu Wort und führt uns ins fernste Land, das es gibt! Ein Land in dem niemand lügen kann. Träume sind aus dieser Sicht wahr, absolut wahr, auch wenn man das oft so gar nicht glauben mag! Das Gleichnis von der Vertreibung aus dem Paradies des Unbewussten klagt allegorisch an, dass sich diese Welten nicht Gegensatz, sondern Feind wurden!

Wer Träume nur als wirr und unsinnig erlebt oder beurteilt, sollte bedenken: Eine uns unbekannte Sprache würden wir nicht minder wirr und unsinnig einschätzen, gingen wir nur nach dem Klang ohne zu bedenken, dass die Worte Sinn transportieren. Und nicht anders sollten wir mit unseren Träumen umgehen, in einer Sprache geschrieben, die wir nicht, nicht mehr oder nur sehr bedingt verstehen!

Trauminhalte und Wahnerleben sind Blutsverwandte! Manchmal sind Träume so intensiv, dass wir uns erwachend noch in dieser fremden Welt glauben und Tagesrealität erst nach einiger Zeit wieder vertraut wird. In Träumen erleiden wir ziemlich realistische Qualen, müssen kämpfen oder uns verteidigen. Wir verrichten unsere Notdurft an unmöglichen Orten, sagen obszöne Worte, die wir am Tage nicht in den Mund nehmen würden, kurz, wir erleben und tun viele ganz absonderliche Dinge.

Wahnkranke gibt die Welt der Träume auch nach dem Erwachen nicht mehr frei, zumindest nicht vollständig! Sie handeln fremd und unverständlich, einer anderen Ordnung gehorchend, die für sie nicht weniger existent ist als vertraute Realität. Ihnen ergeht es wie Fieberkranken oder Sterbenden, die die Kraft einer fremden Wirklichkeit spüren, oder wie Menschen, die im ewigen Eis oder in großer Höhe unterwegs sind und in Grenzsituationen seltsames Erleben halluzinieren.

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In Träumen geht es chaotisch, ja ver-rückt zu! Kein Wunder, dass sie wenig Achtung erfahren, vom kurzen Ausflug der Psychoanalyse einmal abgesehen. Wenige Jahrzehnte nach Freud ist ihre Bedeutung häufig auf die Aufarbeitung von Tagesereignissen reduziert. Für die Wissenschaft sind sie mitunter gerade einmal das Stoffwechselprodukt einer schlechten Verdauung. Vergessen wird, dass Träume auch körpereigene und körperfremde Störungen schlafschützend ins Traumerleben einarbeiten, was sie noch verworrener macht.

Solcher Hochmut beschränkt sich auf den modernen Menschen! Alte Kulturen wussten um die Macht der Seele, die sich in Träumen offenbart. Das Alte Testament mahnt, Träume kämen von Gott! Kaum ein Eingeborenenstamm, dem sie nicht heilig wären. Zwangschristianisierungen wurden auch deshalb notwendig, da Träume die Eingeborenen vor der Destruktivität des Christentums warnten.

Mehr Respekt wäre angezeigt! Nur ein winziger Firnis von Bewusstsein umschließt diese mächtige, unbewusste Welt, aus der die Träume stammen, vergleichbar dem dünnen Sauerstoffmantel, der die Erde umgibt oder ähnlich einer Haut, die Wasser vor Verdunstung bewahrt.

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Angstträume sind Hausaufgaben, die der Schlaf zur Heilung zerstörter Seelen aufgibt, aber wer lernt schon seine Lektionen? Traumtiere und -pflanzen sind manchem zum Todfeind geworden und töten im Unbewussten. Mancher Träumer muss im Traum um sein nacktes Leben kämpfen!

Feindlich gesinnte Traumtiere und -pflanzen sind vermutlich mitursächlich für seelisch begründbare Allergien! Harmloser Samenflug von Wiesenblumen schickt Menschen in schiere Atemnot oder gar in den Tod! Manche Bakterien und Viren wurden vielleicht lebensbedrohlich, weil unsere unbewusste Welt mit ihnen kooperiert, anstatt seelische Abwehrstoffe zu bilden. Systematische Traumforschung führte wahrscheinlich zur Linderung jener Krankheiten, deren psychosomatische Qualität unstreitig ist.

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Diese innere Welt, zu der wir über Träume Zugang haben, beherbergt den gesamten Erfahrungsschatz der Menschheit und birgt mehr Wissen als alle Bibliotheken der Erde zusammen - eine Welt die jedem zugänglich ist und niemanden ausschließt. Es bedarf lebensbegleitender Beschäftigung mit Träumen, insbesondere in Zeiten existentieller Krisen. Dass die Sprache dieser Welt kaum jemand mehr versteht, ist nicht ihr anzulasten, sondern jenen, die glauben, sich nicht länger mit ihrer inneren Welt auseinandersetzen zu müssen.

Stattdessen trocknen Bildschirm-Superstars unsere Märchen, Mythen und Sagen aus. Mit achtlos weggeworfenen Träumen gehen letzte seelische Wasserstellen verloren. Der moderne Mensch glaubt allen Ernstes, er könnte im Zeitraffertempo einer einzigen Generation solche Schätze über Bord werfen und seine Seele mit pseudo-erzieherischen Micky-Maus-Gags laben, die ihm zwischen Werbespots in den Mund geschoben werden.

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Mitunter kann man folgenden Grabspruch entdecken:

„Ich bin nicht tot,
ich wechsle nur die Räume
und wenn du schläfst,
geh‘ ich durch deine Träume!“

Mithin ein weiterer Grund, Träume hoch zu achten! Vielleicht werden wir nach dem Tod wirklich zu Gedanken der Lebenden, wer weiß das denn schon sicher zu sagen? Extrem spekulativ, zugegeben, aber möglicherweise findet nach dem Tod eine Art Seitentausch statt, dergestalt, dass unsere neue „Realität“ das ist, was wir heute nur „träumen“ (können). Eine Wirklichkeit, die wir einst vielleicht genauso existent empfinden könnten wie jene, in der wir jetzt leben? Und eine die viel mächtiger ist, als wir uns das so vorstellen? Gedanken, warum sollten sie nicht mächtig sein? Man denke zum Vergleich an die Kraft gespaltener Atomkerne in der materiellen Welt! Wie dumm also, diese Welt nicht ernst zu nehmen…



Geöffnete Körper – versiegelte Seelen

Verdrängung versiegelt kranke Seelen! Statt sie geistig freizulegen, werden gesunde Körper aufgeschnitten, um sie auf der Suche nach Stoffwechselstörungen und dergleichen verbissen zu sezieren! Glitzerndem Seelenbetrug steht das hässliche Gegenstück geöffneter Leiber und durchleuchteter Organe gegenüber! Kaum ein Gegenstand, der nicht mikroskopisch und chemisch in letzte Einzelteile zerlegt würde. Bis ins Detail analysierte Stoffe begünstigen betrügerische Manipulationen in nie gekannter Weise. Wie abstoßend und schal alles geworden ist! Lohnend wären analytische Seelenöffnungen, denn letztlich gründen vielleicht alle Krankheiten in, beruht jede gestörte Beziehung zur Umwelt auf falschem Denken.

Die gnadenlose Entdeckungsjagd nach letzten Geheimnissen der belebten und unbelebten Natur verstößt grotesk gegen die biblische Mahnung, nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Jedes neue Wissen zwingt zur Entscheidung: brauchbar oder unbrauchbar, nützlich oder unnütz, stellt die Frage nach Gut und Böse, öffnet neuem Irrtum Tür und Tor!

Wer sind wir, woher kommen wir, wohin gehen wir? Diese bildhaft gestellte Frage des französischen Malers Gauguin wird selbst hartnäckiges Zertrümmern intakter Körper nicht beantworten. Natur und Schöpfung werden auch von Wissenschaftlern und Psychiatern nicht übertroffen! Heilung verspricht der Versuch, die Seele einfacher, unverletzter Dinge des Alltags wieder zu erkennen. Macht außer Rand und Band geratener Wissensdurst krank, führt vielleicht weniger Erleuchtung zu mehr Gesundheit. Wird diese Empfehlung nicht berücksichtigt, ist zumindest die dritte Frage des Malers „wohin gehen wir“ bald beantwortet!



Archetypen

Menschliche Grunderlebnisse sind uns Archetyp (Urbild) geworden und tausendfache Wiederholung reicherte diese urtümlichen Bilder mit großer Kraft an. Die innerseelische Machtverteilung stellt bis in letzte archaische Urtiefen ein getreues entwicklungsgeschichtliches Abbild hiervon dar. Mühelos erschreckt die mächtige Seele Träumer mit friedlichen Insekten, ungefährlichen Spinnen und harmlosen Schlangen, weil sie uns irgendwann auf dem Weg durch die Jahrmillionen zu Tode bedrohten.

Was mögen Traumbilder energiegeladener Schlangen von einer Religion halten, die in ihrem Schöpfungsbericht behauptet, Gott habe Feindschaft gesetzt zwischen der Schlange und dem Menschen? Welch einzigartigem Gleichnis begegnen wir doch im Uroboros, der kreisförmigen, sich in den Schwanz beißenden Schlange, den ewigen Kreislauf des Lebens symbolisierend!

Man kann sich solcher Seelenenergie noch schwachsinniger nähern als die Religion. Hochwissenschaftlich vermisst die Psychiatrie nicht nur Kopfformen, sondern mittels eines Elektroenzephalogramms (EEG) darin gespeicherte Energie. Wehe, es zeichnet für krank gehaltene Ausschläge nach oben oder unten, die Börsenkursen zu Boom- und Crashzeiten ähneln: Ein neuer Irrer wird dingfest gemacht! Mag die gespeicherte Seelenenergie für ihre atypische Zusammensetzung auch noch so triftige Gründe haben, Energie und Kopf des Ausreißers werden notfalls mit gehirnchirurgischen Maßnahmen und anderen Eingriffen auf Kurs getrimmt.



Krieg beginnt in Köpfen

Nach jedem verlorenen Krieg wird gewarnt, er beginne in den Köpfen! Allerdings beginnt er weniger im Denken als bei verdrängten, destruktiv gewordenen Trieben des Unbewussten, die sich des Verstandes bedienen. Niemand beweist dies besser als die Psychiatrie, die zumindest unbewusst einen Behandlungs- und Vernichtungskrieg gegen Wahnkranke führt.

Solange Psychiater eigene Destruktivität nicht aufarbeiten, werden ihre Behandlungsmethoden das eingangs geschilderte, perverse Gesicht nicht verlieren. Verdrängte, destruktive Triebe legen ihnen grausame Heilpraktiken als logisch, helfend, hochwissenschaftlich nahe, gelangen so zur Befriedigung.



Räumliches Sehen

Einäugiges Sehen mittels zweier seitlich angeordneter Augen, die den Blick zurück erlauben, wird als Hinweis auf die Primitivität eines Tiers gewertet. Zwei Millionen Jahre benötigten die Augen unserer Vorfahren, so weit nach vorne zu wandern, dass sie räumliches Sehen ermöglichten. Dieser Vorteil wird verspielt, wenn man nur nach vorne sieht, nur „fortschrittlich“ ist.

Höhere Tiere, die aufgrund ihres räumlichen Sehvermögens ebenso wie der Mensch nicht mehr in der Lage sind, rückwärtige Sehfelder zu erfassen, achten mit höchster Aufmerksamkeit auf das, was sich hinter ihrem Rücken tut; man denke an die ständig in Bewegung befindlichen Ohren! Der Mensch wäre gut beraten, wieder von Tierahnen zu lernen, sich auch rückwärts zu orientieren.

Die Menschheit blickt nur nach vorne, befindet sich auf dem Weg zu den Sternen, vom Sog verbrennender Wissensquellen erfasst. Projektionen gaukeln mangels Rückschau eine Zukunft vor, die es nicht gibt, während die Brücke zu Tier und Pflanze einstürzt! Moderne Menschen ähneln Kindern, die viel zu früh den mäßigenden Einfluss ihrer Eltern verloren haben. Ungebändigte Phantasie lockt sie zu weit entfernten Zielen, bis hin zum Glanz fremder Gestirne. Die Sterne am Wissenschaftshimmel leuchten so verlockend schön, dass sich ihnen niemand mehr bedächtig nähern mag.

Nachdem Tiere mit seitlich angeordneten Augen nach vorne und hinten sehen können, höhere Tiere nach rückwärts lauschen, lebt nur ein einziges wahrhaft einäugiges Lebewesen auf unserem Planeten. Wir sind zu Einaugen geworden und blicken in die falsche Richtung, nach vorne statt zurück! Der Mensch wird gerade in vermeintlicher Modernität eingeholt von seinen Urahnen, den mythischen Einaugen, vor denen sich schon im Altertum Menschen, die sich auf innere Seelenreisen zu begeben hatten, so sehr fürchteten.



Grenzpsychotisches Erleben, Tabu, Zauberei

In früheren Kulturen versetzten sich ausgewählte Mitglieder in grenzpsychotische Zustände, um von Erfahrungen im Unbewussten zu berichten. Dies geschah, in gesellschaftlichem Konsens, durch Fasten oder Einnahme von Drogen. Ein Weg, unbewusste, kollektive Wahninhalte zu erfassen und deren Bearbeitung zu ermöglichen!

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Dian Fossey berichtet in „Gorillas im Nebel“ über ihr Leben im afrikanischen Regenwald zur Rettung der Berggorillas. Anfangs verlor sie einige ihrer besten Mitarbeiter, da sie nicht glauben wollte, dass diese von einem Medizinmann „verzaubert“ worden waren. Sie weigerte sich, käuflichen Gegenzauber anderer Medizinmänner zu bezahlen. Die Männer zogen ihre besten Kleider an, betteten sich zum Sterben und waren Tage später tot. Fortan bezahlte Fossey den Gegenzauber; den Verdacht übelster Geschäftemacherei wurde sie nie los!

Es sind Fälle bekannt, in denen Eingeborene unwissentlich ein von Geburt an auferlegtes Tabu brachen und innerhalb von Minuten starben, nachdem sie erfuhren, dass sie beispielsweise eine für sie verbotene Frucht gegessen hatten. Der Tod trat nicht zum Zeitpunkt ein, an dem die Frucht verspeist wurde, sondern der Todeskampf begann, als die betreffenden Stammesmitglieder erfuhren, dass sie ihr Tabu gebrochen hatten.

Nachgewiesen wurde, dass die betreffenden Eingeborenen an massiven Stoffwechsel-Veränderungen im Gehirn zugrunde gingen, nicht selten innerhalb kürzester Zeit. Das mag absurd erscheinen, aber führen nicht auch winzige Bazillen gefürchteter Krankheiten zum Tod? Warum sollten negative Energieladungen destruktiver Gedankenströme nicht töten können?

Produzieren geistige Prozesse Stoffwechsel, die zum Tod führen, kann der naive Wunderglaube an die Heilung von Geisteskrankheiten durch „Medikamente“ endgültig aufgegeben werden. Die Psychiatrie verhält sich primitiver als die zitierten Eingeborenenstämme!

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Waren die Betroffenen geistesgestört? Ist ein ganzer Kontinent ver-rückt? Die Phänomene sind erklärbar, die Grundmuster gleich, unabhängig von Rasse und Kultur! Ausbeutende Medizinmänner oder Priesterkasten bauten über Jahrtausende in Gläubigen nicht nur psychotische Ängste auf und negative, töten könnende, in Gedanken gespeicherte Energien, sondern auch den Glauben an rettenden Gegenzauber.

Tabus sind leicht durchschaubar, sichern sie doch der Oberschicht, Häuptling und Medizinmann, weltlichen und religiösen Würdenträgern, höchste Macht! Jedes Stammesmitglied kann getötet werden, bringt man es nur geschickt dazu, sein Tabu zu verletzen, z.B. durch unwissentlichen Verzehr verbotener Früchte oder unerlaubtes Essen vom Teller des Häuptlings. Dieses Grundprinzip beherrschen alle Religionen! Sie erniedrigen Anhänger durch emotionale Tyrannei so erfolgreich, dass Selbsthass übermächtig wird und Schuld lindernde Spenden umso freudiger fließen.



Prominente Wahnkranke

Hermann Hesse landete im Alter von fünfzehn Jahren im Irrenhaus, weil er „mit unnatürlichen und ungesunden Gedanken angefüllt war“. Hätte er diese verdrängt, statt sie zu äußern, wäre ihm das Abenteuer Irrenhaus erspart geblieben. Dort lernte der junge Hesse fürs Leben, dass man stinkenden Gedankenunrat nur in untadeliger Wortverpackung straffrei loswird. Seither reißen sich gebildete Menschen um seine unnatürlichen und ungesunden Gedanken im Steppenwolf, Glasperlenspiel und in anderen Werken. Nicht alle lernen so schnell wie Hesse und müssen daher im Irrenhaus weiterbrummen!

Ernest Hemingway entzog sich 1961 durch Selbstmord den Nachstellungen der Psychiatrie und erschoss sich nach zwei Elektroschock-Serien. Er wollte nicht länger sein Gehirn ruinieren und das Gedächtnis ausradieren lassen: sein ganzes Leben, sein ganzes Kapital! Mit seinem Tod wurden die psychiatrischen Heilungs-Verbrechen durch Elektroschocks erstmals von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Die Psychiatrie begann auf unauffälligere Behandlungsmethoden auszuweichen!

König Ludwig II. von Bayern verbot Ärzten die Anwendung von Elektroschocks bei seinem nervenkranken Bruder Otto und darüber hinaus die Anwendung von Gewalt. Nicht jeder hat einen König zum Bruder, der vor Nervenärzten schützt. Bis heute dürfen bayerische und andere Psychiater mit Ver-rückten machen, was der jeweils modische Behandlungswahn empfiehlt!



Irre sind immer die andern

Ver-rückte und Irre sind immer die andern! Ein trügerischer Glaube! Wer an Irrenhaus denkt, meint Anstaltspsychiatrie und vergisst dabei das kollektive Irrenhaus, an dem emsig gebaut wird. Für traditionell Ver-rückte bleibt kaum Platz! Potentielle Geisteskranke werden neuerdings durch sogenannte Marker der Fortpflanzungsmedizin (quasi gentechnische Judensterne) frühzeitig aussortiert. Bald gibt es keine normalen Geisteskranken mehr, oder besser, fast keine! Der eine oder andere wird sich auch in einigen Jahrzehnten noch länger als einige Minuten natürlichen Sonnenstrahlen aussetzen, was ziemlich ver-rückt sein könnte.

Nach diesen Vorbemerkungen können wir uns mit angesehenen Wahnformen auseinandersetzen: Stimmenhören, Psychose, Schizophrenie usw. Wir bedauern die psychiatrische Zerschlagung des Wahnerlebens in einzelne Krankheiten! Allen Wahnformen liegt ein- und dieselbe innere Welt zugrunde, die unbesiegbar eigenen Gesetzen folgt und das äußere Leben prägt. Geisteskrankheit gleicht mystischem Erleben. Mythos wurde zum Wahnsinn, da einseitige Diesseits-Orientierung von seinem Lebensquell abschnitt!

Die Anmerkungen zum Wahnerleben folgen teils der psychiatrischen Einteilung in seelische und geistige Modekrankheiten. Überschneidungen bei einzelnen Wahnformen sind für das Verständnis unverzichtbar!



                    Stimmenhören

Stimmenhören und Ver-rücktsein gehören so sehr zusammen, dass dieses Phänomen ein eigenes Unterkapitel verdient. Nicht immer war Stimmenhören mit Abschiebehaft im Irrenhaus verbunden!

Die Geschichte ist voll davon! Eine Stimme im brennenden Dornbusch beauftragte Moses, die Israeliten aus Ägypten heimzuführen. Stimmen forderten Jeanne d'Arc auf: „Jeanne, du musst dem König zu Hilfe kommen, um Frankreich zu retten.“ In jüngerer Zeit wurde Stimmenhören so beliebt, dass man deren Empfänger vorsorglich im Irrenhaus versammelt. Als ein kanadischer Psychiater im Fernsehen gar Stimmenhören im Alltag für normal erklärte, konnte sich der Sender vor Anrufern kaum retten, die gleichfalls Stimmen zu hören glaubten. Günstig war es selten, Stimmen zu vernehmen, deren Herkunft nicht eindeutig nachweisbar war. Selbst Jeanne d'Arc starb auf dem Scheiterhaufen, obwohl Orleans befreit wurde. Hören hat Tradition: Be-hör-den fürchten wir bis heute. Unge-hor-sam ist, wer nicht zuhört. Gescholten wird, wer sich unge-hör-ig verhält. Mit Gebeten bittet man um Er-hör-ung, wer zu viel auf andere hört, wird hör-ig.

Innere Stimmen begleiten die Menschheit seit alters her, schützend, mahnend, plagend. Wahnkranke erliegen oft dem Irrtum, halluzinierte Stimmen kämen von außen. Unabhängig davon müssen sie zuhören, sich mit ihnen auseinandersetzen, ob sie wollen oder nicht!

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Wirklich ver-rückt sind nur Stimmen, die weder von innen noch von außen kommen, sondern phantasievoll erfunden werden. Das gelingt Religionen seit Jahrtausenden! Unter Berufung auf die Stimme Gottes wird die Gläubigenschar eingestimmt und beherrscht. Bis in die Beichtstühle hinein wird geflüstert und für Gläubige das Phänomen des Stimmenhörens nachgeahmt. Bis zur Erfindung der heiliggesprochenen Schrift wurde Glaube mündlich überliefert.

Mutter und Kind hören einander, nehmen Herzschläge wahr, erkennen sich an der Stimme und bauen am Fundament der Kommunikation. Das kleine Kind hört auf Eltern, Verwandte, Lehrer und verinnerlicht Ge- und Verbote durch Hören. Kein Wunder, dass sich die Seele mit Stimmen zu Wort meldet! Mit der komplexen Psyche des Menschen werden sie von Generation zu Generation vererbt und im Gedächtnis der Seele aufbewahrt. Die Kräfte des Unbewussten benutzen diese Stimmen für Botschaften an die Tagwelt, mag ihr Inhalt auch noch so fremd und verworren erscheinen. Gute oder böse Stimmen, wer wollte diese Frage beantworten? Diese Phänomene existierten kaum, hätten nicht zu viele blinde Seelenflecken über verdrängtes, destruktives Gewaltpotential etwas mitzuteilen. Vielleicht ruft die ererbte Wut von Generationen?

Obwohl viele Menschen zeitlebens keine inneren Stimmen hören, ist die Fähigkeit hierzu latent vorhanden. Dies beweist schon die ungeheure, ja psychotische Berührungsangst, die Menschen im Umgang mit Wahnkranken erfasst. Ureigenstes Übertragungspotential wird berührt, Ansteckungsgefahr gewittert!

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Die Bibel, heilig oder nicht, hält Stimmen, die Propheten hören, für göttlich. Nicht jeder kann zum Propheten werden, um dem Einschluss im Irrenhaus zu entgehen. Vom Propheten wird erwartet, absolut wahrheitsgemäß über Äußerungen Gottes zu berichten, ohne dessen Botschaften zur Wahrung eigener Interessen zu verfälschen. Angesichts der Unzulänglichkeit menschlicher Natur gelingt dies wohl freilich selten!

Beim Geisteskranken kehrt sich diese Forderung in ihr Gegenteil! Je wahrheitsgemäßer er berichtet, umso sicherer wird er in der Psychiatrie endgelagert. Verdrängte, destruktive, über Generationen vererbte Triebe melden sich zu Wort. Was sie zu sagen haben, wird nicht gerne gehört, sprechen sie doch davon, was man nicht denkt, sagt oder gar tut. Kurz, die Stimmen der Psychose kippen das aus, was Gesellschaft, Kultur und Religion dem höheren Menschen vergeblich einzuhämmern versuchen. Dies führt zu Verdrängungen ins Unbewusste, die sich beim Stimmenhören kraftvoll zu Wort melden. Korrekte Berichterstattung ließe vermutlich leibhaftige Propheten auf der Stelle in Ungnade fallen!

Der Zunge war Nacktheit im Umgang mit Worten niemals gestattet! Gründlicher als heute haben sich Menschen nie und nimmer angelogen als mit „Keep Smiling“ auf Abonnement. Kein Wunder, dass sich hin und wieder die Zunge auszieht und während einer Psychose Unverzeihliches aussprudelt. Die moderne Psychiatrie begnügt sich nicht mehr mit barbarischem Zungenabschneiden, sondern ruiniert zugehörige Körper gleichfalls.

Lassen wir offen, ob die Stimmen, die uns besetzen, von Gott, Geistern oder Ahnen stammen oder ob eine kreative Seele sie nach dem Baukastenprinzip kunstvoll zusammensetzt. Jedenfalls sind sie Repräsentanten unbewältigter, individueller und kollektiver Lebensgestaltung!

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Eine Mutter wirft ihr Kind aus dem Fenster, eine Stimme hat es ihr befohlen. Das ist ver-rückt! Ihr winkt eine lebenslange Freiheitsstrafe im Psychiatriegefängnis, obwohl sie kein weiteres Kind hat und eine Wiederholungsgefahr damit praktisch ausgeschlossen ist.

Eine neunzehnjährige Mutter wirft ihr Baby in einen Bach, da sie Angst hat, im Leben etwas zu versäumen. Sie ist nicht ver-rückt! Gesellschaft, Richterschaft und Psychiatrie können das verstehen, selbst besorgt, zu kurz zu kommen. Die junge Frau kommt mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung davon.

Eine andere Mutter prügelt ihr Kind tot. Das missbilligt das Strafrecht, hält es aber für noch normal. Je nach den Begleitumständen bleibt es bei einer Bewährungsstrafe.

Manchmal kommt angeblich Gott persönlich und befiehlt blutige Straftaten. Wir erinnern an Abraham, der auf Befehl Gottes seinen Sohn töten sollte.

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Niedrige Instinkte machen sich überall in der Gesellschaft breit. Projektionen dieser Seelenlüste kommen uns längst entgegen in Form unzähliger Fernseh- und Filmmorde, ergötzlicher Katastrophen-Berichterstattung, blutdürstigem Schaupublikum bei Unfällen, genüsslichem Studieren von Todesanzeigen usw. Das ist die seelische Heimat, der Stimmen und Befehle entstammen!

Woher mag es kommen, dass Menschen „Stimmen“ bedingungslos gehorchen und Straftaten begehen? Es müssen Personen sein, die von frühester Jugend an lernten, alles und jedes unhinterfragt zu tun, was auch immer befohlen wurde. Ein Übersoll an Pflichterfüllung, das schaudern lässt!

Bei Aburteilung so begangener Straftaten sitzt neben dem versagenden Elternhaus (genauso erzogen) das gesellschaftliche Erziehungskollektiv, das so gute, ergebene Staatsbürger hervorbringt, mit auf der Anklagebank. Vielleicht bemüht sich die Gesellschaft so hartnäckig um die Schuldunfähigkeit wahnkranker Straftäter, weil sie ihre Mitschuld fühlt. Das Endergebnis stimmt sie allemal zufrieden: Der wahnkranke Straftäter wird durch Einschluss im Psychiatriegefängnis härter bestraft als der normale Kriminelle!

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Wie reagieren Betroffene auf das Phänomen des Stimmenhörens? Es handelt sich um Menschen, die sich übertrieben angepasst verhalten. Ureigenste Bedürfnisse konnten nicht gelebt werden, überzogene Anforderungen ließen sie nie sie selbst sein. Die Stimmen ängstigen sie, insbesondere wenn sie zur Begehung strafbarer Handlungen auffordern!

Wahnkranke registrieren durchaus, dass ihr Wahnerleben weit von der Norm abweicht, eben „ver-rückt“ ist. Bei all der Scheu, der Ablehnung, der Ausgrenzung, die dem Umgang mit Stimmenhören anhaftet, ist es schwierig, sich jemandem anzuvertrauen. Viele meiden Kontakt zu anderen, weil sie fürchten, sie könnten diesen oder sich selbst etwas antun.

Unglücklicherweise vertrauen sich deshalb Betroffene der Psychiatrie an, die ununterbrochen im Dienst der geistigen Volksgesundheit tätig ist und deren Kompetenz aufgrund ihrer Heilkunst außer Frage steht. Für sie ist „Stimmenhören“, wie alle anderen Geisteskrankheiten auch, leicht heilbar: Pillenschlucken, Neuroleptika-Spritzen, Elektroschocks, gehirnchirurgische Korrekturen...

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„Moderne“ Heilungsansätze existieren jedoch auch! Ein namhafter US-Psychiater geht Stimmenhören und Geistersehen immer auf den Grund. Behaupten Patienten, in einem bestimmten Raum befänden sich Geister, befiehlt er ihnen, sofort hinzugehen und nachzusehen. Natürlich sind dort entweder keine wahrnehmbaren Geister oder Patient und Psychiater sind geteilter Meinung über deren Anwesenheit.

Dieser Therapeut hat nicht begriffen, zwischen der gegenständlichen Welt und einem seelischen Universum, das sich seinem primitiven Rationalismus entzieht, zu unterscheiden. Für Wahnkranke sind halluzinierte Phänomene so real wie die äußere Welt. Kluge Betroffene sollten behaupten, ihre Stimmen seien auf dem Gipfel des Mount Everest zu hören oder die Hausgeister träfen sich auf der Mondoberfläche am ersten Krater links. Die beschriebene Therapie kann dies nicht nachprüfen und Wahnkranken blieben derartige Behandlungsmethoden erspart!

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Interessante Therapie-Ansätze gab es im Altertum: Priester beeinflussten in ehrfurchtheischender Umgebung, durch Simulierung geflüsterter göttlicher Botschaften, das Seelenleben hilfesuchender Menschen.

Unter Verzicht auf medikamentöses Geisterschlucken oder müßiges „Geh-hin-sieh-nach-Spiel“ ist jedenfalls eine gesprächsweise Bearbeitung zu empfehlen, wenn sich die Geister schon die Mühe machen, in unserer Sprache zu sprechen. So dumm, Menschen, die Stimmen hören, medikamentös zu behandeln, quasi chemisch zu liquidieren, hat sich noch kein Zeitalter diesen Phänomenen genähert. Die sich um solche Erscheinungen rankenden Riten angeblich primitiver Völker muten im Vergleich an wie Lichtblicke in der Polarnacht!

Mehr Respekt in der Begegnung mit uralten Seelenmächten wäre angebracht, vermochten sie doch auch manchem Psychiater und anderen, die sich das vorher nicht hätten träumen lassen, das magere Bewusstseinslicht auszublasen!

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Die Seele hat mit dem Menschen Lesen und Schreiben gelernt und ist zur Kommunikation nicht auf „Stimmenhören“ beschränkt. Heilige Bücher berichten ebenso von „Schriften an der Wand“. Wahnerleben fordert auch heutzutage durchaus wahnkranke Personen zum Lesen und Befolgen phantasierter Schriftzüge auf. Die Größe des Erlebens hilft der Seele freilich nicht, von der Zivilisation einzementierte Tabus aufzubrechen. Phänomene des Stimmenhörens oder Schriftenlesens etc. werden weiterhin für mechanisch, elektrisch oder chemisch zu behandelnde Krankheiten gehalten!



                 Kreuzweg der Psychose

Spiegel der Gesellschaft

„Im Karneval trägt der Mensch eine Maske aus Pappe auf seiner Larve“, so ein französisches Sprichwort. Wer an einer Psychose erkrankt, legt auch die Larve ab und verliert sein soziales Gesicht. Er erhält es in der Regel auch nach dem Abklingen dieser Wahnerkrankung nicht zurück, selbst wenn er seine Larve fortan besonders sorgfältig aufsetzte.

Wie stellen wir uns Psychose vor? Modern betrachtet könnte man auch sagen, etwa wie einen Computer, auf dem plötzlich jemand von außen die Steuerung übernimmt, während der eigentliche Benutzer zum Zuschauer wird und/oder auch zum manipulierten Akteur. Die Angst davor, sich angesichts überwältigender und knebelnder Gedanken im eigenen Kopf nicht mehr zurechtzufinden, ist also durchaus berechtigt. Zumindest auf Zeit werden Betroffene aus den Schienen des Lebens geworfen.

Es gibt Spiegel, in die man gerne schaut („Spieglein, Spieglein an der Wand...“), und es gibt Spiegel, in die sieht keiner, selbst wenn sie direkt vor die Nase gehalten werden. Solch ein Spiegel ist die Psychose. Sie bildet auch die Gesellschaft ab, die das nicht einmal bemerkt! Psychose und Irrenhaus sind für viele etwas hinter dem Berg, wo noch keiner war. Wie unter dem Brennglas spiegelt Psychose die gesellschaftliche, kulturelle und religiöse Misere, das ganze kollektive Wahnverhalten wider. Seit geraumer Zeit wird die Zukunft bestohlen und beispielloser Raubbau an Mensch, Tier und Pflanze betrieben, in sinnloser Ersatzbefriedigung für fehlende Wärme, vermisste Geborgenheit, unbefriedigte Sexualität.

Wer in den Spiegel der Psychose schaut, mag nicht glauben, dass er in das abstoßende Gesicht der Menschheit blickt. Über Generationen unterdrückte Gefühle explodieren, eine unbeherrschbare Springflut an Gedanken überschwemmt das Bewusstsein. Zu viele Generationen bedienten sich bei der nächsten; die Letzten beißen die Hunde, respektive die Psychosen! Dies insbesondere, wenn fehlende Kinder oder zu tretende Untergebene die Weitergabe ererbter, aufgestauter, ohnmächtiger Wut verhindern.

Die Psychose spiegelt insbesondere Wahninhalte jener Religionen und Kulturen wider, die blühende Gemeinwesen in Leichenhallen verwandeln, Leben auf Friedhöfen versprechen, Menschen mit selbstschädigenden Geboten einsperren, natürliche Lebenstriebe deformieren, Liebe und Sexualität, die Menschen heilig sein müssen, mit Schmutz bewerfen.

All das, was an unzumutbarem Triebverzicht, was an ungesunder Triebverdrängung über Generationen geleistet werden musste, quillt hier nicht mehr nur beiläufig als Unrat gesellschaftlicher Perversionen hervor, sondern verselbständigt sich in der Psychose und überwältigt ihre Träger.

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Der scheinbar in der Psychose erlebte Seelentod erscheint nur so! In Wirklichkeit gelangt die Seele nur in Berührung mit bislang unbewussten Kräften, begegnet einer Macht die jede Vorstellungskraft sprengt, macht Bekanntschaft mit entfesselten Kräften einer uralten Welt. Die Seele verfügt über unbeschränkte Vorstellungskraft, nichts ist unmöglich! Eine Ahnung mag vermitteln, was Großträume ins Wachbewusstsein mancher Menschen spülen.

Angesichts übermächtiger Seelenbilder und innerlich tobender Gewalten wird der Alltag unbedeutend und klein: ungezähmte Wildwasser, ertränkende Strudel, ergreifende Springfluten, verschlingende Erdspalten, breitflüssige Muren, zerstörungswütige Erdbeben, sengende Feuersbrünste, verzehrende Glutherde, feuerspeiende Vulkane, vernichtende Wirbelstürme, todbringende Anziehungskräfte, zerstörerische Riesenlawinen, irrgartenartige Gletscherbrüche, wuchernde Pflanzen, archaische Urtiere, furchterregende Einaugen, titanische Riesen, ungebändigte Technik, außer Kontrolle geratene Maschinen, tödliche Starkstromleitungen, gigantische Explosionen, entsetzende Kriegsgräuel, endzeitliche Atomkriege, kilometerhohe Plattformen, ziellose Raumschiffe, übermächtige Verfolger, kämpfende Götter, abstürzende Planeten; all das und noch vieles mehr macht Wahnkranke zum mutwilligen Spielball der Urkräfte.

Wahnhaft verzerrtes Erleben beeinflusst Körperempfindungen! Wahnkranke nehmen ihre Körper verändert wahr, halluzinieren Gerüche, fühlen sich als Riesen oder Zwerge, werden schwerelos oder bleischwer, laufen heiß bis hin zu Gefühlen des Verbrennens, erkalten bis zur völligen Erstarrung, erleben sich rasend motorisch, aber auch völlig kraftlos, glauben an Personen festzukleben, Gegenstände abzustoßen... Sie erfahren völlig andere Dimensionen von Zeit und Raum und bedürfen keiner massenpsychotischen Aufarbeitung solcher Phänomene in Science-Fiction-Darstellungen wie die Normalbevölkerung.

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Es scheint, als stiegen in uns selbst Wahn- und Rachegeister auf, weil wir die Erde berauben, gegen natürliche Kräfte leben und nicht erneuerbare Schätze verschleudern. Wir haben verlernt mit dem Wind zu treiben, auf Flüssen zu gleiten und natürliches Licht oder naturhafte Wärme zu nutzen. Stattdessen wird verbissen gegen organisch gewachsene Kräfte gesteuert, mit Naturschätzen, die unnatürlich erschlossen und verbraucht werden.

Psychosen führen an die Schwelle einer fremden Welt, vielleicht jene, an die auch Sterbende gelangen! Sie warnen als geistiges Fegefeuer vor der Fortsetzung dessen, was gute Menschen in bester Absicht sich selbst und anderen, Mensch, Tier und Pflanze, ja der Erde tagaus tagein antun. Eine lebendige Mahnung, dass nicht alles und jedes straflos verbrochen werden kann und wir uns vor der Rache einer jenseitigen Welt, außerhalb der uns zu Lebzeiten zugänglichen Realität, fürchten sollten.

Die ungeheure Menge an verdrängtem Seelenmaterial entlädt sich in der akuten Psychose, malt unverständliche, wirre Seelenbilder! Archaisches, Erlebtes und Phantastisches brechen so sintflutartig ins Bewusstsein ein, dass weder Betroffene, geschweige denn wenige Minuten hierfür erübrigende Psychiater, sich ausreichend damit befassen könnten.

Mit dem bisschen aufgesetzte Kultur gehen die Urmächte der Psychose wenig feinfühlig um. Das Gehirn bekommt Durchfall und erbricht den lebensfeindlichen Schwachsinn, der über Erziehung und Vererbung durch die Generationen gereicht wird. Verlogene Kultur und bestehlender Glaube werden rücksichtslos ausgeschissen. Das kann angesichts lebenslangen Sammelns natürlich dauern!

Die Urnatur holt ihre Kinder zurück, die sie Familie, Gesellschaft und Religion nicht mehr anvertrauen mag. Es ist kein Zufall, dass Psychosen insbesondere fromme „Wahrheiten“ und sexuelle Umgangsformen zerfetzen. Sexualität soll in die Zukunft transportieren; stattdessen wurde sie religiös und kulturell bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet.

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Das innere Universum ist nicht weniger unendlich als die äußere Welt, die wir unmittelbar vor Augen haben und die einzige wähnen. Die Quantenphysik hat jenen Baustein, der lange Zeit als innerster galt, das Atom, zertrümmert. Winzige Energieteile, sogenannte „Strings“, sollen als kleinste Bauteile die Materie ausmachen und untereinander energetischen Austausch pflegen. Sie werden das Schicksal des Atoms teilen und nur Plattform neuer Forschungs-Vorstöße sein.

Kant wies nach, dass die für gültig gehaltene Realität auf inwendigen Annahmen beruht, die uns Sensationen und Wahrnehmungen ordnen und katalogisieren lassen. Innere Naturgesetze erschaffen die vorgestellte Welt aus der Datenvielfalt, die uns Sinnesorgane vermitteln. Einstein hat die von Geschwindigkeit abhängige Relativität von Zeit und Raum postuliert. Warum sollte es keine grenzenlose Kollektivseele geben, die anderen Gesetzen von Zeit und Raum folgt, als sie das Tagleben kennt, und alle Lebewesen, alle Materie energetisch verkettet?

So darf die Erschütterung gültiger Annahmen nicht wundern, sobald archaische Mächte in uns nur husten. Wer die Existenz einer Seele leugnet, wird zumindest nicht bestreiten, dass ältere Gehirnschichten auf ihre Weise mächtig sind, mögen sie noch so archaisch und primitiv erscheinen. Es muss kühnsten Rationalisten zu denken geben, dass Menschen, wie schon erwähnt, völlig harmlose Tiere fürchten oder völlig ungiftige Pflanzen zu lebensbedrohlichen Allergien führen.

Obwohl aller Umgang miteinander, alle bewusste Orientierung, alles Erinnern, alles über Generationen gesammelte ererbte oder weitergegebene Wissen, ja alle Kulturleistung schlechthin nur hauchdünne Hülle einer in jedem einzelnen Menschen urmächtigen inneren Welt sind, wird sie kaum ernst genommen. Zarteste Erschütterungen dieses inneren Erdkreises bringen all die verwegen befestigten Gedankengebäude so mühelos und schnell zum Einsturz, wie ein Festplatten-Virus, der Bildschirm-Darstellungen in Lichtgeschwindigkeit zusammenfallen lässt.

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Was könnte mehr ängstigen, in einer sich so rational gebärdenden und durch messerscharfe Logik die eigenen Lebensquellen verschüttenden Welt, als das von psychotischem Erleben transportierte Chaos Wahnkranker?

Dabei ist Psychose von innen, aus der Sicht Wahnkranker betrachtet, logisch. Wahnkranke Menschen verhalten sich innerhalb der von ihnen vorgestellten Welt nicht weniger vernünftig und folgerichtig als andere. Wem halluzinativ Gefahr durch Naturgewalten droht, entflieht diesen, wer sich von phantasierten Tieren angegriffen glaubt, schreit und schlägt zur Abwehr der Gefahr wild um sich. Manche glauben, die ganze Menschheit retten zu müssen; entsprechend vorgestellte Gefahren legen dies nahe! Vielleicht ist solche Notwendigkeit übrigens von der Realität weniger weit entfernt als viele mutmaßen?

Dritte, die weder bedrohliche Naturgewalten noch wilde Tiere sehen oder besser erleben, können dieses Verhalten freilich nicht verstehen, glauben sich angegriffen und werden es mitunter auch. So verhalten sich alle Beteiligten auf ihre Weise logisch, mit Ausnahme der Psychiatrie, die ohne Beachtung innerer Zusammenhänge Wahnkranke als zerfahren, desorientiert, abgehoben usw. beschreibt.

Die Psychose bedient sich der Kräfte äußerer Gesetzmäßigkeit und bezwingt nicht selten wahnkranke Menschen durch Vernunft, Folgerichtigkeit und Beweise. Zur weit größeren Gefahr wird Irrationalität freilich jenseits der Psychose, im ganz normalen Alltag, wenn sie sich unerkannt als verlässliche, logische Kraft andienert und auf ihre Weise Glaubenssätze speist oder Ideologien durchdringt. An dieser Stelle wird sie jedoch selten erkannt, bearbeitet und schon gar nicht bekämpft!

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Psychotische Schübe bilden sich über die Zeit von selbst zurück, vorausgesetzt Wahnkranke werden nicht aus ihrer gewachsenen sozialen Umgebung gerissen und so viehisch behandelt wie bis zum heutigen Tag. Innere Reisen führen nicht nur in seelische Gefangenschaft auf Zeit, wie Mythen unserer Vorfahren berichten, sondern in psychiatrische Gefangenschaft auf Dauer.

Flussfahrer fürchten weniger natürliche Gefahren der Wasserwege, wie Stromschnellen oder Hochwasser, als künstlich geschaffene Bedrohungen, wie Verbauungen oder Einleitungen. Geradeso verhält es sich bei Seelenreisen! Natürliche Schrecken der Psychose nehmen sich klein aus gegen die künstlichen Gräuel psychiatrischer „Behandlungen“.

Die scheinbare Irrationalität der Psychose erlebt ihr Gegenstück in der unerkannten Irrationalität ihrer Behandlung. Wehrlose Wahnkranke werden neuzeitlichen Folterungen wie Elektroschock, gehirnchirurgischen Maßnahmen oder Neuroleptika-Behandlungen ausgesetzt. Solche „Heilungen“ minimieren jedoch nur die ärgerlichen Betriebsstörungen im gesellschaftlichen Alltag, schützen den ganz normal gelebten Wahnsinn dieser Tage, bewahren die Gesellschaft davor, ihre Hässlichkeit im Spiegel der Psychose zu schauen und erlauben einem renommierten und gut dotierten Täterkreis bewusst oder unbewusst strafloses Ausleben unzähliger Perversionen.

Gerade in der scheinbaren Rationalität sogenannten modernen Lebens äußert sich die ganze irrationale Macht, wird die dunkle Seite des Lebens erfahren. Verbrecherisch gewordener Forscher- und Wissenschaftsgeist zwingt mit Gesetzen der Logik zur Selbstdemontage, zur Selbstzerstörung, ja zur Vernichtung unserer Lebensgrundlagen, individuell und kollektiv!

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Der Ver-rückte, vom Hofnarren bis zum Dorfdepp, war nicht zu allen Zeiten widerwärtiges, gesellschaftlich ausgegrenztes Anhängsel, sondern facettenreicher Bestandteil des öffentlichen Lebens. Bizarre Persönlichkeitsstrukturen trugen auf ihre Weise korrigierend zum Gemeinwesen bei. Wahnerkrankungen bildeten sich über die alles heilende Zeit zurück!

Kuriose Charaktere mussten verbliebenen Humor nicht immer damit verschwenden, Fixierungen, Elektroschocks, gehirnchirurgische Eingriffe, Neuroleptika-Spritzen oder gleichermaßen begnadete Behandlungsformen lustig zu finden.

Wer weiß denn schon, ob wir nicht in einer Psychose eine Verantwortung tragen, die über alles Irdische hinausgeht – und wenn es nur eine scheinbare ist!



Grenzfälle

In der sogenannten Grenzfallpsychose prallen innerseelische Gegensätze nicht minder unversöhnlich aufeinander! Erbgut und Umwelt, über Generationen überlieferte, untragbare familiäre und gesellschaftliche Lebensformen stellen an Grenzfall-Psychotiker oder Borderline-Patienten in der inneren und äußeren Welt Forderungen, die zu erfüllen kein Gott imstande wäre.

Wer den Inhalt, den eine handfeste Psychose ausmacht, nicht konkret in seiner Vorstellungswelt am Tage erlebt, sondern „nur“ träumt, besitzt ein Beobachter- oder Grenzfall-Ich und gilt als sogenannter Borderline-Patient der Psychiatrie zumindest als halb ver-rückt. Freundliche Psychiater hängen das Beobachter-Ich in Lehrbüchern dem Kapitel „schwere Neurosen“ an, während feindlich gesonnene Nervenärzte es als Grenzfallpsychose bei den Geisteskrankheiten anschwärzen.

Das Beobachter-Ich wird zu Unrecht diffamiert. Betroffenen bedeutet es Hilfe in höchster Not! Wer stellt sich schon freiwillig in geträumte Springfluten, Riesenlawinen, Erdbeben, Vulkanausbrüche, Feuersbrünste, Wirbelstürme usw., wenn er eine seelische Fluchtburg besitzt?

Grenzpsychotisches Erleben weist einen entscheidenden Unterschied zur akuten Psychose auf. Das Bewusstsein rettet sich im Traum mit einem Kunstgriff aus tödlicher Gefahr. Es spaltet sich sozusagen vom Erleben ab und zieht sich auf eine Beobachterposition zurück in der Hoffnung, eine Erklärung für das stürmische Erleben zu finden und die inwendigen Gewalten zu besänftigen. Sorgsam wird beobachtet, wer und was sich in der Seele breit macht und unzulässig Raum beansprucht.

Klug ist der Rückzug auf einen Beobachterstandpunkt nicht nur bei entfesselten Naturgewalten, sondern auch auf der Flucht vor vernichtenden Verfolgergestalten, die Träumer gnadenlos so lange durch die seelische Nacht jagen, bis diese herausgefunden haben, dass es das eigene ungelebte Leben ist, dass es bestohlene Generationen sind, die sie verfolgen (siehe „Verfolgungswahn“). Manche Menschen fliehen bis in den Alltag hinein. Höchste Unruhe und ständige Augenbewegungen signalisieren Riesenängste vor unbewusstem Erleben. Irgendwann wird der Ausbruch einer akuten Psychose vielleicht unausweichlich!

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Beim Beobachter-Ich handelt es sich um ein normales, durch seelisches Erleben geschwächtes Ich. Werden die äußere und innere Lebenssituation untragbar und das Ich weiter entmachtet, weicht es nicht mehr auf eine Beobachterposition aus, sondern flüchtet entweder nach innen, in äußerlich fast unangreifbaren Autismus (ichbezogene, teilnahmslose Flucht in die eigene Phantasiewelt) oder nach außen, in die Psychose. Nichts fördert diese Mechanismen erfolgreicher als psychiatrischer Heilungs- und Behandlungswahn.

In beiden Fällen gerät das Ich immer tiefer in die Gewalt innerseelischer Mächte und ist von außen kaum noch ansprechbar. Die innere Welt, mit der es sich auseinanderzusetzen hat, lässt äußere und innere Realität verschwimmen: fesselnde Urmenschen, reißende Tiere, undurchdringliche Pflanzengefängnisse, einstürzende Gebirge, unkontrollierbare Riesenmaschinen und all das, was sonst eine Psychose ausmacht (siehe oben).

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Wer Märchen zu lesen versteht, erkennt deren wichtigste Botschaft: Mahnung und Warnung längst vergangener Generationen vor der Macht des Unbewussten. Zeitgenössischer, unterhaltsam aufbereiteter Film- und Theaterstoff befasst sich gelegentlich mit denselben unbewussten Ängsten, ohne sich darüber klar zu sein. Im Theaterstück „Little Shop of Horrors (Kleiner Horrorladen)“ kommt eine Pflanze auf den Geschmack von Menschenblut und lässt sich, immer gefräßiger werdend, damit füttern. Während sich über den vor schwarzem Humor triefenden Inhalt des Bühnenwerks gut lachen lässt, erzählt das Stück in Wahrheit, wie leicht uns Vegetatives, Pflanzliches, das Unbewusste schlechthin, gefräßig verzehren kann...

Was uns Science-Fiction-Themen als Zukunft andrehen, sind hochtechnisch verunstaltete archaische Inhalte des Unbewussten, die aufgrund dramatisch wuchernder Film- und Video-Produktionen als kollektive Grenzfallpsychose gedeutet werden müssen. Massenpsychotisches Erleben wird in der westlich orientierten Welt nicht mehr lange auf sich warten lassen und, strenggenommen, ist der Anfangszustand bereits erreicht.

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Ist das Beobachter-Ich zur Mitteilung über innere Vorgänge nicht mehr fähig oder willens, wurde vermutlich zuvor versucht, den Patienten mit viehisch-bestialischen Behandlungsmethoden zu „heilen“. Betroffene ziehen sich fortan in die innere Emigration zurück. Natürlich hält die Psychiatrie für dieses Verhalten wieder unzählige Krankheitsbilder bereit.

Manchmal gelingt es, Kontakt herzustellen! Dies ist geduldigen Psychiatern zu verdanken, die jahrelang warten, bis sich in seelisch Schwerkranken wieder Fenster nach außen öffnen und bewachende Seelenmächte sie allmählich freigeben. Vorsichtig kehren sie aus innerer Gefangenschaft zurück und beginnen zu sprechen. Mitarbeiter der traditionell „behandelnden“ Psychiatrie sind hiervon seelische Lichtjahre entfernt.



Exogene und endogene Psychosen

Bei der Einteilung von Psychosen in exogene, durch äußerliche Einflüsse begründbare, und endogene, durch innere Ursachen entstehende, folgt die Psychiatrie konsequent ihrem System kreativer Sprachverwirrung.

Exogene Psychosen werden bei Heilbehandlungen privilegiert. Als entschuldbare Geisteskrankheiten, die sozusagen jedem passieren können, werden sie für heilbar gehalten, ohne den Delinquenten umzubringen. Wirklich Ver-rückte leiden hingegen unter endogenen, also inneren Ursachen folgenden Geisteskrankheiten. Bei ihnen funktioniert das Gehirn nicht so, wie das die Psychiatrie von der Schöpfung erwarten durfte. Betroffene werden mit Arzneien und Therapien „geheilt“, die weit schlimmer sind als die Krankheit!

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Wen Alkohol- oder Suchtmittelkonsum auf die Geisterbahn der Psychose schicken, hat gute Aussichten. Die Alkoholpsychose erfreut sich in der Säufergesellschaft hoher Akzeptanz, wird der exogen begründbaren Familie zugerechnet und gilt mit Hilfe von analytischen Gesprächen als heilbar.

Zum Ausgleich trifft die als endogen missverstandenen Psychosen die ganze Härte psychiatrischen Strafvollzugs. Während vorgegeben wird zu heilen, werden die Betroffenen eingesperrt und mechanisch, elektrisch, medikamentös oder sonst wie außer Gefecht gesetzt!

Mit endogenen Psychosen hat die Psychiatrie ihre liebe Not! Dies, obwohl gründlichere Nachforschung durchaus zumindest äußerliche Auslöser zutage förderte, wie den Tod naher Verwandter, das Ende einer Liebesbeziehung oder zerbrochene Zukunftsträume. Psychiatrie führt nun einmal schon vom System her zur Gefühlsverarmung! Man denke nur an psychiatrische Beobachtungsstationen oder „Trockenzellen“-Experimente, wie jene im Strafvollzug Straubing, Niederbayern (s.u. Unterkapitel „Strafvollzug im Strafvollzug“). Einer sachgerechten Ursachenforschung fehlt neben aufzuwendender Zeit auch das notwendige Mitgefühl.

Weniger Ferndiagnostik und Beobachtung, jedoch mehr zwischenmenschliche Gespräche und Anamnese (Vorgeschichte einer Krankheit nach Angaben des Kranken) führten zur Erkenntnis, dass einer enttäuschten Liebesbeziehung oder anderen Ursachen der Ausbruch einer Psychose nicht auf dem Fuße folgen muss. Auslösende Erlebnisse fressen sich mitunter über Jahre und Jahrzehnte an die Seelenoberfläche. Erst dann bricht sich psychotisches Erleben die Bahn. Umgekehrt könnten auch bei äußerlich begründbaren Psychosen Wahnvorstellungen kaum ins Bewusstsein gespült werden, wären sie nicht latent vorhanden!

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Manchmal müsste die Psychiatrie zur Ortung äußerer Ursachen für endogen gehaltene Psychosen nicht weit gehen. Straubinger Häftlinge, die ihre Zellenwände beschmierten, auf den Boden spuckten oder nicht den richtigen Umgangston zum betreuenden Personal fanden, hielt die gefängnisinterne Psychiatrie für gehirnkrank. Jedenfalls diente dieses Verhalten der Begründung von Experimenten in der Todeszone sogenannter „Trockenzellen“.

Wir lassen offen, ob so geringfügiges Fehlverhalten die Annahme einer Psychose rechtfertigt und fragen nach möglichen äußeren Ursachen. Offenbar war Straubinger Psychiatern ein Gefängnisaufenthalt die normalste Sache der Welt. Andernfalls hätten sie erkannt, dass manche Gefangene zu Irren hinter Gittern werden und äußerliche, durch den Einschluss begründbare, Psychosen diagnostiziert. Die Psychiatrie befindet sich insoweit im Einklang mit der Volksseele, die in regelmäßigen Abständen vermeldet, dass es Gefängnisinsassen in gemütlichen Vier-Quadratmeter-Zellen schon besser hätten als die Menschen draußen. Was sollte begrenztem Verstand also die äußere Ursache für eine als endogen eingestufte Psychose begründen?

Das psychiatrische Kompetenzdefizit beklagend schlagen wir vor: Psychiater sollten sich grundsätzlich durch eigenes Erleben sachkundig machen, insbesondere Trockenzellen vor der Inbetriebnahme durch persönliche Medikamenteneinnahme und eigenen Wasserentzug testen. Dann wüssten sie wieder, was man Menschen nicht antun darf und darüber hinaus, was exogene Ursachen sind.

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Akut Wahnkranke können zur Anamnese wenig beitragen und ihren Anspruch auf eine exogene Variante ihrer Psychose nicht überzeugend vortragen. Ihre Wahnerkrankung bleibt unerklärlich und wird zur endogenen Gehirnkrankheit verdammt. Das freut die endogenen Psychosen, die ungern aussterben möchten und an ihrer standesgemäßen Vermehrung im Rahmen des medikamentös-psychiatrischen Ansatzes interessiert sind!
 
Der gehirnorganische Erklärungsansatz der Geisteskrankheit nimmt Staatswesen und Psychiatrie unzählige Probleme ab, von der Anamnese über die Diagnose bis hin zur Therapie. Ein gutes Geschäft für die Beteiligten, von der Pharmaindustrie bis zum Irrenhaus, ist es obendrein!

Was zur Betreuung wahnkranker Menschen langfristig über viele Jahre wahre Herkulesarbeit einfordern würde, erledigt kurzfristig sauber und vorzeigbar dreimal täglich Haldol (schweres Neuroleptika zur „Behandlung“ von Psychosen, eingesetzt bei Mensch und Tier). Wahnkranke können während der Behandlung in distanzierenden Beobachtungsstationen aufbewahrt werden. Aufwendige, zeitweise nicht ungefährliche direkte Begegnungen bleiben erspart. Dieser Tage zählen nur Kurzzeiterfolge, selbst wenn es sich dabei um einen frühen Tod handelt!



Populäre Wahnformen

Einen Wahn zu verlieren macht weiser als eine Wahrheit zu finden (Ludwig Börne). Die nachfolgenden Wahnbeispiele erheben nicht im Entferntesten Anspruch auf Vollständigkeit.



Verfolgung

Jemand sieht sich ständig um, sichtlich verstört, obwohl weit und breit niemand zu sehen ist. Ein anderer interpretiert völlig neutrale Ereignisse als konsequente Versuche zu seiner Vernichtung. Einem Dritten ist es unmöglich, die Zeitung zu lesen, ohne den Inhalt in irgendeiner Form gegen sich gerichtet auszulegen. Diagnose: Verfolgungswahn!

Das auf medikamentösem Aberglauben beruhende psychiatrische Krankheitsbild, das Verfolgungswahn zur heilbaren Stoffwechselstörung erklärt, ist uns zu einfach. Wir forschen nach ernsthaften Ursachen! Wie konnten Verfolgungsängste ihre Wurzeln so tief in die Seele betroffener Menschen graben?

Fangen wir bei Adam und Eva an: Unsere Tier‑ und Menschenahnen taten gut daran, sich verfolgt zu fühlen, denn an Feinden fehlte es nicht. Wer die Befürchtung, bedroht oder verfolgt zu sein, nicht auf unzählige Situationen übertrug, dürfte seine Erbmasse kaum erfolgreich weitergegeben haben. Was die jüngere Menschheitsgeschichte berichtet, macht auch nicht gerade Mut. Im Prinzip jagte jeder jeden: „Der Mensch ist des Menschen Wolf!“ Die Psychiatrie sollte in Geschichtsbüchern blättern statt Gehirnschichten abzutragen.

Offenkundig hat Verfolgungswahn seinen Grund in tiefem, über Generationen aufgebautem und weitergegebenem Misstrauen. Das erklärt noch nicht, warum der eine den Glauben an die Menschheit behält, während der andere ihn verliert durch Misstrauen und Verfolgungsängste seiner inneren Welt.

Menschen sind nicht gleich, in Herkunft, in Lebensumständen. Alles, zwischen sich ständig verfolgt fühlen und höchster Sorglosigkeit ist möglich. Bestehen über Generationen ungünstige Lebensverhältnisse, werden Verfolgungsängste wohl über Erbgut und Erziehung weitergegeben. Dabei könnten befürchtete Bedrohungen subtiler sein, als die Medikamentenpsychiatrie sich das so vorstellt. Um was wurden Menschen nicht schon betrogen?

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Verfolgungswahn sollte nach Eintreffen im Irrenhaus eigentlich leicht heilbar sein. Wahnkranke sind lediglich davon zu überzeugen, dass ihr Verfolgungswahn überflüssig wurde. Der Wahn ist Wirklichkeit geworden, von nun an werden sie flächendeckend verfolgt!

Innerhalb psychiatrischer Hallen genügen geringe Abweichungen vom Normverhalten für heilende Verfolgung. Verbaler Warnschuss der Stationsschwester: „....sonst setzt es eine Spritze!“ Entkommen Wahnkranke, werden sie „helfend“ und gegebenenfalls unter Bemühung der gesamten Staatsmacht gejagt: „Der 46‑jährige A, bekleidet mit blauer Hose und weißem Hemd, irrt hilflos umher und bedarf dringend ärztlicher Hilfe.“ Im Klartext: „Uns ist ein Irrer entkommen. Es wird gebeten, beim Wiedereinfangen behilflich zu sein, damit wir ihm die Spritze geben.“

Unter milden Formen von Verfolgungsängsten leiden viele. Wem sie zum Wahn werden, der verdankt das vermutlich vernichtenden Verfolgergestalten im Unbewussten. Niemand kümmerten Verfolgungsängste, beschäftigten sich Betroffene ausschließlich selbst damit. Akut Wahnkranke übertragen allerdings Verfolgungsängste auf Dritte und fühlen sich von ihnen verfolgt und zwar in Situationen, die dies keineswegs nahelegen, und gegenüber Menschen, die ihnen nichts Böses wollen. Es kommt noch schlimmer: Im akuten Erleben der Psychose können auch die Seiten wechseln: Verfolgungswahn überwältigt Wahnkranke, die ihrerseits Verfolger spielen und Mitmenschen jagen.

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Die Psychiatrie hat Verfolgungswahn nicht erfunden, macht sich aber um Vertiefung durch Heilung verdient:

Pharmazeutisches Heilverfahren
Der Fortschritt der Pharmazie eröffnet kühne Schnellheilungs-Perspektiven. Psychiatrische Wunderheiler verabreichen Pillen, lassen Verfolgungswahn wegschlucken. Wunderheilungen, die nicht wundern sollten. Geheilte sind außerstande, mit verbliebenem Verfolgungswahn Dritten noch auf die Nerven zu gehen, da sie sich vor Nebenwirkungen kaum auf den Beinen halten können. Sie werden zu geistigen und körperlichen Pflegefällen.

Nicht anders als Heroin & Co., stopft die Psychiatrie Löcher der Seele mit als Medikamenten maskierten Drogen; jeweils bis zum nächsten Schuss! Obwohl die Heilmittel gut verträgliche Namen tragen, ruinieren sie Körper und Geist nicht weniger als illegale Suchtmittel. Allerdings wird dem erwirtschafteten Gewinn eine erfreulich ärztliche Richtung gegeben und die Pharma-Lobby geht beim Drogengeschäft nicht länger leer aus.

Psychoanalytisches Heilverfahren
Manche Psychiater ahnen, dass die Medikamentenpsychiatrie falschen Fährten folgt und erzielbare Einkünfte wie Sargdeckel auf Irrenhäusern ruhen. Im Rahmen bescheidener Möglichkeiten bemühen sich manche bei Verfolgungsängsten und Verfolgungswahn um gesprächsweisen Heilungsansatz.

Der Gesprächsfaden führt bei Verfolgungswahn unter Umständen bis zur Vertreibung aus dem Paradies. So sind Widerstände des Wahnerlebens bei Analytikerstunden zum kalkulierten Selbstkostenpreis von 90 Euro an aufwärts kaum zu knacken. Im Irrenhaus ist es nicht anders als im richtigen Leben: Ein Auto, das reparierbar wäre, aber dessen Reparatur zu viel kostet, ist nicht total kaputt, sondern endgültig hin. Was des Autos wirtschaftlicher Totalschaden ist, heißt beim Wahnkranken „Behandlungsresistenz“. Die Psychiatrie hält Betroffene der Einfachheit halber für nicht therapierbar. Sie stellt sich damit den Persilschein aus, es sei nicht ihre Schuld, wenn die Instandsetzung wahnkranker Menschen wegen wirtschaftlichen Totalschadens nicht lohnt.

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Das Lebens‑ und Veränderungstempo beschleunigt sich weltweit: weiter, höher, schneller! Das legt die Vermutung nahe, die christlich-abendländisch geprägte Menschheit fühlt sich kollektiv verfolgt. Diesem Verfolger durch höheres Lebenstempo zu entkommen, wird vergebens gehofft. Die Begegnung mit der gemeinschaftlichen Verfolgergestalt ist unausweichlich und wird sich eines Tages in massenpsychotischen Erscheinungen ungeahnten Ausmaßes zeigen. An Vorboten mangelt es indes nicht!



Vergiftung

Die Behauptung Wahnkranker, sie würden von Verwandten, Freunden, Nachbarn u.a. vergiftet, beruht auf Vorgaben ihrer inneren Welt und ist regelmäßig falsch. Beziehen sie sich dabei auf Wälder und Felder, Wasser und Luft und äußern, alles sei vergiftet, haben sie ungewollt nicht ganz unrecht. Warum sollte Wahnerleben nicht auf seine Weise, mit authentischen Mitteln einer inneren Welt, auch darauf aufmerksam machen?

Die Giftliste, die wir auf Nahrungsmittel-Verpackungen lesen, wird immer länger. Obst und Gemüse werden so oft gespritzt, dass man rätselt, ob sie nun außen oder innen giftiger sind. Wer Wassergenuss ohne keimtötenden Chlorzusatz überlebt, ist ein Glückspilz. Weltweit gibt es kaum ein Gewässer, in das nicht einer pisst oder kackt, Gülle einleitet oder es mit Industrieabwässern anreichert! Nie wurde mehr sauberes Wasser verunreinigt, um sich persil-sauber oder ariel-rein zu fühlen. Die Atemluft unserer Wohnhöhlen weist mitunter weltrekord-verdächtige Giftwerte auf!

Wer realitätsferne Vergiftungsängste äußert, behält manchmal dennoch recht! Im Dritten Reich mischten Psychiater während der Euthanasieprogramme Heilanstalt-Insassen Gift ins Essen, damit die Verköstigten den Volkskörper nicht länger vergiften konnten. Heutzutage werden Wahnkranke weniger auffällig vergiftet: durch Nebenwirkungen zwangsweise zu konsumierender Medikamente!

Vergiftungswahn existiert auch seitenverkehrt: Viele Zeitgenossen leiden unter dem Wahn, alle Lebensmittel seien unbedenklich genießbar und schmeckten nach etwas. Wer hingegen argwöhnt, viele seien verseucht, gilt als krank und behandlungsbedürftig. Die Heilung wird der Psychiatrie überlassen, die in Fragen des Behandlungsgeschmacks nicht minder verwirrt ist als das delegierende Kollektiv. Zum Nachweis wurden eingangs einige Geschmacksproben aus dem reichhaltigen Fundus psychiatrischer Behandlungsmethoden vorgelegt.



Größenwahn

Größenwahn lässt Menschen sich für Napoleon halten, den amerikanischen Präsidenten, eine Filmdiva, den Papst, eine Operngöttin oder sonst bedeutende Persönlichkeiten. Manche fühlen sich übermächtig, unermesslich reich oder als das größte Genie der Weltgeschichte. Andere halten Erfolge nicht aus und nehmen sich wichtiger als sie sind. Nicht umsonst wurden siegreiche römische Heerführer beim Triumphzug in Rom von ständigen Einflüsterungen begleitet: „Vergiss nicht, dass du kein Gott bist!“ Die Ursachen sind einfach aufzuspüren. Wer in Minderwertigkeitsängsten ertrinkt, wird in solch realitätsfremden Vorstellungen seinen Rettungsanker finden.

Die innere Welt hält solch wahnkranke Menschen zum Narren und stattet sie mit Vorstellungen aus, die ihnen in der Außenwelt nicht zukommen. Wir sehen milde über derlei menschliche Schwächen hinweg und beanstanden nur größenwahnsinnige Religionen, die göttliche Unfehlbarkeit für sich in Anspruch nehmen, wenn dies angesichts unzähliger Irrtümer nicht einmal der Schöpfer selbst tun würde. Und wir missbilligen eine Psychiatrie, die sich für nicht minder unfehlbar hält und abweichende Meinungen mit dem Argument „unprofessionell“ zerschmettert!.



Unerklärliche Krankheiten

Ver-rückte Leiden

Epilepsie, Phobien, Alzheimer, Parkinson, Autismus, Multiple Sklerose, Krebs, Burn-out-Syndrom: Menschheitsgeißeln am Scheideweg zwischen Körper, Seele und Geist. Die Komplexität dieser Krankheiten verschleiert ihren seelisch-geistigen Anteil, während ihre leichter nachweisbaren körperlichen Abnormitäten dazu verleiten, sie rein stofflich zu deuten und zu behandeln.

Nicht wenige unerklärliche Krankheiten könnten auf sonderbar veränderten, außer Kontrolle geratenen Zellfunktionen beruhen, für die der Begriff „Verwirrung“ in Betracht kommt. Warum sollte Wahnerleben nicht im Kleinsten und Innersten bewirken, was es, den Menschen insgesamt erfassend, im Großen an Mächtigkeit beweist? Sind es also Kräfte der Psychose, die hier nach innen wirksam werden und in der Verdrängung Zellen punktuell stören oder gar zerstören?

Seelische Erkrankungen werden noch weit tragischere Krankheiten verursachen und unerklärlichere Rätsel aufgeben müssen, bis sie als Kommunikationsangebot einer mächtigen Urseele wahrgenommen werden. Die Psyche kommuniziert in der Sprache der Krankheit auf sehr schmerzhafte und fatale Weise!



Epilepsie

„Gewitter“ im linken Schläfenlappen werden heute als Epilepsie, Unterform der Geisteskrankheit, behandelt, während sie dem Altertum als „heilige Krankheit“ galt. Der auf der Reise nach Damaskus vom Blitz getroffene Saulus litt unter solchen Unwettern und wandelte sich zu Paulus. Die Stimmen, die Johanna von Orleans vernahm, werden mit epileptischen Anfällen in Zusammenhang gebracht.

Bei Epilepsie ist die Nähe zur Psychose spürbar! Psychiater ordnen epileptische Anfälle einseitig körperlich nachweisbaren Ursachen zu und behandeln sie entsprechend, bis hin zur Entnahme von Gehirngewebe. Wer epileptische Anfälle beobachtet, wird eine im Zeitraffer ablaufende Psychose, einen sich in Sekundenschnelle abspielenden, psychotischen Schub nicht verneinen können.

Gewaltig sind die Kräfte, die sich des Epileptikers bemächtigen! Persönlichkeitsfremde Kräfte packen Betroffene und bewegen sie manchmal wie Puppenspieler ihre Puppen. Epileptiker halluzinieren Gerüche, nehmen eigene Körper verändert wahr: größer, kleiner usw. Epilepsie heizt Körper auf, Eisbäder müssen sie kühlen, führt zu tagelanger Körperstarre, aus der Kranke wie aus einem Totenschlaf erwachen. So unheimlich sie kommen, so unerklärlich bilden sich epileptische Anfälle gelegentlich zurück.

Gleichartig an Psychose und Epilepsie ist, dass sowohl der epileptische Anfall (über jeweils kurze Zeiträume) als auch der psychotische Schub (über längere Zeitabschnitte) Erkrankte niederwirft. Derselbe „Stoff“ meldet sich zu Wort, in Halluzinationen und Wahnwahrnehmungen der Psychose einerseits, in epileptischen Anfällen andererseits: Es sollte sich um destruktiv verformte, verdrängte geistig-seelische Energie jahrtausendealter, lebensfeindlicher Triebbewältigung handeln!

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Zusammenhänge zwischen Wahnerkrankungen und Epilepsie fielen auch der Psychiatrie auf, die aus richtigen Wahrnehmungen unglücklicherweise falsche Schlüsse zog. Der Epileptiker fühlt sich, bei allem Leid kleiner und großer Anfälle, anschließend entspannt, ja nicht selten gut bis euphorisch. Steht jemand innerseelisch unter Hochspannung, wäre es grotesk, würde er sich nicht nach der Entladung, nach dem Anfall, besser fühlen.

Die Entspannung des Epileptikers nach einem natürlichen Anfall wollte die Psychiatrie auch Wahnkranken nicht vorenthalten und bildete „künstlich hervorgerufene, epileptische Anfälle“ nach: per Elektrokrampf-Behandlung! Man wünschte, die beim Epileptiker beobachtbare Erleichterung ließe sich auch nach diesen „künstlichen Anfällen“ wahrnehmen. Von Entspannung oder gar Euphorie ist nach der Elektrokrampf-Behandlung jedoch wenig zu bemerken. Sichtbar wird ein sich aufbäumender Körper, von Schmerzen verdreht! Trifft es zu, dass in beiden Fällen Gehirnzellen vernichtet werden, sollte bezüglich der richtigen Auswahl dem natürlichen epileptischen Anfall mehr zugetraut werden als der künstlich per Elektroschock getroffenen psychiatrischen Zufallsauswahl.

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Während die Psychiatrie Wahnkranke mit künstlichen, durch Elektroschock erzeugten und angeblich entlastenden „epileptischen Anfällen“ martert, wird der Epileptiker, der die Entlastungsmöglichkeit des Anfalls braucht, darum gebracht. Gehirnchirurgische Maßnahmen heilen Epileptiker mit der üblichen psychiatrischen Trefferquote „Null“. Erst die Amputation ganzer Gehirnzweigstellen schneidet destruktiver Energie den Weg ab!

Das Leid, das epileptische Anfälle hervorrufen, sei nicht verkannt, wenngleich es die modernen Lebensweisen sind, die Anfälle so problematisch gestalten. Ausbleibende Anfälle erleichtern allerdings die Betreuung schwerer Fälle.

Verkannt wird, dass es sich bei beiden Krankheitsphänomenen, bei Epilepsie und Psychose, wohl um gleichartige, psychotische Entladungen handelt, was der Zeitraffer-Charakter des epileptischen Anfalls überdeckt. Erst Eindringen in seelische Inhalte epileptischer Anfälle verspräche wirkliche Heilungschancen. Anknüpfungspunkte hierfür könnten Träume und Gedanken sein. Das mag weiter scheinen als der Weg zum Mond. Wirkliche Alternativen gibt es nicht!



Phobien

„Rätselhafte“ Tierphobien? Immer mehr Menschen ängstigen sich vor harmlosen Tieren! Unzählige Träumer fühlen sich im Schlaf von ungefährlichen Tieren bedroht! Ist es nicht absurd, wenn der bloße Gedanke an gutartige Tiere Todesängste freisetzt?



Alzheimer und Parkinson

Obwohl Medizin und Psychiatrie bei modernen Alterskrankheiten wie Alzheimer oder Parkinson verbissen Hirnschichten vergiften, aufbohren oder abtragen, erkennen wir Vorgänge aus der Familie der Psychosen, die Betroffene langsam und schleichend erobern: Orientierungsverlust in der eigenen Straße, nicht mehr Zurechtfinden in der eigenen Wohnung, verloren gehende Kontrolle über simple Körperbewegungen. Man ahnt zumindest, was sich unbewusst in der inneren Vorstellungswelt abspielen könnte, die auf ihre Weise ängstigt und zu zitternden Gliedmaßen beiträgt.

Mancher Parkinson-Patient leidet unter dem gefürchteten Symptom des Erstarrens. Nachdem bereits Psychosen, oder besser deren Träger, durch Elektroschocks erfolglos bekämpft werden konnten, lag psychiatrisches Hantieren mit Elektrizität auch bei krankheitsbedingter Parkinson-Starre nahe.

Wie bei einer Psychose spielen Angehörige, oder zufällig mit den Betroffenen verbundene Personen, ihre eigene Rolle in einem dialektischen (in Gegensätzen wirkenden) Prozess: Phänomene auslösend, verstärkend oder entspannend. Die Symptomatik moderner Alterskrankheiten lässt vermuten, dass Betroffene geistig in neue Formen der Orientierung, in jenseitige Realitäten gedrängt werden, die ihnen nicht mehr gestatten, sich diesseitig zurechtzufinden. Vielleicht nimmt der Tod schon zu Lebzeiten Rache dafür, dass seinem Reich in einem jeder Vernunft widersprechenden Maße entgegengewirkt wird.



Autismus

Autisten sind schweigende Seelenkranke, sind Menschen, die sich in ihre innere Welt einpuppen und in eine Seelentiefe zurückziehen, die anderen unzugänglich ist. Unerklärliche Alterskrankheiten finden so ihr Gegenstück in autistischen Kindern, denen schon die eigenen Eltern Fremde sind. Dass manchmal alte Menschen weise werden, ist bekannt. Wenige wissen, dass bereits Kinder gelehrt sein können. Ihre innere Natur verrät kleinen Autisten, dass es nicht lohnt, mit der Zivilisation Kontakt aufzunehmen!

Psychiater sperren autistische Kinder mit Medikamenten ein. Dabei sind sie schon Eingeschlossene, Gefangene einer Vorstellungswelt, wie wir sie aus archaischen Träumen kennen! Ihr inneres Erleben ist von Naturgefahren und -gewalten bestimmt, aber auch von realitätsfremder Geborgenheit erfüllt. Aufgrund gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Verhältnisse hält die Urseele sie in frühen Entwicklungsstufen gefangen und erlaubt ihren Seelen nicht mehr, an die äußere Realität heran zu reifen. Der Bau einer Verständnisbrücke zur Umwelt wird unterbunden! Daher fehlt der seelische Korridor für mitteilbare Träume und Gedanken, die ein Nachreifen erlaubten.

Kinder durchlaufen im Mutterleib die körperlich-seelische Entwicklung der gesamten Tier- und Menschheitsgeschichte im Zeitraffer. Es gibt nicht nur körperliche, sondern auch seelische Frühgeburten! Zu früh geboren, bräuchten sie noch Tiermütter oder jedenfalls Mütter, die zu ihrer eigenen, animalischen Natur liebevollen Zugang besitzen, damit Kinderseelen nachreifen. Die gesellschaftlich-kulturellen Verhältnisse, ganz zu schweigen von der Religion, fördern solch fürsorgliche Fähigkeiten nicht gerade! Müttern autistischer Kinder war wohl regelmäßig selbst keine günstige seelische Entwicklung vergönnt.

Delphinarien melden Therapie-Erfolge: Autistische Kinder gewinnen im Spiel mit Delphinen an Selbstvertrauen! Die Wissenschaft mischt sich ein und behauptet, Delphine könnten mit Ultraschalltönen, Schallwellen bis 130.000 Hertz in der Sekunde, das zentrale Nervensystem und die Gehirnströme von Menschen stimulieren. Das sich noch im Wachstum befindliche Gehirn von Kindern würde dadurch erfolgreich beeinflusst.

Wir glauben weniger an Hertz als an Herz und an Tiere, die auf Geist, Körper und Seele günstig einwirken. Manche Kinder beginnen sogar zu sprechen! Informationen, die Meeressäuger per Hochfrequenz den Kinderpatienten mit auf die Lebensreise geben, sind offenbar lebensnäher als das, was sie bisher von Mitmenschen erlernten.

Liebe Pharmazie, verehrte Psychiatrie, keine Panik! Derzeit stehen für ganz Mexiko nur zwei Delphin-Therapeuten zur Verfügung, in vielen Ländern überhaupt keine. Unzähligen autistischen Kindern können weiterhin gewinnbringend „Medikamente“ verschrieben werden!



Multiple Sklerose

Der ebenso unerklärlichen wie furchtbaren Krankheit Multiple Sklerose werden seelische Ursachen zumindest nicht völlig abgestritten. Es mag weit hergeholt sein, aber warum sollten nicht im Unbewussten äußerst destruktive Kräfte existieren, die Menschen in seelischen Schüben, ähnlich denen einer Psychose, schleichend zermalmen. Damit einhergehen könnte der zu beobachtende tragische körperliche Verfall. Aus dieser Perspektive betrachtet, würden psychotische Kräfte nicht nach außen frei, sondern implodierten stattdessen (Implosion = plötzliche Zertrümmerung eines Gefäßes durch äußeren Überdruck)!

So Erkrankte fallen bisweilen durch sich ständig in Bewegung, ja „auf der Flucht“ befindliche Augen auf. Vielleicht plagt auch sie im Unbewussten eine Verfolgergestalt, wie sie aus Träumen von an Psychosen erkrankten Menschen bekannt ist. Möglicherweise verloren sie eines Tages die Kraft, vor diesem Verfolger zu fliehen, gelähmt von seelischen Kräften, die sie nicht mehr freigeben, ohne dass Betroffene sich jemals darüber bewusst würden. Das klingt unwahrscheinlich, aber rätselhaft ist das Leben nun einmal hinter der logischen Fassade, mit der es angestrichen wird.



Krebs

Der früh an Krebs gestorbene Schweizer Fritz Zorn, aufgewachsen an der „Goldküste“ des Züricher Sees, inmitten der Reichsten der Reichen, beschreibt in seinem Buch „Mars“ (1977) Krebs als ohnmächtige Wut, als kalten Zorn eines jungen Mannes. Ein Deckel der Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit lastete auf ihm und seiner Welt, eine undurchdringliche, beherrschte, kühle Oberfläche. Darunter zerfraß ihn langsam aber sicher eine Krebserkrankung.

Seelische Ursachen und Mitursachen von Krebserkrankungen sind glaubhaft. Psychoanalytisch begleitete Krebskranke leben statistisch deutlich länger. Vorbeugen könnte freilich nur die Überarbeitung moderner Lebens-, Verhaltens- und Denkweisen.



Burn-out-Syndrom

Menschen, kraftvoll in ihrer Lebensmitte befindlich, schlägt immer öfter das „Burn-out-Syndrom (sich ausgebrannt fühlen)“. Motoren, die zu schnell drehen, fangen leicht Feuer und brennen aus. Modernes Leben zwingt Menschen zu überhöhten Drehzahlen, zu unvermeidbarer, rascher seelischer wie körperlicher Erschöpfung. Vorzeitig ausgebrannt liegen sie darnieder, ohne weitere Lebensorientierung und Sinnfindung. Hauptbetroffene sind Menschen, die es immer und überall möglichst allen recht machen wollen: ideale Kandidaten für eine psychiatrische Entsorgung!

Das Burn-out-Syndrom macht unter anderem im Bildungswesen fette Beute. Lehrer fühlen sich überfordert und flüchten vorzeitig in den Ruhestand. Ihr Beispiel spornt den Nachwuchs an, gleichfalls früh auszubrennen. Phänomene, die einander zuarbeiten! Pädagogen können Schüler nicht mehr bändigen: „Handys ausschalten, Privatgespräche beenden, Handgreiflichkeiten stoppen, Hinsetzen, Zuhören...“ Ermahnungen ohne Verstärker sind sowieso von vornherein erfolglos: „Das ist meine letzte Warnung!“ „...sonst fliegst du raus!“



Geschlossene Wahnsysteme

Wahnerleben ist aus der Sicht Kranker höchst real und besitzt so nicht weniger Existenz als die Außenwelt, weil es in diese projiziert und gleichermaßen als Äußeres, als Realität, erlebt wird. Betroffenen wäre es unmöglich, nicht darauf zu reagieren. Natürlich wird Erlebtes bearbeitet, versucht, ihm Sinn zu geben. So vermischen sich äußere und innere Phänomene, ohne im Sinne äußerer Realität folgerichtig zu sein. Gelingt es Dritten nicht, die sich in Wahnkranken entwickelnde Logik in Frage zu stellen, bildet sich mitunter ein geschlossenes, in sich schlüssiges, unangreifbares Wahnsystem.

Psychiatrische Behandlungsmethoden begünstigen die Ausbildung geschlossener Wahnsysteme auf ganz besondere Weise:
„Eine Patientin argwöhnt, ihre Familie und ihr soziales Umfeld hätten sich zu einer Art mafiahaften Verschwörung komplotthaft gegen sie zusammengefunden. Ihrer Umgebung misstraut sie zutiefst, glaubt aber mit professioneller Hilfe über unaufhörlich plagendes Misstrauen hinweg zu kommen. Sie begibt sich freiwillig in eine psychiatrische Klinik und stellt entsetzt fest, dass sie auf eine geschlossene Station gebracht wird, die sie nicht mehr verlassen darf. Das ehrliche Anvertrauen ihrer Wahngedanken führt zum Einschluss und die professionelle Antwort der Psychiatrie besteht in medikamentöser Behandlung. Daher entschließt sie sich zur Lüge. Obwohl sie ihr Misstrauen keineswegs verliert, erzählt sie den behandelnden Psychiatern, sie hätte sich geirrt. Diese reagieren erfreut, ein weiteres Mal von der Unübertrefflichkeit ihrer medikamentösen Wunderwaffen überzeugt. Die Patientin kommt nach kurzer Zeit frei.“

Wir wissen nichts über ihr weiteres Lebensschicksal, wagen aber die Prognose, dass nun die Psychiatrie in die Komplott-Befürchtungen mit einbezogen wird. Bis zur Überlegung, der komplette Staat, die ganze Welt habe sich gegen sie verschworen, ist nur ein gedanklicher Schritt. Psychiatrisches Eingreifen baut ihr tiefes Misstrauen vielleicht in eine nahezu unangreifbare Wahnfestung um!

Wie fühlt jemand, der sich freiwillig in die Hände der Psychiatrie begibt und feststellt, dass die Türen verschlossen werden? Was denken Menschen, die vom Pflegepersonal heimlich überwältigt, auf ein Bett fixiert und abgespritzt werden? Wie empfinden Wahnkranke, die, schon orientierungslos genug, fortan durch fremde, kahle Räume irren? Welche Schlüsse ziehen Betroffene, wenn Psychiater sie durch eigenes Ver-rücktspielen auf vorhandenes Übertragungspotential testen?

Der äußeren Welt wird zu Recht nichts mehr, der inneren Welt zu Unrecht alles zugetraut! Verfolgt, betrogen, ausgetrickst wurden Betroffene schon oft, bei der Psychiatrie jedoch am gründlichsten. Von nun an betrügt Wahnkranke ihr hauseigenes Wahnsystem, das sie gefangen nimmt. Niemandem wird mehr vertraut, außer eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen. Jetzt regiert das Unbewusste, tanzen ureigenste Einbildungen. Wahnkranke treiben immer tiefer in ihre innere Welt, von außen als Persönlichkeitsverfall diagnostiziert.

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Während Wahnkranke ohne Psychiatrie, Elektroschocks, Neuroleptika oder gehirnchirurgische Maßnahmen gut zurechtkämen, ist die Psychiatrie von Wahnkranken, insbesondere geschlossenen Wahnsystemen, abhängig. Nichts eignet sich zum Nachweis psychiatrischer Notwendigkeit überzeugender als Menschen mit Wahngedanken, die sich zu geschlossenen Systemen formten. Gäbe es so Betroffene nicht, die Psychiatrie müsste sie glatt erfinden! Auf illustrative Weise wird dem Rest der Bevölkerung der Bedarf kompetenter Fachleute vor Augen geführt: Spezialisten, die mit Beknackten umgehen, sie „behandeln“ können und, vor allem, sie der Normalbevölkerung vom Leibe halten!



Kunst und Philosophie

Es sind psychotische Inhalte, die moderne Kunst, insbesondere im Surrealismus, aufarbeitet, Unbewusstes und Traumhaftes sichtbar machend. Durch lebensverneinendes Denken verdrängte Triebe werden vom Künstler mittels abgestorbener, zerfressener Leiber bildhaft gemacht. Das Reich der Toten bricht ein als Antwort auf verfehlte Triebbewältigung, die schon zu Lebzeiten sterben lässt. Vielleicht stören wir das Totenreich nicht minder als dieses uns!

Gefühle des Nichts, Ahnung von Leere, erfassen nicht nur Wahnkranke, Philosophen und Künstler, sondern immer mehr Menschen. Unsere Seelen, nicht mehr in Tier- und Menschenahnen eingebettet, werden sich selbst zum Feind. Fehlende innere Verankerung spült Empfinden absoluter Leere, von Nichts, Nichtsein an die Oberfläche, nur einen Steinwurf vom Ausbruch der Psychose entfernt.

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Philosophie und Irrsinn glauben wir an entgegengesetzten Polen; gleichwohl kommen sich beide in der Existenzphilosophie nahe. Mag Existentialismus das Geworfensein ins Dasein, große Leere, das Nichts beschreiben, Wahnkranke durchbrechen es im inneren Weltuntergang der Psychose. Scheinbare Leere ist mit Archetypen, Urgewalten und Verdrängtem angefüllt, die in der Psychose als Halluzinationen und Wahnvorstellungen hervorquellen.

Ein bekannter Existenzphilosoph fütterte innere Leere mit noch leereren Worten und ließ etwa „das Nichts nichten“. Generationen von Heidegger-Schülern dankten es ihm, auch wenn sie wenig verstanden. Sie fühlten sich schon durch das Atmen nach unten abgrenzender elitär-intellektueller Philosophie-Luft ausreichend entschädigt. Vielleicht treffen wir hier aber auch nur eine Eulenspiegelei an oder, wer weiß, vielleicht hat der Philosoph sein Werk nur geschrieben in der Hoffnung, jemand würde ihm die eigenen Gedanken erklären.

Nur weil einfache Menschen mit geringer Ausbildung halluzinative Erlebnisse und wahnhafte Vorstellungen in einfache Worte kleiden, heißt das nicht, es handle sich um kein den Inhalten der Existenzphilosophie verwandtes Erleben. Bei Psychose und Existenzphilosophie ist lediglich eine Zweiklassengesellschaft anzutreffen.

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Unlängst fragte eine Nietzsche-Betrachtung, „wo der Philosoph sei, der endzeitliche Menschheitsängste, Umweltzerstörung, Bevölkerungsexplosion, Hybridtechnik, riesige Migrationsbewegungen usw. auf allen soziologischen, ökologischen, kulturellen Ebenen zusammenführt und bis in die zartesten Verästelungen von Anstand, Stolz und Würde überdenkt?“ Der Autor fühlte sich selbst angesprochen und antwortete mit einer weiteren Frage: „Wo ist der Furchtlose, der mit allen Konsequenzen ausspricht, was alle wissen, dass die Menschheit wieder dezimiert werden muss! Von einem so freien Geist ist in letzter Zeit nichts bekannt geworden.“

Weniger Menschen werden, die weniger verbrauchen - ein Muss, das jedermann klar ist! Kaum anzunehmen, dass das, was jeder weiß, zeitgenössische Berücksichtigung findet. Endzeitliche Katastrophen und kollektive Psychosen haben das letzte Wort!



Normal ist

Mancher Leser wird seine liebe Not haben, Irrsinn zu erkennen. Wenigstens wissen wir, was normal ist:

Normal ist, Plutonium über die Ozeane zu schippern und den Weltraum mit Müll aufzufüllen.

Normal ist, Atommüll und chemische Kampfstoffe im Meer zu verklappen, um sie schon wenige Jahrzehnte später zum Tausendfachen der ursprünglichen Kosten bergen und entsorgen zu müssen.

Normal ist, dreimal so viel Atommüll wie notwendig zu produzieren, da zwei Drittel der erzeugten Wärme aus Kühltürmen ungenutzt entweichen.

Normal ist, immer mehr radioaktive Strahlung freizusetzen und gleichzeitig nachzuweisen, dass Radioaktivität Krebs verursacht, der wiederum mit radioaktiven Behandlungen geheilt wird.

Normal ist, Flüssen ihre natürlichen Überlaufflächen zu nehmen und durch betonierte Rückhaltebecken zu ersetzen.

Normal ist, die Welt so grell zu beleuchten, dass bereits ein Drittel der Weltbevölkerung aufgrund dieser Lichtverschmutzung die Milchstraße am Himmel nicht mehr sehen kann und die hierzu erforderliche Energie unter anderem mit Atomkraftwerken zu produzieren.

Normal ist eine Weltordnung, in der sich ein Fünftel der Menschheit das gesundheitsschädigend anfrisst, was die restlichen vier Fünftel durch Unterernährung krank macht.

Normal ist die Veranstaltung von Wettessen, bei denen der erfolgreichste Spaghetti–Verschlinger, Hamburger-Vertilger oder Pommes-Vernichter geehrt wird.

Normal ist, geistige Leistungsfähigkeit mit Hilfe von „Medikamenten“ zu steigern.

Normal sind Herstellung und Einsatz von Abwehrwaffen, die den Besitzer weit mehr bedrohen als den potentiellen Feind. Dies beginnt im „modernen“ Haushalt, in dem Haushalts-Chemie die Bewohner langfristig mehr gefährdet als alle Bakterienfeinde zusammen und endet bei zur Abschreckung des Gegners stationierten Atomraketen, die aufgrund von Störfällen mehr als einmal die eigene Bevölkerung haarscharf an einer Nuklearkatastrophe vorbeischrammen ließen.

Normal ist, Landminen zu produzieren, die Beine ausreißen, und künstliche Gliedmaßen, mit denen man stattdessen laufen kann.

Normal ist, „billige“ schmutzige Energiequellen bis zur Neige zu leeren, statt vorbehaltslos auf „teure“ erneuerbare Energien umzusteigen, obwohl dem Planeten schon so warm geworden ist, dass in Kürze „alternative“ Energien alles andere als alternativ sein werden.

Normal sind Produktionsmethoden, die trotz Treibhauseffekt und Energiekrise bei der Gewinnung von Erdöl freiwerdendes Erdgas einfach „abfackeln“.

Normal sind Völker, die nach Fußball-Länderspielen ungünstige Ergebnisse durch Fußballkriege korrigieren.

Normal ist, Abwasser ungeklärt in Gewässer aller Art einzuleiten und Grundwasser durch Pflanzenschutzmittel, Pestizideinsatz, Gülle und Überdüngung zu vergiften, um es anschließend wieder teuer aufzubereiten.

Normal ist, nur wenige Gramm schwere, kranke Frühgeburten in Brutkästen zu stecken und aus gesunden, abgetriebenen Kindern Medikamente herzustellen.

Normal ist, mit Aufzucht kränkster Kinder einerseits und Sterbebett-Chirurgie andererseits das Volkseinkommen an die Apparatemedizin zu verfüttern.

Normal ist, umweltgeschädigten, an Asthma leidenden Kindern mit ärztlich betreuten „Atemübungen“ zu helfen, anstatt sich ökologisch neu zu orientieren.

Normal ist, immer mehr Bürgern durch Straßen-, Flug- und Freizeitlärm den Schlaf zu rauben und in manchem Urlaubsparadies schon ab 5 Uhr morgens auf Nachtruhe zu stoßen.

Normal ist eine Arbeits- und Freizeitwelt, in der Menschen ihren biologischen Rhythmus ignorieren und sich nach Vorgaben von Maschinen und Unterhaltungsangeboten richten.

Normal ist, im islamischen Fastenmonat Ramadan aufgrund der Verschiebung der Nahrungsaufnahme in die Nachtzeit doppelt so viel Geld für Lebensmittel auszugeben wie sonst, von dadurch verursachten Gesundheitsdefiziten einmal abgesehen.

Normal ist der Aufenthalt in tageslichtlosen Arbeitsstätten und Wohnungen, um einhergehende Depressionen mit Lichttherapie in Bräunungsstudios zu vertreiben.

Normal sind Wirtschaftsformen, in denen sorgfältige Aktenführung zum Schutz vor Rechtsstreitigkeiten wichtiger ist als der hergestellte Artikel.

Normal ist, nicht Sparen und niedrigen Verbrauch über die Preisgestaltung zu begünstigen, sondern Verschwendung.

Normal ist eine Volkswirtschaft, in der Ersatzteile unschwer erworben werden können, wenn man den Rest des Produktes dazu erwirbt.

Normal ist, Flaschen unter bemerkenswertem Einsatz von Arbeit, Rohstoff und Energie zu produzieren, um sie, nach einmaligem Gebrauch, in viele, Glück bringende, wiederverwertbare Scherben zu zertrümmern.

Normal sind Neubauten, deren undichte Leitungen problemlos repariert werden können, wenn der Rest der Häuser vorher abgetragen wird.

Normal ist, hormongeladene Turbokühe zu bauen, die dank Kraftfutter Milchweltrekorde aufstellen, aber bei einem unbedachten Schritt an Herzinfarkt verenden.

Normal ist, deren Fraß aus kadaververseuchtem Tiermehl herzustellen und mit Soja, einem Nahrungsmittel aus der Dritten Welt, zu mischen, damit die einen nicht zu dick werden und die andern ein früher BSE-Tod schlank macht.

Normal ist, immer mehr Anbaufläche zu zerstören, um davon zu träumen, in Weltraum-Kolonien Pflanzen anzubauen.

Normal ist, journalistisch auf die Vergrößerung des Ozonloches mahnend mit einem einspaltigen Zweizeiler zu reagieren, um dafür vom Verleger wegen zu negativer Berichterstattung gerügt zu werden.

Normal ist, alte Gesichter auf so jugendliche Werte liften zu lassen, dass schon schüchternes Lächeln unerträgliche Schmerzen bereitet.

Normal sind durch elegante Risse ruinierte Kleider einer modisch überfressenen Bevölkerung, die damit den Chic der verarmten Dritten Welt nachstellt.

Normal ist, Schulschwänzen zu bestrafen und Gesetzes-Entwürfe vor gähnend leeren Abgeordnetenbänken zu beraten.

Normal ist, unabhängige Parlamentarier nur ihrem freien Gewissen zu unterwerfen und sie in allen wichtigen Fragen unter Fraktionszwang abstimmen zu lassen.

Normal ist, Zigarettenproduktion zu dulden, um ein Vielfaches der erzielten Steuereinnahmen für Gesundheitsnachsorge zu verbrauchen.

Normal ist, taube Frührentner durch überlaute Rockkonzerte zu produzieren, nachdem dies Lärmschutz-Vorschriften in der Arbeitswelt nicht mehr zulassen.

Normal ist, Vor- und Zunamen durch adelige, religiöse, politische oder akademische Wahn-Zusätze so gekonnt zu verunstalten, dass immer mehr Menschen an kollektiver Titelsucht erkranken.

Normal ist, wenn wenige weltweit operierende Medienmonopolisten und Nachrichtengroßhändler den Rohstoff vorgeben, aus dem sich freie Menschen ihre freie Meinung bilden.

Normal ist, Kinder zu lehren „Du sollst nicht töten“ und ihnen wöchentlich bis zu tausend Fernsehmorde zuzumuten.

Normal ist, Kindern beizubringen, Tiere nicht zu quälen und Versuchstiere in Forschungslabors zu verheizen.

Normal ist, so viele Menschen in Städten einzusperren, dass sie auf der Suche nach Weite und Natur dieselbe plattwalzen.

Normal ist, Tiere durch Zersiedlung, Überweidung und Überfischung zu liquidieren, um sie dann unter größten wissenschaftlichen und finanziellen Anstrengungen wieder aufzuzüchten und einige geklonte Tierarten in die Nachwelt hinüber zu retten.

Normal ist, die Ufer von Badeseen durch wenige reiche Alte, die nicht mehr baden wollen, zu belegen, damit auch andere nicht schwimmen können.

Normal ist, wenn am Meer wohnende Großstädter nur zwei Stunden Anfahrt benötigen, um noch an saubere Strände zu kommen.

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Soweit der kleine Ausschnitt aus dem Kaleidoskop der Normalität. Für weitere Hinweise unter www.normal-ist.de wird im Voraus gedankt! Die Normalbevölkerung wird wunschgemäß für ver-rückt erklärt. Nicht immer fehlt die nötige Krankheitseinsicht! Die Spanier trösten sich mit dem Sprichwort: „Todos somos locos, los unos y los otros (wir sind alle ver-rückt, die einen wie die andern).“



Kontaktbruch

Wenn Irrsinn und Normalität nahtlos ineinander übergehen, ist es doch ungerecht und auch unsinnig, die Beziehung zu Wahnkranken abzubrechen. Der zeitgenössische Umgang mit Ver-rückten stellt jedoch geistigen Kontaktbruch dar! Dies droht schon die Alltagssprache an: „Du bist ver-rückt“ warnt, sich nicht weiter logisch auseinandersetzen zu wollen oder um Verständnis geäußerter Gedanken zu bemühen. Warum wird die Spaltung in „normal“ und „ver-rückt“ so wichtig genommen? Es ist doch völlig gleichgültig, ob es ein Narr sagt, wenn es richtig ist, oder ein Professor, wenn es falsch ist!

Selbst körperliche Auseinandersetzung bedeutet noch Kommunikation, die den Gegner ernst nimmt. Für voll genommen wird sogar der für normal gehaltene Schwerverbrecher, zu dem der persönliche, nicht aber der geistige Kontakt abgebrochen wird. Man setzt sich mit ihm auseinander! Die soziale Isolation Wahnkranker ist hingegen total: Sie werden nicht mehr ernst genommen und das auf höchst subtile Weise!

Dieser geistige Kontaktbruch wiegt schwer und setzt eine verheerende Abwärts-Spirale in Gang. Einerseits wird nicht geglaubt, dass inneres und nach außen projiziertes Wahnerleben von Betroffenen so real erlebt wird wie die Außenwelt, andererseits wird Wahnkranken selbst dort nicht mehr vertraut, wo noch eine korrekte Wahrnehmung der Außenwelt vorhanden ist.

Menschen sind im sozialen Verband aufeinander angewiesen, leben von wechselseitiger Wertschätzung, von persönlichem Vertrauen, vom Vertrauen Dritter in eigenes Denken und Handeln. Wird Wahnkranken Zutrauen entzogen, erodieren soziale Umgangsformen, werden andere Menschen unwichtig. Betroffene trauen sich selbst nicht mehr, treiben immer tiefer in ihre innere Welt, bis gedanken-austauschendes Luftholen unterbleibt und sie endgültig in ihrer sie gefangennehmenden inneren Welt versinken.

Die schlimmste Sanktion versteckt sich hinter besonderer Fürsorglichkeit, die Ver-rückten zuteilwird, aber gerade dadurch Ebenbürtigkeit abspricht. Ein faktisch unangreifbarer, stillschweigender Vertrauensbruch, der sich in sozialen Umgang und Gesetze frisst.

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Wer gängige Vorurteile ablegt und sich mit der inneren Welt Wahnkranker beschäftigt, wird vor dem Hintergrund subjektiven Erlebens folgerichtiges Denken und Handeln nicht bestreiten können. Handlungen folgen kausal zugrunde liegenden Vorstellungen oder sind im Sinne finaler Betrachtung auf bestimmte Ziele gerichtet.

Ver-rücktheit besteht nicht aus unterschiedlichen Gedankengängen oder abweichender Logik, sondern aus unterschiedlichem Erleben verschiedenartig vorgestellter Sachverhalte. Ob die eine andersartige Außenwelt zeichnenden Projektionen Wahnkranker in letzter Konsequenz wirklich eine minderwertigere Form der Wahrnehmung darstellen, bleibt ausdrücklich offen!

Der hier dargestellte Unterschied in der Interpretation der Außenwelt ist von entscheidender Bedeutung. Sachverhalte werden von Menschen nie identisch erlebt, schon gar nicht übereinstimmend gedeutet. Kaum jemals zwei Zeugen, die über gemeinsame Beobachtungen konform berichten! Abweichendes Erleben Wahnkranker unterscheidet sich von solchen „Fehlleistungen“ nur in Quantität und Qualität. Wenn Betroffene lediglich unterschiedlich wahrnehmen, aber folgerichtig denken, fehlt die Berechtigung, den geistigen Kontakt abzubrechen!



Am Ende des Weges

Im Gleichnis speit der große Fisch, Symbol des Unbewussten schlechthin, den Propheten Jonas wieder an Land. Nicht jeder, der an einer Psychose erkrankt, ist ein Prophet, obwohl er Vergleichbares erlebt. Irgendwann aber fallen die mächtigen geistigen Wasser jeder Psychose und lassen Wahnkranke auf tragfähigem Seelengrund zurück: Basis für erneute Orientierung, Chance zu weiterer Persönlichkeitsreifung!

Der längsten Nacht folgt ein Tag! Tiefgreifende Psychosen führen zu neuen Bewusstseins-Küsten. Vulkanischem Geschehen gleich werden Inseln aus dem Meer des Unbewussten aufgefaltet, wird Neuland des Bewussten geboren. So wie neu entstandene Vulkaninseln allmählich begrünen, knüpfen Betroffene nach dem Abklingen von Psychosen behutsam an die eigene Lebensgeschichte an, wachsen in alte Lebensrollen hinein, erinnern sich an Erlerntes und Erfahrenes. Dies gilt für ureigenstes Körpererleben nicht weniger als für die Wiedereinbindung ins soziale Umfeld. Die notwendigen Voraussetzungen sind vorhanden, die innere Registratur ist unbestechlich. Jeder alte Mensch weiß dies und berichtet von Erlebtem, das ein halbes Jahrhundert und später hochgespült wird, als wäre es gestern gewesen.

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Wie sollte nun der ganze Umbruch der Psychose, wie sollten die ungeheuren Umwälzungen seelischer Revolution, „normal“ eingebunden in den Alltag, still und stumm, geräusch- und geruchlos vor sich gehen? Das ist aber der Anspruch, den Gesellschaft und Psychiatrie an Wahnkranke stellen! Jeder Aufruhr wird im Keim erstickt, ausgetrieben, medikamentös wegdividiert. Das ist ver-rückt und unnormal! Hier wird der gelebte kollektive Wahnsinn konsequent fortgeführt.

Man hätte durchaus Anlass, sich mit den Inhalten von Wahnvorstellungen zu befassen und die dazu führenden kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage zu stellen. Wer beantwortet die Grundfrage, wer wohl ver-rückter sein mag: Derjenige, der all den ererbten, anerzogenen und gelebten Irrsinn noch verdrängen kann oder derjenige, der ihn in Psychosen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen seelisch ausspeit?

Viel Leid bliebe der Menschheit erspart, heilten unkontrollierbare Herrscher, mächtige Diktatoren, ihre destruktive innere Welt durch Psychosen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen, statt ihre negativen Projektionen mit einem vollen Zeitalter aufzuarbeiten und ganze Erdteile in Schutt und Asche zu legen.

Es gibt Psychiater, die sich diesem komplexen Gebiet seherisch nähern: „Es wird einzig Menschen, die sich auf solch innere Reise zu begeben haben, vergönnt sein, durch Risse ein wenig Licht in die allzu geschlossenen Gehirne der Normalbevölkerung einbrechen zu lassen“ (Laing, „Phänomenologie der Erfahrung“, 1969).



Die Wut der Erde

Naturvölker wissen um die Macht der inneren Welt! Furcht vor Dämonen, Ängste vor Geistern werden durch Projektion im Geisterglauben, in Riten und Tänzen aufgearbeitet. Das mag unzivilisiert scheinen, ist den Verdrängungskünsten moderner Menschen jedoch weit überlegen!

Die Rechnung für die Abkoppelung von dieser allmächtigen urzeitlichen Welt, für das Abschneiden von äußerer und innerer Natur, wird eines Tages präsentiert werden. Bis dahin wird alles gut beherrscht! Ausreißer der äußeren Welt, Überschwemmungen, Erdrutsche, Stürme und Feuer, bearbeiten Technokraten, Ausbrüche der inneren Welt durch Psychosen bändigt, wie unsinnig auch immer, die Psychiatrie. Bildhaft betrachtet gleicht das Beutetieren in Raubtier-Rachen, die sich an zermalmenden Eckzähnen festhalten und behaupten, alles gut im Griff zu haben, was aus dieser Perspektive betrachtet noch nicht einmal gelogen ist.

Nicht begriffen wird die Chance, in immer zahlreicheren Erbkrankheiten den Spiegel zutiefst falscher Lebens- und Denkweisen zu erkennen. Durch vor- und nachgeburtliche Liquidierung angeblich erblich vorbelasteter Menschen lassen Medizin und Psychiatrie diesen Spiegel erblinden. Eine neue Dimension wird erreicht durch Kartierung von Genen und Aussortierung von Erbkrankheits-Trägern.

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Im Wahnsinn begegnet der Mensch ungebändigten Elementen, der Wut der Erde, der Entrüstung der Wasser, dem Flächenbrand der Feuer, dem Wüten der Stürme - vielleicht Gott selbst. Die Alten glaubten, Gott nähere sich im Sturm, im Zorn. Die vererbte Wut der Erde ist groß, wenn immer mehr Kleinkinder von unerklärlichen Wutstürmen erfasst werden, die sie ihre Köpfe wie von Sinnen an unnachgiebige Wände schlagen lässt.

Kommen Wahnkranke schon zu Lebzeiten an das Tor einer Wanderung, das jeder Sterbende durchschreiten muss, bevor er wirklich sterben kann, sterben darf? Sind sie lebendige Mahnung, dass nicht alles und jedes straflos verbrochen werden kann? Warnt Wahnerleben vor einer jenseitigen Welt außerhalb der uns zugänglichen Realität, vor der wir uns fürchten sollten und vor der wir uns vielleicht eines Tages für Abweichungen von den uns aufgegebenen Lebenswegen und -zielen verantworten müssen?

Nur weil Religionen Herrschsucht durch bildhaftes Ausmalen schrecklicher Höllenqualen aus den Augen quillt, müssen Mahnungen vor einer jenseitigen Welt nicht falsch sein. Vielleicht erleben Wahnkranke schon in dieser Welt den Vorgeschmack geistigen Fegefeuers als Strafe für das, was gute Menschen sich selbst und anderen, Mensch, Tier und Pflanze, ja der ganzen Erde, tagtäglich bewusst und unbewusst antun?

Wann immer sich Wahnsinn zu Wort meldet, sind die Lebensbedingungen für einzelne, ja vielleicht für alle, aus innerer Sicht untragbar geworden. Wahnsinn warnt vor dem Bruch innerseelischer Brücken zu Tier, Pflanze und Erde. Eine letzte furchtbare Mahnung fordert Bewusstsein eigener Tiefe, eindringlich erinnernd an die uralte, ewige innere Welt, die uns hervorgebracht hat.

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Schon heute kann man künftige Generationen zum Inhalt ihrer Psychosen beglückwünschen, die seelisch all das erbrechen werden, was gedankenlose Bildschirmfütterungen in volle Kinderköpfe meißeln. Tiefere Seelenschichten pflegen eigene Umgangsformen mit Gedankenmüll, nach dem es heutige Generationen, süchtig nach dem ultimativen Kick, verlangt. Die destruktiven Kräfte, die sich hier Luft verschaffen, verwenden durchaus auch gerne jene Bilder, mit denen wir uns tagaus, tagein füttern. Was schon jetzt in Computerspielen oder in animierten Filmen etc. gezeigt wird, könnten durchaus Vorboten einer kollektiv drohenden Psychose sein.

Wir wagen in diesem Zusammenhang die Prophezeiung, dass insbesondere die veränderten Umgangsformen in Sachen Liebe sehr negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und schwere Seelenkrankheiten im Gepäck haben werden. Die uns Menschen gegebene ungeheure seelische und körperliche Anziehungskraft wird zunehmend ersetzt durch blankes Kalkül! Liebe wird zum lukrativen Geschäft im digitalen Angebot. Die Partnersuche wird ökonomisiert und jeder Romantik der Garaus gemacht. All das wird auch zum Einfallstor für Psychosen aller Art mit Inhalten, die dann nicht überraschen sollten.



              Schizophrenie - der Psychiatrie liebstes Kind

Das Wort „Schizophrenie“ besteht aus „schizo“, gebrochen, und „phrenos“, Seele. Hinter der renommiertesten Geisteskrankheit der Neuzeit verbergen sich gebrochene Seelen! Nicht wenige Psychologen halten die Psyche aller Zeitgenossen für gespalten. Kaum verwunderlich! Was stellten Religionen und Kulturen nicht alles mit Menschen an: Kriegsgräuel, Galeeren, Löwengruben, Menschenopfer, Gekreuzigte, Ertränkte, Verkrüppelte, Verbrannte, Gevierteilte, Vergiftete, Vergaste, Verstrahlte - nichts, was es nicht gibt. Hinter freundlichen Gesichtern brodelt und kocht es im Unbewussten. Nur zu leicht fängt das Bewusstsein Feuer! Verdrängte Wut und unbewusster Hass zerfetzen mühelos jegliche Erziehung und Kultur.

Film-Horrorgemälde wie „Psycho“ oder „Blue Boy“ bringen Schizophrenie und Mord in besondere Verbindung. Das macht glauben, ein Mord sei besser als der andere und Schizophrene seien besonders gefährlich. Ob normal, schizophren oder sonst wie begangene Tötungshandlung: In aller Seelentiefe lauert dieselbe deformierte Triebkraft als Mordlust auf geeignete Motive!

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Welchen Sinn könnte es haben, wenn sich Bewusstsein nicht nur Feind ist, sondern über das erträgliche Maß hinaus spaltet? Es kann das Maß dessen, was im Unbewussten aus entwicklungsgeschichtlicher Vergangenheit zu verwahren ist, nicht fassen; nicht ertragen, was ihm an Gedanken zugemutet wird! Folglich spaltet es sich in einen kontrollierbaren, soziale Existenz ermöglichenden und in einen unkontrollierbaren Persönlichkeitsteil.

Menschliche Seelen können sich, um extreme Anforderungen zu ertragen, demnach sogar spalten: eine Amputation, die, wie abgenommene Gliedmaßen, Leben retten kann! Wertfrei betrachtet ist Schizophrenie kaum das, wofür Psychiater und Gesellschaft sie halten, sondern ein kleines Wunderwerk der Schöpfung. Spaltung rettet soziales Bewusstsein, schafft einen Brückenkopf zur Beobachtung und Aufklärung unkontrollierter Triebkräfte. Der Unterschied von Bewusstseinsspaltung zu sozial noch akzeptierter schizoider Zerrissenheit ist lediglich ein gradueller (zwei Seelen ach...!).

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Natürlich existieren weitere Erklärungsansätze! Besonders originell ist die Deutung der Schizophrenie als fehlgerichtete Reaktion des Immunsystems mit der Folge eines Bürgerkriegs im Kopf. Mit Krieg hat das Ganze schon zu tun, zumindest bei Betrachtung der kriegerischen Heilbehandlungen, mit denen der Schizophrenie psychiatrisch zu Leibe gerückt wurde und wird: elektrisch, radiologisch, chemisch, pharmazeutisch...

Die sogenannte Autoimmun-Hypothese zur Erklärung von Schizophrenie besagt, dass sich Antikörper gegen Nervenzellen des Gehirns bilden und sich daran binden. Als Folge der Ankoppelung werden weitere Immun-Abwehrmechanismen aktiviert, die Schäden an Nervenzellen verursachen und damit wesentlich zur Entstehung der Schizophrenie beitragen. Alles verstanden? Jedenfalls schön gesagt, auf dem Europäischen Kongress der Neurologen anno 1992, und das ausgerechnet in Wien, der Hauptstadt der Psychoanalyse!

Bei siebzig Prozent der untersuchten Patientengruppe konnten angeblich Schizophrenie verratende Antikörper im Blut nachgewiesen werden, während bei der Vergleichsgruppe sogenannter „Normaler“ nur zwölf Prozent auffällig wurden. Wir glauben nicht mehr an Märchen und wagen eine eigene Hypothese: Die diagnostizierten Antikörper im Patientenblut bilden sich, um gegen psychiatrische Behandlungen immun zu werden. Die „biologische Katastrophe“, die die Psychiatrie in der Schizophrenie ausmacht, ist sie selbst. Psychiater sind vergänglich und haben nicht ewig Zeit zur Schnellreparatur defekter Gehirne. Darum „heilen“ sie im Zeitraffer-Verfahren, was Jahrtausende zur Ursache hat!

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Was wir heimlich denken? Ursache von Schizophrenie könnte statt Bewusstseinsspaltung auch mangelnde Bewusstseinsmischung sein! Sprichwörtlich gewordene Geschlechterfeindschaft lässt vielleicht nicht mehr zu, dass sich im Unbewussten eines Kindes die unterschiedlichen, jeweils von Mann und Frau vererbten Seeleninhalte mischen. Es bildet deshalb nebeneinander, quasi gespalten, unterschiedliches Bewusstsein aus. Kommen sich die feindlichen Lager zu nahe, haben sie sich durch Psychosen zusammenzuraufen.



            Psychiater und Gutachter

Wissenschaft ohne Neugier ist nicht vorstellbar! Ernst Klee berichtet in „Irrsinn Ost – Irrsinn West“ folgende Episode: Als die Psychiatrie in Deutschland noch braun war, kurz vor Ende des II. Weltkrieges, musste eine Mutter ihre taubblinde Tochter aufgrund der bevorstehenden Aufnahme in einer Landesblindenanstalt in einer jugendpsychiatrischen Klinik untersuchen lassen. Der zuständige Professor ordnete eine sachlich durch nichts zu begründende Untersuchung des Gehirnwassers an und bemerkte, „er wüsste zu gerne, wie es im Gehirn einer Taubblinden aussieht“.

Wir bräuchten in dessen Gehirn kein Gemetzel zu veranstalten, um zu wissen, wie es darin aussieht. Vor einer Punktierung scheuten wir schon aus Angst davor zurück, braun eingefärbtes Material zu gewinnen, denn es könnte sich um Kot handeln. Das lohnendste Wahnobjekt wäre die Psychiatrie sich selbst. Leider richtet sie so selten das Licht der Diagnose auf sich und ihre Mitglieder, denen nicht selten unerkannt eigenes Wahnerleben nahelegt, sadistische Bedürfnisse im Rahmen von „Heilverfahren“ an psychisch Kranken zu befriedigen…

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Die Worte „heilig“, „gut“ oder „Hilfe“ brauchen nur anzuklingen: Jedermann gibt seinen Verstand ab! Davon profitieren Religionen und Pseudoreligionen wie Psychiatrie und Psychologie. Nicht verstehen, sondern glauben wird verlangt! Unter weißen Mänteln stinkt es jedoch nicht weniger als unter schwarzen Kutten. Heiligem ärztlich-psychiatrischem Gehabe und dessen Hilfsangeboten gegenüber kann man daher nicht vorsichtig genug sein!

Keine Gruppierungen haben mehr „legale“ Verbrechen begangen als jene im göttlichen und halbgöttlichen Bereich: Religion und Medizin! Ist in der Psychiatrie Kontrolle besonders unzureichend, ist das damit erklärbar, dass sich Staat und Gesellschaft, gesetzgebende, verwaltende und rechtsprechende Gewalt, nicht ausreichend um ihre seelisch schwachen Gesellschaftsmitglieder kümmern können und wollen.

Geheime Scheu lähmt Menschen, sich mit dieser dunklen Seite des Daseins zu befassen. Vielleicht behindert sie die Furcht, sich „anzustecken“, selbst ver-rückt zu werden? Zum Schutz davor grenzt man sich von Ausgegrenzten ab, betrügt sich mit dem Glauben, hier handle es sich um Menschen am anderen Flussufer, denen man in keiner Weise ähnlich sei. Diese Scheu müssen diejenigen nicht haben, die von Berufs wegen autorisiert sind, mit Wahn umzugehen, Wahnsinn zu verwalten und sich schon aus diesem Grunde immun vor Wahnerleben glauben.

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Nur wer sich unantastbar glaubt, kommt überhaupt auf den Gedanken, Irrsinn systematisch in Dritten aufzuspüren, wie der bekannte Münchner Psychiater Kraeplin und dessen Schüler. Wir verdanken ihnen nicht nur die richtungsweisende Erfindung der Elektroschockbehandlung, von der schon die Rede war, sondern auch die systematische Erforschung der psychotisch durchseuchten Bevölkerung: Krankenakten, Sippentafeln, Sammelmappen und viele, viele Durchschläge für die Irrenanstalten selbst, die Gesundheitsämter, die erbbiologischen Landeszentralen, die psychiatrischen Außenstellen usw. Verdächtig ist alles: Kleinstkriminalität, Selbstbefriedigung, Suizidgedanken, altersbedingtes Vergessen von Kleinigkeiten etc. Die Hauptstadt der Bewegung und Großstadt mit Herz, München, schämt sich bis heute nicht, eine Straße nach Kraeplin zu benennen, auf dass niemals vergessen wird, wer Grauen so vorbildlich lehrte.

Wissenschaftliche Gier durchdringt über kurz oder lang jede Ideologie und jede Staatsform. Die deutsche Psychiatrie ist in dieser Hinsicht Weltmeister und Stehaufmännchen. Psychiatrie-Opfer standen in der Nachkriegszeit und nach dem Fall der Mauer bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht selten denselben Gutachtern gegenüber, die einst als verantwortliche Psychiater die Verbrechen begingen, die überhaupt zur Stellung späterer Schadensersatzansprüche führten. Die verehrte Kollegenschaft blieb fast ausnahmslos und übergangslos in Amt und Ehre!

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Die schärfste Waffe der Psychiatrie ist weder Behandlungseinfalt noch Medikamenten-Giftschrank, was für sich betrachtet nun wirklich schlimm genug wäre, sondern ihre Diagnose-Allmacht: Ein RAF-Terrorist saß seit 17 Jahren lebenslänglich ein und bemühte sich um Freilassung. Mitte der Neunziger Jahre verhinderte dies ein begutachtender Psychiater mit der Begründung, „der Verurteilte sei immer noch hochgradig verstimmbar und einem Leben in Freiheit nicht gewachsen“.

Selbst wenn diese Entscheidung im Ergebnis richtig gewesen sein sollte, die Begründung ist geradezu absurd! Da wird jemand siebzehn lange Jahre für teures Geld eingelocht, ist dann immer noch verstimmt und bleibt zum eigenen Besten im Gefängnis. Dank Psychiatrie sitzt er nicht mehr für Schuld, sondern aus Fürsorge ein. Der beauftragte Gutachter ist offenbar der Auffassung, siebzehn Jahre Gefängnisaufenthalt fördere Lebensfreude, gute Stimmung und bereite optimal auf die Freiheit vor. Eingesperrte Gutachter würden zweifellos voller Optimismus verbliebene Gefängnistage zählen und daher frühzeitig begnadigt werden.

Immerhin bemühte man sich um eine gründliche Begutachtung des zu „Lebenslänglich“ verurteilen Terroristen, die so selbstverständlich auch wieder nicht ist. Mancher rastlose Gutachter weiß in seinem erfüllten Psychiaterleben nicht weniger als 34.000 (in Worten: vierunddreißigtausend) Fälle zu bearbeiten. Alle begutachteten Einzelschicksale persönlich kennenzulernen, ist solchen Akkordarbeitern aus Zeitgründen naturgemäß nicht vergönnt (siehe unten „Ferndiagnostik“).

Das durchschnittliche Arbeitsleben eines Psychiaters umfasst ca. 8.000 Arbeitstage. Bei 34.000 Begutachtungen sind demgemäß durchschnittlich vier bis fünf Fälle je Arbeitstag zu bearbeiten. Da die Gutachtertätigkeit in der Regel neben anderen Aufgaben ausgeübt wird, Klinikleitung, Lehre, Nervenarzt-Privatpraxis usw., bleibt pro Fall vielleicht eine halbe Stunde. Geübte Ferndiagnostiker schaffen die Begutachtung allerdings in wenigen Minuten und Vorzeige-Psychiater entscheiden im Zweiminutentakt über das Vorliegen irreparabler Geisteskrankheiten. Die Süddeutsche Zeitung schalt Gutachter am 15. Oktober 1991 eine „gewissenlose Bande“, was der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an verdiente Kollegen natürlich nicht im Wege stand.

Manche Gutachter sind so begabt, dass sie „Wahnsinn förmlich riechen können“. Nehmen sie sich dennoch zwei Minuten Zeit für einen Irren, ist das ein Akt purer Höflichkeit. Wir riechen auch etwas, es stinkt ganz entsetzlich und kommt nicht vom Irren. Unglücklicherweise haben nicht alle Irrenspürhunde eine so feine Nase. Sie müssen den Irren vor seiner Endlagerung als schizophrene Karteileiche erst noch wiegen, vermessen oder sonst wie untersuchungstechnisch vergewaltigen.

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Zwischen 1995 und 1997 narrte der oben im Vorwort schon erwähnte gelernte Postbote Postel die sächsische Psychiatrie und befand in etwa vierzig Betreuungsgutachten über Schuld oder Unschuld von Straftätern. Postel, ein erfahrener Mann, der schon zu Beginn der Achtziger Jahre als falscher Amtsarzt „Dr. Dr. Bartholdy“ gearbeitet hatte, wurde entlassen. Schade! Die Trefferquote Postels war nicht schlechter als die von promovierten Gutachtern! Vergleichbare Ergebnisse würden wahrscheinlich im Sinne einer Stichprobe auch beliebig aus der Gesamtbevölkerung eingesetzte Gutachter produzieren.

Auf die Qualität der Ausbildung kommt es auch gar nicht an! Die Psychiatrie wird, wie bereits erwähnt, nicht wegen zutreffender Gutachten oder Heilung benötigt, sondern erfüllt präventive Aufgaben. Das Gefängnis dieser Tage und auch die Religion haben an Schrecken verloren! Staatsbürger müssen im Interesse gedeihlichen, sozialen Zusammenlebens wenigstens die Psychiatrie fürchten. Werden dabei richtige Patienten falsch und falsche richtig begutachtet, ist dies im Sinne der Staatsraison unvermeidbar.

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Um beide Pole des Irrsinns gejagt fühlen sich begutachtete Personen, werden ihnen anschließend Gutachter-Rechnungen präsentiert. Sie haben die Kosten selbst zu tragen, da Vormundschaftsgerichte immer im Interesse der Betroffenen tätig werden. Vorsicht, liebe Irre, nicht ärgern und ja nicht ausrasten, sonst lässt die dauerhafte Einweisung nicht lange auf sich warten!

Die kostenpflichtige Gutachterauskunft ist wertvolle Grundlage weiterer Lebensplanung. Jedem halbwegs verständigen Irren dämmert, dass er sich weitere Auffälligkeiten kaum mehr wird leisten können. Selbst ein tadelloser Leumund, eine einwandfreie Lebensgestaltung schützen nicht vor der Beurteilung, „eine Jahrzehnte währende normale Lebensführung hätte nur die wahre schizophrene Persönlichkeit überlagert“. Gutachten besiegeln so oder so, durch Schuld- oder Freispruch, einen lebenslangen Bund mit der Psychiatrie. Bis dass der Tod ihn scheidet...!

In den USA fällt die Jury das Urteil, entscheiden Schöffen mehrheitlich darüber, ob Straftäter geisteskrank sind oder nicht. Gutachter werden lediglich gehört. Dieses Verfahren überzeugt, weil es Einzelpersonen so weniger Macht einräumt. Demgegenüber behaupten Psychiater, Laien seien mangels Sachkompetenz zu einer Beurteilung gar nicht in der Lage. Sie sind es - und nicht vergessen: Über Hexen und Ketzer saßen Personen mit erstklassiger akademischer Bildung zu Gericht!

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Begutachten heißt, sich Betroffenen nicht mehr offen, sondern versteckt, ja hinterhältig zu nähern. Die bloße Tatsache einer Begutachtung bedeutet die Vorverurteilung durch Ausgrenzung. Mitmenschliche Auseinandersetzung, so schwierig sie im Einzelfall sein mag, weicht einer körperlichen, geistigen und seelischen Vermessung. Kaum einem Staatsbürger ist bekannt, was ihm Unterbringungsgesetze im Namen von Hilfe und Fürsorge an diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, sowie an Einschluss zumuten.

Während strafrechtliche Verurteilungen die Dauer des Einschlusses berechenbar machen, kann dies von psychiatrischen Gefängnisaufenthalten nicht behauptet werden. Mancher bleibt für immer, ohne die geringste Straftat begangen zu haben. Anderen gelingt nach viermaligen Kapitalverbrechen und Psychiatrie-Einweisungen dank wohlwollender Psychiater ein weiterer fünfter Sprung in die Freiheit, nämlich dann, wenn Gutachter mit ihren Patienten wahnsinnig werden und so schwere Straftäter wieder freilassen.

Da tut es einem schon ein bisschen leid um das viele Geld für Gutachten! Die forensische Psychiatrie ist die Dunkelkammer des Rechts bei der man die Akkuratesse, die ansonsten bei Strafen und Strafvollstreckung herrscht, vergeblich sucht!

Obwohl außer „Orientierungs-, Denk-, Vorstellungs- und Verhaltensstörungen“ keine sichere Diagnose möglich ist, lässt sich hinter nichtssagenden komplexen Formeln jede in Lehrbüchern aufgelistete Geisteskrankheit unterbringen. Kraft Gutachtergewalt werfen Psychiater ihre Gegner mühelos in den Staub. Staatsbürger liefern sich der unaufhaltsam entmündigenden Macht von Psychologie und Psychiatrie aus, der Allmacht weniger, die ihre Kompetenz durch nichts bewiesen haben und auch nie werden beweisen können. In Kalifornien ist sogar jeder Psychologe berechtigt, auffällige Personen in psychiatrische Krankenhäuser einzuweisen. Der bloße Hinweis auf eine erforderlich werdende psychiatrische Begutachtung besitzt hohe disziplinierende Wirkung. Nur, wer begutachtet die Gutachter?

Umfragen zufolge glaubt ein Großteil der befragten Bevölkerung, die meisten Psychiater und Gutachter seien mehr oder minder selbst ver-rückt. Konsequent weitergedacht, lässt also die sogenannte Normalbevölkerung Irre von Ver-rückten begutachten, bewachen und „heilen“ und sorgt sich dabei kaum um das eigene Wohlergehen. Die Ver-rückten sind immer die anderen! Niemand rechnet damit, selbst an einer Psychose zu erkranken und Wahnvorstellungen zu entwickeln - ein grundlegender Irrtum! Tritt dieser Fall dennoch ein, steht der „Normale“ nach eigenem Bekunden bei der Begutachtung Ver-rückten gegenüber, macht sich darüber zuvor aber offenbar keine großen Sorgen!

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Auf Deutschlands Straßen: Jemand schiebt in betrunkenem Zustand sein Fahrrad. Aufgrund Alkoholgenusses kann er nicht mehr sicher fahren: Verkehrskontrolle, Blutentnahme, Anordnung eines psychologischen Tests. Die junge Psychologin kommt zum Ergebnis, dieser Mann sei eine „wandelnde Zeitbombe“, ein Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr. Die Ordnungsbehörde entzieht den Führerschein auf Dauer! Jahrein, jahraus fahren Menschen Mitbürger mit Kraftfahrzeugen tot, was selten zu dauerhaftem Führerschein-Entzug führt. Hier benutzt jemand ein Fahrrad, schiebt es, um sich und andre nicht zu gefährden, und verliert, unfallfrei, dauerhaft seinen Führerschein. Jede Medaille hat zwei Seiten: Bei Piloten konnten Gutachter nach einer Kraftfahrzeug-Trunkenheitsfahrt keine nachteiligen Rückschlüsse für die verantwortliche Führung eines Verkehrsflugzeugs ziehen.

Nach vergeblichen Bitten beklagt sich jemand bei der Ordnungsbehörde über nächtliches Hundegebell im Nachbargarten. Mitarbeiter der Verwaltung, offenbar mit tiefem Schlaf gesegnet, wittern einen Querulanten. Den Antragsteller erreicht statt Abhilfe eine Vorladung zum psychologischen Test bezüglich seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Begründung: Jemand, der sich von Hundegebell in seiner Nachtruhe stören lässt, ist am Tage zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet.

Verfassungsrichter befanden vor Jahren, der Konsum eines einzigen Haschisch-Joints rechtfertige die routinemäßige Anordnung der anspruchsvollen Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), deren Bewältigung schwieriger ist als der Erwerb des Führerscheins bei ausgefuchsten Fahrprüfern.

Die gesamte Materie offenbart, dass die untere Widerstandslinie der Bürger zumindest dann schwach wird, wenn es sich um Pseudoreligionen wie Psychiatrie und Psychologie handelt. Vielleicht wird ein bisschen gemurrt und gemeckert, aber der kollektive psychologische Knebel steckt schon viel zu tief im Hals, als dass er noch ausgespien werden könnte.

Es wäre unfair, den schwarzen Peter dem Gutachterheer, das Verwaltungspaläste und Gerichtssäle belagert, alleine zuzuschieben. Psychologen und Psychiater machen, was die Öffentlichkeit verlangt und berücksichtigen, dass diese ungern Fehler verzeiht. Besser gut ausgelastete Psychiatriegefängnisse als ein Irrer zu viel in Freiheit; lieber zehn Führerscheine zu viel entzogen als einer zu wenig!

Statt das System in Frage zu stellen, wird an der Gegenfront aufgerüstet! Wer es sich leisten kann, nimmt in teuren Wochenendseminaren den Kampf auf zur Wiedererlangung des Führerscheins durch Bestehen der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung. Dies stählt insbesondere für das gefürchtete Einzelinterview. Der Erfolg ist vorprogrammiert: Referenten und Prüfer sind weitgehend identisch. Entscheidend ist nicht, was man denkt, sondern das, was man sagt. Angriff und Abwehr erfassen auch den Alltag! Wer wagte noch eine Arbeitsplatz-Bewerbung, ohne vorherige Beschäftigung mit der richtigen Beantwortung psychologischer Testfragen?



                 Anstaltspsychiatrie

Die Insel San Servolo bei Venedig wurde 1725 zur psychiatrischen Anstalt. Ursprünglich hatten nur adelige Ver-rückte das Privileg dort einzuziehen. Normale Ver-rückte wurden im Gefängnis eingesperrt oder blieben sich selbst überlassen, was kein Nachteil gewesen sein muss, bei allem, was wir über die psychiatrische Patientenhaltung wissen. Napoleon war jedoch für Gleichheit und öffnete die Anstalt für alle.



Menschenmühlen

Wer zu viel stiehlt, wandert in den Strafvollzug, wer zu wenig nimmt, in die Psychiatrie. Früher wurden Irre und Gesetzesbrecher zusammen eingesperrt - zu Recht! Kriminelle lernen nicht, so geschickt und sozialverträglich zu stehlen wie angesehene Gesellschaftsmitglieder. Ver-rückte versäumen, so kriminell zu sein wie die asozial strukturierte Gemeinschaft. Strafe muss sein! Von allen Menschenmühlen ist die Anstaltspsychiatrie die furchtbarste, dafür mahlt sie umso zuverlässiger. Einige Geschmacksproben:

Ernst Klee schildert in „Irrsinn Ost – Irrsinn West“ den Fall einer 27‑jährigen Mutter, die 1943 aufgrund einer Schwangerschaftspsychose ins Irrenhaus gebracht worden war. Die (damals neunjährige) Tochter erinnert sich an den letzten Besuch: Das Haar meiner Mutter war grau geworden. Sie lebte in fürchterlicher Todesangst und flehte: „Holt mich hier raus, die bringen alle um!“ Eine Tante kommentierte mitfühlend: „Jetzt ist sie wirklich ver-rückt geworden.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte die Heil‑ und Pflegeanstalt bereits 18.000 Menschen umgebracht. 1944 erreichte die Familie ein Telegramm: Die Mutter war an einer „Lungenentzündung“ verstorben.

„Kolonie des Horrors“ nannte der argentinische Volksmund die psychiatrische Klinik „Montes de Oca“. Menschenrechtsorganisationen entsetzten sich seit Jahrzehnten über fürchterliche Zustände. Der argentinische Gesundheitsminister befand hingegen die geleistete Arbeit der psychiatrischen Einrichtung für anerkennenswert.

Wir geben dem Gesundheitsministerium recht und würdigen den psychiatrischen Beitrag zum Abbau ungezügelten argentinischen Bevölkerungswachstums. Jährlich kamen in Montes de Oca mindestens hundert Menschen unter ungeklärten Umständen ums Leben. Die Leichenbeseitigung verursachte nicht einmal Kosten, da die Klinik mit Blut und Organen aller Art handelte. Darüber, wo die Einnahmen versickerten, darf gerätselt werden. Wo Organe so pietätvoll entnommen werden, sollte deren angemessene Bestattung in allernächster Nähe möglich sein, etwa im Herzzentrum nebenan. Verdächtige Leichenreste löste ein Chemikalien-Teich auf.

Psychiatrisch Einsitzende bekommen selten Besuch! So fiel in dieser Klinik selbst das Fehlen von ein bis zwei Patienten-Augen kaum auf. Die Hornhaut schnitt kaum angelerntes Personal aus den Augen. Das ersparte Behandelten künftig Verletzungen durch schädliche UV-Strahlung und kostspielige Laserbehandlungen!

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Ein 1995 bekanntgewordenes Kindermärchen: Der zweijährige Oskar wird nach Überleben einer Gehirnhautentzündung gesund aus der Klinik entlassen. Aufgrund untragbarer Familienverhältnisse wird er als Vierzehnjähriger in ein Heim eingewiesen, in dem er nicht bleiben mag. Er flüchtet erfolglos mehrere Male. Die Heimleitung wälzt die Akten und besinnt sich seiner frühkindlichen Hirnhautentzündung. Gute medizinisch-psychiatrische Buchführung macht sich immer bezahlt! Eine Psychiaterin diagnostiziert „Hirnschädigung und Intelligenz-Retardierung im Sinne mittleren Schwachsinns“. Die Direktion liefert Oskar erleichtert einer geschlossenen Anstalt aus.

Vier Monate später weisen dort anstaltseigene Tests Oskar als normal begabten Patienten aus. Zum Schutz der Öffentlichkeit und des eigenen Einkommens mag man aber vorsorglich neun Jahre lang den eigenen Untersuchungen nicht trauen. Wer schon einmal da ist, hat Anspruch auf Behandlung! Während der Achtziger und Neunziger Jahre hatten Psychopharmaka den Gipfel psychiatrischer Heilkunst erklommen. An Oskar werden insgesamt zwei bis drei Kilogramm Medikationsmüll zwangsverfüttert. Er überlebt als körperliches und seelisches Wrack, ist endlich so krank, wie er zu sein hat!

Mit Hilfe einer unermüdlich kämpfenden Studentengruppe, die zufällig auf ihn aufmerksam wird, kommt Oskar frei. Er wird aufgepäppelt und erhält durch Gerichtsurteil eine Viertelmillion Euro Schadensersatz zugesprochen. Die Geschichte hat auch ihr Gutes, wenigstens für andere. Irgendjemand hätte die Medikamente immer schlucken müssen, so hart sind die Gesetze des Marktes!

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Eine erwachsene Tochter folgt gegen den Willen ihrer Eltern dem spontanen Wunsch, eine große Tänzerin zu werden und beginnt eine Tanzausbildung. Ein Student sitzt gedankenverloren eine Stunde lang still und unbeweglich an einem Bach, schaut Forellen zu und antwortet nicht auf Fragen „helfender“ Bürger. Beide Personen konnten dann in geschlossenen Anstalten besucht werden. Extremfälle? Jedenfalls bedarf es eines wenig auffälligen Verhaltens, und keineswegs der Begehung von Straftaten, um im Psychiatriegefängnis zu landen!

Über den Horror Ost sind wir weniger gut unterrichtet! Sozialistische Psychiater waren nach 1945 mit der Rettung volkseigenen Erbgutes befasst und schützten die Volksgesundheit der ehemaligen DDR durch international geächtete Röntgenkastrationen bei politischen Gefangenen und anderen Ver-rückten.

Das Unglück kinderloser Ehepaare im kinderfreundlichen Argentinien rührte das Personal in Montes de Oca tief. In Gefangenschaft geborene Kinder wurden den Patientinnen weggenommen und an zahlungswillige Adoptiveltern verhökert. Dies war einer ehemals europaweit verbreiteten Unsitte weit überlegen: Im Irrenhaus geborene Kinder wurden der Einfachheit halber gleich als Irren-Nachwuchs einbehalten, das Sorgerecht dem Direktor übertragen, der möglicherweise seine Vaterschaft bestätigt sah.



Beutegreifer

Mit der Erwähnung des Nachwuchsproblems wird ein empfindlicher Nerv der Psychiatrie aufgebohrt. Die Medizin schöpft aus der unendlichen Reserve immer neuer alter Krankheiten. Gehen diese trotzdem aus, sorgt die Zivilisation durch mutwillige Zerstörung von Leib und Leben für ausreichend neue Patienten.

Bei der Psychiatrie ist das anders! Seelische Krankheiten werden vom Zeitgeschmack mitbestimmt, Heilungsformen von den Ver-rücktheiten des Zeitalters. Irre, die so schwachsinnig sind, sich freiwillig behandeln zu lassen, sind selten, weshalb die Akquisition von Patienten unverzichtbar ist! Aus Angst vor Schädigung des pseudoreligiösen Heiligenscheins darf dies aber nicht zu sehr nach außen offenbar werden. So wird die Psychiatrie zum einsamen Beutegreifer, der am Wegrand psychisches Aas schlägt. Fehlt es an Fraß, heißt es erfinderisch sein!

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Fragebögen fordern Kinder zur Schilderung persönlicher Probleme auf, die dann zu seelischen Erkrankungen umdefiniert werden können. In Zeiten großer Futternot werden schon Kinder auffällig, die über Alleinsein klagen, schnell weinen, Angst davor haben, in die Schule zu gehen usw. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie stellte vor wenigen Jahren fest, dass etwa achtzehn Prozent der Kinder und Jugendlichen dringend Hilfe benötigen.

Leider wird der ganze psychiatrische Erfindungsreichtum zur Früherkennung künftiger Behandlungsopfer verbraucht. Die verheizte Kreativität fehlt anschließend bei der Behandlungsvielfalt. Ungeachtet der Schwere der Tat werden Erziehungs- und Entwicklungsschwierigkeiten daher bevorzugt mit Medikamenten-Hämmern angemessener Stärke verfolgt.

Die Kundschaft wird mehrfach ausgebeutet! Familiäre und gesellschaftliche Verhältnisse schwächen psychisch auffällig werdende Menschen vor und nach der Geburt. Es folgt die erzwungene, kostenpflichtige Inanspruchnahme spezialversorgender psychiatrischer Einrichtungen. Eine dritte, subtile Ausbeutung findet in der Zuweisung niedrigen Ansehens statt, wovon der Rest der Gesellschaft profitiert, der sich entsprechend überlegen fühlt.



Alltag im Irrenhaus

Obwohl kaum etwas so gleich macht wie Wahnsinn, leben Standesunterschiede im Irrenhaus weiter. Christine Lavant verbrachte 1946 freiwillig sechs Wochen ihres Lebens in der Landesirrenanstalt Klagenfurt und wurde mit der sogenannten „Arsen-Kur“ und sonstigen Schikanen, die zum damaligen Zeitpunkt für therapeutisch sinnvoll gehalten wurden, traktiert. In ihren „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“ berichtet sie über diese „Vorhölle der Verdammnis“. Die starre Klassenstruktur jener Zeit erlebte sie geradezu karikaturistisch verhärtet. Vornehme Patientinnen erster Klasse: Comtessen, wohlhabende Bürgersfrauen. Kranke zweiter Klasse, deren Zwangsaufenthalt die Krankenkasse finanzierte. Irre dritter und letzter Klasse, deren Kosten die Heimatgemeinde zu tragen hatte und die darum das niedrigste Ansehen genossen. Kein Wunder, dass Irrsinn standesdurchbrechende Wahnvorstellungen besitzt! Dienstmädchen halten sich für adelig, Blaublütige für Leibeigene, Zigarettenverkäufer für Mathematik-Genies... Mehr Wahnsinn als im Wahnerleben selbst ist allerdings in Gesellschaftsverhältnissen anzutreffen, die ihn hervorbringen.

Der Leiter des Irrenhauses Klagenfurt, ein begeisterter Nationalsozialist, löste Klassenunterschiede etwas zu unbürokratisch auf und führte zahllose Patienten der Endlösung zu. 1946 wurde er hingerichtet, was durchaus konsequent war. Unwertes Leben war nach der von ihm selbst vertretenen Ideologie zu töten!

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Marsch, marsch ins Bett! Man weiß von alters her: Bettruhe heilt Krankheiten! Ver-rückte werden in psychiatrische Betten gesperrt, selbst wenn sie neben der ausgemachten Wahnsymptomatik vor Kraft und Gesundheit nur so strotzen. Einfallsreiche Fesseln, in der modernen Variante Psychopharmaka, ersetzen fehlende körperliche Bewegung. Begleitender Entzug von Licht, Luft und Sonne gewährleistet dauerhaftes Wohlbefinden und rasche Genesung.

Langsam beginnt der Wahnkranke, zwischen Tranquilizer und Aufheller wie eine Flipperkugel hin und her geschossen, einen ordentlichen Tagesablauf im Gleichschritt gesunden Volksempfindens einzuüben. Dies auch dann, wenn seine innere Uhr bis zu einer vollen Tag- und Nachtverschiebung vor- oder nachgeht. Wessen innere Uhr anders tickt, tickt jedenfalls nicht richtig - und das ist heilbar! Wird dabei die Feder der Lebensuhr überzogen und bricht, ist das Problem auch gelöst. Ein neuer Bettchen-Anwärter, der Probleme mit der Zeiteinteilung hat, kann geheilt werden.

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Psychiatrische Kliniken lieben ein sauberes Erscheinungsbild. Kein Irrer soll in die Hose scheißen oder zum Fenster hinaus pissen. Erotikfreie und humorlose Umgangsformen werden geschätzt. Ver-rücktsein ist schon lustig genug, viele Irrenwitze beweisen es! Patienten und Personal sollen sich angenehm vom viehischen Benehmen der durchschnittlich besoffenen und bekifften Bevölkerung abheben.

Das glatte Gegenteil wäre normal, jedenfalls auf Patientenseite! Fallen Menschen ins Kindsein zurück, geht oft einiges „in die Hose“. Vor dem Siegeszug der Psychopharmaka haftete der Geruch von Urin an Irrenhäusern. Einnässen und Einkoten sind uralte Formen unbewussten Protestes, bekannt aus Kindheit und Alter. Selbst Haustiere äußern so ihren Unmut oder machen auf Hilflosigkeit aufmerksam. Höher entwickelte Tiere, beispielsweise Gorilla-Gruppen in freier Wildbahn, von fortschrittlichen Lebensweisen durch immer kleinere Lebensräume gehetzt, verlieren in Todesangst auf der Flucht große Mengen an Kot und Urin.

Ist niemand mehr normal, soll es wenigstens der Irre sein! Er wird zum Forschungsobjekt dieser „rätselhaften“ Unsauberkeit. Der Erfolg lässt grüßen! Letzter so geäußerter Protest wird, medikamentös erstickt, zur erklär- und behandelbaren Krankheit umgeformt. Wiederum lukrativ therapierbare „Nebenwirkungen“ folgen auf dem Fuße: Speichelfluss, Brechreiz, Durchfall, Bewegungsstörungen...

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Nirgends ist es leichter, sich ver-rückt zu verhalten, als im Irrenhaus. Das bedingt die Käfighaltung zusammengepferchter, zum Teil akut wahnkranker, vorgeschwächter Menschen, die zumindest teils unvermittelt aus ihrer gewachsenen sozialen Umgebung herausgerissen wurden.

Man sollte glauben, wer in einem Psychiatriegefängnis eingesperrt wird, besitzt das verbürgte Recht, sich entsprechend der Brandmarkung und Stigmatisierung zu verhalten. Wo sonst sollte ein Wahnkranker gefahrlos für sich und andere sich ausdrehen, ausspinnen, austoben können? Wo anders - in einer vor Logik und Rationalität explodierenden Welt - sollte ein Stück Kindheit und Entwicklung, um das immer mehr Menschen betrogen werden, mit aller damit verbundenen Irrationalität nachgeholt und ausgelebt werden?

An keinem Ort ist es aber gefährlicher, sich ver-rückt zu verhalten, als im Irrenhaus! Nirgendwo werden als soziales Fehlverhalten interpretierte, wahnbedingte Verhaltensweisen so drakonisch sanktioniert wie innerhalb der Psychiatrie. Verhalten, das in Freiheit eine scharfe Zurechtweisung nach sich zöge, wird im Irrenhaus gnadenlos „geheilt“, bis ins Mark der geknechteten Persönlichkeit hinein. Die Betroffenen werden in innere Gefängnisse gesperrt, chemische Zwangsjacken, deren Verwendung kein Rechtsstaat verbietet und kein Richter wirksam kontrolliert!

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Menschen aus Naturvölkern kann man nicht zu Freiheitsstrafen verurteilen. Sie sterben dem Bewachungspersonal unter den Händen weg. Nur weil Gefangene in sogenannten zivilisierten Nationen Einschluss länger überleben, heißt das nicht, deren Persönlichkeit würde nicht vergleichbar ruinös zerstört. Die Psychiatrie selbst räumt ein, schwere, chronifizierte Fälle seien häufig hausgemacht, d.h. kämen allein durch die Hospitalisierung zustande!



Ohren der Psychiatrie

Das Gemeinwesen fürchtet vor allem Ver-rückte, denen keine wichtigen Wahnprojekte zugewiesen wurden: Entwicklung und Betrieb von Atomkraftwerken, Ruinierung des Trinkwassers durch Chemie, Versiegelung der Landschaft durch unmäßigen Straßen- und Städtebau, Entwicklung von Landminen, Vergiftung der Böden durch intensive Landwirtschaft, industrielle Verunreinigung der Atemluft, dauerhafte Umgestaltung der Wälder in Papier usw.

Normale Irre sind hingegen sofort zu ergreifen, damit sie keine Bagatell-Schäden anrichten. Fahndung und Festnahme wurden Psychiatern zugewiesen, die aber nicht immer und überall sein können. Obwohl einmal Sehen besser ist als tausendmal Hören, bleibt nichts anderes übrig, als mit großen Ohren in die Bevölkerung hinaus zu lauschen. Das feingefächerte Netz verlässlicher Außenstellen, Nervenarzt- und Psychiatrie-Praxen, psychologischer Beratungsstellen, Vereinen für Lebenshilfe usw., filtert aus Gehörtem die Spreu vom Weizen und reicht Irre, oder was sie dafürhält, an die Psychiatrie weiter. Auf diese Weise wird an Irren bereits durch ambulante Betreuung verdient.

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In der Leistungsgesellschaft sitzt selbst Psychiatern die Erfolgsquote im Nacken. Sie können Wahnkranke nicht ewig heilen und hierzu unbegrenzt einsperren. Ist die Drogenabhängigkeit erst perfekt, gibt es auch keinen vernünftigen Grund mehr, Irre länger vor Ort aufzubewahren. Man reicht sie an die Außenstellen zurück, die sich für die Zuführung verlässlich außer Gefecht setzender Giftmengen verbürgen, der Psychiatrie ihr wachsames Beobachterauge leihen und ggf. für rechtzeitige Wiedereinweisung sorgen. Eine Hand wäscht die andere!

Obwohl der Abschied von Wahnkranken schwerfällt, lässt die Psychiatrie sie gerne ziehen, weiß sie doch, es ist kein Abschied für immer. Drogensüchtige können ohne Medikamente nicht mehr auskommen und kehren irgendwann ins elterliche Heim der großen psychiatrischen Familie zurück.



Lebensversickerungsanlagen

„Ihr (Irre), die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren (Dante, Göttliche Komödie, Hölle III)!“

„Hospitalismus“ nennt die Psychiatrie eine hausgemachte Wahnkrankheit. Insassen verwandeln sich durch jahrzehntelangen Irrenhaus-Alltag in stumpfsinnige, seelisch und körperlich verfallende Wracks. Entgegen äußerem Anschein tragen sie gleichwohl einen sorgsam gehüteten, inneren Lebensfunken in sich und reagieren in beispielloser Feinfühligkeit auf winzige Veränderungen wie Auswechselung von Blumen, Erneuerung der Wandfarben usw. Die rastlos heilende Psychiatrie hat für solche Beobachtungen natürlich keine Zeit. Glück haben stumpfsinnig gewordene Wahnkranke, die irgendwann für unheilbar gehalten werden und fortan von Behandlungen verschont bleiben! Pech für andere, deren Lebensfunke per Elektroschock oder mit anderen psychiatrischen Leckerbissen ans Licht getrieben wird! Sie werden um die letzte Hoffnung betrogen, einfach hinweg zu dämmern!

Zu allen Zeiten, an allen Orten war es leicht, in Irrenhäuser zu gelangen und schwer, ihnen zu entkommen. Kurze Wege führen ins Irrenhaus, lange Wege hinaus! Räumlich nur wenige Meter entfernt, leben deren Insassen ferner als der nächste Planet. Irrenhaus-Türen stehen weit und jedermann offen, unabhängig von Gesellschaftsschicht oder Position. Untersuchungen belegen, dass es selbst für solche Personen mitunter extrem schwierig wurde, wieder freizukommen, die sich zu Qualitäts-Testzwecken, mit Wissen und Billigung von Notaren, freiwillig in psychiatrische Anstalten begeben hatten. Der Weg ins Irrenhaus ist oft eine Einbahnstraße! Psychiatrische Lebensversickerungsanlagen saugen Verdammte und Verfluchte an den verzweifeltsten Orten der Welt ein.

Eine alte Psychiaterregel: „Einen Patienten soll man entlassen, wenn er Gewichtszunahme, Krankheitseinsicht und Dankbarkeit zeigt.“ Erinnert ein bisschen an George Orwells 1984: „Endlich liebte er den großen Bruder…“. Angesichts „freiwilliger“ und unfreiwilliger Zwangsbehandlungen ist freilich die Hintanstellung von Rachegefühlen nicht jedermann gegeben. Gott schütze dich vor deinen Freunden! Auf Seiten der Psychiatrie fehlt es zum Glück wenigstens nicht völlig an Einsicht. Der italienische Reformpsychiater Franco Basaglia: „Eigentlich ist überall bekannt, dass psychiatrische Anstalten nicht heilen, sondern zerstören!“



                  Sozialpsychiatrie

Übermenschen haben immer Konjunktur, Untermenschen sind selten gefragt. Irre wechseln, Unkrautpflücker bleiben! Soldaten der Sozialpsychiatrie führen ihren heldenhaften Kampf ziemlich hinterfotzig aus sicheren Behandlungs-Schützengräben. Dabei bedenken sie nicht, dass durch Ausmerzung von Menschen am unteren Ende der Gesellschaft jenen am oberen Ende ein wichtiger Gegenpol entzogen wird. Was ist überhöhender Wahn am oberen Ende der sozialen Stufenleiter wert, wenn zum abhebenden Vergleich Ver-rückte am unteren Ende fehlen? Wir riskieren einen vergleichenden Blick in Verhaltensmuster der Natur.

Das Fehlen genetischer Vielfalt in der Pflanzenwelt überrascht mitunter recht unangenehm. Unzählige Weinbauern der Balkanstaaten brauchten im 19. Jahrhundert fast über Nacht ihre Rücken nicht mehr krumm zu biegen. Eine winzige Reblaus ersparte ihnen dauerhaft die mühsame Traubenernte! Nahezu die gesamte irische Kartoffelernte wurde Mitte des 19. Jahrhunderts auf einen Schlag von einer mysteriösen Krankheit vernichtet. Der Kartoffelanbau erholte sich erst, als eine aus den südamerikanischen Anden stammende wilde Kartoffelart eingekreuzt wurde. 1970 wurde die Maisernte in den USA großflächig vernichtet. Nur die Einführung einer weniger hochgezüchteten, resistenteren Maissorte konnte die Folgeernten retten. 16 Millionen Dattelpalmen fielen bereits einer heimtückischen Pilzerkrankung zum Opfer. Dem gesamten Bestand Tunesiens und anderer Länder droht das Aus, sofern weiterhin einseitig Datteln produziert werden, die nur dem europäischen Gaumen munden. Fachleute fordern ebenso eindringlich wie erfolglos die Wiederherstellung der ursprünglichen Pflanzenvielfalt. Vielleicht lassen sich zur Verbesserung des Ausgangsmaterials bei Sozialpsychiatern ein paar Ver-rückte einkreuzen?

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Taubstumme erfreuten sich während des Nationalsozialismus besonderer Fürsorge der Sozialpsychiatrie, obwohl sie bis Ende des 19. Jahrhunderts in der Gesellschaft gut integriert waren. Sogar Professoren kamen aus ihren Reihen. Wen ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit Taubstummer plagen, überlege einmal, welche Bestleistungen sie erzielen. Mittels einer ganz unglaublich vielfältigen Gebärdensprache wird die komplexe Sprache des Industriezeitalters übersetzt. Nicht jedem ist solche Ausdrucksfähigkeit gegeben. Die Sozialpsychiatrie konnte sich bis heute nicht entschließen, bei diesen und anderen Menschen für die begangenen Gräuel um Vergebung zu bitten.

Trotz alledem ist der Sozialpsychiatrie mit ihrer These von der Erblichkeit bei Geisteskrankheiten recht zu geben! So viel Dummheit und Grausamkeit, wie sie beim Umgang mit sogenannten Geisteskrankheiten aufbricht, kann eine einzige Generation unmöglich produzieren. Die Vererbungstheorie ist plausibel!



           Verhaltensgestörte Kinder

1991 mutmaßten Kinder auf einem in Frankfurt veranstalteten „Kindergipfel“, Erwachsene hätten einen „Konstruktionsfehler“. Viele Erwachsene finden ihrerseits den Nachwuchs falsch entworfen. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung klagt, die Zahl verhaltensgestörter Kinder im Einschulalter sei groß wie nie zuvor. Bis zu zwanzig Prozent seien verhaltensauffällig, jedes Jahr würden es mehr!

Wider Willen erwachsen geworden, solidarisieren wir uns mit Verhaltensstörungen und sind diesen Frühindikatoren dankbar zu wissen, wie es ums Gemeinwesen steht. Spitzenreiter ist ständiges Wippen auf einem Stuhl. Ganz neu ist dies nicht, wie gebildete Leute wissen, denen in der Kindheit noch der schon erwähnte „Struwwelpeter“ vorgelesen wurde. Der Arzt Heinrich Hoffmann diffamierte 1848 den „Zappelphilipp“ literarisch: „Er gaukelt und schaukelt, er trappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her.“ Auf den weiteren Plätzen folgen Hauen, Raufen, an den Haaren ziehen und andere Garstigkeiten. Ob hier gleich von Verhaltensstörungen auszugehen ist, lassen wir offen. Dass Kinder nun aber auch noch anfangen ihre Lehrer zu erschießen, ist gar nicht nett!

Neben Schlafstörungen, Migräne und Konzentrationsschwäche wird katastrophales Ausdrucksvermögen beklagt. Eine schlimme Krankheit, aber die Kinder leiden nicht allein, sondern mit ihnen das aus allen Ausdrucksnähten platzende Wissenschafts-Chinesisch und Fach-Kauderwelsch. Die Fahnder beanstanden weiter, dass zwei- bis fünfjährige Kinder bis zu dreißig Stunden pro Woche fernsehen und damit fast eine Arbeitswoche absolvieren. Nicht wenige Kinder könnten nicht mehr zwischen Realität und Phantasie unterscheiden.

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Der richtigen Analyse folgt die falsche Bewertung des Ministeriums. Die Kinder sind keineswegs gestört! Sie gebärden sich durchaus mustergültig, nämlich normal im Sinne des einzugehenden Kompromisses zwischen ihrer mächtigen, von Tier- und Menschenahnen beherrschten Seelenwelt im Verhältnis zu den Anforderungen der sie umgebenden äußeren Welt. Gesunde Kinder entwickeln daher „Verhaltensstörungen“. Unglücklicherweise ist erst ein Drittel der Kinder „verhaltensgestört“ und damit gesund, während zwei Drittel noch unauffällig, also krank sind!

Kinder, die noch nicht unter Verhaltensstörungen leiden, machen uns wirklich Sorgen. Wir fürchten, dass sie eines Tages ganz normale Menschen werden könnten und zum Raub von Bodenschätzen ganze Landstriche eine Etage tiefer setzen, Atomkraftwerke in voller Kenntnis der Langzeitfolgen betreiben, sich schon für Fleischfabrikanten halten, wenn sie Tiere in KZ-Käfige sperren und mit Antibiotika ausstopfen, nuklearen Overkill spielen oder Technik aller Art in den Weltraum jagen, obwohl dieser bereits Massenkarambolagen veranstaltet. Dies wird sich erst ändern, wenn sich alle Kinder richtig verhalten, nämlich verhaltensgestört!

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Das Staatsministerium ist zwar nicht unserer Auffassung, hat aber die Größe der Gefahr erkannt. Jedem verhaltensauffälligen Kind werden ein bis zwei Professoren und drei bis vier promovierte Erzieher zur Seite gestellt. Angetroffene Auffälligkeiten werden dadurch so gründlich erschreckt, dass sie sich auf eine Spontan-Heilung einlassen!

Währenddessen treiben wir die Ursachenforschung voran! Immer kindhaftere Eltern suchen natürlichen Halt bei ihren Babys und Kleinkindern, drängen sie hierdurch in eine Erwachsenenrolle. Schon Drei- bis Vierjährige werden wie kleine Erwachsene behandelt. Sie überfordert der Rollentausch, der bis hin zur Verwechslung mit ausgewachsenen Sexualpartnern reicht. Die Kleinen entwickeln Auffälligkeiten, mit denen sie ihre Eltern so lange plagen, bis diese wieder gesund sind.

Das kann dauern! Wie verhaltensgestört Erwachsene sind, sehen wir an arbeitsamen Hinterbliebenen, die nach einem Todesfall lieber „Trauerarbeit“ leisten, statt traurig zu sein. Dabei überarbeiten sich manche so sehr, dass sie den zusätzlichen Trauerjob nicht mehr schaffen und sich gegen natürliche Depressionen Psychopharmaka verschreiben lassen. Diese Verhaltensstörung ist freilich unbedeutend gegen verhaltensgestörte Personen, die solche Psychopharmaka erfinden, produzieren oder verschreiben, durch keinen Trauerfall entschuldigt! Noch mehr Kummer kann es allerdings verursachen, wenn man zu lange trauert. Dauert das länger als drei Wochen, begleitet von Antriebslosigkeit, gilt man nicht mehr als „normaler“ Trauernder, sondern als klinisch depressiv und endet unter Umständen mit einer Einweisung in die Psychiatrie. Dort ist man dann alles andere als traurig, wenn man wieder einen weiteren Patienten mehr mit Psychopharmaka ausstopfen kann. Normal zu sein, ist also wirklich nicht ganz einfach!

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Verhaltensstörungen sind auch ohne Wissenschaft leicht korrigierbar! Erwachsene und Umwelt müssen sich so lange ändern, bis Kinder sich wieder normal verhalten. Leider vertreten wir damit eine kaum beachtete Mindermeinung. Die herrschende Meinung beobachtete Stoffwechselstörungen und erfand die medikamentös orientierte Kinder-Psychiatrie. Das hyperaktive Kind erhält Beruhigungsmittel, das depressive Aufheller! Die Zahl der Schüler, die Psychopharmaka einnehmen, ist dramatisch gestiegen. Seelendrogen sind so gut nachgefragt, dass sie auf dem Schulhof vertrieben werden. Im beständigen Wechsel zwischen Trauer- und Glückspillen können die kleinen Drogensüchtigen gut gedeihen!

Besonders bedroht ist der oben schon benannte und sich nur noch unter dem Decknamen „ADHS“ unter die Leute wagende moderne Zappelphilipp. Er leidet sozusagen unter einer Art seelischer AIDS-Erkrankung. Eltern bringt er wegen rasch wechselnder Wutausbrüche und depressiver Phasen an den Rand der Verzweiflung. Vier Prozent aller Kinder sind betroffen, Jungen dreimal so häufig wie Mädchen. Tendenz: stark steigend! Ihr Dopaminstoffwechsel soll gestört sein. Uneinigkeit besteht jedoch darüber, auf welche Weise. Wer am Medikamenten-Karussell lukrativ beteiligt ist, neigt eher zur Diagnose „Dopaminmangel“, damit „Methylphenidat“, bekannt als Ritalin oder Medikinet, verschrieben werden kann.

Die Jugendpsychiatrie räumt ein, „ihr sei noch ein Rätsel, was im Gehirn passiere“. Aus Tierversuchen ist bekannt, dass Methylphenidat viel langfristiger wirkt als bisher angenommen. Es ist im Gehirn selbst dann noch nachweisbar, wenn es schon lange nicht mehr eingenommen wird. Die Gefahr von Abhängigkeit ist so groß, dass Ritalin und Medikinet dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Zu Recht! Schließlich hat erhebliche Bedenken zu betäuben, wer Kinder zum Wohle der Pharmaindustrie traktiert!

Manche Wissenschaftler glauben weniger an Dopaminmangel als an Dopaminüberschuss und warnen vor schwerwiegenden Spätschäden, wenn trotzdem Methylphenidat verordnet werde. Das Risiko reiche bis zu Schüttellähmungen der Parkinson-Krankheit. Wir fürchten, zu späten Zitteranfällen führende Arzneimittel wollen sicherstellen, dass Zappelphilipp sein Leben so beschließt, wie es begann: unruhig! Im Ergebnis drohen keine nennenswerten Einkommenseinbußen, da sich auch Dopaminüberschüsse eines Tages auf die eine oder andere Weise medikamentös behandeln lassen werden.

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Ritalin und Medikinet werden immer häufiger verschrieben, im Jahr 2000 bereits für vierzehnmal so viele Kinder wie noch 1993. Im laufenden Jahr ist mit einer weiteren Verdoppelung zu rechnen. Woher könnte es nur kommen, dass die Kinder immer zappeliger werden? Fehlt es auch an zutreffend erkannten Ursachen, es mangelt jedenfalls nicht an Therapeuten. Wer fühlt sich nicht alles zuständig für die ADHS-„Krankheit“ und verschreibt Ritalin oder Medikinet: Kinderärzte, Laborärzte, Hausärzte, Radiologen, Frauenärzte, HNO-Ärzte, ja sogar Zahnärzte. Diagnose: eine erstklassige Vertriebsleistung der Medikamentenhersteller! Ein wenig mehr Kooperationsbereitschaft beim Nachwuchs vorausgesetzt, könnte künftig Methylphenidat allen Kindern als Vorsorge-Impfung in passablen Abständen verabreicht werden.

Seit sich immer mehr Unbefugte in den Vertrieb von Psychopharmaka einmischen, zieht sich die Kinderpsychiatrie vornehm zurück und gestattet erblichen ADHS-Symptomen konkurrierende Krankheitsursachen: „Auch wenn die Krankheit genetisch bedingt sei, könne ihr Auftreten durch äußere Umstände wie TV-Konsum und mangelnde Bewegung gefördert werden. Ach ja, darauf wären wir jetzt nicht gekommen! Das soziale Umfeld sei wichtiger als Medikamente und Psychotherapie zusammen. Eltern und Lehrer seien mitschuldig an hyperaktivem Verhalten, weil sie weder Kontrolle ausübten noch Grenzen setzten.“ Für den zukünftigen Gebrauch schlagen wir deshalb aus Höflichkeit und Härte kombinierte Erziehungsmethoden vor: „Könntest du dich bitte ausnahmsweise wieder setzen, Philipp? Sonst breche ich dir alle Knochen!“

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Unseren sachfremden Vorbehalten gegen Psychopharmaka entgegnet die Psychiatrie, diese Wundermedikamente ermöglichten verhaltensgestörten Kindern sich besser in die Gemeinschaft einzufügen, was weiterer, zerstörerischer Persönlichkeitsentwicklung vorbeuge. Damit wird die insgesamt verhaltensgestörte Gesellschaft auf den Punkt gebracht. Die medikamentöse Knebelung sich aus innerer Sicht richtig verhaltender Kinder wird so lange beibehalten, bis sie so krank sind wie ihre Umwelt. Der Kreis schließt sich: Die nächste Generation noch „verhaltensgestörterer“ Kinder ist vorprogrammiert!

Schweden räumte wenigstens mit dem Verschreibungs-Wildwest auf: Verordnen setze Fachkompetenz voraus! Der Einsatz der Therapie ist schriftlich zu beantragen, ein Therapieplan vorzulegen, Behandlungsverlauf und Nebenwirkungen sind zu dokumentieren. So viel Zeit können sich freilich nicht alle Nebenerwerbs-Verschreiber nehmen.

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Die Suche des Ministeriums nach den Schuldigen der Verhaltensstörungs-Misere verlief erfolgreich. Es sind, na wer wohl, die Eltern! Mittäter scheiden aus: Erziehungswesen, Lernstress, der Kleinkinder schon in der Wiege überfällt, sich immer weiter auffächernde, immer jüngere Kinder ansprechende Subkulturen, Literatur und Video, Internet, soziale Medien, Film und Fernsehen, Religion und Esoterik. Unzählige gesellschaftliche Faktoren nie gekannten Ausmaßes regieren in die Erziehung hinein. Kinder werden subtil missbraucht als Werbezielgruppe unstillbarer Konsumerwartungen und unerfüllbarer Riesenansprüche an das Leben, die selbst die reichste Gesellschaft der Welt nicht befriedigen könnte. Wie gesagt, keine Schuldigen weit und breit, außer den Eltern!

Der Psychiatrie-Professor Thomas S. Szasz schrieb: Ein Kind als psychisch krank zu bezeichnen, heißt genau genommen, ihm ein Schild um den Hals zu hängen auf dem steht: „Abfall. Wirf es weg!“ Bei Erwachsenen verhält es sich natürlich ebenso (eig. Anm.)!

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Wir trauen niemandem mehr und holen bei den Tieren Rat. Gorilla-Mütter stillen ihr Kind drei Jahre lang, bevor neuer Nachwuchs geboren wird. Künstlich erzeugte Muttermilch zum Stillen soll dort noch unbekannt sein. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Gorillaphilipp vergleichsweise selten seine Eltern nervt! Wird im Auftrag verantwortungsloser Zoos versucht, einer freilebenden Gorilla-Gruppe ein Baby zu stehlen, stellt sich die ganze Gruppe schützend vor das Kind und kämpft bis zum Tod. Viel könnten wir von diesen sanften Riesen lernen!

Wenden wir uns abschließend dem ungeborenen Leben zu. Pränatale Heilungsformen stecken noch in Kinderschuhen. Das ist bedauerlich, da sich das ungeborene Leben zunehmend verhaltensgestört gebärdet. Mancher Fötus trommelt wie irr an die mütterliche Bauchwand. Zum Glück gibt es Neuroleptika, mit denen man sich erfolgreich gegen unbotsame Babys im Mutterleib zur Wehr setzen kann. Zwangsläufig wird die Mutter mitbehandelt, selbst wenn sie nicht ver-rückt ist! Frühe Behandlungen sind zu empfehlen, damit der Nachwuchs resistent wird. Umso besser munden ihm später Neuroleptika, die Verhaltensstörungen wie Nervosität, Unruhe, Gereiztheit, emotionales Ungleichgewicht etc. bekämpfen.



         Alter schützt vor Psychiatrie nicht

In unzähligen Pflegeheimen schließt sich hinter alten Menschen die chemische Tür, wenn sie mit Psychopharmaka „pflegefähig“ gemacht werden. Und die ausgleichende Gerechtigkeit des Lebens (die ahndet, dass man das Monster Irrenhaus unbehelligt all die Jahre gewähren ließ) lässt noch im Alter Bekanntschaft mit der Psychiatrie schließen, auch wenn dieser Gedanke Betroffene Zeit ihres Lebens tief beleidigt hätte. Zu Zeiten höchster Wehrlosigkeit sammeln seelisch fast verstorbene Alte erste Erfahrungen mit Fixierungen, Neuroleptika, ja selbst dem heilenden Elektroschock. Selbst zu ihrem Schutz bestimmte Anlaufstellen glauben häufig, „alles sei nur halb so schlimm“.

Unter unzähligen Wahnformen unterscheidend, weiß die Psychiatrie aufgrund ihrer kompetenten Generalklausel sofort, woran Wahngedanken entwickelnde alte Menschen kranken: Alters-Schizophrenie. Gelernt ist gelernt, Heilung muss sein!

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Wie könnte Alterswahnsinn, abseits von Stoffwechselstörungen und Gehirnkrankheiten, entstehen? Angesichts der Inflation des Alters entmündigt faktisch bereits bloßes Altwerden. Hinzu gesellt sich der schmerzende Verlust von Ehepartnern und Freunden. Überlebende vereinsamen über Jahre in einer Fernsehehe. In Alters- oder Pflegeheime abgeschoben, bringen auffällig werdende Alte sonst vielleicht arbeitslose Ärzte, Psychiater und Juristen des Behandlungs- und Entmündigungskarussells ins Brot - ein gigantischer Zukunftsmarkt!

Zerbrechen die Alten, erinnert sich die Gesellschaft an ihr helfendes Herz. Man kann ihnen doch nicht gestatten, sich einfach davonzumachen, nach innen versinkend wegzusterben. Wer sollte all die Altenheim- und Krankenhausbetten füllen? Nahe Angehörige wären sauer, träfe über Nacht die umgeleitete Altenrente nicht mehr ein und risse ein großes Zahlenloch in die mittelfristige Finanzplanung! Sie vergessen manchmal nur, dass die Sozialämter zur Finanzierung der teuren Heimaufenthalte bald auf Einkommen und Vermögen der Kinder zugreifen werden.

Behandlungsvielfalt unterläuft konsequent die realistische Einschätzung von manchen Altenheim- und Psychiatrie-Insassen, wonach jeder nicht gelebte Tag ein gewonnener Tag ist. Wie viele stumme Verwünschungen, ohnmächtige Flüche vereinsamter, ausgegrenzter und behandelter alter Menschen mögen den lebenden, pulsierenden Teil der Gesellschaft tagaus tagein begleiten? Irgendwann gehen die Wünsche und Flüche in Erfüllung!



          Sadismus, Mordlust, Nekrophilie

Der Psychiater William C. Conner, Atlanta (Georgia/USA), erlegt mit einem selbst entwickelten Spritzengewehr krankheitsuneinsichtige, flüchtige Personen. Unter die Haut geschossene „Medikamente“ machen Getroffene bewegungsunfähig und psychiatrisch therapierbar. Es machte schon immer Spaß, straflos zu schießen, sei es auf der Jagd, im Krieg, bei Hinrichtungen oder zur Heilung. Die Begründungen sind auswechselbar: fehlender Lebensraum, Reinheit der Rasse, Sicherung der Rechtspflege, heilende Eingriffe usw.

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Unbewusst führt zerfressenes, nekrophiles Denken psychiatrischen Seelen- und Gehirnklempnern „Hammer und Meißel“ bei der Suche nach verborgenen Seeleninhalten. Moderne Mechanik, Skalpelle und Chemie sollen mit negativer Zauberkraft Destruktivität aus Schädeln und Körpern bannen!

Die im Kapitel „Heilung im Wandel der Zeiten“ dargestellten Heilmethoden legen ein beträchtliches Maß an latentem Sadismus und verborgener Mordlust offen. Selbst Nekrophilie kommt nicht zu kurz, wenn die hauseigene Anatomie anfallende Leichen zu Forschungszwecken seziert. Wer die Schrecken psychiatrischer Behandlungen und Liquidierungen auf die nationalsozialistische Diktatur beschränkt, vergisst, dass hier allenfalls erhöhte Brutalität im Spiel war!

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Destruktivität von Psychiatern unterscheidet sich grundlegend von der Destruktivität bei Wahnerkrankungen! Die zerstörerischen Kräfte der Psychose entladen sich meist unschädlich und sozial verträglich. Vielleicht kämen dritte Personen noch seltener zu Schaden, würden Menschen, die an Wahnerkrankungen leiden, nicht so grausam „behandelt“, würde ihre soziale Steuerungsfähigkeit nicht durch „Medikamente“ umnachtet.

Eine unschädliche Aufarbeitung destruktiver Neigungen kann vielen Psychiatern angesichts der beschriebenen Behandlungsmethoden nicht nachgesagt werden. Zu allem Unglück macht neuzeitliche Medikamenten-Folter Sadismus und Mordlust leicht. Der Begriff „Medikament“ wird mit positiven Assoziationen unterlegt. In der Psychiatrie wurde der uralte Traum aller Folterung wahr: Ausführung spurenloser Quälereien! Dem Opfer wird die Möglichkeit des Hinausschreiens der Qual, des Abscheus und des Entsetzens abgeschnitten. Trotz innerlicher Verstümmelungen sind äußerlich unverletzte Körper vorzeigbar!

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Selbst dort, wo keine körperlichen Schäden angerichtet werden, etwa bei insoweit nicht direkt verletzenden Schocktherapien, fällt auf, dass positive Schocks im Behandlungsarsenal so gut wie fehlen. Eine latent vorhandene, destruktive Grundstruktur legt Psychiatern eher Brutalschocks nahe (ins Wasser stürzen, mit Hinrichtung drohen, durch Elektroschocks behandeln...).

Warum wird selten oder nie über positive Schocks nachgedacht? Die psychiatrische Literatur selbst berichtet über Fälle, in denen Reisen, eine Liebschaft u.a. Kranke aus ihren verworrenen Gedanken rissen. Der Phantasie seien keine Grenzen gesetzt! Sind es meist grausame Schocks, die Kranken zugemutet werden, liegt es auf der Hand, dass so „Behandelnde“, aufgrund eigener Persönlichkeitsdefizite und latenter Destruktivität, in gar keine andere Richtung zu denken mehr in der Lage sind.

Diese Zusammenhänge werden von „behandelnden“ Psychiatern gern verdrängt und sind vermutlich oft weitgehend unbewusst. Deshalb werden Hinweise darauf so erbittert bekämpft! Die Psychologie nennt dieses Phänomen „Widerstand“: Jemand weigert sich hartnäckig, ganz offenkundige Zusammenhänge einzusehen.



                    Sexualität

Jeder zehnte Psychologe soll seine Berufung zu tätiger Nächstenliebe allzu tätlich nehmen und sexuelle Beziehungen zur Klientel pflegen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher: 65 Prozent aller Psychologen und Psychiater übernahmen ihrer Aussage nach schon von Kollegen sexuell ausgebeutete Patienten, aber angeblich nur 7 Prozent konnten ihrem eigenen Trieb in Einzelfällen nicht widerstehen. Der schreiende Unterschied beweist, dass Psychologen weit besser verdrängen können als Patienten!

Der Freud‘sche Grundsatz, niemals sexuelle Beziehungen zu Patienten zu unterhalten, gerät offenbar öfter in Vergessenheit als man denkt! Die therapeutische Kundschaft hat diese speziellen Dienstleistungen sogar zu bezahlen! Während Prostituierte am Ende der gesellschaftlichen Ansehensskala rangieren, obwohl sie Kundenbedürfnisse ehrlich stillen, befriedigt sich mancher Prostituierten-Psychologe ohne Prestigeeinbuße kostenpflichtig an der in Lebenskrisen befindlichen Klientel.

Ihre besondere Note erhält die Untersuchung dadurch, dass Psychologie und Psychiatrie, in kühnem Denken über Freud hinaus, verkünden, der Sexualtrieb würde in seiner Bedeutung weit überschätzt. Währenddessen werden Patienten auf der Couch umso eifriger besprungen! Ehrlich angebotene kostenfreie oder kostenpflichtige Sexualtherapie ist nicht grundsätzlich zu beanstanden. Sex ist nun einmal das Schmiermittel der Gesellschaft! Strafrechtlicher Zuwendung bedarf jedoch die mechanisch, chemisch, elektrisch oder anderweitig ausgeübte Befriedigung verdrängter, destruktiver Sexualtriebe.



                       Recht

Der zehnte Mörder ist ver-rückt

„Schon jeder zehnte Mörder ist geisteskrank!“ Diese Schlagzeile überraschte Anfang der Neunziger Jahre die Leser einer Münchner Zeitung. Besorgniserregend an der Zunahme von Mord und Totschlag fand die Redaktion offenbar weniger die allgemein steigende Tendenz, sondern den Anteil von Geisteskranken an der Mörder-Quote.

Wer würde es nicht vorziehen, von einem „normalen“ Mörder vom Leben zum Tode befördert zu werden? Zur Zufriedenheit der Kundschaft gelingt dies scheinbar nur noch in neun von zehn Fällen! Von einem vernünftigen Verbrecher für 37 Cent Beute erschlagen zu werden, ist offenbar angenehmer als von einem ver-rückten Straftäter, der die Bluttat zur „Ehre der Jungfrau Maria“ begeht. Frauen würden demzufolge eine Vergewaltigung durch normale Straftäter vorziehen, von denen sie anschließend zur Tatverdeckung erstochen werden, statt sich von einem irren Triebmörder umbringen zu lassen, der sexuelle Erregung und Tötungshandlung der Einfachheit halber gleich verbindet. Versteht man das Verbrechermotiv, stirbt es sich zufriedener!

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Inzwischen gibt es sogar normale Mörder, die irr töten, ohne ver-rückt zu sein. Ein prominenter Gerichtspsychologe begutachtete 1996 einen mit unfassbarer Grausamkeit mordenden Berliner. Das grob vereinfacht dargestellte Ergebnis: „Es handle sich um einen wahnsinnig normalen Täter, der noch nicht einmal Vergnügen daran gehabt hätte, sieben Opfer zu vergewaltigen und zu töten. Die Taten wären nur Brücken gewesen, um dennoch zur gehassten und verachteten Frau zu gelangen. Darum könnten die §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (Schuldunfähigkeit, verminderte Schuldfähigkeit) keine entlastende Anwendung finden“, so der Gutachter.

Wir denken zu Ende! Hätte der Straftäter wenigstens ein bisschen Spaß daran gehabt, die Frauen abzuschlachten, wäre er ver-rückt gewesen. Lustmörder, aufgepasst: Die richtige Begründung der Straftat entscheidet möglicherweise nach eurer Festnahme über den künftigen Aufenthaltsort. Mit Lust = Psychiatrie, ohne Lust = normaler Strafvollzug! Warum normalem Strafvollzug der Vorzug zu geben ist, konnte schon oben im Kapitel „Heilung im Wandel der Zeiten“ nachgelesen werden. Wer hingegen auf Wunder und vorzeitige Freilassung hofft, ist wiederum bei der Psychiatrie besser aufgehoben. Behandelnde Psychiater werden, wie schon dargestellt, gelegentlich so geisteskrank wie ihre Patienten und entlassen Triebmörder selbst nach der dritten Einweisung als endgültig genesen.

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Wir martern unser Gehirn! Was ist ein „normaler“ Mord? Jemand hat schon zehn Millionen Euro und ermordet sich eine elfte? Ein anderer gerät in Korruptionsverdacht und erschlägt das belastende Beweismittel? Der Nebenbuhler wird aus Eifersucht getötet? Ein Neffe kann nicht geduldig genug auf den Tod des Erbonkels warten? Skin-Heads treten aus Langeweile Asylbewerber tot? Im Bierzelt geht ein Schädeldach mit endgültigem Ergebnis zu Bruch? Jugendliche töten aus Neugierde eine Klassenkameradin? Neonazis ermorden in dumpfem Fremdenhass Ausländer? PS-starke Autofahrer fahren mit Tempo 260 zu dicht vor ihnen herfahrende Familien zu Bruch? Morde, die wir verstehen - alles ganz normal!

Im Ergebnis kann Ermordeten die Tötungsabsicht egal sein! Die Beurteilungen „normal“ oder „ver-rückt“ bewerten Morde nur insoweit unterschiedlich, als sich vor unverständlichen Mordmotiven schwer schützen lässt. Wer eine größere Geldsumme besitzt, wird mitunter umgebracht. Also hält man dies lieber geheim oder führt zumindest keinen hohen Geldbetrag mit sich. Ist Raubmord deshalb „normaler“, weil man sich leichter vor ihm schützen kann? Der entgegenkommende Passant glaubt eine Stimme zu hören, die ihm einen Mordauftrag erteilt, was kaum vorhersehbar ist. Wird ein Mord dadurch ver-rückter? Untersuchungen belegen, dass der als seelisch krank betrachtete Bevölkerungsteil jedenfalls im Verhältnis nicht häufiger straffällig wird als die sogenannte „Normalbevölkerung“.

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Im Detail: Begeht jemand eine Straftat, weil er „verhext“ wurde, Nachbarn nachts als Vampire ihr Unwesen treiben, er Mordbefehle von Heiligen annimmt usw., werden wahnkranke Motive angetroffen, die nicht unbedingt auf einer akuten Psychose beruhen müssen. Die Behauptung, Vorgesetzte oder nahestehende Personen hätten die Begehung von Straftaten befohlen, wird von Gerichten bei der Strafzumessung selten entlastend berücksichtigt. Die Berufung auf finstere Mächte privilegiert hingegen ver-rückte Straftäter, wenngleich die daraus resultierende Schuldunfähigkeit kaum zu weniger, sondern zu härterer Bestrafung im Psychiatriegefängnis führt.

Die Ausführungshandlungen erfolgen häufig mit beeindruckender Präzision. Regelmäßig wissen auch ver-rückte Straftäter, dass es bei Höchststrafe verboten ist, Bluttaten zu begehen, Häuser anzuzünden oder Bremsschläuche durchzuschneiden, selbst wenn dies der Erzengel Michael persönlich befohlen hat. Wenn Straftäter genau wissen, dass die in Aussicht genommene Handlung mit Strafe bedroht ist und trotzdem nicht davon Abstand nehmen oder nehmen können, hat das bei der Frage nach Schuldfähigkeit nichts verloren!

Schuldfähigkeit darf auch bei ver-rückten Straftaten nicht mit der Begründung verneint werden, übermächtige Motive lägen vor. Motive der Geldgier, Verdeckung von Straftaten, sexuelle Wünsche usw. können ebenso übermächtig sein. Der Straftäter, dessen Motiv für wahnkrank gehalten wird, hofft im Übrigen ebenfalls oft, nicht gefasst zu werden!

Werden einsehbare Motive von nicht mehr verständlichen getrennt, so wird an falscher Stelle gesiebt. Anders ausgedrückt: Das Empfinden der Normalbevölkerung wird zu Unrecht als Norm genommen. Straftaten, deren Begehung man sich insgeheim selber zutraut und daher verstehen kann, sind normal, unverständliche hingegen ver-rückt! Ist ein Mordmotiv wirklich edler als das andere?

Mörder sind auf persönlich-individuelle Weise immer ver-rückt! Es ist weniger nach Schuld als nach Ursachen zu fragen. Meisterhaft über Generationen ausgestreute religiöse oder pseudoreligiöse Ekligkeiten machten die Menschheit so destruktiv, dass individuelles und kollektives Morden möglich wurde. Im Wahnsinn wie in der Vernunft breiten sich Tötenwollen, ja Tötenmüssen aus, grenzenlose, verdrängte Wut von Generationen über kolossalen Lebensbetrug widerspiegelnd. Eine Wut, die Getötete und Mörder, Normale wie Geisteskranke, gleichermaßen zu Opfern macht.

Für die strikte Trennung „normaler“ und „ver-rückter“ Motive bei der Begehung von Straftaten besteht schon deshalb wenig Anlass, da meist der schuldunfähige Straftäter faktisch härter bestraft wird als der schuldfähige. Selbst gern bemühte Wiederholungsgefahr ändert daran nichts. Das herkömmliche Strafrecht hält ausreichend Möglichkeiten bereit, Straftäter langfristig „aus dem Verkehr zu ziehen“, wenn mit der Begehung weiterer Straftaten zu rechnen ist.

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Während das Publikum offenbar lieber „normal“ ermordet werden möchte, verhält es sich bei seinem Interesse an Morden genau umgekehrt. Dies beweist eine sensationslüsterne Öffentlichkeit, die für einen Zuschauerplatz im Gerichtssaal, in dem über „ver-rückte“ Morde verhandelt wird, am liebsten selbst meucheln würde. Und dann: Je ver-rückter der Mord, umso lauter der Ruf nach staatlichem Morden, nach der Todesstrafe eben; je unverständlicher das Motiv, desto größer die Drängelei bei Hinrichtungen. Obwohl die destruktiven Seelenküchen, die Mordwünsche produzieren, sich nicht voneinander unterscheiden, wird zwischen vernünftigen und ver-rückten Morden noch lange unterschieden werden.



Aussätzige der Ausgegrenzten

Zum Aussätzigen unter Ausgegrenzten wird, wer als Ver-rückter straffällig wird und schwere Straftaten begeht. Der gesellschaftliche Betrug am wahnkranken Straftäter ist grenzenlos! Fehlende Sühne durch Strafe verhindert die Aussöhnung mit der Gesellschaft, obwohl für geisteskrank gehaltene Verbrecher durch sogenannte „Heilung“ hart bestraft werden.

Für Gesetzesbrecher, die während der Strafverbüßung ver-rückt werden, wissen die Strafvollzugsgesetze Hilfe! Sie erlauben „Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge“ bei der hauseigenen Psychiatrie nebenan. Zuverlässiger als durch „Zwangsheilungen“ können Wut und Hass nicht gezüchtet werden!

Besonders originell ist die Wortwahl „Krankenhaus“ für die Strafverbüßung in psychiatrischen Einrichtungen. Diese sind, sowohl in ihrem äußeren Erscheinungsbild als auch durch inneren medikamentösen Einschluss, festungsartig ausgebaut. Psychiatrie, Justiz und Bevölkerung fürchten nichts mehr als ihre Wahnkranken!

Diese Furcht ist begründet! Unklar ist nur, warum man sich zu wenig vor scheinbar normalen Menschen fürchtet. Die meisten Morde und Serienmorde begehen durchschnittliche, niemals durch Wahnvorstellungen auffallende Menschen, manchmal mit einer Präzision und Umsicht, dass diese erst nach langer Zeit oder nie aufgeklärt werden können. Die sprichwörtliche Sündenbockrolle des Geisteskranken bewahrheitet sich: Zur Beruhigung der Bevölkerung wird stellvertretend eingesperrt, wer durch Wahnvorstellungen auffällig wird!

Unsinnig ist, wahnkranken Straftätern einzureden sie seien schuldlos, könnten nichts für die Begehung von Straftaten und würden darum nicht bestraft. Jene werden kaum einsehen, dass man sie grausam einsperrt, wenn sie unschuldig sind. Im England des vorletzten Jahrhunderts wurde straffällig gewordenen Hunden der Prozess gemacht, der mit der Hinrichtung am Galgen enden konnte. Das ist übertrieben, aber der Wunsch nach Vergeltung ist unbesiegbar, selbst bei Schuldunfähigkeit!



Strafe und Heilung - ein Vergleich

Nach geltendem Verfahrensrecht setzt ausschließlich der Staat den Strafanspruch durch (Offizialprinzip), erhebt nur die Staatsanwaltschaft Anklage (Akkusationsprinzip), wird die Wahrheit von Amts wegen erforscht (Untersuchungsgrundsatz), gelten die Grundsätze der Öffentlichkeit und Mündlichkeit. Vor allem gilt: Im Zweifel zugunsten des Angeklagten! Dies und mehr wird dem straffällig gewordenen Bürger an Schutz vor staatlichen Übergriffen geboten. Es bedarf einigen Aufwandes an krimineller Energie, und nicht selten mehrfacher Wiederholung, bis der (normale) Straftäter tatsächlich eingeschlossen wird.

Wird der Staatsbürger nicht bestraft, sondern „geheilt“, bedarf es wenig, um in einem Psychiatriegefängnis eingeschlossen zu werden. Im psychiatrischen Alltag liefert ein Zubringerdienst (Sanitäter, Verwandte, Nachbarn oder Polizei) den Ver-rückten in der Psychiatrie ab. Der Rest, einschließlich des Einweisungsbeschlusses, ist im Zeitalter von Telefon, Telefax und digitaler Vernetzung eine reine Formsache!

Kommt der Richter zur Anhörung, oftmals erst nach Tagen, befindet sich der Betroffene längst unter starkem Medikamenteneinfluss. Dabei spielt es keine Rolle, ob „Medikamente“ zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder als Heilbehandlung eingenommen werden, zwangsverabreicht oder „freiwillig“. Die Psychiatrie hat es allein durch Art und Menge der Vergabe von Psychopharmaka in der Hand, Patienten in einen Zustand zu versetzen, der Kommunikation erlaubt oder auch nicht.

Psychiater sind absolute Herrscher des Geschehens: Herren und Frauen über Freiheit und Unfreiheit, körperliche Integrität oder Verstümmelung und, strenggenommen, sogar über Leben und Tod, wenn man bedenkt, was Wahnkranken so alles angetan werden kann. Aus psychiatrisch-verwaltungsrechtlichem Sofortvollzug wird unter Umständen eine lebenslange Freiheitsstrafe. Wem lange genug schwere Neuroleptika eingeworfen werden, der wird jedenfalls zum Tod auf Raten verurteilt, ereilt ihn nicht schon vorher der gefürchtete psychiatrische Blitztod oder anderweitig gnädiges Ableben.

Weder Willensvorausverfügungen in sogenannten Patiententestamenten noch entgegenstehender Wille von Angehörigen oder Freunden stellen die Macht psychiatrischer Heilkunst ernsthaft in Frage. Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung wagten niemals, gegen den Rat der Psychiatrie zu entscheiden. Sie bestimmt, wer wann wie geheilt wird und vieles mehr. Als „Hilfe“ verkleidet, sind Verurteilung und Vollzug nicht mehr unabhängig voneinander!

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Ist es schon weit einfacher in einem Psychiatriegefängnis eingesperrt zu werden, als durch üblichen Freiheitsentzug, soll es zumindest weniger Spaß machen! Der Vormundschaftsrichter, der Einfachheit halber in großen Bezirkskrankenhäusern häufig bereits vor Ort, genehmigt grauenhafte Behandlungen: Fixierungen, schwerste Neuroleptika, Elektroschocks, gehirnchirurgische Maßnahmen, den Persönlichkeitskern angeblich verändernde Eingriffe und anderes mehr aus der psychiatrischen Folterkiste. Die Wissenschaft ist ehrgeizig und treibt den Fortschritt auch in Irren voran, die zu Testzwecken allerlei auszuhalten haben. Graue Theorie, dass Gerichte hier jemals wirksam nachprüfen wollten und könnten!

Jede mit der Praxis vertraute Person rät hilfesuchenden Insassen weniger zur Ausschöpfung des formalisierten Rechtsweges als zur Kooperation mit den „behandelnden“ Ärzten. Wer wider Erwarten psychiatrischen Freunden entkommt, hat deshalb noch nicht viel zu lachen: einmal Zuchthäusler, immer Zuchthäusler, einmal Irrer, immer Irrer!

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Festzuhalten bleibt: Ver-rückte werden härter bestraft als normale Straftäter, da Irrenhäuser noch persönlichkeitszerstörender und stigmatisierender wirken als Gefängnisse und zudem grauenhafte „Heilbehandlungen“ vornehmen. Wird Strafe nicht offen verhängt, kommt sie eben durch die Hintertür! Wahnkranke Straftäter ereilt ersatzweise „Heilung“ durch die Psychiatrie. Ein Grund für sie, gerade entgegen gängiger Praxis, vehement um ihre Schuldfähigkeit zu kämpfen. Gesellschaft, Anwalt- und Richterschaft kleben hingegen fürsorglich und weit über das notwendige Maß hinaus das Etikett „schuldunfähig“ auf. Der dritten Möglichkeit, irr, aber nicht ver-rückt zu sein, wird später nachgegangen.

Die Psychiatrie wurde gar zur „Oberstrafmutter“, das herkömmliche Gefängnis offenbar zu wehrlos, um Verfehlungen von Gefangenen noch durch sinnvolle Strafen zu beherrschen. Schon bei Bagatellen wird die Psychiatrie als psychiatrisch-ärztlicher Strafvollzug innerhalb des Strafvollzugs gegen ungezogene Gefangene zu Hilfe gerufen.

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1990 demonstrierte das Pflegepersonal des Bezirkskrankenhauses Haar bei München wegen unzumutbarer Bedingungen: „Man müsste viel weniger Medikamente geben, stünde mehr Personal zur Verfügung!“ Wir übersetzen diese Aussage ins Strafrecht: Die Zahl der an Ver-rückten begangenen Straftaten (Körperverletzungen durch übermäßigen Gewalteinsatz, Vergiftungen durch Medikamente, Freiheitsberaubungen durch Fixierungen etc.) hängt davon ab, wieviel Pflegepersonal zur Überwachung oder sonstigen Betreuung zur Verfügung steht.

Pflegepersonal ist nicht immer so feinfühlig! Die psychiatrische Literatur berichtet von Krankenstationen, deren Personal sich ausschließlich auf Körperverletzungen beschränkte. Dreimal am Tag wurden Medikamente verabreicht, um sich ungestörtem Kartenspiel oder anderen kurzweiligen Beschäftigungen widmen zu können.

Von solch ruhigstellenden Einschluss- und Überwachungsmöglichkeiten kann das Personal im herkömmlichen Gefängnis nur träumen. Selbst Wächter in nationalsozialistischen Konzentrationslagern hatten es schwerer, da die chemischen Zwangsjacken noch nicht so fein gewebt waren wie heute. Vielleicht sind es diese überlegenen Einschlussformen, die den Strafvollzug immer weiter in psychiatrische Krankenhäuser verlagern.

Zur Illustrierung: Man nehme einmal an, beim Besuch einer riesigen psychiatrischen Krankenanstalt würde man fast allen „freiwillig“ und unfreiwillig einsitzenden Kranken in Zwangsjacken unterschiedlicher Dicke begegnen bis hin zu solchen, die total fixieren. Undenkbar? Dieser Zustand ist erreicht! Innerhalb psychiatrischer Mauern trägt fast jeder Insasse eine versteckte chemische Zwangsjacke, unterschiedlich einschnürend, unsichtbar für wenig geschulte Betrachter. Wenn manche der Insassen ein Leben lang darin eingepfercht sind, ist es wenig tröstlich zu wissen, dass dadurch zumindest die Lebenszeit nicht unerheblich verkürzt wird.

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Mit Medikamenten wird gegen wirklich oder vermeintlich psychisch kranke Menschen Gewalt in nie gekannter Form ausgeübt. Hilfe als ärztliche Heilkunst höhlt höchste Rechtsgüter aus und schwappt längst über die Anstaltsmauern hinaus in den Alltag. Der unbestimmte Rechtsbegriff „ärztliche Heilbehandlung“ öffnet immer nachhaltigeren Menschenrechtsverletzungen Tür und Tor, die zu schließen angesichts des scheinbar unaufhaltsamen pharmakologischen „Fortschritts“ von Tag zu Tag schwieriger wird. Die Katastrophe des modernen Irrenhauses besteht in Behandlungsformen, die ein groteskes Maß an Einschließung erlauben: hautnah, körpernah, bis in den Kern der Persönlichkeit hinein, ja bis ins Herz dessen, was Menschsein ausmacht!

Was sind verbesserte Unterbringungs- und Betreuungsgesetze, was ist neugestaltetes Entmündigungs- und Vormundschaftsrecht für psychisch Kranke und alte Menschen, was ist Rechtsschutz insgesamt wert, wenn es faktisch einzig und allein auf behandelnde Ärzte und Psychiater ankommt, welche und wie viele Medikamente praktisch unkontrollierbar eingesetzt werden? Sinnigerweise wird diese Kompetenz häufig sogar auf schlecht ausgebildetes Pflegepersonal verlagert!

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Unterbringungsgesetze erlauben zwangsweise durchsetzbare „Heilbehandlungen“ nicht nur für psychische Krankheiten, sondern auch zur bloßen „Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung“ des Irrenhauses. Die Trennung gesetzlich gestatteter Behandlungen, zur Heilung einerseits, zur Aufrechterhaltung des Anstaltsbetriebes andererseits, ist überflüssig, da sich diese kaum voneinander unterscheiden: Neuroleptika, Fixierungen, Elektroschock usw., dem jeweiligen Zeitgeschmack entsprechend!

Heilende Wirkungen werden nicht bestritten! Heilung finden sowohl zu magere Gewinn- und Verlustrechnungen von Pharmaunternehmen als auch zu kostenlastige Irrenhäuser. Behandlungen dieser besonderen Art benötigen weniger Personal für mehr Straftaten! Opfer müssen sich in der Regel nach ihrer Entlassung mit der Erkenntnis begnügen, noch oder wieder einmal davongekommen zu sein. Der Gesetzgeber lässt sich bei der Fassung seiner Unterbringungs-Gesetze offenbar von der Überlegung leiten, ärztliche Narrenfreiheit müsse dort, wo Ver-rückte behandelt werden, besonders groß sein.



Papier ist geduldig

Der Rechtsstaat lässt seine Psychiatriegefangenen nicht im Stich! Der Leser erschauert in Ehrfurcht vor vielversprechenden Eingangsparagraphen der Unterbringungsgesetze. Kleingedrucktes nachfolgender Vorschriften sollte besser nicht gelesen werden! Ver-rückte, die sich ihre Heilung so nicht vorstellen, können sich beschweren. Jedoch, Papier ist geduldig, Klagen sind sinnlos, Beschwerdeschriften von psychisch Kranken sowieso in den Wind geschrieben.

Versuche, sich innerhalb von Anstaltsmauern zur Wehr zu setzen, werden problemlos durch medikamentöse „Behandlungen“ unterlaufen. Vor nicht allzu langer Zeit drohten aufmüpfigen Patienten gehirnchirurgische Behandlungen, was die Mehrzahl der Irren durchaus mitbekam. In realistischer Einschätzung der Machtverhältnisse vermieden die Kranken alles, was zu dieser Heilung der dritten Art führen konnte. Geschützt hat diese Vorsicht selten, viele wurden gleichwohl zerlegt!

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Medikamentöse Nebenwirkungen stellen auf wackelige Beine, sorgen für zittrige Finger! Je krakeliger die Schrift, umso stärker der Eindruck bei Hilfsstationen, die so „Behandelten“ bedürften dringend weiterer Portionen der beanstandeten psychiatrischen Hilfe. Dabei sind diese Behandlungs-„Nebenwirkungen“ durchaus beabsichtigt, denn das Auftreten von Zitterstörungen, das sogenannte „Parkinson-Syndrom“, signalisiert Psychiatern ein „Anschlagen“ der Medikamente.

Wieder frei kommende Kranke finden selten die Kraft, sich nachträglich zur Wehr zu setzen, sich über erlittene Unbill wortgewandt zu beschweren, da sie oft einem wenig wehrhaften Umfeld entstammen. Wer es dennoch wagt, scheitert an der Mauer „kunstgerecht ausgeführter Heilbehandlungen“, gut geführter Krankenakten und einer Gutachter-Lobby, von der Beanstandungen wie Gummibälle von einer Betonwand abfedern. Rechtsstreitigkeiten, die psychisch Kranke führen, dauern lange und erledigen sich harmonisch durch den Tod.



Zentralregister: bis dass der Tod euch scheidet

Im Bundeszentralregister tätige Arbeitskräfte werden über vorzeitige Löschungen von Daten straffällig gewordener, in psychiatrische Krankenhäuser eingewiesener Irrer offenbar leicht depressiv. Deshalb scheidet Eingetragene erst der Tod vom Register! Die Fürsorglichkeit ist so groß, dass Betroffene nicht einmal mit einer Mitteilung über ihre Eintragung beunruhigt werden. Unruhe könnte entstehen, wenn sie erführen, dass gegen diesen Eintrag kein ordentliches Rechtsmittel existiert. Vorstrafen werden gelöscht, Diagnosen haften lebenslänglich!

Niemand lebt ewig! Nach Vorlage einer ordentlichen Sterbeurkunde wird der Vermerk getilgt. Bei einer Behörde kommt aber selbst der Tod nicht sofort dran. So vergeht etwa ein Jahr, bis die Karteileiche sterben darf. In tiefer Weisheit erlaubt das Zentralregister ab dem frischen Alter von 90 Jahren ausnahmsweise die Entfernung der Eintragung. Alte Menschen in ihren Neunzigern haben noch das ganze Leben vor sich und sollen durch Tilgung ihrer psychiatrischen Karriere weder im sozialen Ansehen noch im beruflichen Fortkommen beeinträchtigt werden.

Mit Löschung der Daten gehen Kartei-Karrieren zu Ende, die in Fällen glücklicher Fügung das Kaiserreich, eine Diktatur und mehrere Demokratien überdauerten. Der Reinhaltung des öffentlichen Dienstes, in den sich unbemerkt Irre hätten einschleichen können, war das Register ungemein dienlich, von kleinen Schönheitsfehlern abgesehen: Trotz sorgfältiger Führung der Kartei konnten Irre in allerhöchste Staatsämter gelangen, mit dem bedauerlichen Ergebnis zweier gut bekannter Jahrhundertkatastrophen: I. und II. Weltkrieg. Für das Register noch lange kein Grund, an seinem Erfolg zu zweifeln!

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Verwaltungen leiden traditionsgemäß unter dumpfem Hang zu Sippenschnüffelei und durchwühlen abartig gerne Ahnenschlamm nach asozialem Ballast. Eintragungen in zentralen Karteien lassen sich mit bösartigen Krebserkrankungen vergleichen. Sie bilden Metastasen (Tochtergeschwulste)! Verwaltungszellen, die Mitteilungen über auffällig gewordene Personen erhalten, speichern diese Informationen, um in glücklicheren Zeiten Ver-rückte wieder die Ahnenreihen hinauf und hinunter jagen zu können. Auf diese Weise wird der Nachwelt das Spielmaterial für den unterhaltsamen Selektions-Zeitvertreib gerettet: Was ist normal – wer ist ver-rückt?

Der Leser wird gebeten, die hier erlangten Informationen über die Eintragungs-Gewohnheiten des Gesetzgebers vertraulich zu behandeln, damit die beabsichtigte Fürsorglichkeit nicht hintertrieben wird!



Die Kunst irr, aber nicht ver-rückt zu sein

In einer Grauzone lohnt sich Schuldunfähigkeit für Straftäter! Die Kunst besteht darin, so irr zu sein, dass eine Bestrafung ausscheidet, aber nicht ver-rückt genug für die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus. Feinsinnige Strafverteidiger ernten ihren Mandanten die wahren Früchte der Schuldunfähigkeit. Das Gericht wird überzeugt, dass die Straftäter im konkreten Fall schuldunfähig waren, sie aber die Gewähr dafür bieten, eine vergleichbare Straftat nicht nochmals zu begehen.

Vermögende, anwaltlich und privatgutachterlich bestens vertretene Angeklagte, die nicht mehr Pech hatten als andere Affektmörder, gehen mitunter auf diese Weise straffrei aus. Glücklosere, ärmere oder auch nur schlechter beratene Verbrecher-Kollegen erhalten hingegen im Strafvollzug oder im Irrenhaus ausreichend Gelegenheit, über Mord, Gerechtigkeit, Gott und die Welt nachzudenken.

Das Strafbarkeitsgefälle im Volk macht bei der Frage nach Schuldunfähigkeit besonders lustige Sprünge: Professoren, Finanzadel, hohe Beamte oder Politiker, die schwarz fahren, Ladendiebstähle begehen, den Unfallort vorzeitig verlassen oder sich im Affekt ihrer Eheprobleme entledigen, kommt auf diese Weise privilegierender Irrsinn freundlich entgegen. Der Unterschicht entstammende Straftäter sind entweder schuldig oder dauerhaft ver-rückt!



             Die neue Kunst des Strafens

Internisten

Jahrhundertelang litten Psychiater darunter, dass die mit Elektroschocks und anderen Delikatessen verwöhnte Kundschaft unzufrieden war. Sie erinnerten sich schließlich ihrer medizinischen Grundausbildung. Es wurde Zeit, Wahnsinn an der Wurzel zu behandeln. Innere Krankheiten bedurften Internisten! Während viele Organe schon von medizinischen Kollegen betreut wurden, war das Gehirn noch weitgehend verwaist.

Durch Angleichung der Psychosentherapie an internistische Behandlungsweisen sollte das Odium der Gewaltsamkeit abgebaut werden. Nahmen die zwangsrekrutierten Patienten in ihrem ureigensten Interesse brav und ordentlich ihre „Medikamente“ ein, wurden sie schön gesund. Dieser psychiatrische Richtungswechsel war sehr entgegenkommend! Es machte Wahnkranke sympathisch, zu Menschen wie du und ich, und zog angeblich erhebliche Erleichterungen im psychiatrischen Strafvollzug nach sich.

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Wahnerkrankungen beruhen auf Stoffwechselstörungen und sind medikamentös heilbar, weiß die internistische Psychiatrie. Für den gestörten Stoffwechsel macht sie fehlende Transmitter-Stoffe verantwortlich. Also: Fehlende Transmitter stören den Stoffwechsel. Gestörter Stoffwechsel verursacht Wahnvorstellungen. Medikamente reparieren das! Dabei legen Dynamik und Kompliziertheit der Wahnvorstellungen den umgekehrten Schluss nahe: Nicht die Stoffwechselstörungen verursachen Wahn, sondern Wahnvorstellungen verursachen Störungen des Stoffwechsels!

Innere Behandlungen ohne Arzneimittel sind langweilig! Es traf sich gut, dass die pharmazeutische Industrie gerade brache Kapazitäten herumliegen hatte und der Psychiatrie zu Hilfe eilte. Eine nie gekannte Fülle unterschiedlichster Medikamente wurde erfunden, die alle dasselbe bewirken: Immer klügere Köpfe tricksen, mittels medikamentöser Beeinflussung des Stoffwechsels, ständig nachhaltiger Körper und Seelen aus!

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Der Erfolg gibt der Psychiatrie auch bei diesem Richtungswechsel recht! Mit Neuroleptika behandelte Geisteskranke werden tatsächlich organisch krank bis schwerstkrank und bedürfen ärztlicher Hilfe. Plump wäre es, Allgemeinmediziner verletzten mutwillig Menschen, um sie zu kurieren! Sie wären wie Feuerwehrleute, die Brände legten, um die eifrigsten Feuerlöscher zu werden. Genauso handeln jedoch internistisch orientierte Psychiater. Verbogene Gehirnzellen, verknotete Ganglien und verdrehte Stirnlappen fallen nur kaum auf!

Traditionelles Leiden innerhalb der Psychiatrie wird auf diese Weise verinnerlicht. Wir kommen im Unterkapitel „Tod als Nebenwirkung“ unaufgefordert darauf zurück. Von der internistischen Behandlungsweise profitiert jedenfalls die Optik; denn aufgrund des medikamentösen Einschlusses der Patienten wähnen sich Besucher eher im Kranken- als im Irrenhaus.



Moderne Wohngemeinschaft: Irrenhaus und Pharmazie

Es gibt einen Grund mehr neidisch über die Alpen zu blicken: Italien wurde in den Siebziger Jahren zum Psychiatrie-Reformland schlechthin. Die Großirrenanstalten wurden aufgelöst. Leider schielten nicht nur Irre nach Süden, sondern auch bekannte Pharmakonzerne, die über Nacht einen großen Absatzmarkt wegbrechen sahen. Die gröbsten Rückschläge wurden aufgefangen! Heute ist der Neuroleptika-Einsatz in manchen italienischen Provinzen sogar höher als früher.

In Italien gibt es sie wieder, bei uns gibt es sie noch: die Irrenhäuser! Ver-rückte haben selten Besuch, die Pharmazie hilft aus und kommt auch unaufgefordert gerne als Gast vorbei. Während die Justiz gelegentlich zur Ausstellung formelhafter vormundschaftsgerichtlicher Einwilligungen im Irrenhaus vor Ort ist, treibt sich die Pharmazie mehr als Lobby herum. Durch aktive Teilnahme an Anstalts-Experimenten kann sie „die klinische Wirklichkeit besser kennenlernen und klinisch-pharmakologische Untersuchungen vorteilhaft koordinieren“. Die Älteren erinnern sich: Auschwitz wurde von Chemie und Pharmazie beanstandungsfrei betreut!

Die Justiz nimmt aufgrund mangelhafter Kapitalausstattung eher in Hinterzimmern Platz. In feines Tuch gekleidete Besucher von Pharmakonzernen sind hingegen in lichten Konferenzräumen auf dem Dach psychiatrischer Kliniken gern gesehene Besucher - hoch über den chemisch verwalteten Irren. Wir begrüßen die pharmazeutische Arbeit am Ver-rückten durchaus. Es zeichnet die Chemieindustrie aus, sich nicht damit zu begnügen, die nötigen Rohstoffe zur Vergiftung der Gewässer, der Böden, der Luft und des Weltraums bereitzustellen, sondern auch mikrokosmisch um die Zuführung winziger Giftmengen in Pflanze, Tier und Mensch bemüht zu sein.

Im Konferenzraum stimmen sich Psychiatrie und Pharma-Lobby zwanglos über derzeit vertretbare Mengen individuell zuführbarer Gifte ab. Die Lobby lobt dann einige Beratervertrags-Krümel unter der anwesenden Professoren- und Doktorenschaft aus, um diese wenigstens marginal am lukrativen Chemiegeschäft zu beteiligen. Wegen strafrechtlich relevanter Mittäterschaft bei der beabsichtigten Irren-Vergiftung wäre jetzt zwar die Justiz gefragt, aber sie hat ihren Schreibtisch im Erdgeschoß und bekommt wieder einmal nichts mit.

Hoffentlich wird der pharmazeutische Zwangskonsum im Irrenhaus nicht eines Tages ganz abgeschafft! Kein Mensch wüsste, wie man so viel Geld anderweitig in Schutz von Wahnkranken, Maltherapien, Sportgruppen, Wiedereingliederungshilfen oder sonst etwas Vernünftigem unterbringen könnte.



Wahlverwandtschaften

Goethe weckte in seinen „Wahlverwandtschaften“ mit einer chemischen Gleichnisrede Verständnis für Ehebruch: „...umso mehr, als doch überall nur Eine Natur ist, und auch durch das Reich der heitern Vernunftfreiheit die Spuren trüber leidenschaftlicher Notwendigkeit sich unaufhaltsam hindurchziehen, die nur durch eine höhere Hand, und vielleicht auch nicht in diesem Leben, völlig auszulöschen sind.“ Das war die Geburtsstunde einer neuartigen Kombination von Chemie und Gefühl, Stoff und Geist, einander weit näher als gedacht!

Folgerichtig werden in psychiatrischen Kliniken philosophisch-intellektuelle Ansprüche gebildeter Irrer mit der Bemerkung berücksichtigt, dass Geist und Materie, philosophisch betrachtet, letztlich stoffgleich seien. Spuren trüber leidenschaftlicher Notwendigkeit von zwangsverabreichter Chemie ziehen sich mit dieser Begründung dann auch durch Körper niveauvoller Wahnkranker. Wir zweifeln nicht daran, dass nur eine höhere Hand diese ruinöse Behandlungspraxis der Medikamenten-Psychiatrie auszulöschen imstande ist - und vielleicht auch nicht mehr in diesem Leben!

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Wahlverwandtschaften leben nicht nur von Geist und Materie, sondern auch von Zuwendung. Ein der medikamentös orientierten Therapie zugeneigter Psychiater lernte in einem Kurs für praktische Psychologie das, was die meisten Menschen ohne Zusatzausbildung wissen: Mitmenschliche Zuneigung kann sich günstig auf seelische und körperliche Krankheitsverläufe auswirken!

Der kluge Mann kam auf den Gedanken, die medikamentöse Therapie mit zwischenmenschlicher Zuwendung zu verbinden; insbesondere, wenn Medikamente „schlecht anschlugen“. Durch filmografische Vermessung mimischer Gefühlsäußerungen und andere schwierige Beschäftigungen mit Irren etwas hölzern geworden, wollten ihm die geschundenen Patienten jedoch die gestelzte Jovialität nicht recht abnehmen. Daher bat er das Personal um Hilfe. Die Patienten wurden künftig von der Küchenhilfe bis zur Maltherapeutin mit seelischen Streicheleinheiten geradezu überhäuft. Fortan ließen sie sich gerne medikamentös die Beine abschlagen oder erduldeten dankbar andere unbedeutende Nebenwirkungen der Therapie.

Eines Tages geschah in dieser Irrenanstalt ein so großes Wunder, dass selbst die Heilige Katholische Kirche auf die durchschnittliche Anerkennungszeit von etwa achtzig Jahren verzichten würde. Trotz der verabreichten „Medikamente“ ging es einzelnen Patienten kurzfristig besser. Der Erfinder der neuen Therapie sank vor seiner Tastatur in die Knie, um den Erfolg literarisch zu verkündigen. In Fachzeitschriften wurden die Kollegen wegen der Unterschätzung mitmenschlicher Zuneigung gehörig gescholten und ermahnt, künftig gefühlsbesetzte Techniken und Sachmittel einzusetzen. Damit der Wunderglaube an die „Medikamente“ nicht einbrach, sollte Zuwendung allerdings weniger deren Wirkung verbessern als fehlende Zuwendung die pharmakologische Wirkung verringern. Dies vereitelte zumindest die Aussicht auf weitere Beraterverträge mit bekannten Chemiekonzernen nicht völlig!

Selbst der Schizophrenie drohte Zuneigung, „wenn die Indikation für eine komplettierende supportive Psychotherapie gegeben war, die die Compliance für eine rezidivprophylaktische Langzeitmedikation verbesserte“. Schizophrene, die diese neue Therapie nicht verstanden, leiden noch heute. Pharmazie und Psychiatrie sind um ihren funktionierenden Gehirnstoffwechsel wirklich nicht zu beneiden.

Hin und wieder kommt der Verstand im Irrenhaus zu Besuch und hält einen Vortrag: „...dass unser Wissen um unsere Therapie und um die krankhaften körperlichen Vorgänge bei Psychosen in jeder Hinsicht auf äußerer Erfahrung beruhen und das Wenige, das wir wissen, wahrscheinlich auch noch falsch ist...“ Der Referent wird keine Freiflüge zum pharma-gesponserten Neurologenkongress in Davos mehr erhalten!



Gummiknüppel oder Medikamentenkeule

Was sind schon Gummiknüppel gegen Medikamentenkeulen? Neuroleptika sind medikamentöse Grundbausteine für lebenslange Betreuung am psychiatrischen Tropf. Die klingenden Namen, unter denen sie vertrieben werden, sollen uns nicht verwirren! Es handelt sich ausnahmslos um Medikamente, die alles bewirken außer dem, was sie veranlassen sollen. Wie schon ausgeführt, heilen sie keine Wahnerkrankungen, führen aber zuverlässig alle beabsichtigten Hauptwirkungen herbei!

Zumindest der Veterinär-Medizin ist Hauptwirkung, was der Psychiatrie angeblich nur Nebenwirkung ist: Neuroleptika werden zur Ruhigstellung von Schweinen, Ziegen, unleidlichen Zootieren usw. verwendet. Dabei wäre es schön, heilten die Medikamente wenigstens Tiere von Wahnerkrankungen, denn Tiere im Hühner-KZ, am Milchfließband, im Schweinegefängnis oder sonst wo, werden wahnsinnig, werden zu Irren hinter Gittern. Leider gelingt deren Heilung ebenso wenig wie die ihrer menschlichen Leidensgenossen!

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Macht kommt heute weniger aus Gewehrläufen denn aus Kanülen von Injektionsspritzen. Aus der Sicht Getroffener richten sie weitaus verheerendere Schäden an. Die erfolgreiche Negativ-Karriere der Spritze ist bemerkenswert: geschätztes Mordinstrument zur Tötung alter Menschen in Pflegeheimen, humanes Hinrichtungs-Utensil in amerikanischen Todeszellen, unverzichtbares Liquidierungswerkzeug zur Ermordung Geisteskranker, zuverlässige Aidsschleuder für drogenabhängige Fixer usw.

Die Psychiatrie bemüht sich um negative Abrundung! Das soll nicht heißen, dass Giftmischerei in Speis und Trank völlig unterbliebe, aber Spritzen wirken nun einmal gezielter und schneller zur Beförderung in die Medikamentenhölle, der furchtbarsten aller vorstellbaren Höllen auf Erden. Eine Hölle, aus der oft nicht einmal der Tod rechtzeitig erlöst! Die Psychiatrie wurde zum zweiten, zum furchtbaren Gesicht der Ärzteschaft.

Heilt nichts, helfen Megadosen in sechzig- bis neunzigfacher Überdosierung! Diese eilen orientierungslos durch Patientenkörper, mögen übervorsichtige Hersteller aus Angst vor Schadensersatzansprüchen auf dem Beipackzettel auch vor hohen Dosen warnen. „Rutschen Knüppel aus“, bringt das Polizisten in massive Erklärungsnot und Rechtfertigungsnotstände. Medikamentenknüppel, hundertfach überdosiert, mühen Staatsanwälten nur ein müdes Lächeln ab. Psychiatrisch-ärztliche Behandlungskunst kennt keine Grenzen!

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Macht- und Potenzsucht, die treibenden Kräfte dieser Entwicklung, werden zweifach befriedigt! Zum einen verleiht die Ähnlichkeit der Spritze zur Handfeuerwaffe Psychiatern und Pflegepersonal das Gefühl von Stärke, zum andern soll der Kanüleninhalt als eine Art Zaubertrank das Wunder der Heilung bewirken. Die medikamentös orientierte Psychiatrie vergisst, dass sie mit ihrem Elixier nur den Aberglauben früherer Zeiten teilt, nicht aber die innere Kompetenz und Ausstrahlung, auf der solches Heilen beruhte: unbewusste, geistig-seelische Beeinflussung von Mensch zu Mensch. Weil die Psychiatrie dieses Unvermögen so quälend spürt, durchlöchert sie intakte Gehirnmasse!



Betonspritzen

Die schon im Vorwort erwähnten „Betonspritzen“ haben nicht nur die dort genannten Wirkungen, sondern stören auch das Zeitgefühl massiv und erlauben so einen dauerhaften Genuss dieser Kreuzigung. Über die Relativität von Zeit muss nicht erst Einstein bemüht werden. Jedermann weiß aus eigenem Erleben, wie unterschiedlich zeitliche Prozesse ablaufen können. Religiöse Fegefeuer- und Höllenschilderungen gewinnen eine neue Dimension und Glaubwürdigkeit!

So dynamisch die inneren Prozesse, so groß die Freude der Psychiatrie, wenn Wahnkranke äußerlich scheinbar zur Ruhe kommen. Der körperliche und seelische Kreuzweg wird nicht mehr nach außen hin sichtbar, sondern kulminiert in nach innen transformiertem Leiden. Diese Spitzenprodukte lässt sich die Psychiatrie nicht von behandelten, unglaubwürdigen und wahnkranken Zeugen miesmachen, die deren Wirkung am eigenen Leibe erlebten und künftig gerne darauf verzichten möchten. Vielmehr wurde beizeiten mit der Wiederbelebung des Elektroschocks gedroht, lässt man die Psychiatrie nicht gewähren. Diese Gerätschaften wurden beileibe nicht entsorgt, sondern rotteten nur kampfbereit in Anstaltskellern vor sich hin, bis sie sich inzwischen wieder ihrer Wiederauferstehung brüsten dürfen.

Hinweis für Besserverdienende: Hinsichtlich der Wirkungen macht es keinen Unterschied, ob solche „Medikamente“ in normalen Irrenanstalten oder in Luxuseinrichtungen, wie „dynamisch-psychiatrischen Waldkliniken“ etc., verabreicht werden!



Tod als Nebenwirkung

Darauf, dass der Tod nicht die einzige Nebenwirkung ist, zu der bestimmte neuroleptische „Medikamente“ führen, wurde im Vorwort hingewiesen. Beim „psychiatrischen Blitztod“ handelt es sich um eine Nebenwirkung, um die sich insbesondere diejenigen Patienten reißen würden, die anlässlich ihrer neuroleptischen Behandlung mit „Enthirnungsstarre“ im Bett liegen, unfähig zu jeglicher Lebensäußerung, praktisch im wachen Koma. Bei ihnen wurden Antriebsdämpfung, Initiativ-Verarmung und Interessenverlust ein wenig übertrieben medikamentös beeinflusst.

Andere Patienten bringen dafür Bewegung in die Bude und äußern ihr neuroleptisches Unbehagen durch beständige Sitzunruhe, zwanghaftes Umhergehen, ununterbrochen vollführte Pendel- und Schaukelbewegungen, Grimassierungs-Zwang, Gesichtsmuskel- und Mundverzerrungen, nicht enden wollende Kau- und Mahlbewegungen, Verspreizungen, unkontrollierbare Bewegungsausbrüche, Krämpfe an Extremitäten etc.

Während der eine Psychiater mehr von neuroleptisch klumpenden Nervensträngen hält, die das Opfer in einen übersichtlichen Nervenbrei verwandeln, setzt der andere auf den Tanzbären-Effekt. Ruhelose, sich getrieben fühlende Opfer werden um die Chance gebracht, sich auf natürliche Weise aus dem ganzen anerzogenen und ererbten Irrsinn auszudrehen. Stattdessen werden sie, je nach Behandlungsgeschmack, zu trancehaftem Bewegungsgestolper oder mystisch-ekstatischen Derwisch-Wirbeleien veranlasst. Übermäßige Bewegungsaktivität zieht freilich eine weitere, unschöne Nebenwirkung nach sich: Die Übeltäter werden auf Betten fixiert.

Die neuroleptische Nebenwirkung der Verdummung ist gleichfalls unvermeidbar. Anspruchsvolle Berufe können nach Konsum schwerer Neuroleptika nicht mehr ausgeübt werden. Dafür gelingt Bettnässen wieder umso besser! Auf Seiten so Behandelnder kann auf die Nebenwirkung der Verblödung hingegen verzichtet werden, da sie damit bereits in zufriedenstellendem Maße ausgestattet sind.

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Psychiatrie und Pharmazie verschließen die Augen nicht vor Leid, das durch Heilung verursacht wird. Dicken Rezeptfibeln gleich führt der Behandlungskompass (derzeit neuester Stand „DSM-5“) schnell und sicher durch den Neuroleptika-Dschungel bis zur Endheilung. Die Arzneimittel-Kompendien wissen aus langjähriger Erfahrung für jede Nebenwirkung Medikamenten-Rat, selbst für die Nebenwirkungen neu auftretender Nebenwirkungen.

Dieser Multiplikator-Effekt verbindet auf fruchtbare Weise Fürsorge mit Gewinn. Schließlich sind für pharmaka-gläubige Chemiker und Psychiater die schönsten Nebenwirkungen immer noch die finanziellen Gesichtspunkte solcher „Behandlungen“. Behandelten Patienten bedeutet Geld hingegen wenig, ein Ende der Qualen alles! Lediglich Patienten, die positiv auf neuroleptische Zuwendungen reagieren, erfahren vielleicht menschlich-psychiatrischen Zuspruch durch jene Personen, die im Irrenhaus über Leben und Tod herrschen.

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Es bedarf keines Medizinstudiums um zu erfassen, warum schwere Psychopharmaka Leid von unglaublicher Grausamkeit verursachen. Im medikamentösen Blindflug wird in das Zentrum dessen, was das Wunderwerk menschlicher Körper steuert, eingegriffen. Man muss nicht Philosophie studiert haben, um zu wissen, dass sich die gesamte äußerlich wahrnehmbare Welt nur als Vorstellung in unserem Gehirn befindet: Angehörige, Freunde, alles Leben, die Erde, das Universum... Niemand weiß, wie sie wirklich aussieht!

Jedermann sollte einleuchten, dass weder in diese beziehungsreiche Vorstellungswelt, noch in die komplexen körperlichen Steuerungsmechanismen, die sie tragen, ungestraft mechanisch, chirurgisch, elektrisch oder medikamentös eingegriffen werden kann, selbst wenn das Gehirn vorübergehend von Wahnvorstellungen nur so überschwemmt wird. Eingriffe fallen freilich leicht, da nicht der Eingreifende, sondern der Behandelte stellvertretend bestraft wird.

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Aus Fehlern kann man nur lernen, deshalb obduziert die Psychiatrie ihre Leichen lieber selbst. Dem Tod im Irrenhaus folgt der hauseigene Obduktions-Freispruch und erspart dem Staatsanwalt viel Arbeit. Bis heute ist psychiatrie-intern kein einziger tödlicher Behandlungsfehler aufgedeckt worden. Irre sterben an natürlichem Schwund und respektablen Krankheiten, von der beliebten Lungenentzündung bis hin zum selteneren Herzversagen. Damit gelingt wenigstens posthum die Wiedereingliederung Irrer in die menschliche Gemeinschaft. Der Tod macht alle gleich!



Dreimal täglich Haldol

Einen Lidschlag lang zweifelte die Psychiatrie West an der Heilwirkung von Neuroleptika. Nach der Wende erfuhr sie, dass das stark persönlichkeitsverändernde Neuroleptika „Haldol“ von der Psychiatrie Ost zur Heilung von Regimegegnern verwendet worden war. Die Dosierung ist vergleichsweise einfach. Soweit vom Arzt nicht anders verordnet: dreimal täglich Haldol!

Während Wahnvorstellungen selten dauerhaft verschwinden, werden unzählige Nebenwirkungen erzielt. Der seelischen Erkrankung gesellen sich zahllose körperliche Beschwerden hinzu, um die sich die Allgemeinmedizin kümmert: Bewegungsunruhe, Zitterstörungen, psychiatrisches Parkinson-Syndrom, vegetative Erkrankungen, atrophische Zustände (Gehirnschrumpfung), Fieberanfälle, krankhafte EKG-Veränderungen, Zahnfleischentzündungen, Zahnausfall, Lebererkrankungen, Diabetes, Fettleibigkeit, Sterilität, Ausbleiben der Menstruation, Impotenz, Farbstoffablagerungen, Geschwulstbildungen, Krebs, seelische Abstumpfung, Willenlosigkeit, Verzweiflungszustände, Verwirrtheit, Delirium, Depressionen, Suizidgefahr. Das Behandlungsziel, „schwachsinnig, aber krank“, wird immer erreicht! Merke: Haldol Ost = böses Haldol, Haldol West = gutes Haldol!

Ernst Klee berichtet in „Irrsinn Ost - Irrsinn West“, dass sich eine der RAF nachgebildete SchAF (Schizo-Armee-Fraktion) kurz nach der Wende zu folgendem Anschlag bekannte: Der Chefarzt eines Bezirkskrankenhauses der ehemaligen Psychiatrie Ost wurde mittels einer kostenlosen Zuwendung von 30 Milligramm Haldol ins Gesäß erlegt, abgefeuert von einem Gewehr, ähnlich dem afrikanischer Tierfänger. Dies ermöglichte dem Betroffenen einen praxisnahen Selbstversuch neuroleptischer Wirkungen: starkes Parkinsonsyndrom, Schlundkrampf und ein Beinahezusammenstoß mit dem Tod! Klee berichtet nicht, ob der Arzt dadurch von der Zwangsvorstellung befreit werden konnte, Wahnkranke mit solchen „Medikamenten“ heilen zu können.

Später nahm dieselbe Gruppe Pfleger als Geiseln und behandelte sie, auf Betten fixiert, mit zwanzig Milligramm Haldol. Die Herabsetzung der Dosis verdanken sie dem Umstand, nicht an leitender Stelle tätig gewesen zu sein. Nach diesem Vorfall sollen in großer Eile neuroleptische Attentate von Patienten auf Ärzte unter besonders schwere Strafe gestellt worden sein. Psychiater, die Patienten mit Haldol attackieren, gehen aber weiterhin straffrei aus!



K.o.-Tropfen-Bande

Man kann aber auch nicht sagen, die Herstellung schwerer Neuroleptika wäre völlig sinnlos. Einzelne Personen, außerhalb der Psychiatrie, wissen sie durchaus sinnvoll einzusetzen! Mitte der Neunziger Jahre machte im süddeutschen Raum die sogenannte „K.o.-Tropfen-Bande“ von sich reden. Für gesellige Trinker hatte sie immer ein mit K.o.-Tropfen gestrecktes Kräuterschnäpschen extra in der Tasche. Dahinter verbarg sich nichts anderes als schweres Neuroleptika, das die molekularen Reibachgefährten, Chemie und Pharmazie, zur „Behandlung“ schwerster Schizophrenien erfunden hatten. Die großherzig Bedienten wurden von der Bande ausgeraubt und in finstersten Waldstücken zurückgelassen, aus denen sie aufgrund der Orientierungsstörungen, die diese „Medikamente“ verursachen, selten wieder herausfanden.

Der wahre Meister zeigt sich erst in der Feindosierung, was die K.o.-Tropfen-Bande noch zu lernen hat. Psychiatrische K.o.-Schläge werden nicht mit dem Säbel, sondern mit dem Florett gefochten und führen deshalb nicht sofort zum Tod. Neuroleptische Gesundheitsfürsorge ermöglicht Behandelten in einem noch für tolerierbar gehaltenen Zeitraum an ordentlichen Krankheiten zu sterben, die als unbedeutende Nebenwirkungen therapeutisch nicht völlig vermeidbar sind.

Die heilende Wirkung ist unbestritten! Mit dem körperlichen Niederschlag durch K.o-Tropfen geht der finanzielle Niederschlag auf Konten einher. Konzernbilanzen genesen bei Herstellung solcher „Medikamente“ unabhängig davon, ob sie Psychiater oder Verbrecher einsetzen. Arztkonten werden ebenso geheilt wie die chronische Geldnot von Verbrechern!

Nähert man sich dem Tod, wird die Grenze zu Auferstehung und Wunder gekreuzt. Schwere Neuroleptika bescheren dieses Wunder! Dieselbe Droge, die von Räuberhand gereicht dem unbescholtenen Verbraucher die Orientierung auf vernichtende Weise raubt, soll konsumierenden Psychiatrie-Patienten erneut Orientierung geben, ihnen helfen sich wieder in der Realität zurechtzufinden. Die Auflösung des Rätsels wird frühestens für die Zeit nach dem Ableben der Psychiatrie erwartet.



Amokläufe, Schuld und Drogen

Zerstörerische Amokläufe von Einzelgängern häufen sich! Konsum synthetischer Drogen wird dafür verantwortlich gemacht: Lebenskrise + Crack = Amoklauf. Das Studium neuerer Zahlen zum Medikamenten- und Drogenmissbrauch macht misstrauisch. Es gibt keine guten oder bösen Drogen. Medikamente kommen als Übeltäter gleichermaßen in Betracht!

Lebenskrisen haben viel mit verdrängter Wut zu tun, die hinter Verzweiflung lauert. Führen sie zu Selbstmordversuchen, so ist dies ein Schutzmechanismus, der Schädigungen dritter Personen verhindert und nicht beliebig durch Einnahme von Medikamenten unterlaufen werden darf.

Wer sich umbringen möchte, würde am liebsten jemand anderen umbringen, sagt die Psychologie. Im Prinzip möchten Betroffene nicht sich selbst, sondern ihre destruktiven, selbstschädigenden, persönlichkeitsfremden Wesensanteile zerstören! Wird dieser Prozess gestört, die „Mordswut“ nicht entschärft, sondern mit Drogen oder Medikamenten zugeschmiert, führt dies mitunter zu fatalen Folgen. Ein Spiel mit dem Feuer!

Die äußerliche Ruhe Behandelter verhält sich genau gegensätzlich zu dem, was sich unbewusst mit umso mehr Motorik, Wut und Aggression zusammenbraut. Medikamente wie Drogen sind allesamt geeignet, die soziale Steuerungsfähigkeit herabzusetzen, natürliche Hemmschwellen zu schwächen, die eine weit zurückreichende Kultur zum eigenen und zum Schutz von Mitmenschen aufbaute.

Somit stellt der medikamentös verabreichte Dämmerzustand, der suizidgefährdeten Menschen nach nervenärztlichen Behandlungen mit nach Hause gegeben wird, einen besonders günstigen Nährboden für die Begehung von Straftaten dar. Die Projektion destruktiver Verdrängungen auf Mitmenschen wird erleichtert. Dem folgen mitunter entsetzliche Bluttaten und Amokläufe. Auf der Anklagebank fehlen regelmäßig die wahren Schuldigen! Da tröstet wenig, dass potentiellen Selbstmördern gläubig-geistig verabreichte Dämmerzustände noch tragischere Folgen haben können: Religiös motivierte Suizid-Attentate reißen offenbar besonders viele Menschen in den Tod.

Im Juni 2001 erstach ein 37‑jähriger Japaner an einer Grundschule acht Kinder und verletzte dreizehn weitere. Zur Begründung gab der unter starken Beruhigungsmitteln und in psychiatrischer Behandlung stehende Mann an, „er wünsche sich seine Hinrichtung“! „Er habe schon mehrmals (erfolglos) versucht, sich das Leben zu nehmen.“ In Japan gibt es die Todesstrafe! Dieser Selbstmordversuch durch Amoklauf könnte klappen, falls die Exekution nicht an fehlender Schuldfähigkeit scheitert.

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Die in psychiatrischen Kliniken einsitzenden Menschen sind deutlich höher selbstmordgefährdet als der Durchschnitt der Bevölkerung. Nichts fürchten Irrenanstalten aber mehr als den Selbstmord von Patienten. Vielleicht weniger menschlicher Anteilnahme wegen, sondern aufgrund verwaltungs- und strafrechtlicher Konsequenzen. Niemand ist gegen Freitod besser gerüstet als die Psychiatrie! Das Ende der neuroleptischen Dosierungsskala ist daher nach oben offen, Einschlussmöglichkeiten und mechanische Beschränkungen sind perfekt entwickelt.

Die Unterbindung von Selbstmordversuchen ist aus mehreren Gründen zu bedauern. Wer den psychiatrischen Alltag mit all seinen mechanischen, elektrischen, chirurgischen oder neuroleptischen Fallstricken nicht ausreichend fesselnd findet, sollte sich wenigstens das Leben nehmen dürfen. So würde die Häufigkeit von Suizidhandlungen zum wichtigsten Gradmesser für die Qualität psychiatrischer Kliniken.

Immerhin gibt es Alternativen zum Selbstmord! Reste luzider Momente können damit verbracht werden, erwartungsvoll zu den Gräbern, sehnsüchtig nach dem Tod zu schielen. Man sollte sich bei solcher Entrückung allerdings nicht ertappen lassen, denn sie ist leicht heilbar: einleitende Elektroschocks, schwere Neuroleptika, ein gehirnchirurgischer Eingriff; schon steht der Wahnkranke, wenn er alles überlebt, wieder auf den Beinen. Allerdings ziemlich wackelig und nur, weil solche Behandlungen Tote aus dem Grab reißen würden!



Fesselnde Heilungen

Ein Münchner Familienvater gurtete seine geistig behinderte Tochter gelegentlich an. Die Boulevardpresse ermordete ihn 1991 ohne nähere Prüfung der Schuldfrage. Tausende gleichartige Fixierungs-Fälle spielen sich tagaus tagein in Altenheimen und psychiatrischen Krankenhäusern ab, häufig in Kombination mit Neuroleptika. Selten ist das der Presse eine Mitteilung wert. Ein Familienvater hat eben keine psychiatrische Lobby! Der Tochter wurde geholfen. Sie wird jetzt beanstandungsfrei und kompetent von Fachleuten in einem Heim gefesselt!

Im Gegensatz zu diesem Familiendrama entbehren psychiatrische Fixierungen nicht ihrer besonderen Note. An einem Beispiel: Ein Ver-rückter stellt sich in Wahnvorstellungen einen Sachverhalt vor, der ihn um sein Leben kämpfen lässt. Die Psychiatrie sieht einen Tobsüchtigen, den sie auf der Stelle in Fesseln legt. Der inneren Katastrophe der Psychose folgt das äußere Drama mechanischer Beschränkung. Der Wahnkranke wehrt sich mit dem Mut der Verzweiflung. Die Psychiatrie erschlägt ihn mit einer Medikamentenkeule. Je ruhiger er äußerlich wird, umso mehr entspricht er dem idealen Kranken.

Die Heilung kann beginnen: Der wahre Übeltäter ist das Gehirn. Sobald es seine Fehlfunktionen einstellt, wird der Patient gesund. Ist das Patientengehirn durch Behandlungen so geschädigt, dass es keine Wahnvorstellungen mehr produzieren kann, spricht die Psychiatrie von „Heilung“. Eine traurige Genesung zumeist: Der Patient kann sich nur wenig Vernünftiges mehr vorstellen und führt im günstigsten Fall ein unauffälliges, emotional und geistig verkümmertes Dasein.



Vergitterte Gesellschaft

Amerika hat die Nase vorn, auch beim Wahnsinn! Gefängnisse sind preiswert geworden. Richter entlassen Ver-rückte unter Verabreichung erneuerbarer Medikamentenkerker. Langzeitspritzen machen ein Entkommen unmöglich. Wegweisend für Gefangenenhaltung aller Art! Nicht blasse Eisengitterstäbe traditioneller Haftanstalten, nicht verheißungsvoll weiß strahlende psychiatrische Kliniken, nicht elektronische Fesseln werden künftig Menschen einschließen, sondern bunte Langzeitspritzen und dauerhafte Arzneidepots. Platz für ein Medikamentengefängnis ist noch im kleinsten Kopf! Wie sich die Zeiten in einer übervölkerten Welt doch ändern: Früher nahm das Gefängnis Verurteilte auf, heute dringen Pillenkerker in Gefangenenköpfe ein.

Längst kommt die Psychiatrie nicht mehr all den unbequemen, störenden, auffälligen, psychotischen, arbeitsunfähigen oder wahnkranken Menschen hinterher. Patienten könnten aufgrund kurzfristiger Unterdosierung luzide Momente haben und sich durch Suizid aus dem Staub machen. Das wäre nicht weiter schlimm, aber die Presse berichtet halt so nachteilig darüber!

Psycho-Konsumenten scheuen weite Wege und holen sich ihre Gefängnisse gern diskret ab. Mit dem Netzwerk „Gemeindepsychiatrie“ können Psychiater vagabundierenden Wahnsinn lückenlos erfassen und medikamentös unter Kontrolle bringen. Bis Zweigstellen in allen Wohnvierteln eröffnet werden, verschreibt der gute alte Hausarzt nebenan Psychopharmaka.

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Der Straf- und Vergewaltigungscharakter von Depot-Spritzen wird leicht übersehen. Der Patient hat die Wahl: Wer sie nicht freiwillig abholt, wird unverbindlich vom Psychiatrischen Überfallkommando besucht und wandert in den geschlossenen Vollzug. Psychiatrie erkennt damit ohne Urteil gegebenenfalls auf lebenslange Freiheitsstrafe im Medikamentenkerker. Das Begnadigungsverfahren, wie es der normale Strafvollzug vorsieht, folgt nur dem Zufallsprinzip.

Die amerikanische Gesellschaft ist schon gut eingeschlossen! Jeder zweite Staatsbürger sperrt sich mit Psychopharmaka der einen oder anderen Form ein. Sobald auch jeder erste einsitzt, sind die Amerikaner gesund.

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Medikamentenpäpste und Neuroleptika-Gurus legen die notwendigen Mengen für kollektive Drogensucht fest (siehe oben, Vorwort). Durch chemische Erweiterung der Irrenhausgrenzen wird die Frontlinie des Wahnsinns bis weit ins Territorium der Normalität vorgeschoben. Auf diese Weise beherrschbar werdende Staatsbürger nennen wir „Neuroleptinge“. Ihnen wird das Abholen neuer Medikamentengefängnisse so normal werden wie das morgendliche Semmelholen oder die abendliche Maiandacht.

Psychoanalytiker geraten in Panik! Werfen Ärzte und Psychiater immer mehr potentielle Kunden in Neuroleptika-Gefängnisse, wird sich diese Billigversorgung bis zu den Krankenkassen herumsprechen, die daraufhin keine Geistheiler mehr bezahlen mögen. Mancher versucht deshalb auf den Pharmazug aufzuspringen, um die geistig erschlaffte Klientel selbst psychopharmazeutisch bedienen zu können. Der Gesetzgeber wird energisch bearbeitet, auch psychologischen Berufen zu gestatten, auffällige Kunden neuroleptisch zu ermorden.

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Die Gesellschaft wird pharmazeutisch geknebelt! Jeder ist gezwungen, schon geringe Persönlichkeitsstörungen medikamentös zu unterdrücken, um nicht wegen auffälligen Verhaltens ausgegrenzt zu werden. Ausscheren, Ausrasten kann sich keiner mehr erlauben, ohne sozial unterzugehen. Ein verschlingender Prozess, da die pharmazeutische Einflussnahme sich beschleunigt!

Spätestens 1943 wusste jeder Deutsche, dass der Krieg verloren war. Jeder leugnete es, musste es bestreiten! Jeder wusste vom anderen, dass dieser es wusste, jeder log dem andern das Gegenteil vor. Jahrzehntelang war Staatsbürgern der ehemaligen DDR bekannt, dass ihre Tageszeitung „Neues Deutschland“ Lügen verbreitete. Jeder wusste, dass jeder das wusste. Dennoch hielt ein eiserner Konsens die Lügen aufrecht. Es bedurfte des totalen Zusammenbruchs des Systems, bis die Menschen auf der Straße anfingen, über die neuesten Zeitungsnachrichten herzlich zu lachen.

Der Wahrheit zuwider wird vorgetäuscht, es gehe einem gut, man habe keine Probleme. Im Grunde stehen sich nur Lügner gegenüber. Und alle wissen um die Lügen! Jeder ist gezwungen, sich am Roulette der Unwahrheiten zu beteiligen. Heimlich werden Suchtmittel, leistungssteigernde Medikamente, Psychopharmaka und anderes mehr eingenommen! Nach Zuschnappen der medikamentös-pharmazeutischen Falle wird allerdings nicht mehr gut lachen sein. Der Alptraum der einerseits chemisch aufgeputschten und andrerseits pharmazeutisch eingekerkerten Gesellschaft ist keine bloße Vision mehr. 

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Unserer Zeit blieb vorbehalten, Strafe in „Hilfe“, Gefängnisse in „Krankenhäuser“, Altenheime in „Seniorenwohnsitze“ umzulügen. Es lohnte sich beizeiten auf den Weg zu machen, zu den Ufern der Verlorenen und Verdammten, bevor man selbst einsitzt. Insassen werden unter Anwendung nie da gewesener medikamentöser Gewalt in Medikamentenverliese geworfen. Dunkle, mittelalterliche Kerker erscheinen im Vergleich wie lichtdurchflutete Paläste!

„Medikamente“ eignen sich ausgezeichnet zur Gefangenenhaltung! Insassen von Irrenhäusern, Gefängnissen und Altenheimen werden willenlos, steuerbar und mit geringem Personalaufwand überwachbar. Solch brachiale Gewaltanwendung wurde zu keiner Zeit mehr verniedlicht als heute, da es ja „helfende, heilende Ärzte“ und „medizinisch geschultes Personal“ sind, die sie ausüben.

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Menschen werden entweder zur Heilung oder zur Sühne eingesperrt. Neuerdings lauern weitere Einschlussmöglichkeiten in Katastrophenschutzplänen, beispielsweise Zwangsaufenthalte in Unglücksgebieten. Zum Glück können Atomunfälle und andere aber gar nicht passieren! Halten sie sich dennoch nicht an Auftrittsverbote, hat man Pech. Denn wer sich nahe genug am GAU aufhält, darf das Katastrophengebiet nicht mehr verlassen, um andere nicht zu verstrahlen. Viele Helfer, die nach Tschernobyl Strahlenopfer versorgten, starben an Sekundärstrahlung!

Verstrahlt- und Eingeschlossensein kann Panik verursachen. Keine Sorge! Strahlenhäftlinge trinken angstlösende, aggressionshemmende und schmerzdistanzierende Cocktails (nein, keinen Screwdriver oder Manhattan, sondern das übliche psychiatrisch-pharmazeutische Gesöff!). So verlieren kleine und große GAUs ihre natürlichen Schrecken! Und was, wenn die heutigen Gräuel nichts sind im Vergleich zu künftigen Unglücksfällen? Keine Angst: Katastrophenschutzpläne und pharmazeutische Besäufnisse werden mit dem Entsetzen Schritt halten, versprochen!

Die alte Angst geht in den Ruhestand. Das Maß erlaubter Furcht bestimmen künftig Psychiater, über deren Messlatte Medikamenten-Zwangskonsum schwebt. Der auf der Gesellschaft lastende pharmazeutische Deckel wird fester und die Chance geringer, letzte Warnzeichen falscher Lebensweisen wahrzunehmen!



Strafvollzug im Strafvollzug

Was Argentinien Montes de Oca war, könnte Bayern der Strafvollzug Straubing sein. Anfang der Neunziger Jahre sperrten Psychiater Strafgefangene in sogenannte „Trockenzellen“ und verabreichten ihnen ausschließlich mit Versuchsmedikamenten vergiftete „Getränke“ zur Heilung von Aggressionen. Mit einem Hungerstreik wehrten sich die Gefangenen! Die Öffentlichkeit wurde aufmerksam. Um in Straubing an die hauseigene Psychiatrie ausgeliefert zu werden, bedurfte es keineswegs psychotischen Verhaltens. Bemalen von Zellenwänden oder Ausspucken vor einem Wärter genügte! Nach irgendeinem System müssen Versuchskaninchen schließlich rekrutiert werden.

Die Psychiatrie verhängte ihr Heilungsurteil: Neuroleptika und Einzelhaft! Viel geschickter, als wirklich oder vermeintlich psychisch Kranke mit Medikamenten zu füttern, ist es, deren Trinkwasser zu vergiften. Appetit vergeht Einsitzenden schnell, aber nach Wasser verlangen selbst Sterbende. In den „Trockenzellen“ wurden ausschließlich mit „Medikamenten“ versetzte Flüssigkeiten gereicht. Der Aufenthalt wurde so furchtbar erlebt, dass in kürzester Zeit vier Gefangene in den Selbstmord flohen, bekanntlich in Strafvollzugsanstalten nicht ganz einfach! Ihr Tod bewahrte weitere Eingeschlossene vor solchen „Behandlungen“. Die Trockenzellen wurden abgeschafft! Selbstverständlich war die Psychiatrie mindestens so schuldlos wie nach Auschwitz. Keinem Psychiater wurde ein Härchen gekrümmt oder gar das Gehalt gekürzt!

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Zum Glück konnte die Gefängnisleitung den wahren Grund des Hungerstreiks ermitteln: Angeblich hatte man den Gefangenen nicht gestattet, ein im Fernsehen übertragenes Fußballspiel zu sehen. Na klar, um ein Fußballspiel sehen zu dürfen, tritt man doch überall auf der Welt in den Hungerstreik. Somit war das Verhalten der Direktion ebenfalls nicht strafbar. Niemand musste zurücktreten!

Wir korrigieren unser vorschnelles Urteil über schwere Neuroleptika: Psychiatrische „Behandlungen“ werden doch „befreiend“ erlebt. Die „behandelten“ Strafgefangenen wurden nachhaltig vom Wunsch befreit, weiterzuleben. Der alte Ganovenknast erscheint direkt gemütlich!

Wir käuen diese Angelegenheit nicht deshalb wieder, weil wir einen Funken Hoffnung hätten, die Schuldigen würden bestraft. Vielmehr weisen wir auf einen Qualitätssprung hin. Die Psychiatrie nimmt nicht mehr als Gleicher unter Gleichen am Strafvollzug teil, sondern setzt sich an dessen Spitze. „Hilfe“ wird zum Strafvollzug im Strafvollzug! Straubinger Gefangene fürchteten keine andere Strafe mehr als die Verlegung ins sogenannte Haus III, die Auslieferung an die „heilende“ Psychiatrie!

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Strafender Vollzug und heilende Psychiatrie sind dabei, die Seiten zu tauschen. Das Gefängnis möchte sozial heilen, die Psychiatrie verkommt zum Disziplinierungsinstrument. Die Bereitstellung heilender Gefängnisse und strafender Psychiatrie-Krankenhäuser hat in eine Sackgasse geführt. Das Irrenhaus war und ist der Auffangkerker für alle, die die Gesellschaft wie Harn, Schweiß oder Kot ausscheiden möchte. Daran ändert weder die Umbenennung von Gefängnissen in Psychiatrische Krankenhäuser etwas, noch der Versuch, Strafe in „heilende Behandlungen“ umzulügen. Heutzutage werden Irre zur Strafe medikamentös vernichtet, weil die soziale Umgebung sie nicht aushält.

Nur die klare Trennung zwischen unfreiwillig hinzunehmender Strafe und freiwillig angenommener Hilfe führt aus dieser Sackgasse heraus. Eine Beschäftigung mit der neuen Kunst des Strafens lohnt für jedermann. Ver-rückte und Irre, immer nur andre? Ein trügerischer Glaube!



Den „großen Bruder“ lieben

Wir können es nur wiederholen: Dümmer als die moderne Psychiatrie hat sich kein Zeitalter seelischen Erkrankungen, insbesondere Psychosen, Wahnvorstellungen oder Halluzinationen genähert. Einschluss wurde in „Heilung“ umgelogen.

Ursächlich für Wahnerkrankungen sind weder fehlgeleitete Nervenbahnen noch gestörter Gehirn-Stoffwechsel, sondern weit zurückreichendes krankes Denken, über Jahrhunderte praktizierte falsche Lebensweisen, ja der „Fortschritt“ schlechthin. Kinder, von Psychosen ins Kindsein zurückgeworfene Erwachsene und sogenannte Entwicklungs- oder Kinderländer spüren weit besser als der Rest der Menschheit, dass es so, mit allem und jedem, nicht weitergehen kann. Wahnerkrankungen sind im Grunde die unbewusste Weigerung, so weit von sich fortzuschreiten, wie westlich geprägte Lebensweise, wie vermeintlicher Fortschritt dies seit langer Zeit verlangt.

Das durchschnittliche Lebenstempo zivilisierter Gesellschaften stellt einen öffentlichen Amoklauf dar! Pharmazie und Psychiatrie sind zum medikamentösen Deckel globaler Besessenheit geworden und überfordert. Psychiater wurden zu Wesen, die zwar auf einem Hochseil-Fahrrad einen Handstand machen können, aber verlernt haben, auf zwei Beinen zu gehen.

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Wir kamen schon darauf zu sprechen: Entlassung aus dem Irrenhaus winkt nur dankbaren Patienten. Orwells Vorausdeutungen in „1984“ wurden Wirklichkeit! Seine Schilderungen enden damit, dass der Gedemütigte, Gefolterte und Gequälte erst Erlösung findet, nachdem er begonnen hat, den all die Qualen und Folterungen anordnenden „großen Bruder“ zu lieben. Ver-rückten, die das schaffen, winkt vielleicht die Freiheit. Allerdings eine begrenzte Freiheit in ruinierten Körpern!

Man sollte nicht glauben, Zustände, die 1975 der Film „Einer flog über das Kuckucksnest“ (nach dem Roman von Ken Keseys, 1962) beschrieb, seien hierzulande nicht möglich. Sie sind die Regel, nur subtiler, schwieriger aufzuspüren und oft noch nicht einmal böse gemeint. Wir leben Tür an Tür mit solchen Verbrechen - und schweigen! Die Rettungsmethoden für verhaltensgestörte, wahnkranke oder hilflose Menschen werden unaufhaltsam brutaler, weil wenigen „Rettern“ immer mehr zu „Rettende“ gegenüberstehen.

Aus individueller Sicht relativieren sich alle Schrecken dieser Erde gegenüber dem personifizierten Grauen in Weiß. Das Gegengift der Logik hat bislang im Kampf gegen die Psychiatrie versagt! Vielleicht hilft eine übersinnliche Anleihe? Verwirrte Menschen soll fortan ein Fluch schützen: „Verflucht sei jeder, bis in alle Zeit, der mechanisch, durch schwere Neuroleptika, Elektroschock, Gehirnchirurgie oder vergleichbar schwere Körperverletzungen in das Steuerungszentrum Wahnkranker eingreift und das in immer moderneren Formen und kurioserweise oft auch noch gut gemeint!“



                   Gekaufte Freunde

Bezahlte Psychologen-Freunde wissen sich in bester Gesellschaft mit Astrologen, Kartenlegern, Wahrsagern, Wünschelrutengängern... Den masochistischen Zwang, abgehört zu werden, kann nicht eine einzige Generation allein aufarbeiten. Heute nehmen sich der sorgsam über Jahrhunderte religiös aufgebauten Schuldgefühle ungeweihte Psychopriester in patientenverschlingenden Ohrensesseln an. Die Ohrenbeichte im neuen Gewande ist zwar teurer, aber nicht unbedingt erfolgreicher als der Beichtstuhl. Mindestens einmal wöchentlich werden emotional an ihre Psychoanalytiker gebundene Patienten kostenpflichtig abgehört und beraten. Dies behindert die emotionale Grundversorgung im Verwandten‑ und Freundeskreis samt deren kostenloser Lebenshilfe.

Unter viel Therapie-Wirrwarr und Sektierertum glänzt die pseudoreligiös zelebrierte reine Lehre psychoanalytischer Richtung, die liturgisch gestaltete Einzelmessen und Gruppensitzungen abhält. Mit dem Altmeister Freud werden häufig Lehnstuhl, Couch und Pfeife geteilt, nicht aber dessen Heilungsfachkunde. Das verhinderte die Götterdämmerung einer Hohepriesterschaft von Lehranalytikern nicht, die andersdenkende Rebellen gnadenlos ausschließt.

Obwohl sich die Psychoanalyse der Freilegung des im Unbewussten einzementierten Gefühlslebens verschrieben hat, igelt sie sich geheimbündlerisch ein und weigert sich standhaft, sich an den Kriterien messen zu lassen, die sie von der Klientel als unbedingte Heilungsvoraussetzung einfordert: Offenheit und Ehrlichkeit!

So ergeht es der Psychoanalyse nicht anders als vielen Religionen, die als mutige, emanzipatorische, geistige Bewegungen starteten, um wenige Jahre später an der eigenen, zum Dogma erhobenen „Wahrheit“ zu ersticken. Dieser psychoanalytische Niedergang ist bedauerlich, da hier in der bislang vielleicht bemerkenswertesten Weise das ur-anarchistische Prinzip des Denkens versucht wurde: auf der Suche nach Wahrheit keinem König und keinem Gott verpflichtet zu sein!

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Persönliche Abhängigkeiten beginnen bereits während des Psychologie-Studiums und treiben besonders bei der späteren Lehranalyse, die jeder künftige Psychoanalytiker bewältigen muss, ihre Blüten. Pseudokindliche Unterwerfung wird dabei disziplinierend ausgebeutet, obwohl der Analytikernachwuchs zu diesem Zeitpunkt immerhin ein Studium abgeschlossen hat.

Welcher Personenkreis wird zur psychoanalytischen Elite zugelassen? Bewerber, die ihre fruchtbarsten Jahre zwischen dreißig und vierzig hauptsächlich auf der Couch verbringen, längst Mütter und Väter sein sollten und sich den sozialen Forderungen ihrer Umwelt nicht mehr verweigern dürften. Stattdessen plagt sie ständige Furcht vor einem Versagen in der weiterführenden Ausbildung, vor allem bei der Lehranalyse. Diese sollte letzte psychologische Hindernisse schleifen, sondert jedoch nur den gerisseneren oder angepassteren Nachwuchs vom ehrlicheren aus.

Die Kunst für den Analysierten besteht darin, sich soweit zu öffnen, dass der Lehranalytiker nicht argwöhnt, er sei nicht offen und ehrlich, während es umgekehrt gefährlich wäre, wühlte der Analysierte zu aufrichtig und tief im Unrat seiner Seele. Obwohl es ganz normal ist und für seelische Gesundheit spricht, selbst vertrauten Personen nicht alles zu erzählen, gilt dies der Psychoanalyse als verdächtig. Der Prüfling sollte aber trotzdem seinen Lehranalytiker nicht mit ungewöhnlichen Seeleninhalten erschrecken, da dieser während seiner Ausbildung ebenfalls nur wenig an Tiefgang und viel an vorzeigbarer Seelenkosmetik feilte. Lediglich naive Bewerber öffnen sich deshalb in der Lehranalyse vollständig. Aufgeweckte Teilnehmer wittern rechtzeitig, dass die Offenbarung zu großer Seelenlöcher sie auf Lebenszeit vom angestrebten Brotberuf ausschließen könnte.

Wer allzu freimütig ist und Pech hat, nimmt statt auf dem Analytikersessel gar auf dem psychiatrischen Operationstisch Platz. Die Latte für Irrsinn wird nirgends niedriger gehalten als im Psycho-Reich. Lehranalytiker werden nur diejenigen, die so verlogen sind wie der Durchschnitt der Gesellschaft – und warum auch nicht?

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Jeffrey M. Masson rechnet in seinem Buch „Die Abschaffung der Psychotherapie“ mit den bezahlten Freunden seines Berufsstandes ab: Psychoanalytiker nährten unseriös leere Patienten-Hoffnungen, irgendwann einen Therapeuten zu finden, der sich als der weise und gütige Guru zeige, den die Branche als Leitbild suggeriert, ganz darauf eingestellt, zuzuhören und seelisches Leid zu lindern.

Er selbst, so Masson, weise mindestens ebenso viele eigene Fehler und Unzulänglichkeiten auf wie die Klientel. Ihm sei es im Leben nicht besser ergangen als seinen Patienten und dies sei bei anderen Therapeuten genauso. Jeder Rat, den er seinen Patienten gegeben habe, wäre nur teurer gewesen als der von gut unterrichteten Freunden. Masson endet mit dem Vorwurf der Nichtreformierbarkeit des auf Lügen, Schaden, Unausgewogenheit, Arroganz und Anmaßung aufgebauten psychologischen Machtapparates. Weder bebte die Psycho-Branche nach diesen Vorwürfen, noch ging sie unter. Sie ignorierte Masson einfach!

Dieser klaren Sicht der Dinge haben wir wenig hinzuzufügen. Masson irrt aber in einem wichtigen Punkt! Viele Menschen haben keine oder kaum Freunde, die ihnen Ratschläge erteilen könnten oder wollten, aber sie haben gerade deshalb viel Zeit. Der Psycho-Trip wird den Freizeitmarkt weiter erobern!

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Wirklich gefragt wären gute Analytiker im Reich der Psychosen, die Patienten mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen aller Art ängstigen. Einfühlsame Verwandte und gute Freunde sind hier menschlich und sachlich überfordert. Leider auch die Fachleute! Psychoanalytiker versuchen weit eiliger als alle anderen, solche Kunden loszuwerden und lassen sie lieber heute als morgen im Netz überholter Tollhäuser der Psychiatrie zappeln.

Wer sich Psychologen anvertraut, muss wissen, dass sie nicht weniger irr sind als man selbst. Sie sollten nicht überlastet werden, machten sie doch die Krankheit zum Beruf! Nächtliche Störungen durch panische Patienten können nicht immer durch kleine Nickerchen während der teuren Therapiezeit wettgemacht werden. Die Auslieferung der Störenfriede an die Psychiatrie wird daher unvermeidlich!

Mitunter wirft die bloße Mitteilung von Träumen Patienten in Irrenanstalten. Bei manchem Analytiker sollte man sich vorsorglich nicht „als idiotisches Kind auf einem Nachttopf träumen, das sich mit Kot beschmiert“ oder „von gnadenlosen Verfolgern durch Träume jagen lassen“.

Sorgsam ist auf „Kleingedrucktes“ zu achten, auf beiläufige, warnende Äußerungen von Therapeuten und Analytikern, wenn Patienten, „Dampf ablassend“, fremd- oder selbstschädigendes Verhalten ankündigen. Die Bemerkung, den Nachbarn, über den man sich maßlos geärgert hat, zu erstechen, kann nur am Stammtisch straffrei geäußert werden. Wut und Zorn vergehen, nicht aber Gedankenmitteilungen auf einer Psycho-Couch. Vor dem Abschiednehmen in der Analysestunde also schleunigst widerrufen: „Alles nur Spaß gewesen!“ Andernfalls folgt der psychiatrische Zugriff auf dem Fuße.

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Die Psychoanalyse, zum gesellschaftlichen Modespiel verkommen, endet dort, wo sie ernsthaft anfangen könnte. Bei Wahnvorstellungen der Psychose beginnt der therapeutische Seelenweitwanderweg zur Heilung. Hier wird wirklich Eingeschlossenes frei, Verdrängtes bewusst, Destruktives laut! Geistige Auseinandersetzung ist nicht mehr im Vorgeplänkel unverbindlicher Gesprächs- und Traumarbeit möglich. Während sich der Patient auf der Couch masochistisch quält, bleibt Analytikern keine Zeit mehr zum Bearbeiten der Hauspost oder Lesen spannender Lektüre.

Aus dem psychologischen Glasperlenspiel wird Ernst! Der Kriegsschauplatz droht auf Dritte, allen voran den psychoanalytischen Partner, überzuschwappen. Geht es nicht mehr ums bloße Geldverdienen, kippen die Traumdeuter und Halbschläfer reihenweise aus zu großen Analytiker-Pantoffeln und retten sich mit Anrufen beim psychiatrischen Notdienst, um unbequeme Spielverderber und Störenfriede abzuschieben. Kompetentes Personal in Psychiatriegefängnissen weiß den totalen Krieg gegen wehrlose Wahnkranke fachgerecht zu führen!

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Schade! Bemühte sich doch die Religion unfreiwillig über Jahrtausende hinweg durch die Produktion unzähliger Glaubenssklaven einmal ein überbordendes Heer von Psychologen, Psychotherapeuten, Psychoanalytikern und Psychiatern damit zu beschäftigen, verdrängte Schätze des Bösen wieder aus dem Unbewussten zu heben.

Fehlender Erfolg liegt nicht am guten Willen der Psycho-Branche, sondern daran, dass sie von eigener Destruktivität, verdrängtem Bösen, ferngesteuert wird. Mitunter arbeiten destruktive Kräfte von Patienten und Psychiatern so solidarisch zusammen, dass ganz erstaunliche Ergebnisse produziert werden: Geisteskranke Mörder gesunden nach der vierten Einweisung in die Psychiatrie auf wunderbare Weise ein weiteres Mal und begehen, kaum freigelassen, schon wieder den nächsten Mord (wir haben bereits an anderer Stelle darüber berichtet).

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Wahnerleben erschüttert Patienten und Analytiker in geistig-seelischen Grundfesten. Kaum ein Therapeut ist auf eine geistig begleitende Abwehrschlacht vorbereitet, weder von den intellektuellen, noch von den persönlichen und zeitlichen Voraussetzungen her. Gelingt es einem Psychologen zufällig, Destruktives freizulegen, erschrickt er gewaltig. Das destruktiv gewordene Böse wird deshalb lieber nicht mehr als solches erkannt, sondern hinter einer heilbaren Gehirnkrankheit vermutet.

Das weitere Gefecht wird ausschließlich psychiatrisch geführt! Eine „Gewebeprobe des Bösen“ wird beim Patienten entnommen und ins psychiatrische Labor eingeschickt. Kommt die Probe zurück, ist eine ordentliche, diagnostizierbare und therapierbare Krankheit daraus geworden, die auf Stoffwechselstörungen beruht. Wahlweise kann es sich um eine bescheidene Schizophrenie, ein höfliches manisch-depressives Irresein oder eine gut verträgliche Psychose handeln. Das verdrängte Böse zeigt sich kooperativ und wehrt sich kaum gegen die medikamentöse, elektrische oder chirurgische Behandlung seines Trägers. Hauptsache, es bleibt unerkannt!

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Die Patientenpsychose aktiviert massive Abwehr- und Verdrängungsmechanismen auf Behandlerseite. Aus diesem Grund wird Wahnerleben als chemisch, elektrisch oder mechanisch behandlungsbedürftiger Irrsinn begriffen. Was tiefe, weit in die Generationen zurückreichende geistige Wurzeln hat, wird zur „heilbaren Gehirnkrankheit“ der endogenen Psychose.

Analytiker fühlen ihre begrenzte Vorstellungswelt, die wackeligen Denkgebäude, den hauchdünnen Anstrich einer mächtigen Urseele. Wie sollten sie, die ihre religiösen, philosophischen und weltanschaulichen Grundlagen nie ernsthaft in Frage stellten, wie ein Fels in der geistigen Brandung bestehen? Lieber lassen sie seelisch schiffbrüchige Wahnkranke los, als mit ihnen unterzugehen. Nur so können sie an ihrer bislang gültigen, liebgewonnenen Lebensperspektive festhalten, die sie für die einzig wahre, tragfähige und Realität spendende bewusste Welt halten. Die fruchtlosen Anstrengungen psychologischer Berufsgruppen dauern uns! Wie günstig wirkte es sich aus, würden sie produktiven gesellschaftlichen Aufgaben zugeführt.

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Psychiater, die Wahnkranken nicht medikamentös, sondern geistig beistehen wollen, lassen sich von akut Wahnkranken anstecken, werden auf ihre Weise mit wahnsinnig. Mitteilungen werden wörtlich genommen und akribisch aufgezeichnet, statt ein Geschehen zu begleiten, das eigenen Gesetzen, eigener Logik und eigener Realität folgt und nicht nur einen für das gegenwärtige Dasein gültigen Sinn besitzt.

Aus psychiatrischen Notizen: „Wahnkranke verwechseln Körperteile, werden zur Leiche, fühlen sich von unzähligen Autos überfahren.“ Berichtet wird von „wie Bomben wirkenden Worten, kontrastierenden Seinszuständen, Superexistenzen, Schöpfungsgedanken, Kosmogonien, Urbildern, Grimassierungen, Angst vor Blicken die Körper rauben, psychischen Fragmentierungen, Vernichtungsängsten, Auflösung von Körpergrenzen, in die Analytiker hineingehen usw.“ Diese Aufzeichnungen sind ebenso richtig wie der Zusammenhang falsch ist, in den sie gebracht werden!

Der sich in der Psychose öffnende Blick auf das innere Universum kann aufgrund von Ausdehnung und Vielfalt nicht aufgezeichnet werden, selbst wenn alle Elektronengehirne der Welt bemüht würden! Woran es mangelt ist, Wahnkranke in dieser Welt nicht zurückzulassen, sondern eine Brücke zur Realität zu sein. Es bedarf weniger, geistig Ver-wirrte zu „behandeln“, als geistig Ver-irrte zurückzuführen, über Monate, Jahre und Jahrzehnte!



          Psychiatrie - Ende einer Karriere

Masson warnt davor, jemandem das Recht einzuräumen, darüber zu entscheiden, was normal oder nicht normal ist: „Wann immer wir dies tun, verzichten wir auf eine fundamentale intellektuelle Verantwortlichkeit, nämlich die, zu bestreiten, dass solche Unterscheidungen gemacht werden können, und es sollte uns dann nicht überraschen, wenn dieses Recht von Menschen missbraucht wird. Dieses Recht kann nämlich nur missbraucht werden.“

Moderne Gesellschaften, und beileibe nicht nur totalitäre, bedienen sich der Psychiatrie. Der gedankliche Schritt, wer nicht so denkt wie wir, muss ver-rückt sein, liegt jedem Gemeinwesen nahe! Mancher Gemeinschaft genügt es, wenn sich Teilnehmer überhaupt nicht äußern. Die chinesische Falun-Gong-Bewegung bringt das Regime durch versammeltes Schweigen zur Weißglut.

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Eine alte Dame, die fortwährend im Keller unter ihrer Wohnung Geräusche hörte, wurde, da mehrere Untersuchungen durch den Hausmeister und die Polizei ohne Ergebnis geblieben waren und sie sich schließlich aus lauter Angst an den Bürgermeister gewandt hatte, in eine psychiatrische Anstalt gebracht und wegen Alterswahnsinn behandelt. Die Behandlung wurde auch dann nicht abgebrochen, als der Nachmieter, ein Biologe, einen Dachsbau unter der Wohnung nachweisen konnte. Weil, wie der behandelnde Arzt sagte, die Dame trotzdem wahnsinnig sei (Franziska Polanski in der Süddeutschen Zeitung am 25. Mai 1991).

Ein wahnkranker Konstrukteur, vom Heiligen Geist zu Messerstichen auf einen Priester ermuntert, wollte in der Hauptverhandlung mit einem Messgerät beweisen, der Heilige Geist habe fünf Volt. In einem anderen Fall war eine Wahnkranke überzeugt, in ihrer Handtasche Jesus Christus zu transportieren. Beides klingt nicht gerade überzeugend, aber das Gegenteil ist auch nicht absolut beweisbar! Eine staatstragende Religion behauptet, der Heilige Geist sei männlich, ohne nähere Kenntnis über dessen Geschlecht besitzen zu können, und setzt sich damit unfairerweise wiederum nicht dem Vorwurf einer Wahnerkrankung aus.

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Im Unterschied hierzu ist allerlei individueller und kollektiver Alltagswahn leicht nachweisbar. Auf ein paar ver-rückte Gedanken mehr oder weniger, die Irre äußern, sollte es nicht mehr ankommen! Trotzdem werden Wahngedanken immer noch mechanisch, chirurgisch, elektrisch oder chemisch entsorgt. Ungeachtet ihrer teuren Behandlung ändern diese Gedanken aber nur kurzfristig ihre Umlaufbahn und kehren in falsch verstandener Dankbarkeit regelmäßig wieder, jedenfalls solange, bis deren Träger nicht selbst final entsorgt sind.

Es ist an der Zeit, die Zweiklassengesellschaft Normaler und Irrer abzuschaffen und die Denunzierung des Wahnsinns zu beenden. Die eifrig vermessenen Gehirnströme bergen ein hochexplosives verdrängtes Konfliktpotential und dürfen darum weder mechanisch, chirurgisch, elektrisch oder chemisch bearbeitet werden. Behandlungen, die über eine geistige Annäherung an diese Phänomene hinausgehen, sind ausnahmslos zu ächten.

Wäre Wahn sinnlos, existierte er nicht! Wahn kann das Leben verzaubern, aber auch das hässliche Gesicht der Menschheit sichtbar machen. Er verführt nicht nur, destruktiv geworden, geisteskranke Meuchelmörder zu Bluttaten, sondern bestrickt auch das Leben und die Liebe. Weil aber heute niemand mehr etwas glaubt, was nicht wissenschaftlich bewiesen wurde, greifen wir auf Ergebnisse des Psychiatrischen Instituts der Universität Pisa zurück. Verliebtheit ist messbar! Das Hormon Serotonin nimmt bei Verliebten um vierzig Prozent ab. Untersuchte Ver-rückte wiesen den gleichen Serotoninabfall auf. Liebe und Wahnsinn - aus demselben Stoff gemacht? Schaffte man Wahn ab, erginge es einem wie im Märchen, in dem das magische Bild zerfällt, wenn man es berührt.

Eine Welt ohne Wahn wäre wie eine leere Fotografie, nur ein fades Abbild ihrer selbst. Die äußere Welt wird erst durch auf sie projizierten inneren Reichtum ein Gemälde, ansehnlich und lebenswert. Wie sollten Geschlechter und Generationen anders verbunden sein als durch irrationale Kräfte? Statt in beglückendem Zauber sind Mann und Frau, Kinder und Ahnen, Mensch, Tier und Pflanze allerdings seit Jahrtausenden destruktiv miteinander verkettet, was wir ausnahmsweise nicht allein der Psychiatrie anhängen wollen, sondern vor allem der Kirche.

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Selbst Psychiater glauben nicht an die Normalität ihrer Mitmenschen, obwohl sie davon leben, nur Ver-rückte für nicht normal zu halten. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdächtigte C. G. Jung, Schweizer Psychiater und Mitbegründer der Tiefenpsychologie, seine Mitbürger latenter (verborgener) Psychosen. Für jede sichtbar gewordene Psychose soll es mindestens zehn unerkannte geben! Wir hingegen verdächtigen zum Ausgleich immerhin höchstens jeden zehnten Psychiater „normal“ zu sein.

Vorsorglich gehen wir am besten von einer insgesamt psychotisch durchseuchten Bevölkerung aus. An Irren wird es nie mangeln, der Nachschub wechselt nur die Maske: gestern Onanisten und Homosexuelle, heute Manisch-Depressive und Schizophrene, morgen Atomphysiker, Gentechniker und Psychiater!

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In Irrenhäusern behandeln die Ver-rückten die Irren, vielleicht ist es auch schon umgekehrt. Im Ergebnis macht das keinen Unterschied, da die mit Eifer betriebene Zerstörung des genetischen Gedächtnisses zur Heilung aller Erbkrankheiten Schritt hält mit äußerer Umweltzerstörung.

Heilung von Geisteskrankheiten setzt Geist voraus, ein Heilmittel, das offenbar nicht oder jedenfalls nicht ausreichend zur Verfügung steht! Die Gesellschaft wäre, so wie wir sie heute antreffen, vielleicht auch gar nicht mehr in der Lage weiter zu funktionieren, behandelte sie Wahnerkrankungen human. Um Wahnsinn überhaupt noch verwalten und beherrschen zu können, greift sie auf die oben geschilderten psychiatrischen „Behandlungsmethoden“ zurück!

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Neue Erfindungen fügen sich lückenlos in die psychiatrische Behandlungskunst ein. Was dem Herzen recht ist, muss dem Gehirn billig sein, dachten sich Techniker und Psychiater und erfanden den „Hirnschrittmacher“, der uns demnächst ins Haus oder besser ins Hirn steht. Von der Wissenschaft angekündigt als „auf den ersten Blick utopisch“!

Utopisches können wir daran nicht finden, nur die filigrane Überarbeitung des Ladenhüters „Elektroschock-Therapie“. Erkennbar wird eine Langzeitperspektive: Jedes Gehirn weiß dank kleiner konditionierender Stromstöße wo es lang geht (konditionieren = durch Auslösereize bestimmte Reaktionen hervorrufen). Und schon geraten die kleinen grauen Zellen nie mehr außer Tritt. Wer konditioniert und wer konditioniert wird, wissen wir auch schon! Lohnender wäre freilich die Hinterfragung, was wohl die Gehirne so aus dem Gleichschritt bringt!

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Die Psychiatrie ist die Schande eines Jahrtausends! Ihre Negativkarriere ist beendet: ein bankrottes System, das nicht für Wahnkranke, sondern von Wahnkranken lebt und diese gar nicht frühzeitig und langfristig genug aus ihrer gewachsenen Umgebung wegstehlen kann.

Niemand rüttelt erfolgreicher an der Saga von der segensreichen, helfenden Psychiatrie als sie selbst. Irrenhäuser besitzen die vollkommensten Aufzeichnungen eigenen Versagens. Sollten sie über einen Rest an Berufsehre verfügen, machten sie ihr Scheitern öffentlich!

Alter Volksweisheit entstammt das Sprichwort „Kinder und Narren sagen die Wahrheit“. In naher Zukunft werden weder Narren noch Kinder Wahrheiten erzählen. Narren treibt die Psychiatrie letzte Ver-rücktheiten aus, selbst wenn sie nur darin bestehen, in einer Welt wie dieser kurzfristig die Orientierung zu verlieren. Kinder wird es nicht mehr geben, sondern Gen-Monster, in der Retorte gezeugt, von künstlich besamten Leihmutter-Kühen ausgetragen, mit Chemikalien-Milch vergiftet, durch überzogenen Unterricht von der Wiege an verblödet und von der Fernsehmutter pseudo-intellektuell verbildet.

Der Schwund an Kindern und Narren ist nicht weiter problematisch! Kindereien und Ver-rücktheiten werden in einer für die gesamte Menschheit ausreichenden Weise an den Schaltstellen der Macht produziert, also dort, wo man die Orientierung längst verloren hat. Auf diese Weise können alle Bürger daran teilhaben!

                               ***        

Wahnsinn ist keine Naturkatastrophe, sondern hausgemacht! Bei nicht wenigen Naturvölkern, beispielsweise den im Einklang mit der Natur lebenden Indianern in Nordamerika, war Wahnerleben so gut wie unbekannt.

Man muss nicht ins andere Extrem verfallen, Wahnsinn verklären oder gar eine Glaubenslehre daraus machen, wie manche Religionsstifter. Destruktiv gewordenes Wahnerleben, das in Jahrhunderten und Jahrtausenden wuchs, braucht lange Zeit, um sich zurückzubilden; weniger lebensfeindliches Dasein vorausgesetzt. Warum will und kann man Wahnsinn nicht einfach so begreifen wie Max Frisch in „Mein Name sei Gantenbein“: Wie den Sturz durch einen Spiegel, nach dem sich die Welt wieder zusammensetzt, als wäre nichts geschehen!

Beschränkt sich die von Wahnkranken innerlich erlebte Realität auf Einzelpersonen? Oder handelt es sich um eine Welt, in die letztlich alle Menschen geistig-seelisch eingebunden sind und zu der nur Traum und Halluzination Zugang ermöglichen? Sterbliche können solche Fragen nicht beantworten, denn vom Wahnsinn wissen wir nicht viel. Aber dass diese Zeit aus jeder Perspektive getaumelt, aus jeder Vernunft gestürzt und aus jeder Gnade gefallen ist, das glauben wir!



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Beim hier vorliegenden Buch „Die Irren-DIN (DSM-5)“ handelt es sich um das im Jahr 2021 überarbeitete Kapitel 12 („Gezeiten der Vernunft“) des Buches „Sterbehilfe für Planeten“ (2002), ISBN 3-00-008578-5, erschienen im nicht mehr existierenden Inventur-Verlag. Dieses Buch ist vergriffen, aber noch vereinzelt antiquarisch erhältlich, z.B. hier:

                                    www.zvab.com

Es kann aber auch als pdf-Datei heruntergeladen werden:

            http://www.guenther-golem.de/public/pdf/download-01.pdf

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Die Irren-DIN (DSM-5)

Vorwort

Religion und Wahnerleben
* Das Fundament geistiger Erkrankungen
* Religiös aufgearbeitete Mordlust
* Teufelsaustreibung und Taufe
* Neue Erlöser

Wahnsinn im Wandel der Zeiten
* Körperliches Irresein
  ** Bin ich schön?
  ** Wahnhafte Geschlechtsmodelle
  ** Im falschen Körper - Messer oder Geist
  ** Transsexualität und Wahnerleben
  ** Heilkraft der Psychose
  ** Nicht schöner anzuschauen
  ** Piercing und andere Qualen
* Sexuelles Irresein
  ** Homosexualität
  ** Feuchte Träume
  ** Onanie
  ** Beschneidung
  ** Hysterie
* Politisches Irresein
* Wissenschaftliches Irresein
  ** Wahnsinn – vermessen und kartiert
  ** Wertfreie Erkenntnisse
  ** Wer weint, geht auf der Himmelsstraße
* Soziales Irresein
* Moralisches Irresein
* Religiöses Irresein
* Kulturelles Irresein
* Kollektives Irresein

Heilung im Wandel der Zeiten
* Mechanik
* Dynamik
* Optik und Akustik
* Kälte und Hitze
* Präpsychologie
* Chemie und Biologie
* Radiologie
* Blutaustausch
* Chirurgie
* Elektroschock
* Zwangssterilisation und Euthanasie
* Veränderung des Persönlichkeitskerns
* Heilung sexueller Außenseiter
* Kreativität

Fröhliche Psychiatrie

Schizophrenesisch

Wie erkennt man Ver-rückte
* Baugleichheit
* Traum und Unbewusstes
  ** Träume kommen von Gott
  ** Geöffnete Körper – versiegelte Seelen
  ** Archetypen
  ** Krieg beginnt in Köpfen
  ** Räumliches Sehen
  ** Grenzpsychotisches Erleben, Tabu, Zauberei
* Prominente Wahnkranke
* Irre sind immer die andern

Stimmenhören

Kreuzweg der Psychose
* Spiegel der Gesellschaft
* Grenzfälle
* Exogene und endogene Psychosen
* Populäre Wahnformen
  ** Verfolgung
  ** Vergiftung
  ** Größenwahn
* Unerklärliche Krankheiten
  ** Ver-rückte Leiden
  ** Epilepsie
  ** Phobien
  ** Alzheimer und Parkinson
  ** Autismus
  ** Multiple Sklerose
  ** Krebs
  ** Burn-out-Syndrom
* Geschlossene Wahnsysteme
* Kunst und Philosophie
* Normal ist
* Kontaktbruch
* Am Ende des Weges
* Die Wut der Erde

Schizophrenie - der Psychiatrie liebstes Kind

Psychiater und Gutachter

Anstaltspsychiatrie
* Menschenmühlen
* Beutegreifer
* Alltag im Irrenhaus
* Ohren der Psychiatrie
* Lebensversickerungsanlagen

Sozialpsychiatrie

Verhaltensgestörte Kinder

Alter schützt vor Psychiatrie nicht

Sadismus, Mordlust, Nekrophilie

Sexualität

Recht
* Der zehnte Mörder ist ver-rückt
* Aussätzige der Ausgegrenzten
* Strafe und Heilung – ein Vergleich
* Papier ist geduldig
* Zentralregister: bis dass der Tod euch scheidet
* Die Kunst irr, aber nicht ver-rückt zu sein

Die neue Kunst des Strafens
* Internisten
* Moderne Wohngemeinschaft: Irrenhaus und Pharmazie
* Wahlverwandtschaften
* Gummiknüppel oder Medikamentenkeule
* Betonspritzen
* Tod als Nebenwirkung
* Dreimal täglich Haldol
* K.o.-Tropfen-Bande
* Amokläufe, Schuld und Drogen
* Fesselnde Heilungen
* Vergitterte Gesellschaft
* Strafvollzug im Strafvollzug
* Den „großen Bruder“ lieben

Gekaufte Freunde

Psychiatrie - Ende einer Karriere

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